Leitsatz (redaktionell)

Unfallversicherungsschutz bei kurzfristigen Bauarbeiten (RVO § 657 Abs 1 Nr 7):

1. Ein Bauarbeiter, der wie ein nach RVO § 539 Abs 1 Nr 1 Versicherter bei sogenannten kurzen Bauarbeiten iS des RVO § 657 Abs 1 Nr 7 tätig geworden ist, unterliegt nach RVO § 539 Abs 2 dem Unfallversicherungsschutz.

Bei nicht gewerbsmäßig ausgeführten Bauarbeiten, die nach RVO § 657 Abs 1 Nr 7 in die Zuständigkeit der Gemeindeunfallversicherungsverbände fallen, ist nicht auf den Bau des gesamten Objekts abzustellen, sondern auf die durch bestimmte handwerklich-technische Verrichtungen gekennzeichneten einzelnen Bauarbeiten.

2. Die Regelung des RVO § 657 Abs 1 Nr 7 beschränkt sich nicht auf Bauarbeiten von Unternehmern, die selbst überhaupt kein Gewerbe, und zwar auch kein anderes als ein Baugewerbe, ausüben.

Für die Dauer der geplanten Bauarbeit sind die Arbeitsstunden des Unternehmers ohne Belang.

 

Normenkette

RVO § 657 Abs. 1 Nr. 7 Fassung: 1963-04-30, § 539 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, Abs. 2 Fassung: 1963-04-30

 

Tenor

Die Revision des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. September 1971 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene zu 1) hat den Klägern auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten; im übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin zu 1) ist die Witwe, die Kläger zu 2) und 3) sind die im Jahre 1965 und 1968 geborenen Kinder des tödlich verunglückten Bauhilfsarbeiters P K.

Am Abend des 9. Oktober 1967 half der Ehemann der Klägerin zu 1) dem Omnibusunternehmer S B (B.) gemeinsam mit zwei anderen Arbeitern beim Betonieren der Decke eines unter der Erde angelegten Tanklagers. Mit dem Bau des Tanklagers hatte B. im Frühjahr 1967 begonnen. Er brach dazu einen unterkellerten Anbau seines Wohnhauses in eigener Regie bis auf die Grundmauern ab. Durch einen Tiefbau-Unternehmer ließ er die alten Kellerwände mit einem Bagger entfernen und ausheben sowie den Raum des früheren Kellers um etwa 1 m tiefer ausschachten. Ohne fremde Hilfskräfte betonierte er den Boden und errichtete die erforderlichen Verschalungen. Die verschalten Wände sollten mit Hilfskräften und unter Einsatz einer Betonmischmaschine mit Beton ausgegossen werden. B. wandte sich deshalb an den Ehemann der Klägerin zu 1), von dem er wußte, daß dieser mit seiner für Arbeiten am eigenen Haus alt erworbenen Betonmischmaschine schon mehrfach im Dorf ausgeholfen hatte. Mit Unterstützung der beiden anderen Arbeiter betonierten sie am 16. Juni 1967 etwa vier Stunden lang die Tanklagerwände. Im September 1967 lagerte eine Spezialfirma die beiden Tankbehälter ein. Danach verschalte B. die Decke über dem Tankraum und brachte die Eisenarmierung an. Die Decke sollte wieder mit dem Ehemann der Klägerin zu 1) und den beiden anderen Arbeitern an einem Abend betoniert werden. Mit den Arbeiten wurde gegen 19,30 Uhr begonnen. Der Ehemann der Klägerin zu 1) bediente die von ihm wieder zur Verfügung gestellte Betonmischmaschine. Durch einen nicht erkannten Kabeldefekt traf ihn gegen 20,40 Uhr ein tödlicher Stromstoß. Nach Aussage des B. wäre nach planmäßiger Durchführung die Arbeit gegen 21,30 Uhr beendet gewesen.

Durch Bescheid vom 14. Mai 1968 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenentschädigung ab, weil der Ehemann der Klägerin zu 1) bei nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten des B. tätig geworden und nicht in dem Kraftomnibusunternehmen des B. beschäftigt gewesen sei.

Die Kläger haben Klage erhoben.

Das Sozialgericht (SG) hat den beigeladenen Gemeindeunfallversicherungsverband Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 2. Oktober 1969 verurteilt, den Klägern Hinterbliebenenrente zu gewähren. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Ehemann der Klägerin zu 1) habe bei der unfallbringenden Tätigkeit nach § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) unter Versicherungsschutz gestanden. Der für die Entschädigungsleistungen zuständige Versicherungsträger sei der Beigeladene zu 1). Die Frage, ob es sich um kurzfristige oder langfristige Arbeiten handele, bestimme sich nicht nach dem Bau als Gesamtobjekt, sondern nach dem einzelnen Bauabschnitt.

Die Berufung des Beigeladenen zu 1) hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 1. September 1971 (Sozialversicherung 1971, 303) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Ehemann der Klägerin zu 1) habe nach § 539 Abs. 2 RVO unter Versicherungsschutz gestanden. Ein Werkvertrag habe zwischen ihm und B. nicht vorgelegen. Er habe für den Unfalltag lediglich seine Dienste versprochen, wie er sie auch beruflich als Bauhilfsarbeiter geleistet habe. Die besondere Vergütung für das Überlassen der eigenen Betonmischmaschine neben der Vergütung der Arbeitsleistung sei bürgerlich-rechtlich als der häufig auftretende Mischtyp von Dienstleistungs- und Mietvertrag anzusehen. Der Zeuge B. habe glaubhaft bekundet, daß alle Hilfskräfte - auch der Ehemann der Klägerin zu 1) - nach seinen Anweisungen gearbeitet hätten; B. habe im einzelnen bestimmt, was jeder hätte tun müssen. Der Ehemann der Klägerin zu 1) habe zwar nur die von ihm mitgebrachte Betonmischmaschine bedient; der Grund habe aber darin gelegen, daß die Arbeitssituation eine ständige Bedienung des Gerätes erfordert habe und der Ehemann der Klägerin zu 1) mit dessen Handhabung am besten vertraut gewesen sei. Der Ehemann der Klägerin zu 1) habe die Überlassung der Betonmischmaschine nicht davon abhängig gemacht, daß ihm persönlich auch deren Bedienung vorbehalten bleibe. Für die Betonierungsarbeiten seien auch nicht mehr als sechs Arbeitstage geplant und tatsächlich verwendet worden. Zur Feststellung, ob eine kurze Zeit vorliege, sei nicht der Bau als Gesamtobjekt zu würdigen; maßgebend sei vielmehr die einzelne Bauarbeit. Als bestimmte handwerklich-technische Verrichtung i. S. des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO seien die Betonierungsarbeiten anzusehen. Da bei der Feststellung, ob eine kurze Bauarbeit i. S. dieser Vorschrift vorliege, die Arbeitsstunden des Unternehmers selbst nicht in Betracht kommen könnten, ergebe sich eine zu berücksichtigende Arbeitszeit von höchstens 18 Stunden.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Beigeladene zu 1) hat dieses Rechtsmittel eingelegt.

Er trägt vor: Eine nach § 539 Abs. 2 RVO unter Versicherung stehende Tätigkeit müsse einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich sein. Daran fehle es jedoch, wenn der Betreffende in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe, nicht aber bei dieser Tätigkeit, sondern nach Feierabend oder an einem arbeitsfreien Tag in einem anderen Unternehmen Arbeiten ausführe, die üblicherweise von einem selbständigen Unternehmer verrichtet würden. Die in jeder Beziehung arbeitnehmerfremde Situation des Ehemannes der Klägerin folge nicht zuletzt aus der Tatsache, daß er seine Betonmischmaschine nicht nur im Einzelfall, sondern mehrfach bei nichtgewerbsmäßigen Bauarbeiten zur Verfügung gestellt habe. Das LSG habe außerdem zu Unrecht seine - des Beigeladenen zu 1) - Zuständigkeit für die Entschädigungsleistungen anerkannt. Auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. Oktober 1969 (2 RU 65/67) folge, daß die Gemeindeunfallversicherungsträger bei nichtgewerbsmäßigen und kurzen Bauarbeiten nur zuständig seien, wenn private Unternehmer Bauarbeiten ausführten. Das Bauvorhaben des B. sei jedoch im Interesse des gewerblichen Omnibusunternehmens ausgeführt worden. Im übrigen kennzeichneten sich die Bauarbeiten im Unternehmen des B. nicht als sog. kurze Bauarbeiten mit einer Arbeitskapazität von weniger als sechs Arbeitstagen. Entgegen der Auffassung des LSG und auch des BSG dürfe nicht jede speziell verschiedene Bauarbeit mit ihrem Anteil hierbei selbständig bewertet werden. Die gegenteilige Meinung würde dazu führen, daß selbst ein größeres Bauwerk in einer Vielzahl von einzelnen kurzen Bauarbeiten bestehen würde. Bei den tatsächlich verrichteten Arbeiten seien zudem alle Tätigkeiten mitzuzählen, die von den versicherten Personen ausgeführt worden seien oder würden. Dabei sei auch ein kraft Satzungsrecht vorhandenes Versicherungsverhältnis des Unternehmers zu berücksichtigen.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

1.

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. September 1971 und des Sozialgerichts Koblenz vom 2. Oktober 1969 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 1968 abzuweisen,

2.

hilfsweise,

a)

unter Änderung der angefochtenen Urteile auf die Zuständigkeit und Entschädigungspflicht der Beklagten oder der Beigeladenen zu 2) oder 3) zu erkennen,

b)

den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. September 1971 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Kläger und die Beigeladene zu 2) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) beantragen,

den Hilfsantrag 2 a) des Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen.

Im übrigen stellen sie keinen Antrag und halten das angefochtene Urteil insoweit für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden; die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind erfüllt.

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

Das LSG ist aufgrund der von ihm getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß der Ehemann der Klägerin zu 1) trotz des ihm auch für seine persönliche Mitarbeit gezahlten Entgelts und der Arbeitseinteilung durch B. zu diesem doch nicht in einem durch persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit zu einem Unternehmer gekennzeichneten Beschäftigungsverhältnis i. S. des § 539 Abs. 1 Nr. 1 gestanden hat. Das LSG hat jedoch ebenfalls zu Recht entschieden, daß die Kläger Ansprüche auf Hinterbliebenenrente haben, weil der Ehemann der Klägerin zu 1) wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter tätig geworden ist (§ 539 Abs. 2 RVO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats setzt der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO eine Tätigkeit voraus, die ihrer Art nach eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ist (vgl. u. a. BSG 5, 168, 174; 31, 275, 277; BSG Urteil vom 27. Juli 1972 - 2 RU 71/70 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 7. Aufl., S. 476 b, 476 f jeweils m. w. N.). Die Revision meint zu Unrecht, ein Versicherungsschutz des Ehemannes der Klägerin zu 1) nach § 539 Abs. 2 RVO scheide hier aus, weil die nach dieser Vorschrift geschützte Tätigkeit einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich sein müsse und dies bei dem Ehemann der Klägerin zu 1) nicht der Fall gewesen sei. Die früher herrschende Meinung (siehe die Nachweise bei Brackmann aaO S. 476 d) hat zwar als Voraussetzung für die Anwendung des § 537 Nr. 10 RVO idF vor Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241) eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Unternehmer gefordert. Das BSG ist dieser Auffassung jedoch in ständiger Rechtsprechung nicht gefolgt (vgl. u. a. BSG 5, 168, 173; 19, 117, 118; Brackmann aaO S. 476 d m. w. N.; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 539 Anm. 101 Buchst. b). Ein Versicherungsschutz im Rahmen des § 539 Abs. 2 RVO ist allerdings ausgeschlossen, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines eigenen Unternehmens tätig wird, d. h. für sein eigenes Unternehmen Tätigkeiten verrichtet, die zum Aufgabenbereich seines Unternehmens gehören. In einem solchen Fall handelt er selbst dann ausschließlich als Unternehmer seines eigenen Unternehmens, wenn seine Tätigkeit zugleich den Zwecken eines anderen Unternehmens dient (s. u. a. BSG 5, 168, 174; 27, 233, 235; Brackmann aaO S. 476 h m. w. N.; Lauterbach aaO § 539 Anm. 100; Maisch ZfS 1958, 1). Der Ehemann der Klägerin zu 1) ist jedoch Bauhilfsarbeiter gewesen. Er ist entgegen der Auffassung der Revision auch bei B. nicht im Rahmen eines eigenen Unternehmens tätig geworden, weil er dem B. zugleich seine Betonmischmaschine zur Verfügung gestellt hat. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Ehemann der Klägerin zu 1) nicht selbständig und eigenverantwortlich das Mischen des Zements für die Bauarbeiten des B. übernommen. Er selbst ist bei B. tätig geworden, weil dieser noch eine dritte Hilfskraft benötigt hat. Der Ehemann der Klägerin zu 1) hatte B. somit die Leistung von Diensten zugesagt und die Maschine vermietet. Die Betonmischmaschine bediente der Ehemann der Klägerin zu 1), weil B. dies für zweckdienlich erachtet hatte. Für die rechtliche Trennung der Dienstleistung von der Vermietung der Betonmischmaschine spricht außerdem, daß der Ehemann der Klägerin zu 1) nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG die Betonmischmaschine auch anderen Personen ohne eigene Mitarbeit und dem B. ebenfalls nicht unter der Bedingung überlassen hat, er - der Ehemann der Klägerin zu 1) - müsse sie bedienen oder wenigstens am Bau mitarbeiten. Die vom LSG zu Recht getroffene Unterscheidung zwischen den Dienstleistungen des Ehemannes der Klägerin zu 1) und der Vermietung der Maschine entspricht somit den tatsächlichen Verhältnissen und ist entgegen der Auffassung der Revision nicht wirklichkeitsfremd (s. auch BGH LM Nr. 40 zu § 535 BGB; Soergel/Siebert/Metzger, BGB, 10. Aufl., 1967, Randnr. 31 vor § 535; Palandt/Putzo, BGB, 31. Aufl., 1972, § 535 Anm. 3 Buchst. a).

Der Ehemann der Klägerin zu 1) hat somit bei den Betonierungsarbeiten an dem Tanklager des B. wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter unter Versicherungsschutz gestanden.

Dennoch hat das LSG mit Recht den Beigeladenen zu 1) als den für die Entschädigung der Kläger zuständigen Versicherungsträger angesehen.

Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Zuständigkeitsregelung des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO nicht auf die Bauarbeiten von Unternehmen beschränkt, die selbst überhaupt kein Gewerbe, und zwar auch kein anderes als ein Baugewerbe, ausüben. Dieser einschränkenden Auslegung des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO durch den Beigeladenen zu 1) steht schon der Gesetzeswortlaut entgegen, nach dem die Bauarbeiten anderer als der in § 657 Abs. 1 Nr. 1 RVO (Unternehmen der Gemeinden oder Gemeindeverbände) und in §§ 653 bis 655 RVO (Unternehmen des Bundes, der Bundesanstalt für Arbeit und der Länder) "genannten Unternehmen" erfaßt werden. Außerdem wäre es bei der von der Revision angenommenen Beschränkung des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO überflüssig, die Zuständigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände nur für Bauarbeiten vorzusehen, die ein Unternehmer "nicht gewerbsmäßig" ausführt. Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift geben ebenfalls keinen Anhaltspunkt für die Ansicht der Revision. Sie wird - soweit ersichtlich - auch weder in Rechtsprechung noch im Schrifttum vertreten (vgl. Schöppner GUV 1963, 89, 90; Vollmar SV 1970, 43, 45). Entgegen der Meinung der Revision ist dem Urteil des Senats vom 31. Oktober 1969 (BSG SozR Nr. 3 zu § 657 RVO) kein Anhaltspunkt für eine derartige Einschränkung dieser Vorschrift zu entnehmen. Der Senat hat in dieser Entscheidung - worauf die Revision hinweist - ausgeführt, teilweise in Anlehnung an § 798 Abs. 1 Nr. 2 RVO aF besage hierzu die Regelung des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO, daß der Gemeindeunfallversicherungsverband Träger der Unfallversicherung für Versicherte bei Bauarbeiten ist, die "- private - Unternehmer nicht gewerbsmäßig ausführen", wenn für die geplante Arbeit nicht mehr als sechs Arbeitstage tatsächlich verwendet würden. Auch das Unternehmen des B. ist jedoch ein "privates" und kein öffentliches Unternehmen.

Im Schrifttum wird allerdings die Auffassung vertreten, daß nicht zu den sogenannten kurzfristigen Bauarbeiten i. S. des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO die laufenden Ausbesserungsarbeiten und andere kleineren laufenden Bauarbeiten gehören, die in einem Unternehmen in eigener Regie und ausschließlich oder überwiegend mit eigenen Arbeitskräften durchgeführt werden (vgl. u. a. Schöppner aaO; Vollmar aaO; Bereiter-Hahn/Schieke, Unfallversicherung, 4. Aufl., 1971, § 657 Anm. 4; zu § 798 Nr. 2 RVO aF ebenso: RVA AN 88, 14, 17; 89, 194 und 379 f; 91, 202; Schulte-Holthausen, RVO, Unfallversicherung, 4. Aufl., 1929, § 798 Anm. 3, § 783 Anm. 6 Buchst. d, § 631 Anm. 7; Schiedsstelle BG 1937, 218). Es kann hier dahinstehen, ob dieser Auffassung ganz oder teilweise beizutreten ist. Die Errichtung eines Tanklagers gehört jedenfalls bei einem Omnibusunternehmen weder zu den laufenden Ausbesserungsarbeiten noch zu den anderen kleineren Bauarbeiten, die üblicherweise in dem Unternehmen in eigener Regie und ausschließlich oder überwiegend mit eigenen Arbeitskräften durchgeführt werden.

B. hat das Bauvorhaben, wie das LSG weiter mit Recht entschieden hat, nicht gewerbsmäßig durchgeführt. Zwar haben diese Arbeiten wirtschaftlich unmittelbar seinem Unternehmen gedient; das Tatbestandsmerkmal "gewerbsmäßig" in § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO bezieht sich jedoch auf die Durchführung der Bauarbeiten, und insoweit hat B. nicht gewerbsmäßig gehandelt (vgl. BSG 30, 230; BSG Urteil vom 27. Juli 1972 - 2 RU 71/70 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; Berger, Sozialversicherung 1970, 212). Für die geplanten Bauarbeiten wurden nach den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht mehr als sechs Arbeitstage verwendet, da nicht auf den Bau des Tanklagers insgesamt, sondern auf die durch bestimmte handwerklich-technische Verrichtungen gekennzeichneten einzelnen Bauarbeiten für das Betonieren abzustellen ist (s. BSG SozR Nr. 3 zu § 657 RVO). Die Bedenken der Revision gegen diese Auffassung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung seiner Rechtsauffassung nicht für begründet. Die Revision mißt dem gegenüber § 798 Nr. 2 RVO aF geänderten Wortlaut des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO insoweit eine unzutreffende Bedeutung bei. Wenn nunmehr anstelle der "einzelnen Arbeit" die "geplante Arbeit" nicht mehr als sechs Arbeitstage beanspruchen darf, so ist damit nur das Tatbestandsmerkmal der "geplanten" Arbeit ausdrücklich betont worden, ohne aber die Planung nicht mehr auf die einzelne Bauarbeit zu beziehen. Die Auffassung des Senats führt nicht zu unbilligen Ergebnissen. Bei dem von der Revision angeführten Beispiel der Errichtung eines "größeren Bauwerks" in einer "Vielzahl von einzelnen kurzen Bauarbeiten" wird übersehen, daß bei einem größeren Bauvorhaben die durch bestimmte handwerklichtechnische Verrichtungen gekennzeichneten einzelnen Bauarbeiten regelmäßig ebenfalls in größerem Umfange anfallen und länger als sechs Arbeitstage erfordern (s. dazu BSG aaO).

Das LSG hat demnach zutreffend die Betonierungsarbeiten als die hier maßgebende einzelne Bauarbeit angesehen. Die Dauer der geplanten und tatsächlich durchgeführten Bauarbeiten (s. dazu BSG aaO) hat das LSG nach seinen von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen mit 18 Stunden und damit weniger als sechs Tagen angenommen. Das Berufungsgericht hat dabei zutreffend die Arbeitsstunden des B. als Unternehmer nicht berücksichtigt (ebenso Lauterbach aaO § 657 Anm. 15 Buchst. b; Vollmar aaO S. 46). § 657 Abs. 1 RVO bestimmt den Unfallversicherungsträger für "Versicherte" bei den in Nr. 7 angeführten Bauarbeiten. Die Beschränkung der geplanten Arbeiten auf sechs Arbeitstage bezieht sich deshalb auf die Arbeit der Versicherten. Wer bei den Bauarbeiten versichert ist, bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften des § 539 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 RVO. Zu diesen Personen zählt jedoch nicht der Unternehmer. Ob B. als Omnibusunternehmer bei der Beklagten kraft Satzung gegen Arbeitsunfälle versichert war, ist unerheblich. Im Rahmen des § 657 Abs. 1 Nr. 7 RVO kommt es nicht auf den von einem anderen Unfallversicherungsträger, sondern auf den von dem nach dieser Vorschrift für die sogenannten kurzen Bauarbeiten zuständigen Versicherungsträger gewährten Versicherungsschutz an.

Die Revision des Beigeladenen zu 1) war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670502

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