Rz. 25

Wird geltend gemacht, die Klage sei nicht bzw. nicht wirksam zurückgenommen, sei es durch einen ausdrücklichen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens oder durch "Beschwerde" gegen einen eventuellen Einstellungsbeschluss nach § 102 Abs. 3 Satz 1 HS 1 (siehe hierzu Rn. 23), ist das bisherige Verfahren fortzusetzen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.7.2011, 1 BvR 1584/11, juris; BSG, SozR § 102 Nr. 8 = Breithaupt 1963 S. 745; BSG, Urteil v. 14.6.1978, 9/10 RV 31/77, SozR 1500 § 102 Nr. 2). Dasselbe gilt bei einem Streit über den Eintritt der Rücknahmefiktion nach Abs. 2 (vgl. Rn. 13 ff., 17). Die Unwirksamkeit der Rücknahme kann von jedem Verfahrensbeteiligten geltend gemacht werden. Wird sie nicht geltend gemacht, obgleich insoweit ein Klärungsbedarf besteht, führt dies wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes ggf. zur Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.7.2011, 1 BvR 1584/11, juris; Beschluss v. 28.4.2003, 1 BvR 625/03, zu § 92 Abs. 2 VwGO). Unter Umständen kann ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens allerdings wegen Zeitablaufs verwirkt sein (vgl. VG Frankfurt, Urteil v. 21.3.2002, 1 E 1285/00).

 

Rz. 26

Ist das Gericht der Auffassung, das Verfahren sei tatsächlich nicht durch Rücknahme erledigt, entscheidet es durch Urteil über die Sache und führt in den Urteilsgründen zur Unwirksamkeit der Rücknahme aus. Es kann auch zunächst durch Zwischenurteil über die Wirksamkeit der Rücknahme entscheiden. Gegen das Urteil können die üblichen Rechtsmittel eingelegt werden. Entscheidet das Gericht durch Beschluss statt durch Urteil, so kann dagegen sowohl Berufung als auch Beschwerde eingelegt werden (Pawlak, in: Hennig, § 102 Rn. 36; a. A. Peters/Sautter/Wolff, § 102 Anm. 4a, S. II/61-69).

Ist das Gericht der Auffassung, die Klage sei wirksam zurückgenommen, spricht es nach überwiegender Meinung durch Urteil aus, dass die Klage zurückgenommen ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 102 Rn. 12 m. w. N.; vgl. hierzu auch die Kommentierung zu § 101 Rn. 24). Nach a. A. ist die Klage als unzulässig abzuweisen, weil einer Entscheidung in der Sache die durch Klagerücknahme beseitigte Rechtshängigkeit entgegen steht (Pawlak, in: Hennig, § 102 Rn. 35; Peters/Sautter/Wolff, § 102 Anm. 4a, S. II/61-69).

 

Rz. 27

Die Klagerücknahme ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich. Ein Widerruf ist jedoch ausnahmsweise möglich, wenn Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen, §§ 179, 180 i. V. m. §§ 578 ff. ZPO (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 18.11.204, L 1 KR 552/14). Dann muss allerdings die Monatsfrist ab Kenntnis des Grundes, § 586 ZPO, eingehalten werden (BSG, Urteil v. 14.6.1978, 9/10 RV 31/77, SozR 1500 § 102 Nr. 2; LSG Thüringen, Breithaupt 1995 S. 890; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 1990 S. 512, 514 zur Gewährung von PKH und den Beschluss des LSG Bayern v. 24.7.2009, L 17 U 35/05, juris).

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