Leitsatz (amtlich)

Erblindet ein Beschädigter, der wegen des Verlustes eines Auges bei Vorschaden am anderen Auge Rente nach einer MdE um 80 vH bezieht, schädigungsunabhängig auf dem anderen Auge, so ist die Versagung der Erwerbsunfähigkeitsrente (BVG § 31 Abs 1 und 3 S 2) keine "besondere Härte" iS des BVG § 89 (Weiterführung von BSG 1967-07-25 9 RV 310/66 = BSGE 27, 75 und BSG 1975-12-10 9 RV 112/75 = BSGE 41, 70, 79).

 

Normenkette

BVG § 31 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1974-08-23, § 89 Abs. 1 Fassung: 1970-07-10

 

Verfahrensgang

SG Münster (Entscheidung vom 16.08.1977; Aktenzeichen S 12 V 19/77)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 16. August 1977 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger bezieht Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), seit einem Vergleich, beruhend auf dem Bescheid vom 15. Dezember 1966, entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vH, worin 10 vH wegen besonderen beruflichen Betroffenseins enthalten sind. Als Schädigungsfolge ist der "Verlust des linken Auges bei vorgeschädigtem rechtem Auge" anerkannt. Das rechte Auge ist später schädigungsunabhängig erblindet. Deshalb erhält der Kläger Pflegezulage nach der Stufe III. Im Januar 1977 beantragte er wegen des neuen Zustandes die Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 62 BVG, hilfsweise als Härteausgleich nach § 89 BVG. Das Versorgungsamt lehnte den Antrag auf Neufeststellung mit Rücksicht auf die Nachschadensrechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab, einen Härteausgleich deshalb, weil eine solche Leistung nicht gegen den Willen des Gesetzgebers gewährt werden dürfe (Bescheid vom 24. Januar 1977). Der Widerspruch bezüglich des Härteausgleichs wurde zurückgewiesen (Bescheid vom 11. Mai 1977). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage in den beiden miteinander verbundenen Streitsachen abgewiesen (Urteil vom 16. August 1977): Die Verhältnisse, die für die frühere Entscheidung über den Versorgungsanspruch maßgebend gewesen seien, hätten sich durch die schädigungsunabhängige Erblindung des rechten Auges nicht im Sinn des § 62 Abs 1 BVG mit der Folge geändert, daß der Rentenanspruch nunmehr entsprechend einer MdE von 100 vH neu festzustellen sei. Dies ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Nachschaden. Auch die mit dem Hilfsantrag angegriffene Versagung eines Härteausgleichs sei nicht rechtswidrig. Eine "besondere Härte", an welche die Ermessensausübung nach § 89 BVG anknüpfe, liege grundsätzlich nur dann vor, wenn für einen Versorgungsanspruch eine von mehreren gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sei, jedoch nicht - wie hier - beim vollständigen Ausschluß von Leistungen wegen schädigungsunabhängigen Nachschadens, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung nach der Kausalitätsnorm nicht mehr in den Bereich der versorgungsrechtlichen Leistungspflicht falle. Zwar gehe bei paarigen Organen die Kompensationsfähigkeit durch den Verlust des zweiten Organs verloren, doch werde diesem Zustand bei der völligen Blindheit, wo sich das besonders schwer auswirke, durch die Gewährung der Pflegezulage nach Stufe III Rechnung getragen. Eine andere Beurteilung rechtfertige die neuere Rechtsentwicklung zum beruflich-wirtschaftlichen Nachschaden nicht; denn die dabei vorgenommene Durchbrechung der Kausalitätslehre folge aus dem besonderen Zweck entsprechender Versorgungsleistungen gemäß § 30 Abs 2 bis 4 BVG. - Das SG hat die Sprungrevision bezüglich der Entscheidung über den Hilfsantrag zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel mit Zustimmung des Beklagten eingelegt und rügt eine Verletzung des § 89 BVG. Die zeitliche Begrenzung der Kausalkette als Kernstück der Nachschadenstheorie lasse sich nicht ausnahmslos konsequent durchführen, führe in manchen Fällen zu völlig unangemessenen Ergebnissen und sei zu undifferenziert. Sie lasse bei der Anwendung auf Fälle der nachträglichen schädigungsunabhängigen Erblindung die Besonderheiten des Gesichtssinnes außer Betracht. Der Ausfall des zweiten Teiles eines paarigen Organes vergrößere nicht einfach den Schaden, sondern lasse etwas Neues und Andersartiges ohne Kompensationsmöglichkeiten entstehen. Falls aber das Recht der Kriegsopferversorgung für solche Fälle eine Ausnahme nicht zulasse, liege darin eine "besondere Härte". Schon mit der schädigungsbedingten Beeinträchtigung des ersten Organs entstehe die Gefahr, daß diese Funktion völlig verloren werde, und eine Haftung für Gefährdungen sei der Rechtsordnung nicht fremd. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung des § 31 Abs 4 Satz 2 BVG einerseits die Nachschadenstheorie bestätigt, aber sie andererseits mißbilligt, bloß nicht konsequent die unangemessenen Ergebnisse dieser Theorie völlig beseitigt. Damit habe er die Möglichkeit eines weiteren Ausgleichs nicht ausschließen wollen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG und den Bescheid des Versorgungsamts vom 24. Januar 1977 bezüglich der Entscheidung über einen Härteausgleich aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Antrag auf Gewährung aller BVG-Leistungen für Blinde im Wege des Härteausgleichs stattzugeben,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung zeigt die Revision gegenüber der Entscheidung des erkennenden Senats, nach der ein Härteausgleich in Fällen dieser Art ausgeschlossen ist, keine Gesichtspunkte auf, die eine "besondere Härte" ergäben. § 89 BVG solle keine Entscheidung im Einzelfall ermöglichen, die dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspreche.

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung als Vertreter der Beigeladenen schließt sich diesen Ausführungen an.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist nicht begründet.

Das SG hat im Ergebnis mit Recht die Klage abgewiesen, soweit sie einen Härteausgleich nach § 89 BVG betrifft. Die Entscheidung der Vorinstanz zur Neufeststellung gemäß § 62 BVG ist rechtskräftig (§ 141 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Demnach hat der Kläger keinen Rechtsanspruch auf die volle Versorgung eines Erwerbsunfähigen, insbesondere auf Grundrente entsprechend einer MdE im allgemeinen Erwerbsleben um 100 vH (§ 30 Abs 1 und 2, § 31 Abs 1 und 2 und Abs 4 Satz 1 BVG idF der Bekanntmachung vom 22. Juni 1976 - BGBl I 1633), nachdem er vollständig erblindet ist; denn die nachträgliche Verschlimmerung - durch Verlust der Sehkraft des rechten Auges - ist nicht durch schädigende Einwirkungen im Sinn des § 1 BVG verursacht worden (Nachschaden).

Der Beklagte hat die vom Kläger begehrte Leistung auch als Härteausgleich nach § 89 BVG nicht in rechtswidriger Weise abgelehnt. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltung einen derartigen Ausgleich gewähren, sofern sich in einzelnen Fällen aus dem BVG "besondere Härten" ergeben. Eine solche "besondere Härte" hat der Beklagte im Ergebnis, auch unter Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte als den in der Begründung seiner Bescheide mitgeteilten, im Fall des Klägers mit Recht verneint. Diese Voraussetzung einer Ermessensentscheidung ist von den Gerichten in vollem Umfang nachzuprüfen (BSGE 36, 143 = SozR Nr 9 zu § 89 BVG mN; vgl zu ähnlichen Vorschriften: BVerwGE 41, 26, 30 = Buchholz 436.0 § 91 Nr 4; BSGE 36, 292 f = SozR Nr 21 zu § 35 BVG; BSGE 43, 153, 157 ff = SozR 4100 § 16 Nr 2).

Der erkennende Senat hat bereits im Urteil vom 25. Juli 1967 (BSGE 27, 75 = SozR Nr 1 zu § 89 BVG) allgemein für Nachschadensfälle wie den vorliegenden die Versagung eines Härteausgleichs als nicht rechtswidrig beurteilt. Die spätere Entwicklung der Rechtsprechung und der Gesetzgebung bestärkt den Senat darin, im Ergebnis an dieser Entscheidung festzuhalten. So hat es auch das SG gesehen. Was der Kläger mit der Revisionsbegründung dagegen vorbringt, richtet sich im wesentlichen gegen die Ablehnung eines Rechtsanspruchs auf Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 62 BVG, worüber aber in seinem Fall bereits rechtskräftig entschieden worden ist.

Einen Härteausgleich soll die Verwaltung allgemein gewähren können, sofern der Gesetzgeber einschlägige Einzelfälle oder Gruppen von ihnen mit ihren Besonderheiten übersehen oder nicht vorausgesehen oder nicht genügend differenziert geregelt hat (BSGE 27, 76 f unter Hinweis auf BVerwGE Buchholz 409.2 § 40 Abgeltungsgesetz Nr 3 = BVerwGE 15, 190, 192 f; BSG, Kriegsopferversorgung 1970, 106; Rohr, Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung 1977, 10). Diese Voraussetzung ist gerade für Fälle der nachträglichen, schädigungsunabhängigen Erblindung, der der Verlust eines von beiden Augen durch eine Schädigung im Sinn des § 1 BVG vorausgegangen war, seit dem 6. Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (6. AnpG-KOV) vom 23. August 1974 (BGBl I 2069) weniger denn 1967 gegeben. Nach § 31 Abs 4 Satz 2 Halbsatz 1 BVG idF dieses Gesetzes gelten Beschädigte mit Anspruch auf Pflegezulage stets als Schwerbeschädigte, dh als Beschädigte mit einer MdE um mindestens 50 vH (§ 31 Abs 3 Satz 1 BVG). Nach Halbsatz 2 erhalten sie auch tatsächlich wenigstens eine Versorgung nach einer MdE um 50 vH. Diese Regelung ist vornehmlich für Blinde der bezeichneten Art geschaffen worden. "Der Ausschluß dieser hilflosen Beschädigten von verschiedenen Versorgungsleistungen, die nur Schwerbeschädigte erhalten können (zB Berufsschadensausgleich, Ausgleichsrente)", erschien dem Gesetzgeber "sozialpolitisch nicht vertretbar" (Begründung zum Entwurf des 6. AnpG-KOV, Seite 8, zu Nr 7, b (§ 3 Abs 4 Satz 2) - BT-Drucks 7/2121). Eine Pflegezulage erhalten diese Beschädigten - wie der Kläger - ungeachtet dessen, daß sie allein durch die anerkannte Schädigungsfolge, die Erblindung auf einem einzigen Auge, nicht hilflos im Sinn des § 35 Abs 1 Satz 1 BVG sind, aufgrund der Rechtsprechung des BSG; nach dieser genügt für den Anspruch auf Pflegezulage, wenn eine Schädigung im Sinn des § 1 BVG im Zusammenwirken mit veränderten schädigungsunabhängigen Umständen - hier der nachträglichen Erblindung des anderen Auges - annähernd gleichwertig die Hilflosigkeit verursacht hat (BSGE 13, 40 = SozR Nr 9 zu § 35 BVG; BSGE 41, 80, 82 ff = SozR 3100 § 35 Nr 2). Als Blinde erhalten diese Beschädigten nach § 35 Abs 1 Satz 3 BVG mindestens die Pflegezulage der Stufe III, so auch der Kläger. Da der Gesetzgeber mithin den Versorgungsanspruch für nachträglich völlig erblindete Beschädigte in der Lage des Klägers auf besondere Weise geregelt hat, besteht kein Grund für die Annahme, diese Spezialvorschriften seien nicht abschließend gemeint (BSGE 41, 75 f). Eine weitergehende Versorgung wegen des Nachschadens als Härteausgleich widerspräche demnach einer grundlegenden gesetzlichen Regelung, welche die in § 1 Abs 1 bis 3 Satz 1 BVG vorgeschriebene Abgrenzung des Kriegsopferversorgungsbereiches ergänzt. Solche Leistungen können also nicht als Härteausgleich gewährt werden, sonst würden fundamentale Vorschriften ausgehöhlt und umgangen (BSGE 27, 77 f, 80 f; BSG SozR Nrn 3 und 7 zu § 89 BVG; BSG, Kriegsopferversorgung 1970, 106; zu § 12 Häftlingshilfegesetz; OVG Berlin FEVS 1962, 69). Dieser Begrenzungsmaßstab für § 89 Abs 1 BVG steht nur scheinbar im Widerspruch zu der gesetzlich vorgeschriebenen Möglichkeit, "besondere Härten" außerhalb des gesetzlichen Regelungsbereiches (Urteil des erkennenden Senats vom 25. April 1978 - 9/10 RV 43/77) auszugleichen, die sich gerade durch das BVG ergeben. Zu einer solchen Gesetzesergänzung wird die Verwaltung in § 89 BVG lediglich insoweit ermächtigt, als ein besonders gearteter Sachverhalt deshalb nicht einem gesetzlichen Tatbestand unterzuordnen ist, weil eine einzelne, weniger bedeutsame Leistungsvoraussetzung fehlt. Exemplarisch ist dies bei der Versorgung von Kriegsbräuten gegeben, die infolge von Kriegsereignissen nicht mehr mit ihrem an Schädigungsfolgen verstorbenen Verlobten die Ehe wirksam hatten schließen können, sich aber sonst in einer der Witwe ähnlichen Lage befinden (BSGE 27, 286 = SozR Nr 2 zu § 89 BVG; BSGE 31, 83 = SozR Nr 4 zu § 89 BVG; BSGE 33, 291 = SozR Nr 5 zu § 89 BVG; BSGE 34, 96 = SozR Nr 6 zu § 89 BVG; Nr 8 zu § 89 BVG; BSGE 40, 216 = SozR 3100 § 89 Nr 3). Wohl kommt der Härteausgleich ergänzend in Betracht, soweit das Gesetz weder direkt noch analog im Wege der rechtsfortbildenden Lückenfüllung innerhalb des Planes des Gesetzes (BSGE 18,55 = SozR Nr 64 zu § 1 BVG; BSGE 30, 41 = SozR Nr. 68 zu § 1 BVG; im Unterschied zu BSG SozR Nr 6 zu § 7 BVG; 3100 § 1 Nr 5; BSGE 39, 130 = 3200 § 81 Nr 2) anwendbar ist (BSGE 27, 77) noch eine Erweiterung der Schädigungstatbestände (§§ 2 bis 5) gemäß § 6 BVG oder des anspruchsberechtigten Personenkreises (§ 7) gemäß § 8 BVG durch die Verwaltung in ähnlichen Fällen (BSG SozR Nr 1 zu § 6 BVG; Nr 1 zu § 8 BVG; 3100 § 8 Nr 1; abgelehnt in SozR 3100 § 7 Nr 2) erlaubt. Doch darf eine solche Leistung nicht mit der Grundordnung des Rechts der Kriegsopferversorgung unvereinbar sein. Außerdem müßte sich eine unzureichende Gesetzesregelung nach § 89 Abs 1 BVG "besonders" hart für einzelne Beschädigte auswirken (vgl für den Fall einer bloßen "Härte" im Sinn des Fernstraßenrechts: BVerwG Buchholz 407.4 § 9 Nr 14). Ein solches Maß an Härte erscheint aber aufgrund der neueren Rechtsentwicklung jedenfalls für Blinde, die nachträglich schädigungsunabhängig die Sehkraft auf dem zweiten Auge verloren haben, im Vergleich mit anderen Beschädigten, die von einem Nachschaden betroffen werden, weniger als noch 1967 gegeben. Dies zeigt sich zumal, wenn man neben der bereits erörterten gesetzlichen Neuregelung des § 31 Abs 4 BVG und ihren Konsequenzen für Ansprüche auf Ausgleichsrente (§§ 32, 33 BVG) und Zuschläge (§§ 33 a, 33 b BVG) auch noch die neuere Rechtsprechung berücksichtigt, wonach allgemein in Nachschadensfällen berufliches Betroffensein (§ 30 Abs 2 BVG) bzw Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs 3 bis 5 BVG) bei gleichwertigem Zusammenwirken von Schädigungsfolgen und Nichtschädigungsfolgen anerkannt werden können (vgl BSGE 36, 285; 37,80; 41,77). All diese Verbesserungen, von denen zu der Zeit, als die Entscheidung BSGE 27,75 erging, noch nicht die Rede sein konnte, mindern insgesamt eine "Härte" beträchtlich. Falls sie überhaupt noch bestehen sollte, beschränkt sie sich auf einen Teil der Beschädigtenrente entsprechend der nach § 30 Abs 1 BVG zu bemessenden MdE. In dieser Hinsicht hat allerdings das 6. AnpG-KOV mit der Einführung des § 31 Abs 4 Satz 2 Halbs. 2 BVG eine differenzierende Lösung gewählt, die den Personenkreis der durch Nachschaden Erblindeten uneinheitlich behandelt; Wer vorher wegen schädigungsbedingter Einbuße des Sehvermögens auf einem Auge eine Versorgungsrente von weniger als 50 vH bezogen hat (im "Normalfall" der unkomplizierten Einäugigkeit = 30 vH, vgl Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen, Ausgabe 1973, S. 186), dessen MdE wird auf "mindestens" 50 vH (also im "Normalfall" um 20 vH, nicht etwa ohne weiteres um 70 vH!) angehoben. Eine entsprechende Anhebung ist aber nicht vorgesehen für Versorgungsberechtigte, die - wie der Kläger - wegen einer sonst gleichartigen Schädigungsfolge Rente von 50 oder mehr vH deshalb bezogen haben, weil das erhalten gebliebene Auge einen Vorschaden (BSGE 41, 76 m. w. Nachweisen; Anhaltspunkte S 25) aufwies. Diese Differenzierung, aufgrund deren der engere Personenkreis, dem der Kläger angehört, nach der Erblindung bei einer unveränderten MdE beharrt, könnte auf den ersten Blick unbillig erscheinen. Gleichwohl liegt darin noch keine "besondere Härte". Der Gesetzgeber hat mit § 31 Abs 4 S. 2 BVG auf der Grundlage, daß nach dem BVG nachträgliche schädigungsunabhängige Leistungsminderungen nicht zu entschädigen sind, allgemein für Nachschadensfälle eine mittlere Lösung gewählt und die Fälle, in denen, ua wegen eines Vorschadens, bereits für Schädigungsfolgen eine MdE von 50 oder mehr vH zuerkannt worden ist, nicht erkennbar übersehen. Vielmehr erscheint gerade die mittlere Leistungshöhe, die das Gesetz für angemessen hält, vertretbar und insoweit ausreichend, daß der Ausschluß einer Erwerbsunfähigkeitsrente nicht als "besondere" Härte zu werten ist. Für Beschädigte, die wegen der Schädigungsfolgen nur eine MdE von 30 oder 40 vH zuerkannt bekommen haben, wirkt der Eintritt voller Erwerbsunfähigkeit infolge eines Nachschadens erheblich belastender als für diejenigen, deren schädigungsbedingte MdE bereits mit weit mehr als 50 vH bemessen worden war und deren Erwerbsminderung sich infolgedessen nur noch relativ geringfügig vergrößern konnte.

Aus diesen Gründen ist die Revision, die allein einen Härteausgleich betrifft, erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 123

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