Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagter und Revisionsbeklagter, beigeladen: …

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Ermächtigung des Beigeladenen zu 5), eines Arztes für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe und leitenden Krankenhausarztes, zur Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen bei Frauen und von Mutterschaftsvorsorgeleistungen.

Der Zulassungsausschuß für Kassenärzte Köln ermächtigte den Beigeladenen zu 5) in Ergänzung einer bis zum 30. September 1991 befristeten Ermächtigung zusätzlich zur Durchführung von Früherkennungsmaßnahmen bei Frauen und von Mutterschaftsvorsorgeleistungen auf Überweisung von allen Kassenärzten. Der beklagte Berufungsausschuß wies den Widerspruch der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zurück (Bescheid vom 31. Juli 1991).

Während des anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens ermächtigte der Zulassungsausschuß den Beigeladenen zu 5) für bestimmte Leistungen, befristet bis zum 30. September 1993. Auf seinen Widerspruch ermächtigte der Beklagte den Beigeladenen zu 5) auch für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Früherkennung von Krankheiten (Bescheid vom 1. April 1992). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage der KÄV gegen den Bescheid des Beklagten vom 31. Juli 1991 abgewiesen (Urteil vom 6. Mai 1992).

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin, die bezüglich des Bescheides vom 31. Juli 1991 auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen war, zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 1. April 1992 abgewiesen (Urteil vom 21. April 1993 = ArztR 1993, 276). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 31. Juli 1991. Der Bescheid des Beklagten vom 1. April 1992 sei in entsprechender Anwendung des § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kraft Klage Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. In der Sache seien die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage der Ermächtigung des Beigeladenen zu 5) sei § 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 31a Abs. 1 der Zulassungsverordnung für Kassenärzte (nunmehr: Vertragsärzte - Ärzte-ZV -). Bei der danach vorzunehmenden Prüfung eines Bedarfs sei der Beklagte aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) in der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung bei den Mutterschaftsvorsorgeleistungen und den Früherkennungsuntersuchungen zu Recht von einem anderen Begriff des Bedarfs als bei kurativen Leistungen ausgegangen. Mit der Vorschrift des § 5 Abs. 3 BMV-Ä, für deren Verständnis die historische Entwicklung der Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen zu berücksichtigen sei, sei keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage geschaffen worden. Die Partner des BMV-Ä hätten den Zulassungseinrichtungen vielmehr eine materiell-rechtliche Entscheidungsvorgabe für die Beurteilung des Bedarfs gegeben, deren Zweck auch der Schutz bestehender Ermächtigungen sei. In dieser Auslegung sei § 5 Abs. 3 BMV-Ä durch die Ermächtigungsgrundlage des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV gedeckt. Der Beklagte habe sich auch im konkreten Fall im Rahmen seiner Beurteilungsermächtigung gehalten.

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

Während des Revisionsverfahrens hat der Zulassungsausschuß den Beigeladenen zu 5) unter teilweiser Erneuerung der bisherigen Ermächtigung zur Durchführung bestimmter Leistungen, nicht aber für Früherkennungsuntersuchungen und Mutterschaftsvorsorgeleistungen, bis zum 30. September 1995 ermächtigt. Hiergegen hat der Beigeladene zu 5) den Beklagten angerufen.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor, § 5 Abs. 3 BMV-Ä sei mit §§ 116, 96 SGB V, § 31 Ärzte-ZV nicht vereinbar und damit unwirksam. In der erstgenannten Vorschrift sei nicht geregelt, wer (KÄV oder Zulassungsausschuß) die Ermächtigung erteilen dürfe. Sofern diese Befugnis dem Zulassungsausschuß übertragen worden sei, hätten die Vertragspartner des BMV-Ä eine derartige Regelung nicht treffen dürfen. Die Vorschrift werde zudem auf eine Ermächtigungsgrundlage gestützt, die ihrerseits Inhalt, Zweck und Ausmaß der zusätzlichen Ermächtigung nicht regele. In § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV werde nicht festgelegt, unter welchen Voraussetzungen über den Tatbestand des § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV hinaus Ermächtigungen ausgesprochen werden könnten. Da durch die zusätzliche Ermächtigung weiterer Ärzte in die Berufsausübung der niedergelassenen Ärzte eingegriffen werde, habe der Gesetzgeber derartige Regelungen selbst zu treffen. Allein der Erlaß der Ärzte-ZV im formellen Gesetzgebungsverfahren beseitige den inhaltlichen Mangel nicht. Der Beklagte habe die Vorschrift zudem unzutreffend angewandt. Es fehlten ausreichende Erwägungen dazu, daß durch die Ermächtigung die Bedarfslage gefördert werde.

Die Klägerin beantragt:die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. April 1993 und des Sozialgerichts Köln vom 6. Mai 1992 aufzuheben und festzustellen, daß die Bescheide des Beklagten vom 31. Juli 1991 und 1. April 1992 rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt:die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. April 1993 als unzulässig, hilfsweise: als unbegründet zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung fehlt der Revision der Klägerin schon deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die dem Beigeladenen zu 5) erteilte streitige Ermächtigung am 30. September 1993 ausgelaufen sei. Im übrigen stelle die Vorschrift des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV, bei der es sich um ein formelles Gesetz handele, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für § 5 Abs. 3 BMV-Ä dar. Die Regelung berücksichtige, daß eine Ermächtigung nur bei Bedarf ausgesprochen werden könne. Die Bedarfsprüfung sei jedoch an eine besondere Vorgabe gebunden, nämlich daran, ob durch die Ermächtigung des Arztes, der in die Behandlung der Versicherten einbezogen sei, die Inanspruchnahme gefördert werde. Die Notwendigkeit dieser Vorgabe beruhe darauf, daß die streitigen Leistungen bisher nur in unzureichendem Umfang in Anspruch genommen würden.

Die Beigeladenen zu 1) bis 5) beantragen:die Revision zurückzuweisen.

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Die von ihr erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklagen, auf die die Klägerin auch hinsichtlich des Bescheides des Beklagten vom 1. April 1992 übergegangen ist, sind zulässig. Die ursprünglichen prozessualen Ansprüche, die auf Aufhebung der dem Beigeladenen zu 5) erteilten, bis zum 30. September 1993 befristeten Ermächtigungen zur Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen und von Mutterschaftsvorsorgeleistungen gerichtet waren, haben sich während des gerichtlichen Verfahrens durch Zeitablauf erledigt. Damit ist auch das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtungsklagen entfallen.

Hat sich der angefochtene Verwaltungsakt erledigt, spricht das Gericht gem § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG auf Antrag aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt erst im Revisionsverfahren erledigt hat, weil auch dies das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtungsklage entfallen läßt (vgl. zum ganzen BSG, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 14a RKa 1/93 - = SozR 3-1500 § 88 Nr. 1).

Die Klägerin hat an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der vom Beklagten erlassenen Bescheide vom 31. Juli 1991 und 1. April 1992, soweit der letztgenannte Bescheid die Ermächtigung des Beigeladenen zu 5) zur Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen und Mutterschaftsvorsorgeleistungen betrifft, ein berechtigtes Interesse. Es folgt aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr. Darunter ist die hinreichend bestimmte Gefahr für die Klägerin zu verstehen, daß der Beklagte unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen einen gleichartigen Verwaltungsakt wie den erledigten erlassen wird. Die Wiederholungsgefahr ist hier schon deshalb zu bejahen, weil der Beigeladene zu 5) für die Zeit ab 1. Oktober 1993 wiederum die Ermächtigung zur Durchführung der streitigen Leistungen begehrt und das entsprechende Verwaltungsverfahren bei dem Beklagten anhängig ist.

Die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten waren, wie das LSG zutreffend entschieden hat, rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Ermächtigung des Beigeladenen zu 5) ist § 116 SGB V i.V.m. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV, beide i.d.F. des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266), das gegenüber den zuvor gültig gewesenen Fassungen der Vorschriften durch das Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) inhaltlich jedoch keine Änderungen gebracht hat (vgl. zur Berücksichtigung nachfolgender Rechts- oder Sachverhaltsänderungen bei reinen Anfechtungsklagen: Urteil des Senats vom 22. Juni 1994 - 6 RKa 34/93 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Nach diesen Vorschriften hat der Zulassungsausschuß einen Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt ist. Zuständig für die Erteilung der Ermächtigung ist gem § 116 Satz 1 SGB V, § 31a Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV der Zulassungsausschuß (§ 96 SGB V). Aus § 5 Abs. 3 BMV-Ä läßt sich Gegenteiliges nicht herleiten.

Gemäß § 5 Abs. 3 BMV-Ä ist bei der Prüfung des Bedürfnisses für die Ermächtigung zur Erbringung von Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Früherkennung von Krankheiten zu berücksichtigen, ob und inwieweit durch eine Ermächtigung eines Arztes, der in die Behandlung der Versicherten einbezogen ist, die Inanspruchnahme dieser Untersuchungen gefördert wird. Die Vorschrift enthält, wie noch näher auszuführen sein wird, lediglich einen Maßstab für die Ausübung des Beurteilungsspielraums bei der Prüfung des Bedarfs. Sie begründet jedoch nicht eine Befugnis der KÄVen, Ermächtigungen für die genannten Leistungen zu erteilen, so daß es bei der Zuständigkeit der Zulassungsgremien verbleibt. In der Sache ist nicht zu beanstanden, daß der Beklagte bei seiner Entscheidung über die Ermächtigung des Beigeladenen zu 5) für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und der Früherkennung den in § 5 Abs. 3 BMV-Ä enthaltenen Gesichtspunkt der Förderung der Inanspruchnahme dieser Leistungen beachtet hat. Nach dem System der vertragsärztlichen Versorgung ist die ambulante Behandlung der Versicherten in erster Linie den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen niedergelassenen Ärzten und nicht den Krankenhausärzten vorbehalten (vgl. dazu mwN: BSGE 70, 167, 173 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2; BSGE 73, 25, 28 f. = SozR a.a.O. Nr. 4). Das Abstellen auf eine Minderversorgung der Versicherten in § 116 Satz 2 SGB V, § 31a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV ist Ausdruck dieses Vorrangs der niedergelassenen Vertragsärzte. Die Teilnahme von Krankenhausärzten an der ambulanten Versorgung kommt somit grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn ohne sie Versorgungslücken auftreten würden. Die Erteilung einer Ermächtigung setzt mithin das Bestehen eines Bedarfs voraus. Bei der Entscheidung darüber, ob und inwieweit eine Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, steht den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu (BSGE 70, 167, 175 = SozR a.a.O.; BSGE 73, 25, 29 = SozR a.a.O.).

Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 BMV-Ä gibt den Zulassungsgremien auf, bei der Erteilung der Ermächtigung an einen in die Behandlung der Versicherten einbezogenen Arzt für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Früherkennung von Krankheiten zu berücksichtigen, ob und inwieweit durch eine solche Ermächtigung die Inanspruchnahme dieser Untersuchungen gefördert wird. § 5 Abs. 3 BMV-Ä unterscheidet sich damit von der bis zum 30. September 1990 gültig gewesenen Vorläuferregelung des § 15 Abs. 1 BMV-Ä aF. Nach ihr konnten Krankenhausärzte, die nach § 29 der Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ärzte) beteiligt waren, im Rahmen ihres Gebietes Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Früherkennungsmaßnahmen erbringen. § 15 Abs. 1 BMV-Ä a.F. ließ damit die Berechtigung zur Durchführung der genannten Leistungen nicht von dem Bestehen eines Bedarfs abhängig sein, sondern begründete davon unabhängig einen Anspruch der in Betracht kommenden Ärzte auf Beteiligung in diesen Fällen.

§ 5 Abs. 3 BMV-Ä normiert demgegenüber - insoweit hinter den Regelungsgehalt des § 15 BMV-Ä a.F. zurückgehend - keinen eigenständigen Anspruch auf Ermächtigung zur Durchführung der genannten Leistungen. Die Vorschrift bezieht sich, wie bereits die Eingangsformel "Bei der Prüfung des Bedürfnisses . ." zeigt, auf die von den Zulassungsgremien vorzunehmende Bedarfsprüfung und damit lediglich auf eine von mehreren Tatbestandsvoraussetzungen, die für die Erteilung einer Ermächtigung erfüllt sein müssen. Auch ihrem Regelungszweck nach will sie keinen eigenen Ermächtigungstatbestand schaffen. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, den Zulassungsgremien für die Ermächtigungsentscheidung einen Beurteilungsmaßstab an die Hand zu geben. § 5 Abs. 3 BMV-Ä modifiziert somit, wie bereits das LSG zutreffend dargelegt hat, den für kurative Behandlungen geltenden Bedarfsbegriff. Die Gremien haben bei der Prüfung des Bedarfs nicht auf dessen Vorliegen in quantitativ-allgemeiner oder qualitativ-spezieller Hinsicht (vgl. dazu BSGE 73, 25, 29 f. = SozR a.a.O.) abzustellen. Maßgebend ist damit für die Erteilung einer Ermächtigung nicht der im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Zulassungsgremien vorhandene Versorgungsgrad. Sie haben vielmehr "zu berücksichtigen", ob die Ermächtigung zur Durchführung der fraglichen Leistungen ihre Inanspruchnahme fördern wird. Mit diesem Verständnis dient die Vorschrift dem Ziel, die aus gesundheitspolitischen Erwägungen als dringend geboten angesehene Teilnahme der Versicherten an den Früherkennungsmaßnahmen zu fördern (vgl. hierzu schon für die Regelung des § 15 Abs. 4 BMV-Ä aF: BSGE 55, 212, 217 = SozR 5520 § 31 Nr. 2), was im übrigen mit der Erweiterung des Angebots zu Früherkennungsuntersuchungen durch den Gesetzgeber in den §§ 25, 26 SGB V im Einklang steht.

Entgegen den von der Revision geäußerten Bedenken wird § 5 Abs. 3 BMV-Ä durch die Ermächtigungsgrundlage des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV gedeckt. Nach dieser Norm können die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen. In dem in bezug genommenen Abs. 1 der Vorschrift ist die Befugnis des Zulassungsausschusses enthalten, in bestimmten Fällen Ermächtigungen zu erteilen, um eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder einen begrenzten Personenkreis zu versorgen.

§ 31 Abs. 2 Ärzte-ZV wiederum beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 11 SGB V. Darin ist bestimmt, daß die Zulassungsverordnungen, die das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung regeln, Vorschriften über die Voraussetzungen enthalten müssen, unter denen andere als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte durch die Zulassungsausschüsse zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können. Die Regelung des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV hält sich innerhalb der dargestellten Ermächtigungsgrundlage. Die Ärzte-ZV in der hier maßgebenden Fassung ist nämlich - wie das SGB V - durch das GRG erlassen worden. Sie steht somit trotz ihrer Bezeichnung als Verordnungsrecht im Rang eines formellen Gesetzes (Art 18 GRG; vgl. dazu bereits BSGE 70, 167, 172 = SozR a.a.O.). Bei dieser Sachlage ist nicht nachvollziehbar, inwiefern § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV die ebenfalls durch das GRG normierte Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 11 SGB V überschreiten soll.

§ 31 Abs. 2 Ärzte-ZV trägt auch die von den Partnern des Bundesmantelvertrages vereinbarte Regelung des § 5 Abs. 3 BMV-Ä. Die erstgenannte Norm entspricht wörtlich dem § 31 Abs. 2 ZO-Ärzte, der durch das GRG mit Wirkung vom 1. Januar 1989 aufgehoben worden ist (Art 18 Nr. 18 GRG). Zu § 31 Abs. 2 ZO-Ärzte hat der Senat in seiner Entscheidung vom 19. Juli 1983 (BSGE 55, 212, 214 f. = SozR a.a.O. - mit zustimmender Anm. von Haase, SGb 1984, 528 ff.) ausgeführt, daß die Norm nach Art einer Öffnungsklausel den Vertragspartnern des Bundesmantelvertrages, beschränkt auf bestimmte Leistungen, Handlungsspielräume für flexiblere Regelungen schaffen sollte, bei denen keine Anbindung an die eng umschriebenen Tatbestandsmerkmale des § 31 Abs. 1 ZO-Ärzte (Unterversorgung bzw. Versorgung eines begrenzten Personenkreises) gegeben sei (ebenso auch LSG Berlin, Breithaupt 1987, 901, 903). Der Senat hat, ohne dies in der genannten Entscheidung ausdrücklich hervorzuheben, die Vorschrift des § 31 Abs. 2 ZO-Ärzte als mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen.

Die zu § 31 Abs. 2 ZO-Ärzte aufgezeigten Gesichtspunkte (BSGE 55, 212, 214 ff. = SozR a.a.O.) gelten entsprechend auch für § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV. Die Vorschrift will ihrer Zielrichtung nach den Partnern des Bundesmantelvertrages ebenfalls ermöglichen, besonderen Versorgungsbedürfnissen, die sich von vornherein einer konkreten Festlegung entziehen, Rechnung zu tragen. In dieser Auslegung erweist sich § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV auch als hinreichend bestimmt. Eine entsprechende Versorgungssituation ist, wie schon zu § 31 Abs. 2 ZO-Ärzte ausgeführt, jedenfalls bei Präventionsleistungen gegeben, solange diese nicht in erheblichem Umfang von den Versicherten in Anspruch genommen werden. Nach den - von der Revision nicht angegriffenen, daher den Senat bindenden (§ 163 SGG) - tatsächlichen Feststellungen des LSG nimmt im Bereich der Früherkennungsuntersuchungen nur etwa ein Drittel der anspruchsberechtigten Frauen an den angebotenen Untersuchungen teil. Vor diesem Hintergrund haben sich die Partner des Bundesmantelvertrages mit der Regelung des § 5 Abs. 3 BMV-Ä im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV gehalten, wenn sie für den Bereich der Früherkennungsuntersuchungen, statt - wie bei der Vorläuferregelung des § 15 Abs. 1 BMV-Ä a.F. - einen vom Bedarf unabhängige Ermächtigungstatbestand zu vereinbaren, den Zulassungsgremien aufgeben, die besondere Versorgungssituation im Bereich der Krankheitsfrüherkennung bei Frauen und der Mutterschaftsvorsorgeleistungen zu berücksichtigen.

Es ist nicht zu beanstanden, daß der Beklagte unter Beachtung des § 5 Abs. 3 BMV-Ä einen Bedarf für die entsprechende Ermächtigung des Beigeladenen zu 5) bejaht hat. Die Vorschrift fordert die Berücksichtigung des Umstandes, "ob und inwieweit … die Inanspruchnahme dieser Untersuchungen gefördert wird". Nicht ausreichend ist danach eine lediglich abstrakt bestehende Förderungsmöglichkeit i.S. eines "gefördert werden können". Der Begriff der Förderung schließt es jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht aus, darunter auch das Verhindern eines Rückgangs der Inanspruchnahme der genannten Leistungen zu verstehen. Der Beklagte hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn er für den Fall der Versagung einer weiteren Ermächtigung des bereits langjährig an der ambulanten Erbringung von Früherkennungs- und Vorsorgeleistungen beteiligten Beigeladenen zu 5) das Eintreten eines negativen Effekts in dem Sinne als wahrscheinlich erachtet hat, daß Patientinnen des Beigeladenen zu 5) auf die Inanspruchnahme der genannten Leistungen bei anderen Ärzten verzichten.

Schließlich kann der weiter von der Klägerin vertretenen Ansicht, die Anwendung des § 5 Abs. 3 BMV-Ä setze voraus, daß der betreffende Arzt im erheblichen Umfang zur Behandlung der Versicherten ermächtigt sei, nicht gefolgt werden. Sie findet bereits im Wortlaut der Vorschrift, wonach es ausreicht, wenn der Arzt "in die Behandlung der Versicherten einbezogen" ist, keine Stütze und widerspricht zudem ihrem oben aufgezeigten Sinn und Zweck, die Inanspruchnahme von Früherkennungs-/Vorsorgeuntersuchungen zu fördern.

Nach allem war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 518921

BSGE, 257

AusR 1995, 32

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