Rz. 7

Die allgemeine Wartezeit ist auch vorzeitig erfüllt, wenn ein Versicherter während eines aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleisteten militärischen oder militärähnlichen Dienstes vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben ist (§ 245 Abs. 1 Nr. 3). Die in § 245 Abs. 2 Nr. 3 beschriebenen Tatbestände eines militärischen oder militärähnlichen Dienstes ergeben sich im Einzelnen aus den §§ 2 und 3 BVG und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften.

Zum militärischen Dienst aufgrund gesetzlicher Wehrpflicht i. S. d. § 2 BVG zählt grundsätzlich jeder aktive Wehrdienst, durch den die im Wehrgesetz vom 21.5.1935 angeordnete Wehrpflicht erfüllt worden ist (BSG, Urteil v. 19.8.1976, 11 RA 130/75); hierbei kann es sich um einen Dienst während oder zwischen den beiden Weltkriegen handeln. Ein Dienst bei der Bundeswehr oder der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR wird dagegen nicht von § 2 BVG erfasst.

Militärähnliche Dienste i. S. der Vorschrift sind abschließend in § 3 BVG aufgelistet (z. B. Reichsarbeitsdienst, Dienst als Wehrmachtshelfer usw.). Auch hierbei handelt es sich um Dienste, die während oder zwischen den beiden Weltkriegen geleistet worden sind.

Wegen der Begriffe militärischer und militärähnlicher Dienst wird im Übrigen auf die Komm. zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 verwiesen.

 

Rz. 8

Für die Anwendung des § 245 Abs. 2 Nr. 3 ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem militärischen oder militärähnlichen Dienst und dem Leistungsfall der Erwerbsminderung oder des Todes nicht erforderlich. Nach dem Wortlaut der Vorschrift reicht vielmehr bereits ein zeitliches Zusammentreffen zwischen dem Leistungsfall der gesetzlichen Rentenversicherung und dem jeweiligen Dienst aus.

 

Rz. 9

§ 245 Abs. 2 Nr. 4 ergänzt § 245 Abs. 2 Nr. 3 bezüglich der Spätfolgen aufgrund eines militärischen oder militärähnlichen Dienstes i. S. d. §§ 2 und 3 BVG. Hierbei ist allerdings – anders als bei Anwendung des § 245 Abs. 2 Nr. 3 – eine Kausalität zwischen der Dienstleistung und dem Leistungsfall der gesetzlichen Rentenversicherung, für den die vorzeitige Wartezeiterfüllung gelten soll, erforderlich. Von der Vorschrift werden außerdem nur kausale Spätfolgen erfasst, die nach dem 31.12.1956 eingetreten sind. Eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 245 Abs. 2 Nr. 4 kommt somit nicht in Betracht, wenn das schädigende Ereignis zwar während des militärischen oder militärähnlichen Dienstes, der Leistungsfall der Erwerbsminderung oder des Todes aber bereits vor dem 1.1.1957 eingetreten ist.

 

Rz. 10

Soweit ein Versicherter während oder wegen einer an einen militärischen oder militärähnlichen Dienst i. S. d. §§ 2 und 3 BVG anschließenden Kriegsgefangenschaft vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben ist und die Versicherteneigenschaft nachweist, kommt § 245 Abs. 2 Nr. 4 ebenfalls zur Anwendung. Der Begriff der Kriegsgefangenschaft ist im völkerrechtlichen Sinn (Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen i. d. F. v. 12.8.1949, BGBl. II 1954 S. 781, 838) und i. S. d. Verwaltungsvorschriften zum Heimkehrergesetz i. d. F. v. 24.1.1956 (Bundesanzeiger Nr. 21 v. 31.1.1956) auszulegen (BSG, Urteil v. 22.11.1974, 1 RA 85/74; v. 11.5.1983, 11 RA 28/82; v. 28.11.1985, 4a RJ 29/85). Danach ist kriegsgefangen, wer wegen seiner Zugehörigkeit zu einem militärischen oder militärähnlichen Verband in die Gewalt des Feindes geraten ist. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um eine Gefangenschaft im Inland oder im Ausland gehandelt hat. Kriegsgefangenschaft i. S. der Vorschrift liegt im Übrigen auch vor, wenn sich ein Versicherter freiwillig (z. B. als Überläufer) in feindlichen Gewahrsam begeben hat (BSG, Urteil v. 7.12.1961, 8 RV 549/60). Zum Begriff "Kriegsgefangenschaft" wird im Übrigen auf die Komm. zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 verwiesen.

Eine Kriegsgefangenschaft endet grundsätzlich mit der regulären Entlassung, der Rückführung in die Heimat oder durch eine geglückte Flucht. Darüber hinaus ist eine Kriegsgefangenschaft auch beendet, wenn die alliierten Siegermächte den Versicherten von den übrigen Kriegsgefangenen abgesondert haben, um gegen ihn ein Militärgerichtsverfahren wegen des Verdachts oder des Vorwurfs von Kriegsverbrechen vorzubereiten (BSG, Urteil v. 18.2.1981, 1 RA 123/79).

 

Rz. 11

Vorab steht der Begriff der Kriegsgefangenschaft unabhängig von der zeitlichen Begrenzung auf den 31.12.1956. Für diesen Begriff wird alternativ einmal auf den zeitlichen Zusammenhang oder, bei Eintritt des Leistungsfalls nach dem Ende der Kriegsgefangenschaft, kausal auf den Zusammenhang zwischen Kriegsgefangenschaft und Erwerbsminderung oder Tod abgestellt. Eine zeitliche Begrenzung ist nicht notwendig, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit oder der Tod während einer Kriegsgefangenschaft eingetreten sind. Anders verhält es sich, wenn sich die Kriegsgefangenschaft zeitlich an eine Dienstleistung nach Abs. 2 Nr. 3 anschließt und der Leistungsfall der gesetzlichen Rentenversicherung außerhalb der Kriegsgefangenscha...

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