Leitsatz (redaktionell)
Ein Unfall auf dem Weg zur Kantine ist dann als Dienstunfall anzusehen, wenn der Soldat das Kasernengelände nicht verlassen durfte, im Kompaniebereich jederzeit erreichbar sein mußte und die Kantine nur kurz aufsuchen, aber nicht länger dort verweilen durfte (Unfall während des Bereitschaftsdienstes). Im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst ist eine bloße Bereitschaft zum Dienst - Ausgangsbeschränkung auf den Standort, Bindung an einen bestimmten Alarmbereich - der Freizeit des Soldaten zuzurechnen.
Orientierungssatz
Zum Bereitschaftsdienst eingeteilte Soldaten, die ihre Mahlzeiten in der Kantine einnehmen müssen, stehen auf dem Wege von der Unterkunft zu dem Speiseraum der Kaserne unter Versorgungsschutz.
Normenkette
SVG § 81 Abs. 1 Fassung: 1967-02-20
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 1972 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger leistete vom 3. Januar 1968 bis zum 30. Juni 1969 Dienst bei der Bundeswehr in K. Am Sonntag, dem 26. Mai 1968, war er zum Bereitschaftsdienst eingeteilt. Er verließ gegen 11.30 Uhr seine Stube, um zur Einnahme des Mittagessens den Speisesaal aufzusuchen. Auf dem Weg dorthin rutschte er im Treppenhaus des alten Kasernengebäudes, in dem seine Stube lag, aus; er fiel auf den rechten Arm und erlitt Brüche des rechten Oberarms und der rechten Speiche, die eine wiederholte Lazarettbehandlung erforderlich machten.
Der vom Kläger nach Beendigung seiner Wehrdienstzeit gestellte Antrag auf Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wurde durch Teilbescheid des Beklagten vom 10. November 1969 abgelehnt, weil der Unfall weder während der Dienstausübung eingetreten noch durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse verursacht worden sei. Der Kläger habe sich am Unfalltag zwar in Bereitschaft befunden; ein solcher Bereitschaftsdienst werde jedoch erst dann zum militärischen Dienst, wenn während der Bereitschaft tatsächlich Dienst zu leisten sei. Die Einnahme des Mittagessens stelle aber eine nichtdienstliche Verrichtung dar, da die Anordnung, während eines bestimmten Zeitraumes zu essen, nur organisatorische Bedeutung habe. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts - LVersorgA - Nordrhein-Westfalen vom 24. März 1970).
Das Sozialgericht (SG) Aachen hat durch Urteil vom 26. März 1971 den Beklagten verurteilt, "Bewegungsbehinderung im rechten Ellenbogengelenk, geringgradige Bewegungseinschränkung im rechten Handwurzelgelenk sowie Muskelschwund des rechten Armes" als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1969 bis 31. Dezember 1970 Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. zu gewähren. Soweit mit der Klage auch über den Monat Dezember 1970 hinaus Versorgungsrente begehrt worden war, wies sie das SG ab. Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 5. Oktober 1972 die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Berufung sei zulässig, weil sie nicht nur Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume betreffe; durch die Anerkennung der Unfallschäden als Wehrdienstbeschädigung würden auch die Voraussetzungen für die in § 9 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) bestimmten weiteren Versorgungsleistungen festgelegt. Außerdem habe der Beklagte zu Recht einen Verfahrensfehler des SG gerügt, der darin liege, daß das SG die von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus notwendige Aufklärung, ob der Unfall während des Bereitschaftsdienstes oder während einer Bereitschaft zum Dienst, d. h. während der Freizeit, eingetreten sei, unterlassen habe. Die Berufung sei aber sachlich nicht begründet. Der Kläger habe den Unfall zu einer Zeit erlitten, in der er Wehrdienst ausgeübt habe. Er sei am Sonntag, dem 26. Mai 1968, zum Bereitschaftsdienst eingeteilt gewesen. Er habe das Kasernengelände nicht verlassen dürfen, Uniform tragen und im Kompaniebereich jederzeit erreichbar sein müssen und die Kantine nur kurz aufsuchen dürfen. Dies sei im Hinblick auf den sofortigen Einsatz der kommandierten Soldaten für den Fall kriegerischer Verwicklungen, aber auch plötzlich notwendig werdender Katastropheneinsätze angeordnet worden. Der Kläger habe außerdem während seines Bereitschaftsdienstes an der Verpflegung im Gemeinschaftsraum teilnehmen müssen. Hieraus folge, daß der Kläger nicht während einer Bereitschaft zum Dienst, d. h. während einer Freizeit mit bestimmten Beschränkungen, sondern während einer Dienstleistung zu Schaden gekommen sei. Jedenfalls liege eine Wehrdienstbeschädigung deshalb vor, weil die gesundheitlichen Schäden durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall herbeigeführt worden seien. Wegeunfälle seien zwar ausdrücklich nur in § 81 Abs. 2 Nr. 2 SVG erwähnt; dessen Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Das stehe dem Versorgungsanspruch des Klägers jedoch nicht entgegen, weil alle mit dem Dienst selbst zusammenhängenden Wege gemäß den §§ 81 Abs. 1, 27 Abs. 3 Nr. 2 SVG nach den Bestimmungen des SVG unter Versorgungsschutz ständen. Nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 SVG sei das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle, also etwa zur Familienwohnung, versorgungsrechtlich geschützt. Danach sei somit der Unfall eines Berufssoldaten, der während des Bereitschaftsdienstes zu seiner Familienwohnung gehen wolle, um dort zu Mittag zu essen, dann aber zurückkehren müsse, weil er sich innerhalb des Kompaniebereiches für den jederzeitigen Einsatz verfügbar halten müsse, als Dienstunfall anzusehen. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, die gleiche Sachlage bei einem dienstpflichtigen Soldaten anders zu bewerten. Andernfalls würde ein Soldat, der auf dem Wege zum Mittagessen verunglücke, schlechter dastehen als ein ziviler Angestellter des Staates. Dem Kläger müsse daher Versorgungsschutz zugebilligt werden. Die gesundheitliche Schädigung des Klägers sei auch durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden, weil er auf einer stark abgenutzten glatten Treppe in einem alten Kasernengebäude bei normalem Gehen zu Fall gekommen sei. In Kasernen träten solche Schäden viel häufiger auf als in Zivilhäusern; zudem dauere ihre Beseitigung länger, da bei der angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte entsprechende Mittel nicht immer zeitgerecht zur Verfügung ständen. Die als Folgen des Sturzes beim Kläger bestehenden Gesundheitsschäden rechtfertigten die Zubilligung einer Versorgungsrente nach einer MdE um 30 v. H. für die Zeit vom 1. Juli 1969 bis zum 31. Dezember 1970.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Beklagte hat Revision eingelegt.
Er beantragt,
unter Abänderung der Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 1972 und des SG Aachen vom 26. März 1971 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus:
Gerügt werde die Verletzung der §§ 27, 80, 81 SVG, 4, 9, 30, 31 BVG, 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei für die Gewährung von Versorgung für Folgen von Unfällen entscheidend, daß die Umstände, unter denen sich der Unfall ereignet habe, durch die befohlene und damit der freien Entschließung entzogene Ausübung des Dienstes bestimmt würden. Dies sei bei dem Unfall am 26. Mai 1968 nicht der Fall gewesen. Das LSG sei zwar davon ausgegangen, daß der Kläger am Unfalltag an der Verpflegung im Gemeinschaftsraum habe teilnehmen müssen; es habe diese Feststellung aber ohne ausreichende Sachaufklärung (§ 103 SGG) getroffen und insoweit auch die Bekundungen der Zeugen nicht gesetzmäßig gewürdigt (§ 128 SGG). Da die beabsichtigte Teilnahme am Mittagessen im Speisesaal keine Dienstverrichtung gewesen sei, könne auch das Zurücklegen des Weges zum Speisesaal nicht als befohlene Ausübung einer Dienstverrichtung angesehen werden.
Der Unfall des Klägers sei auch nicht durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden. Es könne keine Rede davon sein, daß Bundeswehrsoldaten so häufig in Kasernen mit schadhaften Treppen untergebracht seien, daß diese Unterbringung als für den Wehrdienst typisch und in der Regel zwangsläufig mit ihm verbunden anzusehen sei.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Das LSG hat die Revision zugelassen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); der Beklagte hat sie auch rechtzeitig und formgerecht eingelegt und begründet (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist sonach zulässig, sachlich aber nicht begründet, weil das LSG im Ergebnis zu Recht die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen hat.
Bei einer zulässigen Revision ist von Amts wegen zu prüfen, ob die Grundlagen des Revisionsverfahrens gegeben sind; dazu gehört auch die Frage, ob die Berufung zulässig gewesen ist (vgl. BSG 2, 255). Diese Prüfung hat ergeben, daß das LSG zu Recht über die Berufung des Beklagten sachlich entschieden hat. Die Berufung war nach § 143 SGG zulässig, weil der Berufungsausschlußgrund des § 148 Nr. 2 SGG nicht vorliegt, Danach ist die Berufung nicht zulässig, soweit sie betrifft Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume. Der Beklagte ist durch das SG zwar zur Gewährung von Rente nur für einen im Zeitpunkt der Berufungseinlegung bereits abgelaufenen Zeitraum verurteilt worden. Das SG hatte ihn aber außerdem verpflichtet, gewissen Gesundheitsschäden des Klägers als Wehrdienstbeschädigungen anzuerkennen. Diese Anerkennung wirkt sich auch in der Zukunft noch aus in bezug auf den nach § 9 Nr. 1 BVG zur Beschädigtenversorgung zählenden Anspruch auf Heilbehandlung. Die Berufung, mit der der Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang begehrte, betrifft also nicht lediglich Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume.
In der Sache hat das LSG im Ergebnis zutreffend dem Kläger Versorgung zuerkannt. Nach § 80 Satz 1 SVG idF vom 20. Februar 1967 (BGBl I 201) erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit im SVG nichts anderes bestimmt ist. § 81 Abs. 1 SVG definiert Wehrdienstbeschädigung als eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Dienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Das LSG hat jedenfalls zu Recht angenommen, daß die 2. Alternative des § 81 Abs. 1 SVG gegeben ist. Hierfür ist, im Unterschied zur 1. Alternative, nicht erforderlich, daß die Schädigung mit dem Wehrdienst ursächlich zusammenhängt; es reicht aus, daß sie mit einem Unfall in ursächlichem Zusammenhang steht, der sich während der Ausübung des militärischen Dienstes ereignet hat (vgl. BSG 8, 264, 271). Hierfür genügt es allerdings nicht, daß der Soldat den Unfall während seiner Dienstzeit oder innerhalb seines militärischen Dienstverhältnisses erlitten hat; der Unfall muß ihn vielmehr gerade in einer Zeit betroffen haben, in der er tatsächlich militärischen Dienst "ausübt" (vgl. BSG 8, 264, 273; Urteil vom 27. Mai 1971 - 8 RV 683/70 -). Daß der Kläger einen Unfall, also ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis (vgl. BSG 8, 264, 270) erlitten hat, steht fest. Der Kläger befand sich, entgegen der Ansicht des Beklagten, in Ausübung militärischen Dienstes, als er von seiner Stube zum Gemeinschaftsraum ging. Zur Ausübung des Dienstes gehören die dem Soldaten dienstlich obliegenden Tätigkeiten, also Tätigkeiten, die er aufgrund eines besonderen Befehls oder aufgrund eines allgemeinen Befehls zur Entfaltung von gewissen Tätigkeiten, so zB Tätigkeiten im Rahmen und zur Erfüllung des Dienstplanes, oder aufgrund seiner allgemeinen Berufspflicht als Soldat nach militärischen Grundsätzen verrichtet (vgl. BSG 10, 251, 256; BVBl 1969, 59; Urteil vom 22. März 1972 - 8 RV 693/59 -). Diese Voraussetzungen waren im Zeitpunkt des Unfalls des Klägers erfüllt.
Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, daß der Kläger den Unfall im Kasernenbereich erlitten hat, denn in der Kaserne kann er sich auch zu einer Zeit aufhalten, in der er von der Dienstverrichtung freigestellt ist. Das LSG hat aber festgestellt, daß der Kläger am 26. Mai 1968 zum Bereitschaftsdienst eingeteilt war. Soweit hierin eine tatsächliche Feststellung liegt, hat sie der Beklagte nicht mit Revisionsrügen angegriffen; soweit dies eine rechtliche Würdigung beinhaltet, hat das LSG die Tatsachen zutreffend bewertet. Das LSG hat erkennen lassen, daß es von der vom Bundesminister der Verteidigung in einem Erlaß vom 9. Dezember 1960 (P I 5 - Az. 20-02-00-; vgl. BVBl 1961, S. 60 Nr. 40) getroffenen Unterscheidung zwischen Bereitschaftsdienst und Bereitschaft zum Dienst ausgegangen ist; es hat daraus, daß der Kläger das Kasernengelände nicht verlassen durfte, Uniform tragen und im Kompaniebereich jederzeit erreichbar sein mußte und die Kantine nur kurz aufsuchen, aber nicht länger dort verweilen durfte, geschlossen, daß hier von einem Bereitschaftsdienst gesprochen werden muß. Daß dieser Schluß zutreffend ist, folgt aus den in dem Erlaß aufgezählten Beispielen für eine bloße Bereitschaft zum Dienst - Ausgangsbeschränkung auf den Standort, Bindung an einen bestimmten Alarmbezirk - und daraus, daß ein konkreter Befehl zum Zurückkehren in die Kaserne die Bereitschaft zum Dienst in eine Dienstbereitschaft umwandeln soll. Dem Kläger war dagegen von vornherein befohlen, die Kaserne nicht zu verlassen. Das LSG konnte sich ferner darauf stützen, daß diese Verpflichtung des Klägers im Hinblick auf den sofortigen Einsatz der kommandierten Soldaten für den Fall kriegerischer Verwicklungen, aber auch für plötzlich notwendig werdende Katastropheneinsätze ausgesprochen worden war. Der erkennende Senat hat keine Bedenken, dieser rechtlichen Würdigung des LSG zuzustimmen. In einer solchen Gestaltung der Verhältnisse stand der Dienst eindeutig im Vordergrund, und die Möglichkeiten zu einer privaten Willensentfaltung waren so eingeschränkt, daß nicht mehr von einer Freizeit mit nur "gewissen" Beschränkungen gesprochen werden kann. Auch nach dem zitierten Erlaß steht der Soldat im Bereitschaftsdienst unter Versorgungsschutz.
Die in Literatur und Rechtsprechung behandelten Fälle, in denen eine Dienstausübung verneint wurde, liegen in tatsächlicher Hinsicht anders. Lediglich Freizeit mit bestimmten Beschränkungen ist angenommen worden in den Fällen, daß ein Soldat ein Kino seines Standortes aufsucht (vgl. Bremenkamp in SGb 1965, 290), daß er mit einem Verwandten einen Spaziergang im Standortbereich unternimmt (vgl. BVerwG 28, 18 ff) und daß er verunglückt ist, als er sich für einen privaten Ausgang herrichten wollte (vgl. VG Hamburg in DVBl 1965, 699). In allen diesen Fällen war der Freiheit des Soldaten ein wesentlich weiterer Bereich gezogen als im vorliegenden, wo die "Fremdbestimmtheit" (vgl. BSG 7, 19 ff) im Vordergrund stand. Dienstleistung kann hier somit bejaht werden, ohne die weitgehende Auffassung Schweizers (SGb 1968, 535 ff) heranziehen zu müssen.
Ob der Kläger den Unfall erlitten hat, als er sich bereits außerhalb des für ihn angeordneten Kompaniebereiches befand, ist vom LSG nicht festgestellt worden. Das ist auch nicht erforderlich. Der Weg in die Kantine stand unter Versorgungsschutz, weil der Kläger dort an der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen wollte, die für ihn verbindlich angeordnet worden war. Das LSG hat festgestellt, daß die zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Soldaten die Mahlzeiten in der Kantine einnehmen mußten. Die Rügen, die der Beklagte hiergegen vorbringt, greifen nicht durch. Der als Zeuge vernommene damalige Kompaniechef hat eindeutig ausgesagt, daß der Kläger an der Gemeinschaftsverpflegung im Speisesaal teilnehmen mußte. Das LSG brauchte sich nicht zu weiteren Feststellungen in der Hinsicht gedrängt zu fühlen, ob der Zeuge damit nur hatte zum Ausdruck bringen wollen, daß dem Kläger die Einnahme des Essens außerhalb des Kantinenbereichs verboten war. Das LSG konnte sich mit dieser Antwort des Zeugen auf die an ihn gestellte Frage begnügen, denn die vom Beklagten aufgezeigten anderen Möglichkeiten - Erwerb von Nahrungsmitteln in der Kantine auf eigene Kosten zum Verzehr in der Mannschaftsstube, Unterlassung jeglicher Nahrungsaufnahme - liegen so außerhalb der normalen Gestaltung der Dinge, daß das LSG hierauf nur einzugehen brauchte, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden waren. Solche waren jedoch nicht gegeben.
Damit ist festzuhalten, daß der Bereitschaftsdienst des Klägers am 26. Mai 1968 zur "Ausübung des Wehrdienstes" gehörte und daß auch die Einnahme des Mittagessens in der Kantine notwendigerweise damit verbunden war. Dann gehört aber auch der Weg zur Kantine zum militärischen Dienst; denn es ist dienstbedingt, daß der Soldat diesen Weg zurücklegt (vgl. SozR BVG § 4 Nr. 8). Die Argumentation des Beklagten mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG greift nicht durch. Aus dem Wortlaut des § 4 BVG "Zum ... Dienst gehören auch ..." wird deutlich, daß § 4 BVG keine abschließende Regelung beinhaltet. Der vom Beklagten gezogene Umkehrschluß ist also nicht gerechtfertigt. Vielmehr muß gefolgert werden, daß - wenn schon dienstbedingte Wege außerhalb der Dienststelle geschützt sind - dies erst recht gelten muß für das befohlene Aufsuchen eines Ziels innerhalb der Dienststelle.
Da sonach der Anspruch des Klägers bereits nach der 2. Alternative des § 81 Abs. 1 BVG begründet ist, kann offenbleiben, ob der Unfall des Klägers auf die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse zurückgeführt werden kann. Die vom Beklagten gegen die vom LSG in diesem Zusammenhang getroffenen tatsächlichen Feststellungen erhobenen Revisionsrügen bedürfen daher keiner näheren Prüfung.
Die vom LSG angenommene Höhe und Dauer der MdE ist vom Beklagten nicht angegriffen worden.
Das LSG hat folglich im Ergebnis zu Recht einen Versorgungsanspruch des Klägers bejaht. Die Revision des Beklagten ist sonach unbegründet und muß zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen