Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen. Auszahlung einer Deckungsrückstellung. betriebliche Altersversorgung

 

Orientierungssatz

Die Auszahlung einer Deckungsrückstellung aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung stellt keine dem Zweck der Altersversorgung dienende Leistung dar und unterliegt somit nicht der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

 

Nachgehend

BSG (Vergleich vom 01.04.2011; Aktenzeichen B 12 KR 1/11 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1947 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung auf die Auszahlung der Leistung einer Lebensversicherung.

Er war bei den amerikanischen Stationierungskräften (U.S. Army in Europe - USAREUR) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Oktober 2007 infolge einer Standortschließung. Der Kläger war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos. Seit dem 1. Mai 2010 bezieht er eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses wurde zu Gunsten des Klägers eine Kapital-Lebensversicherung abgeschlossen (C. AG Vers.-Nr. xxx- Versorgungswerk für die Arbeitnehmer bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften). In der allgemeinen Versicherungsbescheinigung (Stand: 1. Januar 2004) finden sich die folgenden Regelungen:

“III.3. Deckungsrückstellung

Die Deckungsrückstellung ist der verzinslich angesammelte Teil der für die Versicherung entrichteten Beiträge (Grundbeiträge, zusätzliche Beiträge und sämtliche Einmalbeiträge), der nicht für das von den Versicherungsgesellschaften getragene Risiko und die Verwaltungskosten verbraucht wurde.

Sie wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung berechnet. (…)

IV. Ansprüche auf die Versicherungsleistungen

1. Versicherungssumme

Die Versicherungssumme steht zu:

a) bei Vollendung des 65. Lebensjahres dem versicherten Arbeitnehmer, (…)

3. Deckungsrückstellung

Die Deckungsrückstellung steht jedem versicherten Arbeitnehmer zu, der vor Eintritt des Versicherungsfalles (Tod oder Vollendung des 65. Lebensjahres) aus der Gruppenversicherung ausscheidet (Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei den US-Stationierung Streitkräften) und im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 5 Jahre versichert war. (…)

VI. Beendigung der Versicherung

Die im Gruppenversicherungsvertrag geführte Kapital-Lebensversicherung endet

a) bei Eintritt des Versicherungsfalles (Tod oder Vollendung des 65. Lebensjahres)

b) durch Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles.„

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses setzte der Kläger die Versicherung nicht fort, sondern wählte die Auszahlung der Deckungsrückstellung.

Zum 8. November 2007 wurde dem Kläger ein gegenüber der Beklagten von der C. -AG als “einmaliger Versorgungsbezug„ bezeichneter Betrag von 33.855,78 € ausbezahlt. In einem Schreiben an den Kläger vom 7. November 2007 bezeichnete die C. -AG die Leistung als “Deckungskapital„ und bezog sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Mit Bescheiden vom 5. Mai 2008 und 14. Mai 2008 setzte die Beklagte auf der Grundlage von beitragspflichtigen Bezügen in Höhe von 282,13 € monatlich Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich 44,58 € und zur Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 4,80 € fest.

Gegen den Beitragsbescheid vom 5. Mai 2008 erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er sei erst 61 Jahre alt und aufgrund des Personalabbaus bei den alliierten Streitkräften ausgeschieden. Die Deckungsrückstellung aus der Gruppenversicherung sei nicht zur Altersversorgung erzielt, sondern wegen der Entlassung gezahlt worden. Hierbei handele es sich nicht um eine Kapitalleistung, die an die Stelle des Versorgungsbezuges trete, sondern um eine nichtbeitragspflichtige Kapitalleistung, die an die Stelle eines künftigen Versorgungsanspruchs getreten sei. Zum Zeitpunkt der Auszahlung sei der vertraglich vorgesehene Versicherungsfall (Vollendung des 65. Lebensjahres) nicht gegeben gewesen. Der Kläger berief sich auf das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. Juni 2007 - S 11 KR 366/05 - und wendete die Verfassungswidrigkeit einer rückwirkenden Anwendung der Erhebung von Beiträgen auf die Deckungsrückstellung ein.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2008 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V unterlägen der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht, soweit sie zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden. Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, so gelte 1/120 der Leistung als mon...

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