2.1 Grundsätze für den Umgang mit Unterlagen (Abs. 1)

 

Rz. 4

Die Vorschrift betrifft solche Unterlagen, die für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit des Verwaltungsträgers nicht mehr erforderlich sind. Mit dem Terminus der Erforderlichkeit hat das Gesetz, ähnlich wie in § 110a Abs. 1 bei dem Begriff der "ordnungsgemäßen Aufbewahrung der Unterlagen", einen unbestimmten Begriff gewählt. Eine Konkretisierung erfolgt dadurch, dass das Gesetz den Spitzenverbänden der Träger der Sozialversicherung in § 110c den Auftrag erteilt hat, u. a. das Nähere zu den Voraussetzungen der Rückgabe und Vernichtung der Unterlagen zu vereinbaren.

 

Rz. 5

Den Begriff der Erforderlichkeit spezifiziert das Gesetz durch die beispielhafte Aufzählung folgender Unterlagen (Abs. 1 Satz 3)

  • Unterlagen deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind (Nr. 1),
  • Unterlagen, die nach den Regeln des § 110a Abs. 2 als Wiedergabe auf einem maschinell verwertbaren dauerhaften Datenträger aufbewahrt werden (Nr. 2), sowie
  • Unterlagen, die dem Verwaltungsträger vom Betroffenen oder von Dritten zur Verfügung gestellt wurden (Nr. 3).
 

Rz. 6

Gemäß Nr. 1 können Unterlagen nach Ablauf von Aufbewahrungsfristen zurückgegeben oder vernichtet werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei Aufbewahrungsfristen allein um Regelungen zur Mindestdauer handelt. Nr. 2 ermöglicht die Rückgabe bzw. Vernichtung, wenn die Unterlagen von Datenträgern erfasst sind, um eine wirtschaftliche Aufbewahrung zuzulassen. Die Regelung in Nr. 3 ist hinsichtlich der Rückgabe an den Betroffenen unproblematisch, da diesem damit überlassen bleibt, die Unterlagen zu Beweiszwecken weiter aufzubewahren. Hinsichtlich der Vernichtung ist Nr. 3 – entgegen dem Wortlaut – dahin auszulegen, dass dies nur zulässig ist, wenn die Voraussetzungen nach Nr. 1 oder 2 vorliegen.

2.2 Interessen Dritter, von denen Unterlagen stammen (Abs. 2)

 

Rz. 7

Die Regelung nach Abs. 2 betrifft die Rückgabe von solchen Unterlagen, die einem Verwaltungsträger von

  • Versicherten,
  • Antragstellern oder
  • anderen Stellen

zur Verfügung gestellt wurden. Dabei ist, je nachdem, ob ein RV-Träger oder ein anderer Verwaltungsträger die Unterlagen bekommen hat, zu unterscheiden:

Wurden die Unterlagen einem RV-Träger zur Verfügung gestellt, so hat dieser sie grundsätzlich nicht nur auf Anforderung, sondern von Amts wegen demjenigen oder der Stelle zurückzugeben, von dem die Unterlage stammte. Ausnahmsweise ist hier jedoch keine Rückgabe erforderlich, wenn die Unterlagen als Ablichtung oder Abschrift zur Verfügung gestellt wurden (Abs. 2 erster Satzteil). Wurden die Unterlagen dagegen einem anderen Verwaltungsträger zur Verfügung gestellt, so muss dieser sie (nur) auf Anforderung zurückgeben (Abs. 2 letzter Satzteil).

Der Gesetzgeber hat sich bei dieser Unterscheidung von der Erwägung leiten lassen, dass Urschriften, die ein RV-Träger für seine Arbeit benötigt, für das Versicherungsverhältnis des Betreuten grundsätzlich lebenslange Bedeutung haben (BT-Drs. 14/9000 S. 47 zu § 110b).

2.3 Vernichtung von Unterlagen (Abs. 3)

 

Rz. 8

Für die "übrigen Unterlagen", also Unterlagen die nach den Regelungen der Abs. 2 und 3 nicht zu vernichten oder zurückzugeben sind, gilt Abs. 3. Die Unterlagen sind danach zu vernichten, jedoch nur, "soweit kein Grund zu den Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden". Durch die Formulierung "werden vernichtet" ist deutlich gemacht, dass insoweit kein Ermessen besteht.

Auch zu der Frage, wann diese Voraussetzung dieses weiteren unbestimmten Rechtsbegriffes gegeben ist, schweigt das Gesetz. Der gesetzliche Auftrag an die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger gemäß § 110c Abs. 1 bzw. die subsidiäre Verordnungsermächtigung gemäß Abs. 2 umfasst auch die Erarbeitung von Richtlinien zu diesem Begriff.

Allgemein lässt sich sagen, dass der Begriff der schutzwürdigen Interessen eng, also nicht im Sinne schwerwiegender Nachteile auszulegen sein wird, die dem Betroffenen im Falle der Vernichtung der Unterlagen drohen würden. Ebenso wenig dürfte es darauf ankommen, dass solche Interessen auch bei objektiver Betrachtung tatsächlich gegeben sind; die subjektive Sicht des Betroffenen wird man genügen lassen müssen.

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