0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit der Einführung des SGB IV durch das Sozialgesetzbuch (SGB) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) erlassen worden und am 1.7.1977 in Kraft getreten. Abs. 1 ist durch Art. 1 Nr. 3 des sog. Einordnungsgesetzes v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2330) mit Wirkung zum 1.1.1989 eingefügt worden. Die Abs. 1 und 2 wurden Abs. 2 und 3. Abs. 1 wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) mit Wirkung zum 1.1.2008 um Satz 3 ergänzt. Durch Art. 4 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung v. 21.7.2014 (BGBl. I S. 1133) wurde Abs. 4 mit Wirkung zum 1.1.2015 angefügt. Durch Art. 1 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583, 1008) wurde mit Wirkung zum 1.7.2015 redaktionell der Bezug zur Neufassung des § 28b hergestellt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Bis zum 31.12.1988 regelte § 26 lediglich die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. Seit dem 1.1.1989 wird in Abs. 1 zusätzlich die Beanstandung zu Unrecht entrichteter Beiträge der Beschäftigten für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt.

Die Rechtsvorschriften der Abs. 2 bis 4 gelten einheitlich für alle Zweige der Sozialversicherung.

Sie geben jedem, der Beiträge zu einem Zweig der Sozialversicherung ohne Rechtsgrund geleistet hat, einen Erstattungsanspruch gegen den Träger, der die Beiträge rechtsgrundlos erhalten hat.

2 Rechtspraxis

2.1 Zuständiger Versicherungsträger für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge

 

Rz. 3

Zu Unrecht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Gemäß § 351 Abs. 1 SGB III gilt abweichend von § 26 Abs. 2 für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Arbeitslosenversicherungsbeiträge, dass sich der zu erstattende Betrag um den Betrag der Leistung mindert, der in der irrtümlichen Annahme von Versicherungspflicht gezahlt worden ist. Der Erstattungsanspruch steht nach § 26 Abs. 3 demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat.

Die zu Unrecht entrichteten Beiträge sind von dem Versicherungsträger zu erstatten, der diese Beiträge erhalten hat.

Allerdings können die Rentenversicherungsträger nach § 211 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und die Bundesagentur für Arbeit (BA) nach § 351 Abs. 2 Nr. 2 SGB III mit den Einzugsstellen oder Leistungsträgern vereinbaren, dass diese die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge bzw. der Beiträge zur Arbeitsförderung übernehmen.

Die zuvor erwähnte Möglichkeit einer Vereinbarung haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Rentenversicherungsträger sowie die BA genutzt und Gemeinsame Grundsätze für die Auf- bzw. Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung – zuletzt unter dem Datum v. 20.11.2019 – herausgegeben (abrufbar unter www.deutsche-rentenversicherung.de).

Für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege- und/oder Rentenversicherung sowie zur Arbeitsförderung aus Entgeltersatzleistungen haben die am gemeinsamen Beitragseinzug Beteiligten tabellarische Übersichten über die Zuständigkeit für die Entscheidung über Erstattungsanträge erstellt. Die Versicherten sollten sich wegen der Erstattung der auf Entgeltersatzleistungen entfallenden Beiträge jeweils an ihre Krankenkasse wenden.

2.2 Begriff "Zu Unrecht entrichtete Beiträge"

 

Rz. 4

Eine Legaldefinition des Begriffs "zu Unrecht entrichtete Beiträge" ist im SGB nicht enthalten. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass darunter die Beiträge zu verstehen sind, die ohne Rechtsgrund entrichtet worden sind. Maßgeblich für die Prüfung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beitragsentrichtung (BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 AL 4/13 R). Zu Unrecht sind Beiträge entrichtet, wenn zum Zeitpunkt der Entrichtung weder ein materieller noch ein formeller Rechtsgrund hierfür bestand. Materiell rechtsgrundlos entrichtet sind insbesondere Beiträge, die irrtümlich in der Annahme von Versicherungspflicht geleistet wurden. Beiträge können auch der Höhe nach zu Unrecht entrichtet sein. Fehlt es an einem materiellen Rechtsgrund, so sind die Beiträge dennoch nicht zu Unrecht entrichtet, solange ein bestandskräftiger oder zumindest vollziehbarer Bescheid die Beitragsleistungspflicht regelt (Beitragsbescheid) bzw. das Bestehen von Versicherungspflicht feststellt (BSG, Urteil v. 13.9.2006, B 12 AL 1/05 R). Beiträge sind in diesem Fall erst dann zu erstatten, wenn der formelle Rechtsgrund in Gestalt des Bescheides durch Anfechtung bzw. im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X rückwirkend erfolgreich beseitigt wurde (vgl. BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 AL 4/13 R). Warum Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden, ist für den Erstattungsanspruch unerheblich. Es kommt nicht darauf an, auf wessen Verschulden hin die Beiträge zu Unr...

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