Leitsatz (redaktionell)

Der Unfall eines Soldaten der Bundeswehr, den er in der Freizeit auf dem Rückweg vom Besuch der elterlichen Wohnung eines Kameraden erleidet, ist versorgungsrechtlich nicht geschützt.

 

Normenkette

BVG § 4 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1964-02-21; SVG § 81 Abs. 1 Fassung: 1957-07-26, § 80 Abs. 1 Fassung: 1957-07-26

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. August 1970 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der 1944 geborene Kläger begehrt Versorgung wegen einer gesundheitlichen Schädigung, die er als ehemaliger Soldat der Bundeswehr bei einem Verkehrsunfall am 28. November 1965 erlitten hat. Die Einheit des Klägers, die in einer Kaserne in C stationiert war, hatte Bereitschaftsdienst. Während dieser Zeit hatten Wehrpflichtige - wie der Kläger - keinen Nacht- und Wochenendausgang; der Zapfenstreich war auf 22.00 Uhr festgelegt. In der ausbildungsfreien Zeit hatten jeweils die Hälfte der Soldaten Ausgang in Uniform im Standortbereich C; dieser Ausgang war auf bestimmte Lokale, Kinos und öffentliche Einrichtungen beschränkt. Am Sonntag, dem 28. November 1965, hatte der Kläger ab 12.00 Uhr Ausgangszeit. Er fuhr in dieser Zeit mit seinen Kameraden H und H im Pkw des H nach P (außerhalb des Standortbereichs), um die dort wohnenden Eltern des H zu besuchen. Im Anschluß an diesen Besuch und nach einem kurzen Aufenthalt im französischen Casino in P traten die Soldaten gegen 21.30 Uhr die Rückfahrt von P nach C an. Hierbei kam es bei einem Überholvorgang auf der leicht vereisten Straße zu dem Unfall, bei dem der Kläger schwere Verletzungen erlitt.

Mit Bescheid vom 3. Mai 1966 lehnte des Versorgungsamt Freiburg den Versorgungsantrag ab, weil sich der Unfall des Klägers während seiner Freizeit ereignet habe und deshalb keine Wehrdienstbeschädigung vorliege. Der Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, eine Wehrdienstbeschädigung liege deshalb vor, weil er zum Bereitschaftsdienst eingeteilt gewesen sei, blieb ohne Erfolg (Wiederspruchsbescheid vom 20. Juli 1966).

Mit der Klage hat der Kläger begehrt, den Beklagten zu verurteilen, die Verletzungsfolgen des Unfalls vom 28. November 1965 als Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz anzuerkennen und ihm eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H. sowie Pflegezulage zu gewähren. Er hat vorgebracht, er sei als ein zum Bereitschaftsdienst eingeteilter Soldat auch in seiner Freizeit versorgungsrechtlich geschützt gewesen; während des Bereitschaftsdienstes werde ständig Wehrdienst ausgeübt, dieser Dienst ende nicht mit dem Verlassen der Kaserne.

Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat mit Urteil vom 9. August 1968 die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe sich entgegen seiner Auffassung zur Zeit des Unfalls nicht im Dienst befunden; bei der Fahrt von P nach C habe es sich auch nicht um eine versorgungsrechtlich geschützte Fahrt von der Familienwohnung zur Dienststelle gehandelt.

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 18. August 1970 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das LSG hat hierzu ausgeführt:

Der Kläger habe sich seine Verletzungen am 28. November 1965 nicht durch eine Dienstverrichtung im Sinne einer Dienstleistung zugezogen. Die gesundheitliche Schädigung sei auch nicht durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall verursacht worden. Hierbei mache es keinen Unterschied, ob sich der Kläger am 28. November 1965 befehlswidrig nach P, also außerhalb des Standortbereichs begeben oder für die Fahrt die Erlaubnis seines Vorgesetzten eingeholt habe. Obwohl der Kläger zum Bereitschaftsdienst eingeteilt worden sei, habe er am Sonntagnachmittag, wenn auch mit bestimmten Beschränkungen, seine Freizeit im wesentlichen nach seinem Willen und Ermessen gestalten können; es habe nur eine Bereitschaft zum Dienst bestanden. Die Freizeit des Klägers sei durch diese Bereitschaft zum Dienst nicht zum Wehrdienst geworden. Die Bereitschaft wäre erst dann zum militärischen Dienst geworden, wenn ein besonderer Befehl zum Handeln, etwa der zur Rückkehr in die Kaserne vorgelegen hätte. Der Rückweg von dem Besuch der Eltern des H in P zur Kaserne in C sei noch als Teil der privaten Beschäftigung bzw. der Freizeit anzusehen und daher versorgungsrechtlich nicht geschützt. Der Unfall des Klägers falle auch nicht deshalb unter den versorgungsrechtlichen Schutz, weil sich der Kläger auf dem Wege zur Kaserne befunden habe. Dazu wäre eine besondere Verknüpfung zwischen der Art der Freizeitbeschäftigung und dem Wehrdienst erforderlich gewesen. Schließlich habe sich der Unfall auch nicht auf dem Rückweg von einer versorgungsrechtlich geschützten Familienheimfahrt ereignet; der Kläger habe seine Familienwohnung nicht in P, sondern am Wohnort seiner Eltern in O gehabt.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat fristgemäß und formgerecht Revision eingelegt und beantragt,

die Urteile des Sozialgerichts Freiburg vom 9. August 1968 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. August 1970 sowie die Bescheide der Versorgungsbehörden vom 3. Mai 1966 und 20. Juli 1966 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Verletzungsfolgen des Unfalls vom 28. November 1965 als Wehrdienstbeschädigung des Klägers nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) anzuerkennen und ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sowie Pflegezulage ab Antragstellung zu gewähren.

Der Kläger rügt, das LSG habe die Vorschriften der §§ 80, 81 SVG, 4 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - verletzt. Das LSG habe verkannt, daß einem zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Soldaten nur beschränkte Freizeit gewährt werde; diese trage noch den Charakter des Dienstes, weil die Gestaltung der Freizeit wesentlich auf die dienstlichen Belange eingerichtet werden müsse; das Bereithalten für den Empfang von Befehlen sei bereits dienstliches Verhalten. Im übrigen müsse der Kläger in gleicher Weise "Wegeunfallschutz genießen wie ein zum Bereitschaftsdienst eingeteilter Soldat, der in die elterliche Wohnung gefahren sei.

Der Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

II

Die Revision des Klägers ist durch Zulassung statthaft und zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist jedoch unbegründet.

Zu Recht haben die Vorinstanzen die durch den Unfall des Klägers am 28. November 1965 hervorgerufenen Verletzungsfolgen nicht als eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne der §§ 80, 81 SVG vom 26. Juli 1957 (BGBl I 785) idF vom 8. September 1961 (BGBl I 1685) angesehen. Nach § 80 Abs. 1 dieses Gesetzes, der durch spätere Gesetzesänderungen nicht berührt wird (vgl. Neufassung vom 6. August 1964 - BGBl I 603 - und vom 20. Februar 1967 - BGBl I 201, 202 -) erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit in diesem Gesetz (SVG) nicht Abweichendes bestimmt ist. Nach der ebenfalls nicht geänderten Vorschrift des § 81 Abs. 1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Dienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Entsprechend anwendbar im Sinne des § 80 Abs. 1 SVG ist § 4 BVG (idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes vom 21. Februar 1964, der im Dritten Neuordnungsgesetz vom 28. Dezember 1966 unverändert geblieben ist). Nach § 4 Abs. 1 BVG gehören zum militärischen Dienst auch als versorgungsrechtlich geschützte Wege - die aber hier von vornherein ausscheiden - der Weg des Einberufenen zum Gestellungsort und der Heimweg nach Beendigung des Dienstverhältnisses (Buchst. a) sowie Dienstreisen, Dienstgänge und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort (Buchst. b). Nach § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG gehört ferner zum militärischen Dienst das Zurücklegen "des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle". § 4 Abs. 1 Satz 2 BVG enthält im Anschluß an die in § 1 Abs. 1 Buchst. a bis d geregelten Tatbestände einen weiteren versorgungsrechtlich geschützten Tatbestand: "Hatte der Beschädigte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, gilt Satz 1, Buchst. c auch für den Weg von und nach der Familienwohnung" (vgl. hierzu BSG 28, 190; Urt. des BSG vom 17. März 1970, SozR Nr. 7 zu § 4 BVG).

Keiner der hiernach als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden versorgungsrechtlich geschützten Tatbestände ist im vorliegenden Fall erfüllt.

Nach den unangegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat sich der Pkw-Unfall, der die Verletzungen des Klägers hervorgerufen hat, auf der Rückfahrt von einem privaten Besuch der in P wohnenden Eltern eines Kameraden des Klägers zugetragen. Die gesundheitliche Schädigung des Klägers ist daher nicht "durch eine Dienstverrichtung" im Sinne des § 81 Abs. 1 (1. Alternative) herbeigeführt worden. Sie ist aber auch nicht durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall im Sinne des § 81 Abs. 1 (2. Alternative) herbeigeführt worden.

Das Gesetz verlangt, daß sich der Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes ereignet haben muß. Es genügt damit nicht, daß sich der Unfall während der "Dienstzeit" oder innerhalb des Wehrdienstverhältnisses ereignete, also in einer Zeit, in der der Verletzte zwar Soldat war, aber tatsächlich keinen Dienst als Soldat ausgeübt hat. Der Unfall muß den Verletzten gerade zu einer Zeit betroffen haben, in der er Wehrdienst "ausübte". Es bedarf hier keiner Erörterung, ob und welche Voraussetzungen der Bereitschaftsdienst eines Soldaten in der Form des Bereithaltens zur jederzeitigen Entgegennahme von Befehlen (außerhalb der Truppenunterkunft) "Ausübung des Wehrdienstes" ist, wenn der Soldat örtlichen und zeitlichen Beschränkungen seiner Freizeit unterworfen ist, die seine jederzeitige Erreichbarkeit im Standortbereich und damit seine jederzeitige Einsatzbereitschaft gewährleisten sollen, wie die Ausgangsbeschränkung auf bestimmte Kinos und Lokale des Standorts.

Der Kläger hat jedenfalls zur Zeit seines Unfalls keinen Dienst durch Bereithalten zur jederzeitigen Entgegennahme von Befehlen im Standortbereich geleistet. Er ist mit seiner Fahrt nach Pforzheim, also außerhalb des Standortbereichs einer privaten, "dienstfremden" Tätigkeit nachgegangen, die seine jederzeitige Erreichbarkeit im Standortbereich und seine jederzeitige Einsatzbereitschaft ausgeschlossen hat. Es ist nicht von Bedeutung, ob der zum Bereitschaftsdienst eingeteilte Kläger die Fahrt nach P mit besonderer Genehmigung seiner Dienstvorgesetzten unternommen hat oder ob er den Standortbereich eigenmächtig und befehlswidrig verlassen hat, er hat jedenfalls, als er sich auf der privaten Besuchsfahrt nach P - und zurück - befand, keinen Wehrdienst "ausgeübt", und zwar auch keinen Wehrdienst in Form eines "Bereitschaftsdienstes". Er hat sich für die Besuchsfahrt nach P von der Ausgangsbeschränkung auf den Standortbereich, die seine jederzeitige Erreichbarkeit im Standortbereich zur Entgegennahme von Befehlen, insbesondere des zur unverzüglichen Rückkehr in die Kaserne, gewährleisten sollte, befreien lassen oder sich selbst befreit. Er hat sich Freizeit "genommen", um einer privaten Beschäftigung nachzugehen, die ihn daran gehindert hat, den Bereitschaftsdienst bestimmungsgemäß auszuüben; und in dieser Freizeit hat sich der Unfall ereignet. Er hat sich durch eine seinen persönlichen (eigenwirtschaftlichen) Bereich betreffende Verrichtung von dem Bereitschaftsdienst losgelöst. Das LSG hat danach im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Kläger die gesundheitliche Schädigung nicht durch einen Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes erlitten hat.

Örtliche und zeitliche Freizeitbeschränkungen, die die jederzeitige Erreichbarkeit und Bereitschaft zum Dienst der Soldaten im Standortbereich gewährleisten sollen, können zwar - soweit sie nicht ohnedies mit dem Dienst selbst zusammenhängen - "dem Wehrdienst eigentümliche Verhältnisse" im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG (3. Alternative) begründen, so möglicherweise auch die Ausgangsbeschränkung auf ein oder wenige Lokale eines Standorts, die zu engem oder "ständigem Zusammenleben" der Soldaten auch in ihrer Freizeit führt und insofern eine besondere "Gefahrenlage" entstehen lassen kann (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 29. Januar 1970 - 8 RV 91/68 - in SozR BVG § 1 Nr. 80). Dem Wehrdienst eigentümliche Verhältnisse begründen den Versorgungsanspruch jedoch nur dann, wenn durch sie eine gesundheitliche Schädigung herbeigeführt wird. Die Unfallverletzungen des Klägers sind nicht durch die Ausgangsbeschränkung und - die damit möglicherweise verbundene Gefahrenerhöhung durch dienstlich angeordnetes Zusammensein vieler Soldaten auf engem Raum - verursacht worden. Der Verkehrsunfall, den der Kläger erlitten hat, hat mit den Eigenarten des Wehrdienstes nichts zu tun, er beruht auf einer Gefahrenquelle, der alle Bürger als Verkehrsteilnehmer, insbesondere als Kraftwagenbenutzer, ausgesetzt sind.

Ein versorgungsrechtlich geschätzter Tatbestand liegt auch nicht deshalb vor, weil sich der Kläger zur Zeit des Unfalls auf der Rückfahrt von Pforzheim in die Kaserne befunden hat. Nach § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG wird nur die Zurücklegung des "mit dem Dienst zusammenhängenden Weges" nach und von der Dienststelle als zum militärischen oder militärähnlichen Dienst gehörend angesehen. Nicht jeder Weg, der die Dienststelle (Kaserne) als Ziel oder Ausgangspunkt hat, gehört danach zu den versorgungsrechtlich geschützten Wegen; vielmehr muß das Zurücklegen des Weges mit dem Dienst verknüpft sein; es muß sich um einen "dienstbedingten Weg" handeln (vgl. BSG 28, 190, 196). Ein solcher liegt nicht vor, wenn der Soldat eine private Besuchsfahrt unternimmt, also im "eigenwirtschaftlichen Interesse" handelt. Ein solcher "Weg" wird auch nicht dadurch "dienstbedingt", daß der Soldat dem dienstlichen Zwang unterworfen ist, sich zu einer bestimmten Zeit wieder in der Kaserne einzufinden. Der Kläger hat bei der Rückkehr von seiner privaten Besuchsfahrt keinen "mit dem Dienst zusammenhängenden Weg" im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG zurückgelegt, diese Rückfahrt ist vielmehr als ein Teil der privaten Verrichtung, die der Kläger in der "Freizeit" vorgenommen hat, zu werten. Der Weg, den der Kläger zurückgelegt hat, ist ebensowenig geschützt, wie der Weg zum und vom Urlaub, der nicht am Wohnort der Familie, sondern an einem anderen Ort zugebracht wird (vgl. hierzu BSG in SozR BVG § 4 Nr. 7).

Zwar hat der 9. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 25. März 1971 - 9 RV 596/69 - ausgesprochen, daß ein Soldat nach § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG bei der pflichtgemäßen Rückkehr in die Kaserne grundsätzlich versorgungsrechtlich geschützt ist. Das gilt aber in diesem allgemeinen Sinne nur dann, wenn der Soldat zu einem Dienst außerhalb der Kaserne abgeordnet worden ist und er von diesem Ort in die Kaserne - wenn auch nach einer dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Unterbrechung, die aber keine endgültige Lösung des Kausalzusammenhangs mit dem zuvor geleisteten Dienst bewirkt haben darf - zurückkehrt. Im vorliegenden Fall ist der Kläger jedoch nicht nach Pforzheim zu einer Dienstleistung abgeordnet worden, vielmehr hat er nach den Feststellungen des LSG mit dieser Fahrt den Standortbereich Calw verlassen, obwohl eine Ausgangsbeschränkung dahin bestand, sich im Standortbereich aufzuhalten (vgl. Auskunft des Hauptmanns M vom 22. Mai 1969). Dabei kann hier dahinstehen, ob sich der Kläger befehlswidrig oder mit Erlaubnis eines Vorgesetzten nach Pforzheim begeben hat. Denn auch eine Erlaubnis hätte an dem privaten Charakter der Fahrt nichts geändert. Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, daß die Rückfahrt des Klägers zur Kaserne im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG "mit dem Dienst" zusammenhing. Der Kläger hat sich mit dieser allein seinem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Fahrt einem zusätzlichen Gefahrenbereich ausgesetzt, der nach § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG nicht geschützt ist.

Schließlich kommt hier auch nicht der versorgungsrechtliche Schutz für den Weg "von und nach der Familienwohnung" im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 BVG in Betracht. Der Kläger hat keinen Weg von und nach der räumlich entfernten Familienwohnung zurückgelegt; er hat vielmehr eine Fahrt nach einem freigewählten anderen Aufenthaltsort unternommen. Wenn das Gesetz den Weg "von und nach der Familienwohnung" unter Versorgungsschutz stellt, so ist damit ein an die bestehenden familienrechtlichen Beziehungen anknüpfendes Erfordernis bezeichnet. Dieses Merkmal fehlt anderen außerhalb des Dienstes frei gewählten Aufenthaltsorten. Es ist keine ungleiche Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte, wenn ein in die "Familienwohnung" fahrender Soldat Wegeunfallschutz genießt, während ein Soldat, der eine andere Besuchsfahrt unternimmt, an diesem besonderen Schutz nicht teilnimmt. Die Beschränkung des versorgungsrechtlichen Schutzes auf die Familienheimfahrt, d. h. auf den Weg von und nach der Familienwohnung, die den Mittelpunkt des außerdienstlichen Lebens des Soldaten darstellt, ist nicht lückenhaft; sie entspricht vielmehr dem Plan des Gesetzes (vgl. auch Urteil des BSG in SozR BVG § 4 Nr. 7 mit weiteren Hinweisen).

Auf die mit Schriftsatz vom 18. Mai 1971 geltend gemachten Verfahrensrügen war nicht näher einzugehen, weil diese erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erhoben worden sind.

Das LSG hat nach alledem frei von Rechtsirrtum entschieden.

Die Revision des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670085

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