Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren um einen Anspruch auf Wintergeld nach AFG § 80 ist die Betriebsvertretung gemäß SGG § 75 Abs 2 notwendig beizuladen (Fortführung von BSG 1964-12-18 7 RAr 54/63 = BSGE 22, 181; BSG 1971-07-15 7 RAr 30/68 = BSGE 33, 64; BSG 1974-08-29 7 RAr 17/72 = BSGE 38, 94-98; BSG 1975-09-30 7 RAr 94/73 = SozR 4100 § 69 Nr 2; Anschluß an BSG 1976-06-23 12/7 RAr 35/74).

2. Für die Gewährung von Wintergeld nach AFG § 80 können nur Zeiten für solche Arbeiten berücksichtigt werden, die innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin ausgeführt worden sind.

 

Normenkette

AFG § 80 Abs. 1 Fassung: 1972-05-19, § 81 Fassung: 1972-05-19, § 186a Fassung: 1972-05-19; SGG § 75 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; EWGV 1408/71 Art. 4 Fassung: 1971-06-14, Art. 5 Fassung: 1971-06-14, Art. 14 Fassung: 1971-06-14

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. April 1975 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 22. Mai 1974 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Wintergeld (WG) in Höhe von 270,- DM für drei ihrer Arbeitnehmer.

Die Klägerin betreibt in F ein Geschäft für Schornstein- und Feuerungsbau. Am 15. Januar 1974 beantragte sie durch Vorlage einer Abrechnungsliste beim Arbeitsamt Elmshorn ua für die auf einer Baustelle in Binslev in Dänemark in der Zeit vom 17. bis zum 22. Dezember 1974 beschäftigten drei Arbeitnehmer WG. Das Arbeitsamt lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, daß WG für Arbeitszeiten, die auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereichs des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) geleistet werden, nicht gewährt werden könne (Bescheid vom 23. Januar 1974; Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1974).

Durch Urteil vom 22. Mai 1974 hat das Sozialgericht (SG) Itzehoe die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 18. April 1975 die Entscheidung des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin das am 15. Januar 1974 beantragte WG zu gewähren. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die vom SG zugelassene Berufung sei begründet, weil die Voraussetzungen für die Gewährung des WG gemäß § 80 Abs 1 AFG gegeben seien. Der Anspruch auf WG sei insbesondere nicht auf Beschäftigungsverhältnisse beschränkt, die ausschließlich im Inland ausgeübt werden. Das AFG enthalte hierzu zwar keine ausdrückliche Regelung. Auch werde es wie das gesamte deutsche Sozialversicherungsrecht vom Territorialitätsprinzip beherrscht, wonach Gesetze grundsätzlich nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und für Berlin (West) gelten. Das Territorialitätsprinzip werde vor allem durch die sogenannte Ausstrahlungstheorie durchbrochen. Danach gelten deutsche Sozialversicherungsgesetze auch für den Fall, daß sich eine inländische Betriebstätigkeit geringfügig oder vorübergehend auf das Ausland ausdehne, ohne daß ihr damit eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Um eine derartige geringfügige und nur vorübergehende Ausstrahlung der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin auf das Ausland handele es sich bei dem dem Antrag der Klägerin zugrundeliegenden Arbeitseinsatz von drei Arbeitnehmern auf einer Baustelle in Dänemark. Die Gewährung des WG im vorliegenden Fall werde darüber hinaus durch den Zweck dieser Leistung gerechtfertigt. Das WG stelle eine pauschale Abgeltung für die Mehraufwendungen dar, die die Arbeitnehmer der Bauwirtschaft bei Arbeiten in der witterungsungünstigen Jahreszeit hätten. Im übrigen solle diese Leistung das Baugewerbe zu einer volkswirtschaftlich wie arbeitsmarktpolitisch notwendigen und technisch möglichen ganzjährigen Bautätigkeit veranlassen. Diesem Ziel stehe ein kurzfristiger Arbeitseinsatz im Ausland nicht entgegen. Das gelte um so mehr, als die gemäß § 186 a AFG in Verbindung mit der Winterbau-Umlage-Verordnung vom 13. Juli 1972 (BGBl I S. 1201) von den Arbeitgebern der Bauwirtschaft zu tragende Umlage, durch die das WG in vollem Umfange finanziert werde, nach der zutreffenden Auffassung der Beklagten auch für solche Arbeitnehmer zu entrichten ist, die kurzfristig im Ausland beschäftigt werden, solange das Arbeitsentgelt der inländischen Lohnsteuerpflicht unterliege.

Die Regelung in § 81 Abs 1 Satz 2, 2. Halbsatz AFG, nach der für Anträge auf WG das Arbeitsamt zuständig ist, in dessen Bezirk die Baustelle liegt, stehe dem nicht entgegen. Insofern handele es sich lediglich um eine Verfahrensbestimmung, die nicht dazu führen könne, einen sachlich begründeten Anspruch undurchsetzbar zu machen. Im übrigen sei die Beklagte durch § 82 Abs 4 AFG ermächtigt, die Zuständigkeit des Arbeitsamtes ergänzend oder sogar abweichend von § 81 Abs 1 Satz 2 AFG zu regeln.

Der Klageanspruch sei auch nach Art 14 Abs 1 Buchst. a), i) der EWG-Verordnung Nr 1408/71 vom 14. Juni 1971 begründet. Danach blieben die Vorschriften des Staates maßgebend, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, solange ein Beschäftigter von einem Unternehmen nur bis zu 12 Monaten in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates entsandt werde. Das WG falle unter diese Regelung, denn es sei wie das Kurzarbeitergeld, der Mehrkostenzuschuß und das Schlechtwettergeld eine besondere Leistung der Arbeitslosenversicherung im Sinne von Art 4 Abs 1 Buchst. g der EWG-Verordnung Nr 1408/71. Das EG-Recht widerlege auch die Bedenken der Beklagten bezüglich der Feststellungs- und Kontrollmöglichkeiten im Ausland; denn nach Art 5 Abs 1, 49 Buchst. a und 118 des EWG-Vertrages (BGBl II 1957 S. 753) seien die Behörden der Mitgliedsstaaten untereinander zur Amtshilfe verpflichtet.

Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 80 AFG und trägt insbesondere vor: Mit der Neuordnung der Vorschriften des AFG über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft durch das 2. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AFG vom 19. Mai 1972 (BGBl I S. 791) habe der Gesetzgeber zu der volkswirtschaftlich wie arbeitsmarktpolitisch notwendigen und technisch möglichen ganzjährigen Bautätigkeit kommen wollen. Das Ziel, die Bauproduktion im Winter zu steigern, dadurch eine stärkere Ausnutzung der Baukapazitäten in der witterungsungünstigen Jahreszeit zu erzielen und gleichzeitig den Lohn des Arbeitnehmers im Baugewerbe während des ganzen Jahres zu sichern, sollte durch ein in sich geschlossenes System von ergänzenden Einzelleistungen (Investitionskostenzuschüssen, Mehrkostenzuschüssen, Wintergeld, Schlechtwettergeld) erreicht werden. Aus diesem Grunde seien alle Leistungen der Winterbauförderung auf die besonderen Verhältnisse im Bundesgebiet und im Land Berlin ausgerichtet worden. Dies lasse sich deutlich an der Wahl der Zeiträume erkennen, innerhalb derer die Leistungen der Winterbauförderung gewährt werden (Förderungszeit - Schlechtwetterzeit). So sei die Dauer der Schlechtwetterzeit vom 1. November bis zum 31. März deshalb gewählt worden, weil in dieser Zeit der Schwerpunkt der Winterbauarbeitslosigkeit der Bauarbeiter lag, und bis Ende April mehr als 9/10 der Entlassenen wieder im Baugewerbe tätig waren. Auch die Dauer der Förderungszeit vom 16. Dezember bis 15. März sei auf die Verhältnisse im Bundesgebiet und im Land Berlin ausgerichtet worden. Nach einer Durchschnittsberechnung der fünf Winter von 1966 bis 1971 seien nämlich in diesem Zeitraum mehr als 79 vH der Gesamtzahl der Ausfalltage wegen ungünstiger Witterungsverhältnisse gefallen. Sowohl die hier festgestellte Winterarbeitslosigkeit als die genannte Durchschnittszahl der Ausfalltage sei direkt abhängig von Intensität und Dauer ungünstiger Witterungsverhältnisse während des Winters in der Bundesrepublik Deutschland und im Lande Berlin. Dem entspreche Art und Höhe der gewählten Förderungsleistungen, weil es nur dadurch möglich sei, mit Erfolg den Hemmnissen entgegenzuwirken, die durch die winterliche Witterung bei der Bauproduktion in der Bundesrepublik entstünden. Infolgedessen müsse davon ausgegangen werden, daß die Leistungen der Winterbauförderung nur im Zusammenhang mit der sich innerhalb des Geltungsbereiches des AFG vollziehenden Bauproduktion zu gewähren seien, weil im Ausland hinsichtlich der Intensität und Dauer andere winterliche Witterungsverhältnisse herrschten. Im übrigen ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus den Gesetzesmaterialien ein Hinweis darauf, daß auch Gebiete im Ausland mit vergleichbarer Witterung in die Winterbauförderung einbezogen sein sollten. Eine solche Regelung wäre allein wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten nicht durchführbar. Die Beklagte belegt ihre Auffassung mit Hinweisen auf die unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse in verschiedenen Ländern. So entspreche die niedrigste Januar-Mitteltemperatur in Frankreich mit plus 1,7 Grad Celsius fast der höchsten Januar-Mitteltemperatur in der Bundesrepublik mit plus 1,9 Grad Celsius. Noch krasser würden die klimatischen Unterschiede, wenn man Vergleiche zu südlicheren Regionen anstelle. So herrschten zB in Sizilien (Meßpunkt Palermo) Januar-Mitteltemperaturen von 10,3 Grad Celsius. Die Gewährung von WG an dorthin entsandte Arbeitnehmer würde jeder inneren Berechtigung entbehren.

Die Gewährung von WG für Tätigkeiten im Ausland würde nicht dem Sinn und Zweck dieser Leistung entsprechen, eine stärkere Ausnutzung der Baukapazitäten in der witterungsungünstigen Jahreszeit und eine sich daraus ergebende Ausweitung des Angebots an Bauleistungen, verbunden mit einer preisdämpfenden Wirkung, zu erreiche; denn mit Bautätigkeit im Ausland würden weder die Auftragsspitzen im Inland abgebaut noch das Angebot an Bauleistungen im Inland erweitert, so daß auch keine preisdämpfende Wirkung damit verbunden wäre. Infolgedessen würde dadurch kein Anreiz geschaffen werden, im Inland Winterbau zu betreiben.

Da die Vorschriften über die Winterbauförderung nach ihrem Sinn und Zweck auf die innerstaatlichen Verhältnisse abgestellt seien, komme auf sie die Anwendung des internationalen Sozialversicherungsrechts nicht in Betracht. Infolgedessen finde die von LSG vertretene Ausstrahlungstheorie hier keine Anwendung. Im übrigen stelle die Gewährung der hier in Rede stehenden Leistung eine Störung des fremden Herrschaftsbereichs dar. Solche Störungen seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSGE 17, 179) eine zwingende Beschränkung für die Anwendung der Ausstrahlungstheorie. Die Gewährung von WG und der anderen Leistungen der Winterbauförderung führten nämlich zu einer Verbesserung der Umsatz- und Gewinnsituation der inländischen (deutschen) Bauunternehmen gegenüber den jeweiligen ausländischen Unternehmen. Sie erhielten Zuwendungen, die dem ausländischen Betrieb nicht zugute kämen. Damit würde eine Wettbewerbsverfälschung eintreten. Der ausländische Staat stünde damit vor dem Ergebnis, daß bei Bauvorhaben in seinem Territorium die eigenen Baubetriebe im Nachteil seien, wenn sie mit deutschen Unternehmen in Wettbewerb treten. Daß ein solches Ergebnis nicht beabsichtigt gewesen sei, ergebe sich zB hinsichtlich der Investitionskostenzuschüsse schon aus § 2 Nr 2 in Verbindung mit § 12 Abs 3 Satz 2 der Winterbauanordnung vom 4. Juli 1972 (ANBA 1972 S 511).

Dem Leistungsanspruch der Klägerin stehe hier ferner Art 92 Abs 1 des EWG-Vertrages entgegen. Danach sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen. Die Leistungen der Winterbauförderung seien als Beihilfen im Sinne der Art 92 ff des EWG-Vertrages anzusehen. Dies gelte auch für die Gewährung von WG; es werde zwar nicht dem Baubetrieb selbst, sondern seinen Bauarbeitern gewährt, wirke aber wie eine Beihilfe, die dem Betrieb unmittelbar zugute komme.

Die Klägerin könne sich nicht auf Art 14 Abs 1 Buchst. a Ziffer i) der EWG-Verordnung Nr 1408/71 berufen. Auf die von ihr entsandten drei deutschen Arbeitnehmer seien zwar die deutschen Vorschriften über die Winterbauförderung hiernach anzuwenden. Da deren Leistungen jedoch nur gewährt werden dürften, wenn es sich um ein Bauvorhaben innerhalb des Geltungsbereichs des AFG handele, entstehe diesen betreffenden Arbeitnehmern selbst unter Beachtung der genannten Regelung der EWG-Verordnung Nr 1408/71 kein Anspruch auf WG.

Die Beklagte beantragt,

1.

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. April 1975 aufzuheben,

2.

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 22. Mai 1974 zurückzuweisen,

3.

zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind,

4.

hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend im wesentlichen vor: Bei der Winterbauförderung handele es sich entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs um ein geschlossenes System sich ergänzender Einzelleistungen. Zu einem sinnvollen Ergebnis könne man in der Tat hier nur gelangen, wenn man den Sinn des Gesetzes anwende. Da Dänemark witterungsmäßig aber nicht anders zu beurteilen sei als Schleswig-Holstein und die Vorteile der Winterbauförderung hier auch deutschen Arbeitnehmern zugute kämen, sei der Anspruch gerechtfertigt. Im übrigen sei das LSG zutreffend von der Ausstrahlungstheorie ausgegangen, denn die Beschäftigung der drei in Rede stehenden Arbeitnehmer sei nur vorübergehend im Ausland erfolgt. Daß sich diese Versicherungsverhältnisse der Kontrolle der inländischen Versicherungsträger weitgehend entziehen und bei der Schlechtwettergeld-Zahlung zu Schwierigkeiten in der Leistungsgewährung und Abrechnung führen könne, stehe dem nicht entgegen. Es dürfe nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Bedürfnis nach Aufrechterhaltung des deutschen Versicherungsschutzes bei vorübergehender Auslandstätigkeit infolge der immer stärker über die Staatsgrenzen hinausgreifenden wirtschaftlichen Verflechtung gestiegen sei. Im Zuge einer Entwicklung, die im steigenden Maße dazu geführt habe, daß deutsche Gewerbebetriebe umfangreiche Bauvorhaben, Montagen und dergleichen im Ausland durchführen, habe auch die Frage der sozialen Sicherung der von deutschen Betrieben ins Ausland entsandten Arbeitnehmern an Gewicht gewonnen. Deshalb erfordere der Zweck des WG die Gewährung dieser Leistungen für die hier in Rede stehenden Tätigkeiten. Es stelle eine pauschale Abgeltung für die Mehraufwendungen dar, die die Arbeitnehmer der Bauwirtschaft in der witterungsungünstigen Jahreszeit haben. Diesem Ziel stehe ein kurzfristiger Arbeitseinsatz im Ausland nicht entgegen. Dies gelte um so mehr, als die Umlage, durch die das WG in vollem Umfang finanziert werde, allein von den Arbeitgebern aufgebracht und von diesen auch für solche Arbeitnehmer zu entrichten sei, die kurzfristig im Ausland beschäftigt würden, solange im Inland Lohnsteuerpflicht bestehe.

Ein Ausschluß von der Bezugsberechtigung des WG würde im übrigen das Äquivalenzprinzip verletzen. Dies besage, daß die Gebühren in keinem Mißverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung stehen dürfe. Das Bundesverfassungsgericht, auf das sich die Klägerin insoweit beruft, gehe dabei von dem Verbot eines Mißverhältnisses zwischen Gebühr und Leistung für die Gebührenschuldner aus. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe betont, daß zwischen Leistung und Gegenleistung ein richtiges Verhältnis bestehen müsse. Eine betriebsindividuelle Äquivalenz sei hier erforderlich, die Globaläquivalenz der Umlage genüge nicht.

Im übrigen müsse das System von Leistungen für Bauunternehmer und Bauarbeiter in seiner Gesamtheit gesehen werden. So müßten Bauunternehmer zwar die zur Anschaffung oder Miete von Winterbaugerät erhaltenen Zuschüsse bis zu 20 vH der Beschaffungskosten bei Auslandseinsatz zurückzahlen (§ 12 Winterbauanordnung). Diese Leistungen könnten bei grenznahen Winterbauinvestitionen dem Bauunternehmer jedoch belassen werden (Beilage zur ANBA Nr 10/73). In gleicher Weise müßten auch in Betrieben, die zur Schlechtwettergeldregelung zugelassen sind, entsandte Bauarbeiter, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz stehen, für jede in der Förderungszeit geleistete Arbeitsstunde ein WG ausgezahlt erhalten. Gleichermaßen sei der Mehrkostenzuschuß fast gänzlich von Beschränkungen und Ausschlußtatbeständen, die früher im Gesetz enthalten gewesen seien, befreit worden. Es ergebe sich daraus, daß diese Leistungen keineswegs gerade auf die klimatischen Verhältnisse der Bundesrepublik ausgerichtet seien. Die Beklagte räume ein, daß ausländische Gebiete witterungsmäßig durchaus mit deutschen vergleichbar seien, Böhmen etwa mit dem Bayerischen Wald, Österreich und die Schweiz mit dem Alpenvorland, die Vogesen mit dem Hochschwarzwald. Das gelte auch für Dänemark und Schleswig-Holstein, so daß die von der Beklagten befürchtete Zweckverfehlung nicht eintreten könne. Gerade solche Arbeitnehmer, die unter noch ungünstigeren Witterungsverhältnissen in Skandinavien eingesetzt seien, hätten im besonderen Maße mehr Aufwendungen, während bei einzelnen Arbeitsausfällen eine Schlechtwettergeldzahlung nach herrschender Meinung nicht zu erfolgen brauche. Werde der Arbeiter jedoch in dem von der Beklagten gebildeten Extremfall im Winter nach Palermo versetzt, so liege eine Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz gar nicht vor. Im übrigen sei die Dauer der Begünstigungszeiträume keineswegs eine staatlich ausgerichtete Größe, wie die Anträge auf ihre Verlängerung beim diesjährigen Gewerkschaftstag der IG Bau-Steine-Erden bewiesen. In deren Begründung werde zutreffend auf die Arbeitsstättenverordnung verwiesen, die die von der Beklagten geforderten Zeiteinrichtungen für die Zeit vom 15. Oktober bis 30. April fordere.

Der Klageanspruch sei ferner nach Art 14 Abs 1 Buchst. a), i) der EWG-Verordnung Nr 1408/71 gerechtfertigt; denn entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich beim WG von seiner Zweckbestimmung her um eine Leistung bei Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Vorschrift.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der von der Klägerin für seine Arbeitnehmer geltend gemachte Anspruch auf WG besteht nicht.

In prozessualer Hinsicht hat das LSG zu Recht durch Sachurteil entschieden; denn die nach § 114 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) an sich ausgeschlossene Berufung war nach § 150 Nr 1 SGG zulässig. Das SG hat die Berufung nämlich im Tenor des am 22. Mai 1974 verkündeten Urteils (§ 132 SGG) zugelassen. Daß der Zulassungsausspruch im Tenor der den Beteiligten zugestellten Urteilsausfertigungen (§ 137 SGG) nicht aufgenommen worden ist, macht diese allenfalls berichtigungsbedürftig (§ 138 SGG). Die Wirksamkeit des Zulassungsausspruchs im Sinne von § 150 Nr 1 SGG wird dadurch nicht beeinträchtigt. Im übrigen ist dem LSG darin beizupflichten, daß sich auch aus der vom SG in den Entscheidungsgründen ausgesprochenen Zulassung der Berufung deren Wirksamkeit ergeben würde (vgl BSG vom 24. November 1976 - 9 RV 104/75 -).

Das LSG hat bei seiner Entscheidung ferner nicht den § 75 Abs 2 SGG verletzt, eine Verfahrensfrage, die selbst bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu beachten ist (BSG SozR 1500 § 75 Nr 1; BSGE 38, 94; 98). Die Klägerin macht hier im eigenen Namen Ansprüche auf WG geltend, die materiell-rechtlich ihren Arbeitnehmern zustehen (§ 80 Abs 1 AFG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AFG vom 19. Mai 1972 - 2. ÄndG AFG - BGBl I 791). Der Senat hat dies bereits für Ansprüche auf Schlechtwettergeld und Kurzarbeitergeld entschieden (vgl BSGE 22, 181, 183; 33, 64, 66; 38, 94, 95: 38, 98, 99; Urteil des Senats vom 30. September 1975 - 7 RAr 94/73 - insoweit in SozR 4100 § 69 Nr 2 nicht abgedruckt). Ebenso ist die Rechtslage beim WG. Das WG gehört wie das Kurzarbeitergeld (und das Schlechtwettergeld) zu den im Dritten Abschnitt des AFG geregelten Leistungen zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen; es dient wie das Schlechtwettergeld der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft (vgl Überschrift des Zweiten Unterabschnittes im Dritten Abschnitt des AFG).

Aus diesem Sachzusammenhang, in dem die genannten Leistungsarten stehen, ergibt sich ihre wesentliche Übereinstimmung in der Regelung des Verfahrens, von den jeweiligen Besonderheiten abgesehen, die die materiell-rechtlichen Unterschiede bedingen. So hat, wie beim Kurzarbeitergeld und beim Schlechtwettergeld, der Arbeitgeber den erforderlichen Antrag auf das WG beim Arbeitsamt zu stellen (§ 81 Abs 1 in Verbindung mit Abs 3 Satz 2 AFG). Er - und nur er - hat beim Arbeitsamt die Voraussetzungen für die Gewährung des WG nachzuweisen. Die Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers besteht auch hier nur gegenüber dem Arbeitgeber (§ 81 Abs 3 Satz 4 in Verbindung mit § 72 Abs 3 AFG). Gerade durch diese Verweisung auf die Vorschriften des Kurzarbeitergeldes auch für das Verfahren beim WG wird die Übereinstimmung beider Verfahrensarten deutlich. Wenn das BSG (aaO) aus jenen Regelungen aber die Rechtsstellung des Arbeitgebers als Prozeßstandschafter der Arbeitnehmer für deren Ansprüche auf Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld entnommen hat, kann für das WG nichts anderes gelten (vgl BSG vom 23. Juni 1976 - 12/7 RAr 35/74 -). Von dieser Rechtslage ist offenbar auch das LSG ausgegangen.

Nach § 81 Abs 3 Satz 3 AFG kann neben dem Arbeitgeber auch die Betriebsvertretung den Antrag auf WG stellen. Als Folge hiervon ergibt sich dessen Klagebefugnis, die eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG erforderlich macht (BSGE 38, 94, 96; 38, 98, 100). Das Fehlen dieser Beiladung durch das LSG stellt jedoch vorliegend keinen Verfahrensmangel dar, weil nach den den Feststellungen des LSG zugrundeliegenden Unterlagen im Betrieb der Klägerin eine Betriebsvertretung nicht bestand.

Eine Beiladung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 75 Abs 2 SGG bedurfte es hingegen deshalb nicht, weil ihnen nach der Ausgestaltung ihrer Rechte eine eigene Klagebefugnis nicht zusteht (vgl BSGE 33, 64, 66; 38, 94, 96; 38, 98, 99 f).

Der Anspruch auf WG ist entgegen der Auffassung des LSG jedoch deshalb nicht begründet, weil er für Arbeitszeiten geltend gemacht wird, die im Ausland abgeleistet wurden, nämlich auf der Baustelle der Klägerin in Binslev in Dänemark. Für die Gewährung des WG können nur Zeiten für solche Arbeiten berücksichtigt werden, die innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin ausgeführt worden sind. Diese Rechtsfolge ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der §§ 80 ff AFG, jedoch aus dem Zweck des WG und seiner gesetzlichen Ausgestaltung.

Nach § 80 Abs 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des 2. ÄndG AFG erhalten Arbeiter in Betrieben des Baugewerbes, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind und die bei witterungsbedingten Arbeitsausfall Anspruch auf Schlechtwettergeld hätten, für Arbeitsstunden, die sie in der Förderungszeit - mit Ausnahme der Zeit vom 25. Dezember bis 1. Januar - leisten, WG. Förderungszeit ist nach § 75 Abs 2 Nr 1 AFG in der Fassung des 2. ÄndG AFG die Zeit vom 16. Dezember bis 15. März. Dem Wortlaut dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, ob sie dann auch Anwendung finden soll, wenn die maßgeblichen Arbeitsstunden - wie hier - außerhalb des Geltungsbereichs des AFG geleistet worden sind. Der Geltungsbereich dieser Vorschrift muß demgemäß durch Auslegung ermittelt werden.

Für die Bestimmung des Anwendungsbereichs einer innerstaatlichen Rechtsnorm auf einen Sachverhalt mit Auslandsberührung, wie er hier gegeben ist, wird in Rechtsprechung und Lehre regelmäßig das Territorialitätsprinzip herangezogen. Danach findet der Wirkungsbereich auch von sozialversicherungsrechtlichen Normen seine Schranke grundsätzlich an den Grenzen der inländischen Staatsgewalt; er umfaßt im Prinzip nur solche Sachverhalte, die sich im Inland verwirklichen, eine Rechtsfolge, die von der völkerrechtlichen Regel abgeleitet wird, daß die staatliche Hoheitsgewalt nur innerhalb der räumlichen Grenzen des eigenen Hoheitsgebiets ausgeübt werden darf (vgl BSGE 7, 257, 263; 17, 173, 177; 27, 129, 132; 32, 174, 175; BSG in SozR 2200 § 539 Nr 8, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Ausnahmen von dieser Wirkung des Territorialitätsprinzips wurden jedoch seit jeher anerkannt, zB, wenn sie auf ausdrücklicher gesetzlicher Regelung oder zwischen- bzw überstaatlichem Recht beruhen (vgl BSGE 17, 173, 177; BSG in SozR RVO § 1317 Nr 5), ferner im Rahmen der sogenannten Ausstrahlungstheorie. Danach soll auch bei Zugrundelegung des Territorialitätsprinzips der in einem inländischen Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer im Schutzbereich der deutschen Sozialversicherung verbleiben, wenn er nur vorübergehend zu einer bestimmten Tätigkeit ins Ausland entsandt wird, die keine selbständige Bedeutung hat, sondern sich lediglich als Teil, Zubehör, Fortsetzung oder Ausstrahlung des inländischen Betriebes darstellt (BSGE 17, 173, 177; 20, 69, 70 f; 39, 241, 242 f, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dieser Grundsatz der Ausdehnung sozialversicherungsrechtlicher Regelungen über die Staatsgrenzen hinaus gilt allerdings nicht ausnahmslos. Nach der Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 4. Juli 1962 (BSGE 17, 173, 179) kommt es darauf an, ob "zwingende Beschränkungen für die Dauer des durch Ausstrahlung begründeten Versicherungsschutzes" ersichtlich sind. Solche können zB darin bestehen, daß die Anwendung der inländischen Norm mit hoheitlichen Kontroll- oder anderen hoheitlichen Maßnahmen verbunden sind, die der Versicherungsträger im Ausland nicht oder nur mit erheblichen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten ausüben kann (vgl BSG - GS - in BSGE 33, 280, 284, 286; BSGE 39, 241, 242) oder daß ein Zwang sonstiger Art besteht, der die Ausübung staatlicher Gewalt (im eigenen Hoheitsgebiet) kennzeichnet (BSGE 31, 288, 291).

Der Große Senat des BSG hat im übrigen in der oa Entscheidung (BSGE 33, 280, 285) das Territorialitätsprinzip in Bezug auf seine Anerkennung als sozialversicherungsrechtlicher Rechtsbegriff relativiert und es unter Hinweis auf seine geschichtliche Entwicklung, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Sgb 1962, 301, 306) und insbesondere seine kritische Würdigung in der Literatur (vgl vor allem Podlech in NJW 1963, 1142; Glienicke in Sgb 1966, 501; Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, Abhandlungen der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg 1965, Band 12, Seiten 13 ff; von Maydell, Sach- und Kollisionsnormen im internationalen Sozialversicherungsrecht, Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, 1967, Band 3, Seiten 68 ff) lediglich als den tatsächlichen Ausdruck für die eingegrenzte Wirkungsmöglichkeit eines Staates angesehen, deren Umfang sich im Ergebnis jedoch an den Inhaltsbestimmungen der jeweiligen Sachnorm orientiert (BSGE 33, 280, 283 f). Der Große Senat des BSG folgte damit im Grunde der Rechtsprechung des BSG, die zwar vom Territorialitätsprinzip ausging, aber ungeachtet der verschiedenen Auffassungen in der Literatur darüber, welche Auswirkung dieses Prinzip in seiner systematischen Zuordnung haben müßte, insbesondere ob es Durchbrechungen nur bei der Frage der Versicherungs-(Beitrags-) pflicht zulasse oder auch auf der Leistungsseite (vgl zB Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1, 1965, Seiten 399 ff; Plöger-Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, 1966, Band 1, Seite 1; Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, 1961, § 56 Anm 24; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Seite 293; Brüggemann, DVZ 1956, Seiten 274 ff), letztlich vom Inhalt der jeweiligen Sachnorm her ihren Anwendungsbereich bestimmte.

So hat der 3. Senat des BSG entschieden, daß als Voraussetzung für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) grundsätzlich nur ein Arbeitsverhältnis im Inland in Betracht kommt; der 3. Senat folgerte dies einerseits aus dem Zusammenhang dieser Vorschrift mit den die Beschäftigung betreffenden Regelungen des Mutterschutzgesetzes, welche sich ihrem Sinn und Zweck nach, aber auch nach Art und Umfang nur an im Inland befindliche Personen wenden, andererseits aus dem Bedürfnis, mißbräuchlicher Ausnutzung der Mutterschaftshilfe entgegenzutreten (BSGE 34, 76, 78). Aus im wesentlichen gleichen Erwägungen sah der 3. Senat die Vorversicherungszeit für den Bezug des Mutterschaftsgeldes nach § 200 a RVO grundsätzlich nur durch eine Versicherungszeit im Inland als erfüllt an (SozR 2200 § 200 a Nr 2).

Im Zusammenhang mit der Prüfung, ob § 34 Abs 2 des Kindergeldgesetzes (KGG), wonach für Kinder mit Wohnsitz oder Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes kein Anspruch auf Kindergeld besteht, mit Art 3 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist, kam der 7. Senat des BSG zu dem Ergebnis, daß eine grundgesetzwidrige Differenzierung deshalb nicht vorliegt, weil Zweck und Inhalt der Kindergeldgesetzgebung den hier angesprochenen Gedanken der Geltung des Territorialitätsprinzips rechtfertigt (BSGE 25, 295, 296 f). Ebenso hat der 7. Senat des BSG zu der entsprechenden Regelung über die Ausbildungszulage in § 14 a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) entschieden (BSG SozR Nr 4 zu § 14 a BKGG). Aus dem Regelungsinhalt der entsprechenden Vorschriften folgerte der 7. Senat an anderer Stelle, daß zur Einheitsversicherung in der DDR entrichtete Beiträge nicht nach § 73 Abs 1 Satz 4 G 131 zurückgefordert werden können (BSGE 30, 244, 246 ff). Der 4. Senat des BSG hat entschieden, daß als Voraussetzung für die Gewährung des Altersruhegeldes nach § 1248 Abs 3 RVO in der Schweiz zurückgelegte Arbeitszeiten auch dann nicht berücksichtigt werden können, wenn der Rentenantragsteller für diese in der Bundesrepublik nach § 1227 RVO arbeiterrentenversicherungspflichtig gewesen wäre, weil es sich bei dem Begriff der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit um einen grundlegenden rechtstechnischen Begriff des deutschen Rentenversicherungsrechts handelt, der nur bei ausdrücklicher anderweitiger Regelung (wie zB im Fremdrentenrecht) auf im Ausland zurückgelegte Beschäftigungszeiten anwendbar ist (BSGE 17, 110, 113). Am Sinn und Zweck der diese Frage selbst nicht ausdrücklich regelnden Vorschrift des § 571 Abs 1 Satz 1 und 2 RVO hat andererseits der 8. Senats des BSG geschlossen, daß bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes auch solche Arbeitseinkommen zu berücksichtigen sind, welche ein Versicherter im Ausland erzielt hat. Mangels ausdrücklicher Regelung sei nämlich aus Sinn und Zweck der Norm, "dh in jedem Einzelfall", zu ermitteln, "ob sie als räumlich sich begrenzend aufzufassen ist" (BSGE 36, 209, 216). In diesem Sinne ist auch die Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 28. August 1970 über die Zahlung des Beitragszuschusses nach § 381 Abs 4 Satz 2 RVO ins Ausland zu verstehen (BSGE 31, 288, 289 f). Von der gleichen Auffassung geht schließlich der 12. Senat in seinem Urteil vom 26. Oktober 1976 - 12 RK 13/76 - aus, in dem er entschieden hat, daß eine im Ausland (hier: Südafrika) ausgeübte selbständige Tätigkeit zur Nachentrichtung von Beiträgen gemäß Art 2 § 49 a AnVNG (= Art 2 § 51 a ArVNG) nicht berechtigt, weil Tätigkeiten im Sinne dieser Vorschrift nur solche sind, die im Geltungsbereich des AnVNG (ArVNG) ausgeübt worden sind. Dies folgt nach Auffassung des 12. Senats trotz offenen Wortlauts der Bestimmung aus ihrer zweckgerichteten (teleologischen) Verknüpfung mit den sonstigen, die Öffnung der Rentenversicherung betreffenden Vorschriften des Rentenreformgesetzes (RRG), die zudem auch der Absicht des Gesetzgebers und demzufolge den Motiven des Gesetzes zu entnehmen sei.

Die Entwicklung der vorstehend aufgeführten Rechtsprechung zeigt, daß das Territorialitätsprinzip in seiner rechtlichen Bedeutung nicht einheitlich verstanden wird, ihm jedenfalls nicht mehr als der Ausdruck eines Ordnungsbegriffs beikommt, dem jedoch je nach der Gestaltung der konkreten Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Ausdehnung oder Einschränkung des innerstaatlichen Rechts unterschiedliche Wirkungen zu entnehmen sind. Letztlich spielt es deshalb keine Rolle, ob man das Territorialitätsprinzip nur als Systembegriff zur Herstellung territorialer Anknüpfungspunkte ansieht (vgl von Maydell aaO, S 70 ff), ob es ein legislativ-politisches Prinzip ist, das Handhaben des Gesetzgebers rechtfertigen kann (vgl Vogel aaO, S 149 f), oder ob man soweit gehen will, ihm rechtliche Verbindlichkeit im Rahmen des Sozialversicherungsrechts überhaupt abzusprechen (vgl Fenge, ZSR 1966, 257; Glienicke, Sgb 1966, 501; Podlech NJW 1963, 1142 - dagegen: Spielmeyer, Sgb 1963, 251, 253; Wickenhagen, Gedanken zum Territorialitätsprinzip in der Sozialversicherung, Festschrift für Kurt Hofmann, 1964, S 83 ff). Auch die Literaturstimmen gehen jedenfalls auf den Grundsatz zurück, daß es dem Gesetzgeber freisteht, den Geltungsbereich seiner Normen nach territorialen oder personalen Gesichtspunkten abzugrenzen, so daß in jedem Einzelfalls die Prüfung erforderlich ist, wovon der Gesetzgeber gerade hier ausgegangen ist (vgl von Maydell aaO, S 71 ff). Maßgebend ist danach auch nach diesen Auffassungen der Zweck des Gesetzes, der spezifischen Vorschrift, die zur Anwendung gelangen soll (vgl Vogel aaO, S 357 ff, insbesondere S 376, 380, 396, 408, 416, 424 ff; Wickenhagen aaO, S 87 f).

Der Senat folgt dieser Grundauffassung. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von WG für seine vom 17. bis 22. Dezember 1974 auf der Baustelle Binslev in Dänemark beschäftigten Arbeitnehmer nur dann zu bejahen wäre, wenn der Geltungsbereich der hierfür maßgeblichen Anspruchsgrundlage des § 80 Abs 1 AFG sich auch auf solche Arbeiten erstrecken würde, die außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin - dem prinzipiellen Geltungsbereich des AFG - geleistet worden sind. Das ist nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift jedoch nicht der Fall.

Das WG wurde im Zuge der Neuordnung der Vorschriften des AFG über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft durch das 2. ÄndG-AFG eingeführt. Es hatte sich gezeigt, daß die Vorschriften der §§ 74 ff AFG in der Fassung vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) nicht zu der erwünschten Belebung der Bautätigkeit geführt haben. Nach wie vor standen die Ausgaben der öffentlichen Hand für winterliche Arbeitsausfälle in der Bauwirtschaft in keinem Verhältnis zum Beitragsaufkommen dieses Wirtschaftszweiges zur Bundesanstalt für Arbeit (vgl die Darstellung bei Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, Einführung IV S XLIV; ferner BT-Drucks. VI/3261 S 1). Die Bundesregierung kündigte deshalb bereits in ihrem Bericht über die ergänzenden Initiativen zur Begrenzung des Mietanstiegs und zur Verbesserung des Mietrechts eine Neuregelung der Winterbauförderung nach dem AFG an, deren Ziel eine Steigerung der Bauproduktion im Winter "und damit eine gleichmäßigere Verteilung der Bautätigkeit auf alle Jahreszeiten" sein sollte. "Die Bundesregierung verspricht sich von einer stärkeren Ausnutzung der Baukapazitäten in der witterungsungünstigen Jahreszeit und der sich daraus ergebenden Ausweitung des Angebots an Bauleistungen eine preisdämpfende Wirkung" (vgl BT-Drucks. VI/1549 S 18).

Der Entwurf der Bundesregierung vom 12. Oktober 1971 für das 2. ÄndG-AFG (BT-Drucks. VI/2689) sollte dieses Ziel verwirklichen. In der Begründung hierzu (aaO S 9) wurde das wirtschaftspolitische Anliegen der Neuregelung - gleichmäßigere jahreszeitliche Verteilung des Bauvolumens durch verbesserte Kapazitätsausnutzung mit dem Ziel eines verbesserten und damit günstigeren Angebots von Bauleistungen - gleichwertig neben seine sozialpolitische Zweckrichtung - Lohnsicherung der Arbeitnehmer des Baugewerbes während des ganzen Jahres - gestellt. Im Gesetzgebungsverfahren wurde der Entwurf der Bundesregierung zwar verändert; so entfiel die dort (in § 83 Abs 2) vorgesehene Beteiligung des Arbeitgebers an den Kosten des Schlechtwettergeldes (Interessenquote). An die Stelle des vorgesehenen Lohnzuschlages trat das WG. Aber auch der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung, der diese (und andere) Veränderungen des Regierungsentwurfs vorschlug, die dann Gesetz wurden, ging von der Überzeugung aus, "daß es stärkerer Anreize bedarf als derjenigen, die von der bisherigen Produktiven Winterbauförderung angeboten wurden, um das Baugewerbe zu der volkswirtschaftlich wie arbeitsmarktpolitisch notwendigen und technisch möglichen ganzjährigen Bautätigkeit zu veranlassen" (vgl BT-Drucks. VI/3261 S 2). Diesem Anliegen entspricht es, daß die Vorschriften über die Produktivitätsförderung auch im Stellenwert vor denen des Schlechtwettergeldes rangieren sollten (aaO, S 2).

Den Motiven des 2. ÄndG-AFG ist zu entnehmen, daß sich der Gesetzgeber - dem dargestellten Sinne des WG entsprechend - bei seinen Entscheidungen von den Witterungsverhältnissen im Bundesgebiet (einschließlich West-Berlin) und ihren Auswirkungen auf die Bautätigkeit hat leiten lassen. Die Frage, in welcher Weise die "im Sommer zu starke und im Winter zu geringe Auslastung der Baukapazitäten" (vgl BT-Drucks. VI/2689 S 9) sich niederschlägt, kann schon für sich allein als Sachargument für eine Gesetzesregelung nur von den inländischen Verhältnissen ausgehen. Dies wird aber auch daran deutlich, daß der Regierungsentwurf des 2. ÄndG-AFG ausdrücklich anführt, daß in den Wintern 1959/60 bis 1970/71 etwa 380 Millionen Ausfalltage angezeigt worden sind und ferner darauf hinweist, daß zahlreiche Bauunternehmer die Vorteile der Produktiven Winterbauförderung bereits in den Wintern 1969/70 und 1970/71 kennengelernt hätten (vgl BT-Drucks VI/2689 S 9). So wurde die Förderungszeit des § 75 Abs 2 Nr 1 AFG nach den festgestellten Verhältnissen im Geltungsbereich des AFG bestimmt; denn nach einer Durchschnittsberechnung der fünf Winter von 1966 bis 1971 fielen in die Zeit vom 16. Dezember bis 15. März mehr als 79 % der Gesamtzahl der Ausfalltage (vgl BT-Drucks. VI/2689 S 11, Begründung zu § 75 Abs 2). Gleiches wird deutlich aus dem Ausschußbericht zum Regierungsentwurf des 2. ÄndG-AFG. Das Erfordernis zu einer nennenswerten Steigerung der Bauproduktion in den Wintermonaten wird mit dem Hinweis belegt, daß trotz einer ungewöhnlichen Milde und Niederschlagsarmut im "gegenwärtigen Winter 1971/72" selbst "in den Mittelgebirgen und am Alpennordrand" bis Mitte Februar 1972 bereits 20,4 Millionen Ausfalltagwerke angezeigt worden sind; "der Arbeitsausfall liegt damit über dem des gleichen Zeitraums im Winter 1970/71 und entspricht etwa dem langjährigen Mittelwert unter Einschluß der ungünstigeren Winter" (vgl BT-Drucks VI/3261 S 1 f). In diese Ausgangslage fügt es sich sachlogisch ein, wenn der Gesetzgeber - wie schon früher (vgl BT-Drucks VI/1549 S 18) - sein Vorhaben dadurch unterstreicht, daß er vor allem an die öffentliche Hand appelliert, die Winterbauförderung zu unterstützen; denn da sie "mehr als die Hälfte der Bauaufträge vergibt, ist in erster Linie sie aufgerufen, entscheidend auf die Belebung des Winterbaus Einfluß zu nehmen" (vgl BT-Drucks VI/3261 S 3). Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, daß sich dieser Einfluß nur im Inland verwirklichen kann.

Auch die allgemein zugrunde gelegte Erwägung des Ausgleichs von witterungsbedingten Kapazitätsschwankungen in verschiedenen Jahreszeiten kann nur inlandsbezogen verstanden werden; denn der erwünschte Abbau einer inländischen Übernachfrage nach Bauleistungen im Sommer kann nicht durch vermehrte Ausführung von Bauaufträgen im Ausland in der Winterzeit bewirkt werden. Die fehlende inländische Bautätigkeit im Winter wäre bei einer anderen Betrachtung nicht nur durch schlechtes Wetter bedingt, sondern zusätzlich noch durch die Förderung der Bautätigkeit inländischer Betriebe im Ausland. Zumindest würde aber der verfolgte Zweck des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage zu verschiedenen Jahreszeiten im Inland dadurch nicht gefördert.

Die aus der geschilderten Zweckbestimmung des WG sich ergebende Beschränkung dieser Leistungsart auf Arbeiten innerhalb des Geltungsbereichs des AFG wird auch an der Verfahrensregelung des § 81 Abs 1 Satz 2 AFG deutlich. Für Anträge auf WG ist danach das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk die Baustelle liegt. Dies setzt nur Baustellen im Inland voraus. Dem LSG ist zwar darin beizupflichten, daß eine mangelhafte oder fehlende Regelung des Verwaltungsverfahrens dem Bestand eines materiell-rechtlichen Anspruchs nicht entgegenstehen kann. Für die Feststellung des gesetzgeberischen Willens über den Geltungsbereich einer materiellen Norm kann aber die dazu gehörige Verfahrensvorschrift als Indiz herangezogen werden. Hier stimmt sie mit den durch eine gesetzliche Regelung verfolgten Absichten überein, wie sie sich auch sonst aus den Motiven ergeben, nämlich mit dem Bedürfnis zur Beseitigung eines wirtschafts- und sozialpolitisch unerwünschten inländischen Zustandes.

Für die einschränkende Anwendung des § 80 Abs 1 AFG spricht es ferner, daß die Gewährung von WG an inländische Arbeitnehmer für Arbeiten im Ausland zur Störung eines fremden Herrschaftsbereichs führen kann, eine Folge, die ganz allgemein bereits für die Beschränkung einer Norm auf das inländische Staatsgebiet spricht (vgl BSGE 17, 173, 179). Selbst wenn das WG unmittelbar den Arbeitnehmern zugute kommt, könnte sich seine Gewährung mittelbar doch zu einer Verbesserung der Wettbewerbslage des inländischen Arbeitgebers im Verhältnis zu den ausländischen Arbeitgebern auswirken, die gleiche Leistungen im Ausland anbieten wie er. Es kann dahinstehen, ob es sich beim WG um Beihilfen im Sinne von Art 92 des EWG-Vertrages handelt, die wegen Wettbewerbsverfälschung mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar sind. Jedenfalls kann dem Gesetzgeber mangels ausdrücklicher Regelung im Rahmen der Auslegung einer Vorschrift nicht unterstellt werden, daß er sich mit seinen Maßnahmen auch nur in die Nähe einer derartigen Einflußnahme auf fremde Herrschaftsgebiete hat bringen wollen.

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, daß ein kurzfristiger Arbeitseinsatz im Ausland dem Zweck der Förderung einer ganzjährigen inländischen Bautätigkeit nicht entgegenzustehen braucht. Um diese Frage geht es aber nicht, wenn allgemein der Geltungsbereich einer Norm festgestellt werden muß. Maßgebend ist dafür nur, welchen Zweck der Gesetzgeber ua mit der Regelung in § 80 Abs 1 AFG verfolgt hat, um daraus auf den räumlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift zu schließen. Das war aber, wie dargelegt, die Förderung der Bautätigkeit im Inland während der schlechten Jahreszeit. Bei dieser Ausgangslage hätte es dann jedoch einer ausdrücklichen Regelung bedurft, wenn für bestimmte Bereiche und Fälle auch Arbeiten außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik und des Landes Berlin durch WG hätten gefördert werden sollen. Dies um so mehr, als die Ausdehnung des § 80 Abs 1 AFG auf Tätigkeiten im Ausland nicht nur den kurzfristigen Einsatz einiger weniger Arbeitskräfte - wie hier - erfassen würde. Das WG müßte dann auch in Fällen zugebilligt werden, in denen ein Unternehmen des Baugewerbes (u.U. sogar ein ausländisches) lediglich seinen Betriebssitz im Inland (zB nahe der Grenze) einrichtet, sich insoweit also den Rechtsvorschriften des Inlandes unterwirft, mit seinen inländischen Arbeitnehmern jedoch in erster Linie oder sogar ausschließlich Bauarbeiten auf Arbeitsmärkten im Ausland ausübt.

Es kann in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß eine Ausdehnung der Förderung auf im Ausland geleistete Arbeiten auch beträchtlichen verfahrensmäßigen Hindernissen begegnen würde. Der Beklagten ist zuzugeben, daß es sich bei den Vorschriften des AFG über die Winterbauförderung um ein in sich geschlossenes System von sich ergänzenden Einzelleistungen handelt (vgl auch BT-Drucks VI/3261 S 2; Kranz, Winterbau, Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft, 4. Auflage, Vorbem. zu den §§ 74 - 90, S F 2 ff). Inhalt und Aufbau der Vorschriften über Investitionszuschüsse (§ 77 AFG), Mehrkostenzuschüsse (§§ 78 ff AFG) und Schlechtwettergeld (§§ 83 ff AFG) zeigen - wie beim WG - ihre starke Verknüpfung mit tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Baugeschehen, letztlich auch beim Verfahren (§ 81 AFG). Die Arbeitsämter haben hier eine umfangreiche Kontroll- und Prüftätigkeit zu entfalten, die sich ihrer Zuständigkeitsgrenzen nach schon auf das Inland beschränken muß. Es kann offen bleiben, ob sie für Tätigkeiten selbst im Raum der übrigen Länder der Europäischen Gemeinschaft (EG) zum Vollzug dieser Aufgaben Amtshilfe ausländischer Behörden in Anspruch nehmen könnten, worauf die Klägerin unter Bezugnahme auf Art 5 Abs 1, 49 Buchst a und 118 des EWG-Vertrages (BGBl II 1957, 753) hinweist. Jedenfalls ist ein solches Recht für alle anderen Staaten, die bei einer Ausdehnung der deutschen Winterbauförderung auf Arbeiten entsandter inländischer Arbeitnehmer in Betracht kämen, nicht ersichtlich.

Selbst wenn die Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen des WG nicht einen ebenso großen Aufwand verlangt - wie die übrigen Leistungen, insbesondere das Schlechtwettergeld - kann daraus nicht auf eine Sonderstellung im Rahmen des Gesamtleistungssystems geschlossen werden. Dabei kann es offen bleiben, ob zu den Anspruchsvoraussetzungen im Sinne von § 80 Abs 1 AFG nur die Voraussetzungen nach § 83 AFG gehören oder auch die des § 85 AFG (so Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, Rand-Nr. 6 zu § 80; Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, § 80 Anm 6). Geht man jedoch mit der Klägerin davon aus, daß jedenfalls für das Schlechtwettergeld eine Zahlung bei Arbeitsausfällen im Ausland schon wegen der Verfahrenserschwernisse nicht in Betracht kommen kann, so kann für die übrigen Leistungen dieses Gesamtsystems nichts anderes gelten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Förderung der Anschaffung von Winterbaugeräten ausdrücklich auf das Bundesgebiet einschließlich Berlin (West) beschränkt worden, wie sich aus § 2 Nr 2 der Winterbau-Anordnung vom 4. Juli 1972 (ANBA S 511) ergibt. Mißbräuchliche Verwendung im Ausland begründet ein Rückforderungsrecht der Beklagten, und zwar nicht nur, wie die Klägerin meint, mit 20 % des Anschaffungspreises, sondern gegebenenfalls sogar mit 100 %. In § 12 Abs 3 Satz 3 der Winterbau-Anordnung hat die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen lediglich die Möglichkeit für Ausnahmen von dem Grundsatz der Rückforderung von Zuschüssen nach § 77 AFG zugelassen, wenn von ihr geförderte Geräte im Ausland eingesetzt worden sind. Damit ändert sich jedoch nichts daran, daß auch hier hinsichtlich des Investitionskostenzuschusses der Grundsatz der Beschränkung auf im Inland verwirklichte Tatbestände bestätigt wird.

Ganz abgesehen davon erschiene es geradezu widersinnig, WG zur Belebung der inländischen Bautätigkeit auch für solche Arbeiten von ins Ausland entsandten Inländern, die die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, zu gewähren, welche in der Förderungszeit etwa in südlichen Regionen - bis hin nach Asien und Afrika - tätig sind. Der Wortlaut des § 80 AFG, fände er für im Ausland erbrachte Arbeiten Anwendung, böte keine Handhabe, das WG zu verweigern. Insbesondere ist die Auffassung der Klägerin nicht zutreffend, daß dann eine Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz nicht vorläge. Der § 80 AFG sagt nichts darüber aus, welche Art von Witterungsabhängigkeit gegeben sein muß. Unter Heranziehung der Definition in § 85 Abs 1 Nr 1 in Verbindung mit dem Begriff des durch zwingende Witterungsgründe bedingten Arbeitsausfalls in § 84 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 AFG könnte darunter jede atmosphärische Einwirkung ("insbesondere Regen, Schnee, Frost") verstanden werden. Will die Klägerin aber hierunter nur solche Einwirkungen verstehen, die für die Witterungsverhältnisse im Bundesgebiet typisch sind, widerlegt sie selbst ihre Auffassung, § 80 AFG könnte auslandsbezogen wirken. Die Anwendung einer Rechtsvorschrift jedoch räumlich von nicht anderem als vergleichbaren Witterungsverhältnissen abhängig zu machen, begegnet nicht nur Bedenken hinsichtlich ihrer praktischen Durchführbarkeit; sie muß auch in hohem Maße zu Rechtsunsicherheit führen. Mangels einer entsprechenden und insoweit eindeutige Grenzen ziehenden ausdrücklichen Regelung des Gesetzgebers kann dieses Kriterium jedenfalls nicht zum Maßstab der Auslegung über den Geltungsbereich einer Norm wie des § 80 Abs 1 AFG gemacht werden. Infolgedessen verbleibt nur die nach dem Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck der Vorschrift und ihrer verfahrensmäßigen Ausgestaltung erkennbare Auslegung, daß die Gewährung von WG für Arbeiten im Ausland nicht in Betracht kommt (so auch Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, Rand-Nr. 8 zu § 80; Kranz aaO, Anm 13 zu § 74 - Erl. C § 74 Seite F 5; vgl auch Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, Rand-Nr 13 zu § 143 d).

Entgegen der Auffassung der Klägerin deckt sich diese Auslegung des § 80 Abs 1 AFG mit dem vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Februar 1977 vorgelegten Referentenentwurf zur Änderung des § 80 AFG, auf den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat. In § 80 Abs 2 Satz 1 dieses Entwurfs ist nämlich die Beschränkung des WG für im Geltungsbereich des AFG geleistete Arbeiten ausdrücklich vorgesehen. Nach Satz 2 (aaO) kann lediglich durch Rechtsverordnung ausnahmsweise die Gewährung von WG auch für die von vorübergehend ins Ausland entsandten Arbeitnehmern dort geleisteten Arbeitsstunden unter besonders genannten Bedingungen zugelassen werden.

Der Senat verkennt bei seiner Auslegung des § 80 AFG nicht, daß dadurch Arbeitnehmer, die - wie im Falle der Klägerin - ins Ausland entsandt sind, gegenüber im Inland Beschäftigten benachteiligt sein können. Daraus allein rechtfertigt sich jedoch keine andere Auslegung zum Geltungsbereich des § 80 AFG; denn das WG hat - wie dargelegt - nicht nur eine sozialpolitische Komponente, sondern ist vor allem bestimmend eingebettet in ein inlandsbezogenes wirtschaftspolitisches Konzept zur Förderung der Bautätigkeit. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 GG liegt darin nicht, weil die strikte Anwendung des Territorialitätsprinzips eine verfassungsrechtlich ausreichende sachliche Differenzierung verschiedener Sachverhalte darstellt (vgl BVerfG 12 S 354, 367; BSGE 25, 295, 296 f).

Der Umstand, daß die Aufwendungen für das WG gemäß § 186 a AFG aus einer von den Arbeitgebern des Baugewerbes zu tragenden Umfange aufgebracht werden, zwingt zu keiner anderen Betrachtung. Einmal wird die Umlage nach dem Deckungsprinzip erhoben (§ 186 a Abs 3 Satz 2 AFG). So betrug sie nach § 1 der Winterbau-Umlageverordnung vom 13. Juli 1972 (BGBl I 1201) vier vom Hundert der zugrunde zu legenden Bruttoarbeitslöhne, nach § 1 der oa Verordnung in der Fassung vom 30. April 1975 (BGBl I 1102) nur noch 3,5 vom Hundert. Kosten, die zB infolge Nichtgewährung von WG für Arbeiten im Ausland nicht anfallen, führen daher - wenn auch in pauschaler Festlegung - zu einer entsprechenden (niedrigeren) Festsetzung der Umlage. Im übrigen kann die Klägerin sich nicht auf einen Grundsatz berufen, daß - insbesondere im Bereich der sozialen Sicherung - Leistung und Gegenleistung (Beitrag) hinsichtlich ihrer materiellen Rechtfertigung sich in Bezug auf den einzelnen Berechtigten stets im Zustand des absoluten oder auch nur relativen Gleichgewichts befinden müssen (vgl BSG vom 13. Februar 1977 - 12 RAr 79/76 -). Das im Sozialversicherungsrecht herrschende Prinzip der Solidargemeinschaft wird gerade nicht vom Grundsatz des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung beherrscht. Es umfaßt Berechtigte mit ganz unterschiedlichen Beitragsleistungen gleichermaßen, zumal regelmäßig der Leistungsanspruch im einzelnen noch von anderen Modalitäten als der reinen Beitragserbringung abhängig ist. Es wird selbst dann noch nicht ohne weiteres verletzt, wenn es einzelne trotz Beitragsleistung vom Leistungsbezug ausschließt. So ist nach § 186 a Abs 1 Satz 2 AFG die Umlage für das WG nach dem Bruttoentgelt aller in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu berechnen, also auch von solchen, die einen Anspruch auf WG mangels entsprechender Tätigkeit auf einer Baustelle gar nicht haben können. Schließlich war in diesem Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob die Umlage nach § 186 a AFG zutreffend auch von den Bruttoarbeitslöhnen solcher Arbeitnehmer zu entrichten ist, die im Ausland tätig sind.

Die Klägerin kann sich - entgegen der Auffassung des LSG - für ihren Klageanspruch nicht nicht auf Art 14 Abs 1 Buchst. a), i) der EWG-Verordnung Nr 1408/71 vom 14. Juni 1971 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr L 149/2 vom 5. Juli 1971 S 2) berufen. Dort ist zwar bestimmt, daß ein Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedsstaates von einem Unternehmen beschäftigt wird, dem er gewöhnlich angehört, und von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedsstaates entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Staates unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet .... Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Regelung, wie sie das LSG und die Klägerin verstehen, schon die materielle Anordnung eines Sonderfalles der Ausstrahlungstheorie auch unter Abweichung von anderweitigem innerstaatlichen Recht darstellt oder ob damit nicht lediglich die Bestimmung der Zuständigkeit eines von mehreren in Betracht kommenden Rechtssystemen getroffen wurde, dessen materieller Anwendungsbereich im übrigen sich aber wiederum allein nach diesem innerstaatlichen Recht richtet. Diese Frage kann hier jedoch dahinstehen: denn die EWG-Verordnung Nr 1408/71 findet nach ihrem sachlichen Geltungsbereich auf das WG keine Anwendung. Nach Art 4 Abs 1 Buchst. g) findet diese Verordnung nämlich ua nur für diejenigen Rechtsvorschriften des deutschen Systems zum Schutz gegen Arbeitslosigkeit Anwendung, die "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" betreffen. Das WG ist keine Leistung bei Arbeitslosigkeit, im Gegenteil. Es wird gerade und nur dann gewährt, wenn Arbeitslosigkeit nicht eingetreten, sondern Arbeit geleistet worden ist. Sein Ziel ist nicht einmal in erster Linie die Verhinderung des Eintritts von Arbeitslosigkeit, sondern die pauschale Gewährung eines Ausgleichs für erhöhten persönlichen Aufwand aus Anlaß der Berufstätigkeit bei schlechter Witterung (vgl BT-Drucks. VI/3261 S 4, Begründung zu § 80; Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, Rand-Nr 5 vor § 74, Rand-Nr 1 zu § 80). Es sollte den Abstand zwischen dem Einkommen des Arbeitnehmers für die geleistete Arbeitsstunde zu dem Einkommen für die Ausfallstunde in ausreichendem Maße erweitern (vgl BT-Drucks. VI/3261 S 2) und wegen des damit verbundenen Anreizes zur Arbeitsleistung den Arbeitsausfall mit der Folge einer "Leistung bei Arbeitslosigkeit" gerade verhindern. Dem WG kommt damit der Charakter einer öffentlich-rechtlichen Subvention zu, die wiederum durch das angestrebte Ziel der Verwirklichung einer Vollbeschäftigung im Baugewerbe auch in der schlechten Jahreszeit ihre Rechtfertigung findet.

Daran ändert es nicht, daß die Überschrift des Dritten Abschnittes des AFG, in dem sich § 80 AFG befindet, den Titel "Leistungen der Arbeitslosenversicherung zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen" trägt. Einmal wird hiermit nicht gesagt, daß es sich dabei (nur) um Leistungen "bei Arbeitslosigkeit" handelt. Zum anderen trägt der Zweite Unterabschnitt dieses Dritten Abschnittes (§§ 74 ff) die Überschrift "Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft". Aus beiden Überschriften wird sonach lediglich die Motivation für die darin enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gebracht, nicht jedoch die Charakterisierung jeder einzelnen Leistungsart hinsichtlich ihres konkreten Inhalts und ihrer konkreten Zielrichtung. Allenfalls ergibt sich daraus die Finanzierungsquelle (Arbeitslosenversicherung) für die einzelnen Leistungsarten, obwohl dies gerade für das WG durch die besondere Bestimmung des § 186 a AFG abweichend von der üblichen Finanzierung dieses Systems in Deutschland (nämlich aus gemeinschaftlicher Beitragsleistung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, §§ 167 ff AFG) geregelt worden ist. Eine Bestimmung der einzelnen Leistungsart selbst nach Ziel und Zweck ist daraus aber nicht zu entnehmen.

Das WG ist ferner nicht durch die Erklärung der Bundesregierung nach Art 5 der EWG-Verordnung Nr 1408/71 in den Geltungsbereich der Verordnung einbezogen worden (vgl Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr C 12/1973 S 12). Dort wird zwar zu der Frage, welche Rechtsvorschriften und Systeme unter Art 4 Abs 1 der EWG-Verordnung Nr 1408/71 fallen, ua erklärt:

"4. Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Regelung der Arbeitslosenversicherung:

-

Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 mit Änderungen und Ergänzungen in der jeweils geltenden Fassung:"

Damit waren jedoch keineswegs alle Leistungsarten des AFG gemeint. So dürfte es sich zB bei den Vorschriften des AFG über die Förderung der beruflichen Bildung (§§ 33 ff) nicht um "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" handeln, jedenfalls nicht in dem hier verstandenen Sinne (vgl zB § 40 AFG), auch wenn sie ebenfalls aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Im übrigen könnte die einseitige Erklärung eines Mitgliedsstaates den sachlichen Geltungsbereich des EG-Rechts, wie er sich aus dessen eigener Bestimmung ergibt, auch gar nicht erweitern, selbst wenn dies beabsichtigt gewesen sein sollte.

Der Senat sieht sich nicht veranlaßt, die Frage, ob das WG nach § 80 AFG eine "Leistung bei Arbeitslosigkeit" im Sinne von Art 4 Abs 1 Buchst. g) der EWG-Verordnung Nr 1408/71 darstellt, gemäß Art 177 Abs 3 des EWG-Vertrages vom 25. März 1957 (BGBl II 766, 874) dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. Eine Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof besteht nämlich nur bei Auslegungszweifeln (vgl BSGE 21, 271, 276; BSG vom 12. November 1969 - 4 RJ 109/69 - MDR 1970, 454: BSG vom 28. Juni 1966 - 11 RA 339/63 -; BSG vom 16. Dezember 1971 - 2 RU 14/68 -; BVerwGE 31, 279, 284; 36, 33, 44; BGHZ 40, 135, 144). Nicht jede noch so unwahrscheinliche Auslegungsmöglichkeit zwingt zur Vorlage (vgl Zuleeg, Das Recht der europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, Kölner Schriften zum Europarecht, Band 9, 1969, S 362 f; Haug, Sgb 1967, 49, 54: Meierkamp, DOK 1973, 397, 398 m.w.N., vgl ebenso BSG vom 28. Januar 1977 - 5 RJ 114/76 -). Daß unter dem Begriff "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" Leistungen wie das WG nicht fallen können, die gerade nicht bei (Voll- oder Teil-) Arbeitslosigkeit, sondern im Gegenteil nur bei Weiterbeschäftigung gewährt werden, hält der Senat nicht für zweifelhaft. Art 4 Abs 1 Buchst g) der EWG-Verordnung Nr 1408/71 ist insoweit nicht auslegungsbedürftig, ja nicht einmal auslegungsfähig. Daß das LSG eine abweichende Meinung vertreten hat, ändert an der Auffassung des Senats nichts. Dabei kann es dahinstehen, ob jede andere Auffassung eines Instanzgerichts das letztinstanzliche Gericht auch dann, wenn es selbst keine Auslegungszweifel hat, zur Vorlage nach Art 177 Abs 3 des EWG-Vertrages zwingt (vgl Zuleeg, aaO, S 365; Meierkamp, aaO, S 398). Vorliegend hat das LSG nämlich seine Entscheidung in erster Linie mit der Anwendbarkeit des § 80 Abs 1 AFG nach der Ausstrahlungstheorie und dem nach seiner Auffassung erkennbaren Zweck des WG begründet und sich nur in zweiter Linie (hilfsweise) auf Art 14 EWG-Verordnung Nr 1408/71 berufen. Darin kann jedenfalls keine so nachhaltige Darlegung bedeutsamer Gründe für seine Auffassung gesehen werden (vgl Daig, Europarecht, 1968, Heft 3, S 259, 287), daß sie der hier vertretenen Meinung des Senats entgegensteht.

Nach allem ist die Revision der Beklagten begründet und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 255

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