Leitsatz (amtlich)

Führt ein Unternehmer in eigener Regie auf betriebseigenem Gelände kleine, den Zwecken seines Betriebs unmittelbar dienende Bauarbeiten aus, die den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht übersteigen, so ist nicht die Bau-Berufsgenossenschaft (oder die Gemeinde bzw der Gemeindeunfallversicherungsverband), sondern die nicht-baugewerbliche Stamm-Berufsgenossenschaft des Unternehmens zur Entschädigung eines dabei eingetretenen Arbeitsunfalls zuständig; und zwar auch dann, wenn sich der Unternehmer hierbei der fachkundigen Mitarbeit seines - sonst in einem anderen Unternehmen beschäftigten - Sohnes bediente (Abgrenzung zu BSG 1972-07-27 2 RU 71/70 = BSGE 34, 240).

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, § 647 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 657 Abs. 1 Nr. 7 Fassung: 1963-04-30

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 1975 geändert. Es wird festgestellt, daß die Beigeladene zu 1. der zuständige Versicherungsträger ist.

Die Beigeladene zu 1. hat dem Beigeladenen zu 2. seine außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im wesentlichen darum, ob die Klägerin, der Beklagte oder die Beigeladene zu 1. der zuständige Versicherungsträger für die Entschädigung eines Unfalles ist, den der Beigeladene zu 2. am 5. September 1970 erlitten hat.

Der Beigeladene zu 2. H E (HE), war 1970 als Bauschlosser bei der Firma W. und R. M OHG, P, tätig. Er ist der Sohn des Güternahverkehrsunternehmers G E (GE) aus K. Dieser wollte 1970 an seiner Lkw-Garage ein gebraucht gekauftes Eisentor anbringen. Hierzu war ein eiserner Torrahmen erforderlich. Diesen Rahmen fertigte der Beigeladene zu 2. am Sonnabendmorgen, dem 5. September 1970, bei der Firma M aus Eisenrohren an und montierte ihn am Nachmittag des gleichen Tages unter Mithilfe seines Vaters. Beim Richten eines Torbandes löste sich gegen 15.00 h ein Eisensplitter und verletzte das linke Auge des HE.

Die Firma M erteilte dem GE. unter dem 31. Dezember 1970 eine Rechnung über die Anfertigung eines Rohrrahmens sowie drei Anschweißbänder in Höhe von insgesamt 64,27 DM. In der Unfallanzeige vom 9. September 1970 gab die Firma ua an, HE. habe am 5. September 1970 die Arbeit um 7.00 h begonnen und um 15.00 h beendet; später wurde das Ende mit 12,00 h angegeben.

Die Beigeladene zu 1. und der Beklagte lehnten gegenüber der Klägerin die Erstattung von deren Aufwendungen in Höhe von insgesamt 4.964,79 DM ab.

Die Klage ist vom Sozialgericht (SG) mit der Maßgabe abgewiesen worden, daß die Klägerin für die Entschädigung des Unfalles des HE vom 5. September 1970 der zuständige Versicherungsträger sei (Urteil vom 19. Juni 1973). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und festgestellt, daß der Beklagte der zuständige Versicherungsträger sei (Urteil vom 24. September 1975). Es hat zur Begründung ua ausgeführt, HE habe mit dem Einbau des Torrahmens eine kurzfristige Bauarbeit i. S. von § 657 Abs. 1 Nr. 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) ausgeführt. Diese sei nicht dem Unternehmen des GE zuzurechnen. Es habe sich um einen nach Jahren vorgenommenen Ersatz des Holzrahmens durch einen Rohrrahmen gehandelt, für dessen Einbau die Spezialkenntnisse des bei der Firma M beschäftigten Beigeladenen HE erforderlich gewesen oder auf jeden Fall genützt worden seien. Diese Arbeit habe weder zu den laufenden Ausbesserungsarbeiten, noch zu den anderen kleineren laufenden Bauarbeiten gehört, die üblicherweise in einem Fuhrunternehmen in eigener Regie und ausschließlich oder überwiegend mit eigenen Arbeitskräften ausgeführt würden. Es habe sich in bezug auf GE auch nicht um eine gewerbsmäßige Bauarbeit gehandelt, weil dieser als Fuhrunternehmer sich naturgemäß nicht mit Bauarbeiten befasse.

Bei der Ausführung dieser Bauarbeit habe sich HE zwar nicht in einem Arbeitsverhältnis iS von § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO befunden. Er sei aber "wie" ein Arbeitnehmer iS von § 539 Abs. 2 RVO tätig gewesen. Es habe sich auch nicht um eine unversicherte verwandtschaftliche Gefälligkeit gehandelt. Die verwandtschaftlichen Beziehungen hätten der Ausführung der Arbeit nicht das Gepräge gegeben, vielmehr zumindest überwiegend die Tatsache, daß der Einbau des Rohrrahmens normalerweise durch einen Fachmann der Herstellerfirma erfolgt wäre und HE die für den Einbau erforderliche Fachkraft gewesen sei. Daran ändere sich auch dadurch nichts, daß er kostenlos tätig gewesen sei.

Die Klägerin als die für die Firma M zuständige Berufsgenossenschaft (BG) sei nicht der zuständige Versicherungsträger, weil die Firma M nur den Auftrag zur Herstellung des Rohrrahmens und nicht auch den zu seinem Einbau gehabt habe. Das ergebe sich einerseits aus der Rechnung vom 31. Dezember 1970, die keine Kosten für die Montage enthalte und andererseits aus dem von einem Vertreter der Klägerin (Dr. S) aufgenommenen Protokoll vom 2. September 1971, in dem die beiden Firmeninhaber und der Beigeladene zu 2. unterschriftlich sich darüber einig gewesen seien, daß die außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit am Sonnabendnachmittag vorgenommene Montage außerhalb des Auftragsverhältnisses der Firma M gelegen habe. HE habe deshalb den Einbau des Rahmens nicht im Auftrage der Firma M als deren Arbeitnehmer ausgeführt, so daß seine Arbeit insoweit auch nicht dieser Firma, sondern dem nicht gewerbsmäßigen Bauunternehmen seines Vaters gedient habe.

Maßgebend für die Bestimmung des zuständigen Versicherungsträgers sei, wem die fragliche Arbeit gedient habe. Es sei daher rechtlich nicht von Bedeutung, daß GE die Firma M mit dem Einbau hätte beauftragen müssen, wenn dieser nicht durch seinen Sohn erfolgt wäre.

Mit seiner von dem LSG zugelassenen Revision trägt der Beklagte ua vor, das LSG habe den Begriff der kurzen Bauarbeit iS von § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO verkannt. Sowohl der Verletzte als auch die Gebrüder M hätten zunächst eindeutig angegeben, die Anbringung des Torrahmens habe zu den Verrichtungen gehört, die der Verletzte im Auftrag der Firma M vorzunehmen gehabt habe. Insbesondere hätten sie zunächst angegeben, daß auch die Anbringung des Rahmens durch den in Rechnung gestellten Betrag mit abgegolten gewesen sei. Die nachträgliche Vereinbarung, auf die das LSG seine Feststellungen gestützt habe, wonach gegenüber ihrer früheren Auffassung sowohl die Gebrüder M als auch der Verletzte offenbar der Meinung gewesen seien, HE sei bei der Anbringung des Rahmens doch nicht für die Firma M tätig geworden, sei nicht geeignet, die eindeutige Zuordnung der unfallbringenden Tätigkeit zum Unternehmen der Firma M zu beseitigen. Jedenfalls wäre das LSG gehalten gewesen, diesen eklatanten Widerspruch durch eine Beweisaufnahme zu klären, Wenn es dem Protokoll über dieses Gespräch eine prozeßentscheidende Bedeutung habe beimessen wollen, hätte es den Beklagten darauf hinweisen müssen und ihn zur Stellung von Beweisanträgen anregen müssen. Es habe eine unmittelbare Verzahnung der unfallbringenden Tätigkeit mit der Tätigkeit des Verletzten im Betrieb der Firma M bestanden. Die unfallbringende Arbeit habe auch den spezifischen Verrichtungen entsprochen, die dem Gewerbebetrieb der Firma M eigentümlich gewesen seien. Der Verletzte habe gewerbsmäßig eine Verrichtung ausgeführt, die eindeutig dem Eisen- und Stahlgewerbe zuzuordnen gewesen sei. Das LSG hätte deshalb die Gebrüder M als Zeugen vernehmen müssen.

Selbst aber wenn die Klägerin nicht der zuständige Versicherungsträger wäre, habe es sich nicht um eine kurzfristige Bauarbeit gehandelt, für die der Beklagte zuständig sei. Die Anbringung des Rahmens habe lediglich eine Reparatur bzw. Ausbesserungsarbeit dargestellt, die einem Betrieb des gewerblichen Güternahverkehrs keineswegs wesensfremd gewesen sei. Der laufende Betrieb dieses Unternehmens bestehe ua im Einsatz der Lastwagen und sonstigen Fahrzeuge sowie in deren Abstellen und Unterbringen. Zum Personalbestand eines solchen Unternehmens gehörten stets Schlosser bzw. Kraftfahrzeugschlosser, und derartige Reparaturarbeiten wie hier die Montage eines Torrahmens würden in der Regel durch eigene Betriebsangehörige ausgeführt. Jedenfalls habe der Verletzte aber eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit für den Fuhrbetrieb seines Vaters verrichtet, falls es sich nicht um eine bloße Gefälligkeit gehandelt habe. Versicherungsschutz bei der zuständigen Fachberufsgenossenschaft bestehe nicht nur für Tätigkeiten, die üblicherweise von im Betrieb des betreffenden Gewerbezweiges beschäftigten Personen verrichtet würden. Hätte ein Beschäftigter des Betriebs den Torrahmen montiert, so wäre er dabei in jedem Falle bei der Beigeladenen zu 1. versichert gewesen. Der Verletzte sei "wie" ein mit einer solchen Arbeit betrauter Beschäftigter tätig gewesen. Das LSG habe nicht nur die Grenzen seines Beweiswürdigungsrechts überschritten, sondern auch seine Aufklärungspflicht insoweit verletzt, als es nicht mindestens geprüft habe, ob der Verletzte nicht auch in anderen Fällen im Unternehmen seines Vaters ausgeholfen habe, so daß er insoweit schon als Stammarbeiter betrachtet werden konnte.

Die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1. ergebe sich aus den in der Entscheidung Bd. 38 S. 6 f aufgestellten Rechtsgrundsätze. Dabei sei es nicht entscheidend, ob kleinere Bauarbeiten von Stammarbeitern des Unternehmens oder von Personen ausgeführt würden, die "wie" solche tätig geworden seien. Schließlich sei HE aus verwandtschaftlicher Gefälligkeit tätig geworden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 1975 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Juni 1973 zurückzuweisen,

ferner 1.) hilfsweise,

festzustellen, daß die Beigeladene zu 1. der für die Entschädigung des Unfalles vom 5. September 1970 zuständige Unfallversicherungsträger ist,

2.)

hilfsweise,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere sehen sie keinen Widerspruch zu dem Urteil des 2. Senats in BSG 38, 6, zumal § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO "einmalige" Baumaßnahmen - wie hier - nicht im Auge habe. Die gerügten Verfahrensmängel lägen nicht vor.

Der Beigeladene zu 2. ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision des Beklagten ist im Sinne des ersten Hilfsantrages begründet.

Entgegen der Auffassung des LSG ist nicht der beklagte Badische Gemeindeunfallversicherungsverband, sondern die Beigeladene zu 1.), die BG für Fahrzeughaltungen, der für die Entschädigung der Folgen des Unfalles zuständige Unfallversicherungsträger, den der Beigeladene zu 2.), der Bauschlosser H E (HE.), am Sonnabend, dem 5. September 1970, gegen 15.00 h , erlitten hat, als er in dem Fuhrbetrieb seines Vaters G E (GE) einen Rohrrahmen montierte, der zum Anbringen eines neuen eisernen Tores an einer Lkw-Garage dienen sollte.

Die von der klagenden Süddeutschen Eisen- und Stahl-BG erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Die Klägerin leistet dem Beigeladenen zu 2. vorläufige Fürsorge i. S. von § 1735 RVO in der hier anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Fassung (vgl. Art. II § 4 Nr. 3 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - vom 11. Dezember 1975 - BGBl I 3015); sie ist jedoch der Ansicht, nicht sie, sondern der Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 1., sei der zuständige Versicherungsträger (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand: Mai 1976, Anm. 3 zu § 55 SGG S. 185/13 - 9 -).

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, HE. sei nicht im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma W. & R. M OHG tätig gewesen (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Ohne den von der Revision gerügten Verfahrensmangel ist es zu der Feststellung gelangt, die Montage des Rohrrahmens habe nicht diesem Unternehmen gedient. Es bedurfte insoweit keiner Vernehmung der Inhaber und des HE. als Zeugen, denn das LSG hat sein richterliches Beweiswürdigungsrecht (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht überschritten, bzw. seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) nicht verletzt, wenn es nach dem zur Zeit der Entscheidung bekannten Beweisergebnis weitere Beweiserhebungen nicht für erforderlich hielt. Zwar war in der Unfallanzeige angegeben worden, die Arbeitszeit des HE. sei am Sonnabend, dem 5. September 1970, um 15.00 h , beendet gewesen, und die Inhaber der Firma M sollen angeblich am 14. Mai 1971 erklärt haben, mit dem Gesamtbetrag der Rechnung vom 31. Dezember 1970 sei auch das Anbringen des Rahmen abgegolten gewesen. Wenn das LSG demgegenüber aus dem Inhalt der Rechnung, die keinen Betrag für die Montage enthält, und den übereinstimmenden, jeweils handschriftlich unterzeichneten Erklärungen von W und R M sowie des HE. vom 2. September 1971, wonach die betriebliche Arbeitszeit des HE. um 12.00 h beendet gewesen sei, gefolgert hat, der Rahmen sei zwar aufgrund eines Auftrags des GE. im Betrieb der Firma M von HE, angefertigt worden, die Montage sei aber außerhalb des Auftrags- bzw. Arbeitsverhältnisses erfolgt, so entspricht das den verfahrensfehlerfrei ermittelten tatsächlichen Umständen. HE. war hiernach weder von seiner Firma beauftragt worden, den Rahmen zu montieren, noch war er dafür entlohnt worden; die Entlohnung erfolgte vielmehr nur für seine Tätigkeit im Betrieb, weshalb die Rechnung auch keine Montagekosten, offenbar sogar nur Materialkosten und Mehrwertsteuer enthält. Es handelte sich ersichtlich um ein mindestens nicht unübliches Entgegenkommen gegenüber einem Betriebsangehörigen, der ein Werkstück für eigene oder die Zwecke seiner Familienangehörigen benötigte, wobei die Firma sich mit den Herstellungs- bzw. Materialkosten begnügte, die Montage jedoch der "Selbsthilfe" ihres Betriebsangehörigen überlassen wollte, um seinem Vater weitere Kosten zu ersparen. Damit ist HE. aber bei der Montage des Rahmen nicht im betrieblichen Interesse des Unternehmens M tätig gewesen, so daß der hierfür zuständige Unfallversicherungsträger, die Klägerin, nicht die Entschädigung der Unfallfolgen aus einem Arbeitsverhältnis nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO zu leisten hat. Das LSG mußte den Beklagten auch nicht besonders auf das Protokoll vom 2. September 1971 hinweisen, nachdem dessen wesentlicher Inhalt schon im Urteil des SG (S. 3) festgehalten worden war.

Das LSG hat auch zutreffend entschieden, HE. sei "wie" ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Beschäftigter tätig gewesen (§ 539 Abs. 2 RVO). Es handelte sich um eine Tätigkeit, die ihrer Art nach von in abhängiger Stellung Beschäftigten, nämlich von Bauschlossern, die in Betrieben wie dem Unternehmen M tätig sind, geleistet werden. Dabei ist es unerheblich, daß HE. für seinen Vater unentgeltlich tätig war. Auch solche verwandtschaftliche Gefälligkeitsleistungen stehen unter Unfallversicherungsschutz, soweit sie ihrer Art nach eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit darstellen (BSG 5, 168, 172; 34, 240, 241, 242 m. w. H.; Urteil des erkennenden Senats vom 13. Februar 1975 - 8 RU 110/74; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: April 1976, II S. 476 c und d). Der Versicherungsschutz würde allenfalls entfallen sein, wenn es sich um eine reine, von familiären Beziehungen geprägte, dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnende Gefälligkeit gehandelt hätte (BSG 18, 143, 147/8 und Brackmann aaO). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Es liegt keine dem persönlichen Lebensbereich des Vaters zuzurechnende Tätigkeit vor; vielmehr sollte der Sohn eine ernstliche, wirtschaftlich nützliche Arbeit verrichten (Brackmann aaO).

Das Anbringen des Rohrrahmens stellt eine "Bauarbeit" dar, nämlich die Erneuerung eines Gebäudeteils. Es sollte das alte Holztor der Lkw-Garage durch ein Eisentor ersetzt werden. Diese Bauarbeit in seinem Betrieb hat G. E. nicht einem Unternehmen des Bauhaupt- oder Nebengewerbes übertragen. Er ließ sie vielmehr unter seiner eigenen Mithilfe von seinem Sohn ausführen. Er war insoweit Unternehmer einer für ihn nicht gewerbsmäßigen Bauarbeit, denn er selbst betrieb ein Fuhrunternehmen. Die Arbeit hätte auch nur einige Stunden in Anspruch genommen, jedenfalls nicht mehr als sechs Arbeitstage. Damit sind aber noch nicht, wie das LSG angenommen hat, die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Beklagten nach § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO erfüllt.

Bauarbeiten fallen ihrer Art nach - entsprechend der fachlichen Gliederung der Berufsgenossenschaften nach Gewerbezweigen (vgl. § 646 RVO) - grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Bauberufsgenossenschaften (BSG 38, 6, 7 oben). Das gilt auch für die in anderen als in Bauunternehmen ausgeführten - nicht gewerbsmäßigen - Bauarbeiten; auch für sie sind deshalb grundsätzlich die Bauberufsgenossenschaften zuständig (oder wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um kurzfristige Bauarbeiten handelt, u. U. die Gemeindeunfallversicherungsträger oder -verbände (GUV), § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO).

Eine Ausnahme gilt jedoch in Anlehnung an § 647 RVO für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten anderer Unternehmen, die auf betriebseigenem Gelände stattfinden, unmittelbar den Zwecken des Unternehmens dienen und sich im Rahmen des laufenden Betriebs halten (vgl. dazu BSG 34, 240, 243). Hierzu hat der 2. Senat des BSG ua in seinem Urteil vom 27. Juni 1974 (BSG 38, 6, 7) zutreffend dargelegt, daß seit jeher in Rechtsprechung und Schrifttum zur gesetzlichen Unfallversicherung bestimmte nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten derjenigen nicht baugewerblichen BG zugerechnet worden sind, der die Unternehmer als Mitglieder angehören, nicht jedoch der Bau-BG bzw. dem gemeindlichen Unfallversicherungsträger. Es handelt sich dabei um sogenannte Eigen- oder Regiebauten, bzw. nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten, die nicht - baugewerbliche Unternehmer auf ihren Grundstücken für ihre Rechnung ausführen oder ausführen lassen, ohne sie an einen Baugewerbetreibenden zu übertragen. Hierzu gehören nicht nur die laufenden Ausbesserungsarbeiten an den Betriebsgebäuden, sondern insbesondere auch den Zwecken des laufenden Betriebes unmittelbar dienende kleine Bauarbeiten. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß üblicherweise in vielen Betrieben solche kleinen Bauarbeiten von Betriebsangehörigen - bzw. auch vom Unternehmer selbst - ausgeführt werden, die oft nicht über spezielle Fachkenntnisse verfügen, jedoch aufgrund ihrer allgemeinen handwerklichen Erfahrungen und Geschicklichkeiten in der Lage sind, solche Bauarbeiten auszuführen. Das von der für das jeweilige Unternehmen zuständigen Fach-BG zu deckende Unfallrisiko umfaßt deshalb auch diese Arbeiten. Dementsprechend haben die gewerblichen BGen unter dem 1./2. März 1967 "verbindliche" Richtlinien vereinbart (Rdschr. VB 59/67), wonach für nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten die nicht baugewerbliche (Stamm-) BG zuständig ist, wenn die Bauarbeiten den Zwecken des Unternehmens unmittelbar dienen und auf betriebseigenem Gelände ausgeführt werden. In den Richtlinien wird allerdings weiter gefordert, daß dabei ausschließlich oder überwiegend Stammarbeiter beschäftigt werden.

Eine solche allgemeine Einschränkung ist allerdings weder in BSG 38, 6 ff noch in der EuM Band 40, 161 ff abgedruckten Entscheidung der Schiedsstelle, auf die sich der 2. Senat bezogen hat, gemacht worden. Dort ist nämlich (am 1. September 1936) entschieden worden, daß "kleine", den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht übersteigende "Bauarbeiten" an Betriebsgebäuden als Teile des Betriebes bei der Berufsgenossenschaft (BG) mitversichert seien, welcher dieser angehört, und zwar auch dann, wenn sie ausschließlich oder überwiegend durch besonders dafür eingestellte Arbeiter ausgeführt werden. Nur bei größeren, den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten übersteigenden Bauarbeiten eines Betriebs hänge die Mitversicherung bei der BG des Betriebes von der Voraussetzung ab, daß die Arbeiten ausschließlich oder überwiegend mit der ständigen Betriebsgefolgschaft ausgeführt werden. Diese Unterscheidung zwischen kleinen Bauarbeiten, die den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht übersteigen, und anderen, größeren Bauarbeiten, bei denen die Stamm-BG ebenfalls zuständig ist, wird in der späteren Entscheidung der Schiedsstelle vom 1. Juli 1937 in EuM 41, 482 verdeutlicht, auf die in BSG 38, 7 ebenfalls verwiesen wurde. Dort ist die Forderung nach dem ausschließlichen oder doch überwiegenden Einsatz ständiger Betriebsangehöriger in einem Fall erörtert worden, in dem eine Zuckerfabrik mit dem Bau eines Lokomotivschuppens und eines Gebäudes für Schnitzeltrocknung sowie einem Umbau befaßt war, wozu sie sich 31 eigener Leute und 23 besonders eingestellter Leute bediente. Anderseits hat das RVA schon in seiner Rekursentscheidung vom 5. Mai 1890 (AN 1890, 452 Nr. 834) - auch hierauf hat der 2. Senat verwiesen - die Erneuerung eines Windmühlenflügels, zu der die Besitzerin einer Windmühle zwei betriebsfremde Zimmerleute hinzugezogen hatte - die Arbeit nahm 6 Tage in Anspruch - entschieden, daß diese "Bauarbeit" ihrer Natur nach den Charakter einer laufenden Reparaturarbeit behalte, weshalb die Müllerei-BG - ungeachtet der Hinzuziehung betriebsfremder Arbeiter - als zuständig für die Entschädigung des Unfalls erachtet worden ist. Demgemäß hat auch die Entscheidung in EuM 40, 161 trotz des Umstandes, daß dort in den Lagerräumen einer Webwarengroßhandlung Maler- und Tüncherarbeiten von besonders eingestellten 5 Malern und Tünchern in insgesamt 718 Stunden verrichtet worden sind, das Vorliegen von "kleinen Bauarbeiten", die den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht übersteigen, angenommen und entschieden, daß nicht die Bau-BG, sondern die Großhandels- und Lagerei-BG der zuständige Versicherungsträger ist.

Sonach ergibt sich, daß bei kleinen Bauarbeiten, die den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht übersteigen, in Fällen der vorliegenden Art stets die Stamm-BG - und nicht die Bau-BG oder der GUV - als zur Unfallentschädigung verpflichtet angesehen worden ist. Insofern sind die oben erwähnten Richtlinien, zumindest ungenau oder mißverständlich, wenn sie allgemein unter I vorschreiben, bei den der Stamm-BG zuzurechnenden Bauarbeiten müßten ausschließlich oder überwiegend Stammarbeiter beschäftigt werden, und sie lediglich bei laufenden Ausbesserungsarbeiten an Betriebsgebäuden die Versicherung der dabei beschäftigten Personen "in allen Fällen" in die Zuständigkeit der Stamm-BG fallen lassen (Nr. III der Richtlinien).

Das gleiche gilt für die Ausführungen von Vollmar in SozVers. 1970 S. 43, 45, soweit er regelmäßig die Bau-BG bzw. den GUV für zuständig hält, wenn zur Ausführung solcher Bauarbeiten eigens fremde Arbeitskräfte eingestellt werden. Die Richtlinien stehen allerdings dann im Einklang mit der jahrzehntelangen Rechtsprechung, wenn sie zum Ausdruck bringen wollen, daß Nr. III der Richtlinien für kleine Bauarbeiten gelten soll, wenn diese den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht überschreiten.

Der 2. Senat hat in seinem Urteil vom 27. Juni 1974 (BSG 38, 6 ) eine Einschränkung i. S. der Nr. III der Richtlinien nicht gemacht; er hat ausdrücklich betont, es bedürfe aus Anlaß seines Falles keiner Entscheidung, ob den im Rundschreiben VB 59/67 aufgeführten Abgrenzungsmerkmalen "generell und in vollem Umfang beizupflichten ist" (BSG 38, 8). Die hier erörterten Gesichtspunkte spielten dort keine Rolle, da die Bauarbeiten (Einreißen einer Mauer) von dem Unternehmer selbst - ohne fremde Arbeitskräfte - verrichtet worden war. In seiner späteren Entscheidung vom 31. März 1976 - 2 RU 125/75 - hat sich der 2. Senat im wesentlichen auf die gleichen Grundsätze gestützt und dabei betont, daß bei Bauarbeiten, die zum Teil an Baugewerbetreibende vergeben sind, nur die Verhältnisse der Eigenbauarbeiten in Betracht zu ziehen sind (S. 8).

Nach den oben dargelegten, seit vielen Jahrzehnten geltenden und vom 2. Senat des BSG in den genannten Entscheidungen nicht irgendwie eingeschränkten Grundsätzen, die der erkennende Senat für sinnvoll und zweckmäßig hält, liegt im vorliegenden Fall eine kleine Bauarbeit vor, die den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht übersteigt. Denn zum Abringen des Rohrrahmens am freien Sonnabendnachmittag des Beigeladenen zu 2) - H. E. - waren nur einige Stunden erforderlich, und es sollte nicht etwa ein neues Bauwerk oder ein neuer Gebäudeteil errichtet werden (etwa ein Tanklager wie im Falle der Entscheidung des 2. Senats vom 30. November 1972 - 2 RU 195/71 oder solche Bauten, wie sie in EuM 41, 482 beschrieben sind). Die Arbeit diente auch den Zwecken des laufenden Unternehmens, nämlich dem Fuhrunternehmen des G. E., der die Garage zum Einstellen seiner Fahrzeuge bzw. eines Fahrzeuges laufend benötigte und sich entschlossen hatte, die kleine Bauarbeit nicht an einen anderen Unternehmer zu vergeben. Nicht von rechtlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob H. E. schon früher "arbeitnehmerähnlich" in dem Unternehmen seines Vaters, der den Torrahmen in eigener Regie anbringen wollte, tätig gewesen war und deshalb "wie" ein Stammarbeiter anzusehen war. Denn auch wenn er trotz des Umstandes, daß er seinem Vater dabei eine verwandtschaftliche Gefälligkeit erwies, die zugleich eine wirtschaftlich nützliche Arbeit darstellte und deshalb nach § 539 Abs. 2 RVO versichert war, als "betriebsfremder" Arbeiter zu gelten hätte, würde sich nach dem oben Gesagten an der Zuständigkeit der Stamm-BG, d. h. hier der Beigeladenen zu 1), nichts ändern.

Die Entscheidung des 2. Senats vom 27. Juli 1972 (BSG 34, 240 ff), in der der GUV als zuständig erachtet worden ist, steht dem gewonnen Ergebnis nicht entgegen. Dort hatte ein Fuhrunternehmer die Bauarbeiten (Glaserarbeiten) einem Handwerksunternehmen übertragen, das diese Arbeiten aber nicht ausführte; stattdessen setzte der Fuhrunternehmer nach ca. 1/4 Jahr die Scheiben in die Rahmen ein, ohne sie rundum zu verkitten; geraume Zeit später übernahm ein Briefträger, der früher Glaserhandwerker war, aus Gefälligkeit das Verkitten der Fenster, wobei er verunglückte.

Der 2. Senat hat zu diesem Sachverhalt in den Entscheidungsgründen hervorgehoben, der Fuhrunternehmer habe zunächst "in eigener Regie" die Fenster notdürftig eingesetzt. Das endgültige, fachgerechte Verglasen habe er "jedoch" weder selbst ausgeführt noch durch eigene Arbeitskräfte ausführen lassen; vielmehr habe dies der gelernte Glaser (Briefträger) getan. Die unfallbringende fachgerechte Tätigkeit des Briefträgers war sonach nicht als "Eigen- oder Regiebau" des Fuhrunternehmers gewürdigt worden. In ähnlichem Sinne hat das spätere, zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil dieses Senats vom 5. August 1976 (2 RU 189/74) entschieden. Dort handelte es sich um die Abgrenzung der Zuständigkeit einer landwirtschaftlichen BG gegenüber einem GUV bei einer Ausbesserungsarbeit an einem der Landwirtschaft dienenden Gebäude (§§ 657 Abs. 1 Nr. 7, § 777 Nr. 3 RVO). Der 2. Senat hat es auch in diesem Fall als "entscheidend" angesehen, daß der Landwirt die Ausbesserungsarbeit "nicht im Rahmen seines landwirtschaftlichen Unternehmens ausführen wollte, weil er sie sich nicht zutraute und deshalb mit deren Durchführung einen Klempnermeister beauftragt hatte". Erst als dieser nicht kam, hatte er sich an den Verunglückten um Hilfe gewandt. Dieser war - wie der 2. Senat darlegte - an die Stelle eines Beschäftigten getreten, den der Landwirt hätte beauftragen müssen, nachdem er davon abgesehen hatte, die Dachreparatur durch einen Klempnermeister durchführen zu lassen. Diese beiden Entscheidungen des 2. Senats betreffen Sonderfälle, die dadurch gekennzeichnet sind, daß das beauftragte Handwerksunternehmen, wie dies für Zeiten der Voll- oder Überbeschäftigung symptomatisch ist, den übernommenen Auftrag nicht ausführt, mit der Folge, daß sich der Auftraggeber hilfesuchend an einen Dritten, einen "betriebsfremden Fachmann" (vgl. BSG 38, 6,8) wendet. Dieser Sachverhalt entspricht nicht demjenigen des vorliegenden Rechtsstreits. Hier war die "kleine Bauarbeit" nicht einem Unternehmer übertragen gewesen, an dessen Stelle dann ein anderer "betriebsfremder Fachmann" trat, der die Arbeit allein ausführte. G. E. wollte sie vielmehr von vornherein zusammen mit seinem Sohn und zwar - am Unfalltag - an dessen arbeitsfreiem Wochenende ausführen. Diese Arbeit war daher im Sinne der oben genannten, von dem 2. Senat zitierten Rechtsprechung (BSG 38, 6 ff) eine in den Zuständigkeitsbereich der "Stamm-BG" fallende sog. Regie- oder Eigenbauarbeit, die so geringfügig war, daß sie den Umfang laufender Ausbesserungsarbeiten nicht überstieg.

Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. der für die Entschädigung der Unfallfolgen des H. E. zuständige Unfallversicherungsträger, weshalb dies entsprechend dem 1. Hilfsantrag der Beklagten festzustellen (§ 55 Abs. 1 Nr. 2, § 75 Abs. 5 SGG) und das angefochtene Urteil des LSG dementsprechend zu ändern war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 10

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