Entscheidungsstichwort (Thema)

Luftverkehr. Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Begriff ‚außergewöhnliche Umstände’. Verpflichtung zur Unterstützung von Fluggästen im Fall der Annullierung eines Fluges wegen ‚außergewöhnlicher Umstände’. Vulkanausbruch, der zur Schließung des Luftraums führt. Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull

 

Beteiligte

McDonagh

Denise McDonagh

Ryanair Ltd

 

Tenor

1. Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass Umstände wie die Schließung eines Teils des europäischen Luftraums nach dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull „außergewöhnliche Umstände” im Sinne dieser Verordnung darstellen, die die Luftfahrtunternehmen nicht von ihrer Betreuungspflicht gemäß den Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung entbinden.

2. Die Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung Nr. 261/2004 sind dahin auszulegen, dass im Fall der Annullierung eines Fluges wegen „außergewöhnlicher Umstände” von einer Dauer, wie sie im Ausgangsverfahren gegeben ist, der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Pflicht zur Betreuung der Fluggäste nachzukommen ist, ohne dass dies die Gültigkeit dieser Bestimmungen berührt.

Ein Fluggast kann jedoch als Entschädigung dafür, dass das Luftfahrtunternehmen seiner Betreuungspflicht nach den Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung Nr. 261/2004 nicht nachgekommen ist, nur solche Beträge erstattet bekommen, die sich in Anbetracht der dem jeweiligen Fall eigenen Umstände als notwendig, angemessen und zumutbar erweisen, um den Ausfall der Betreuung des Fluggasts durch das Luftfahrtunternehmen auszugleichen, was zu beurteilen Sache des nationalen Gerichts ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Dublin Metropolitan District Court (Irland) mit Entscheidung vom 10. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Januar 2011, in dem Verfahren

Denise McDonagh

gegen

Ryanair Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis, T. von Danwitz und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau McDonagh, vertreten durch J. Hennessy, Solicitor,
  • der Ryanair Ltd, vertreten durch Rechtsanwalt G. Berrisch, M. Hayden, Senior Counsel, und R. Aylward, Barrister-at-Law,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und M. Perrot als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ossowski als Bevollmächtigten,
  • des Europäischen Parlaments, vertreten durch L. G. Knudsen und A. Troupiotis als Bevollmächtigte,
  • des Rates der Europäischen Union, vertreten durch E. Karlsson und A. De Elera als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Simonsson und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. März 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Beurteilung der Gültigkeit der Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau McDonagh und der Ryanair Ltd (im Folgenden: Ryanair) wegen der Weigerung Letzterer, Frau McDonagh gegenüber nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, der zur Annullierung ihres Fluges und in größerem Maßstab zur Schließung eines Teils des europäischen Luftraums führte, die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Betreuungsleistungen zu erbringen.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

Rz. 3

Das am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossene Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (im Folgenden: Übereinkommen von Montreal) wurde von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichnet und in ihrem Namen durch den Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 (ABl. L 194, S. 38) genehmigt.

Rz. 4

Der letzte Absatz der Präambel des Übereinkommens von Montreal lautet:

„in der Überzeugung, d...

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