Leitsatz (amtlich)

Zu den Leistungen iS des § 4 Abs 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21.2.1983 (VersorgAusglHärteG - BGBl I 1983, 105 -), die dem verstorbenen Berechtigten aus den im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften gewährt worden sind, gehören nicht die von den Rentenversicherungsträgern bis 31.12.1982 zur KVdR erbrachten (pauschalen) Beiträge.

 

Normenkette

VersorgAusglHärteG § 4 Abs 2 Fassung: 1983-02-21; RVO § 1235 Nr 5 Fassung: 1957-02-23; AVG § 12 Nr 5 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1235 Nr 5 Fassung: 1983-12-22; AVG § 12 Nr 5 Fassung: 1983-12-22; RVO § 1304d Fassung: 1977-06-27; AVG § 83d Fassung: 1977-06-27; SGB 1 § 23 Abs 1 Nr 1 Buchst e Fassung: 1977-06-27; SGB 1 § 23 Abs 1 Nr 1 Buchst e Fassung: 1983-12-22

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.11.1984; Aktenzeichen L 5 A 41/84)

SG Mainz (Entscheidung vom 23.03.1984; Aktenzeichen S 6 A 130/83)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger das Altersruhegeld unter Rückausgleich der an seine frühere Ehefrau im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften zu gewähren ist.

Die 1936 geschlossene Ehe des Klägers mit seiner früheren Ehefrau, die seit 1974 von der Beklagten eine Versichertenrente bezog, ist seit 28. Dezember 1978 rechtskräftig geschieden. Mit dem Scheidungsurteil wurden Rentenanwartschaften des Klägers (aus der am 31. Mai 1977 abgelaufenen Ehezeit) in Höhe von 259,31 DM auf das Versichertenkonto der früheren Ehefrau übertragen; diese ist am 26. Dezember 1980 verstorben.

Mit Bescheid vom 2. April 1981 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersruhegeld, das sie um die übertragenen Werteinheiten minderte. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Sein im September 1981 gestellter Neufeststellungsantrag wurde mit Bescheid vom 1. Juni 1983 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 des inzwischen ergangenen Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. Februar 1983 -HRG- (BGBl I, 105) nicht erfüllt seien.

Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 6. September 1983; Urteil des Sozialgerichts -SG- Mainz vom 23. März 1984; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Rheinland-Pfalz vom 28. November 1984). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen der Härteregelung (§ 4 Abs 2 HRG) seien nicht erfüllt, weil der verstorbenen früheren Ehefrau aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen gewährt worden seien, die insgesamt zwei Jahresbeträge der auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten Rente aus dem erworbenen Anrecht überstiegen. Zwar belaufe sich der nach § 4 Abs 2 HRG zu ermittelnde Zweijahresbetrag (Grenzwert) bei der früheren Ehefrau auf 6.763,66 DM. Demgegenüber habe sie aus den übertragenen Anwartschaften nur 6.642,50 DM an Rentenleistungen erhalten. Jedoch seien diesen Leistungen Beträge in Höhe von 740,97 DM zuzurechnen, die die Beklagte für die frühere Ehefrau des Klägers an die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zu erbringen gehabt habe. Da das Gesetz den Leistungsbegriff ohne jede Einschränkung verwende, fielen hierunter alle Leistungen, die der Versicherungsträger dem Berechtigten pflichtgemäß habe zur Verfügung stellen müssen. Da die Zuschüsse zur KVdR in § 12 Nr 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ausdrücklich als Regelleistungen der Beklagten aufgeführt seien, könne es keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, daß auch derartige Leistungen im Rahmen des § 4 Abs 2 HRG zu berücksichtigen seien; andernfalls hätte es einer entsprechenden Ausnahmeregelung bedurft. Daß die Beiträge zur KVdR in der maßgebenden Zeit von 1979/1980 nicht als Individualleistungen gewährt, sondern als pauschalierter Finanzierungsanteil an die Rentnerkrankenkasse abgeführt worden seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Dagegen spreche die gesamte Entwicklung der Rentnerkrankenversicherung, die mehrfach den Zahlungsmodus gewechselt habe. Daß bei dieser Auslegung des Gesetzes ein Verfassungsverstoß vorliege, sei nicht ersichtlich.

Mit der zugelassenen Revision beanstandet der Kläger in erster Linie die Auslegung des § 4 Abs 2 HRG. Die vom LSG aus dem Rückgriff auf die historische Entwicklung der Rentnerkrankenversicherung gezogenen Schlüsse seien weder zwingend noch überzeugend. In der hier maßgeblichen Zeit von 1979 bis 1980 sei jedenfalls kein individueller Beitrag, sondern nur ein pauschaler Kostenanteil an die KVdR abgeführt worden, der nicht als Leistung an den Berechtigten iS des § 4 Abs 2 HRG angesehen werden könne. Ohne die Einbeziehung der von der Beklagten abgeführten pauschalen Krankenversicherungsbeiträge beliefen sich die der Verstorbenen gewährten Rentenanteile auf einen Betrag, der den maßgeblichen Grenzwert nach § 4 Abs 2 HRG nicht überschreite. Bei anderer Auslegungen bestünden gegen diese Regelung erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Denn es bleibe gänzlich das Verhältnis der Kürze der Rentenzahlung an den ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Höhe der übertragenen Werteinheiten und die Würdigung der Lage und Belange des überlebenden Ausgleichsverpflichteten unberücksichtigt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. November 1984 und des Sozialgerichts Mainz vom 23. März 1984 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Juni 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1983 zu verurteilen, dem Kläger das Altersruhegeld ohne Kürzung um die auf seine frühere Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften, jedoch unter Anrechnung der an sie erbrachten Rentenleistungen auf die sich ergebende Erhöhung seines Altersruhegeldes zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben den begehrten Rückausgleich der aufgrund des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanrechte zu Unrecht versagt. Beim Kläger sind die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 HRG erfüllt. Nach dieser Bestimmung, die rückwirkend zum 1. Juli 1977 in Kraft getreten ist (§ 13 Abs 2 HRG), wird die Versorgung des Verpflichteten (Klägers) nicht gekürzt, wenn der Berechtigte (frühere Ehefrau) gestorben ist und ihm (ihr) aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen gewährt worden sind, die insgesamt zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezuges berechneten Rente (§ 1254 Abs 1 Halbsatz 1 RVO, § 31 Abs 1 Halbsatz 1 AVG) aus dem erworbenen Anrecht nicht übersteigen. Jedoch sind die gewährten Leistungen auf die sich ergebende Erhöhung seiner Rente anzurechnen.

Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel und wird von keinem der Beteiligten bestritten, daß die der Berechtigten aus dem Versorgungsausgleich gewährten Rentenleistungen mit 6.662,50 DM den maßgeblichen Grenzwert der aus zwei Jahresbeträgen - für 1979 und 1980 - aus dem erworbenen Anrecht errechneten Rente mit 6.763,66 DM nicht übersteigen. Deshalb kann das Altersruhegeld des Klägers nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt werden. Es findet ein Rückausgleich der übertragenen Anwartschaften statt, allerdings mit der gesetzlichen Einschränkung, daß die der früheren Ehefrau gewährten Rentenleistungen auf die sich ergebende Erhöhung des Altersruhegeldes des Klägers angerechnet werden.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen bleiben bei der Feststellung der an die Berechtigte aus dem Versorgungsausgleich gewährten "Leistungen" die in der hier maßgeblichen Zeit von Januar 1979 bis Dezember 1980 zur KVdR erbrachten Beiträge der Beklagten außer Betracht. Es kann offenbleiben, ob eine Subsumtion dieser Beitragsleistungen unter den Leistungsbegriff des § 4 Abs 2 iVm Abs 1 HRG bereits deshalb entfällt, weil sie nicht "dem Berechtigten ... gewährt", sondern "für ihn" an einen Dritten - den Träger der Krankenversicherung - gezahlt worden sind. Ebenfalls kann offenbleiben, ob für die seit 1. Januar 1983 von den Rentenversicherungsträgern zu zahlenden "Zuschüsse" zu den Aufwendungen für die KVdR etwas anderes gilt, weil diese nunmehr zu versicherungsmäßig berechneten, individualisierten Krankenversicherungsbeiträgen des Rentners gezahlt werden (§ 83e Abs 2 AVG, § 385 Abs 2 RVO, beide idF des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1982 -RAG 1982- vom 1. Dezember 1981, BGBl I, 1205, ersterer inzwischen mehrfach geändert). Jedenfalls sollten nach dem Willen des Gesetzgebers die vor dem 1. Januar 1983 geleisteten pauschalen Beitragszahlungen der Beklagten zur KVdR nicht den Leistungen iS von § 4 Abs 2 HRG zugerechnet werden. Dafür sprechen folgende Überlegungen:

Aufgrund der bis 1. Januar 1983 geltenden Pauschalregelung (§ 83d AVG, § 1304d RVO idF des 20. RAG vom 27. Juni 1977, BGBl I, 1040, iVm § 385 Abs 2 RVO idF des KVKG vom 27. Juni 1977, BGBl I, 1069) waren von den Rentenversicherungsträgern als Beiträge zur KVdR jährlich 11,7 vH der jeweiligen Renten(gesamt)ausgaben, vermindert um die Summe der Beitragszuschüsse für die freiwillig versicherten Rentenbezieher (§ 83e AVG, § 1304e RVO) sowie die sonstigen Zuschüsse für den Krankenversicherungsschutz der Rentner, pauschaliert an die jeweilige Krankenkasse abzuführen. Die damit gewährleistete kostenfreie KVdR war zwar auch nach damaligem Recht als Regelleistung der Rentenversicherung ausgestaltet, denn die "Beiträge für die KVdR" waren in den seit 1957 geltenden § 12 Nr 5 AVG, § 1235 Nr 5 RVO unter den Regelleistungen aufgeführt, ohne daß dies 1977 geändert worden wäre. Es mag zutreffen, daß diese rentenversicherungsrechtliche Position des Berechtigten - wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) inzwischen mit Beschluß des 1. Senats vom 16. Juli 1985 (1 BvL 5/80 ua) entschieden hat - Gegenstand der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) war, weil sie nicht unerheblich auf Eigenleistungen des Versicherten beruhte und seiner Existenzsicherung zu dienen bestimmt war. Gleichwohl haben § 12 Nr 5 AVG und § 1235 Nr 5 RVO zur Zeit der Geltung der Pauschalregelung dem Berechtigten keinen Anspruch auf eine bestimmte Leistung gewährt, sondern nur gewährleistet, daß der Berechtigte mit Hilfe der Rentenversicherung in die Lage versetzt wurde, nach Eintritt des Versicherungsfalles einen Krankenversicherungsschutz zu erlangen (BVerfG aaO, S 36). Da diese Leistungen der Rentenversicherung, die den Krankenversicherungsschutz des Berechtigten sichern, nicht individuell - nach der Höhe der Rente oder den ihr zugrunde liegenden Beiträgen - bemessen waren, können sie jedenfalls nicht als "Leistungen" angesehen werden, die dem Berechtigten "aus" der erworbenen Rentenanwartschaft gewährt worden sind. Es handelte sich vielmehr um eine besondere Leistungsart, die zwar an die laufende Rentenzahlung gebunden war, jedoch nur einem pauschalen Finanzausgleich zwischen Renten- und Krankenversicherungsträgern zwecks Finanzierung der - kostenfreien - KVdR diente. Diesen Besonderheiten hat der Gesetzgeber insbesondere dadurch Rechnung getragen, daß er die (Pauschal-)Beiträge zur KVdR seinerzeit nicht unter den Leistungen aufgeführt hatte, die nach § 23 Abs 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) von den Versicherten aus der Rentenversicherung in Anspruch genommen werden konnten (dort waren bis zum 1.1.1983 nur die Zuschüsse für die freiwillig krankenversicherten Rentner - § 83e AVG, § 1304e RVO in der ab 1. Juli 1977 geltenden Fassung - aufgeführt).

Schon im Hinblick hierauf kann aus dem Wortlaut des § 4 Abs 2 HRG, der nur von "Leistungen" spricht, entgegen der Ansicht des LSG nicht entnommen werden, daß mit diesem Begriff alle "Regelleistungen" iS der § 12 AVG, § 1235 RVO und damit auch die - pauschalen - Beiträge für die KVdR erfaßt werden sollten. Abgesehen davon, daß der Gesetzgeber nicht den Begriff "Regelleistungen" verwandt oder auf § 12 AVG, § 1235 RVO verwiesen hat, wollte er mit dem Begriff "Leistungen" nur diejenigen einbeziehen, die - wie die seinerzeit in § 23 Abs 1 Nr 1 SGB I aufgeführten Leistungen - einen individualisierten Anspruch des Versicherten begründeten. Dafür bieten die Entstehungsgeschichte des HRG sowie Sinn und Zweck seines § 4 gewichtige Hinweise. Im Gesetzgebungsverfahren haben die Beiträge zur KVdR von Anfang an eine Sonderstellung eingenommen, die gegen ihre Einbeziehung in den Leistungsbegriff des § 4 Abs 2 HRG spricht.

Bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 9/34 vom 5. Dezember 1980), mit dem ursprünglich das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ergänzt werden sollte, war in § 1587q BGB-E mit der Bezugnahme auf § 1254 Abs 1 Halbsatz 1 RVO und § 31 Abs 1 Halbsatz 1 AVG ausdrücklich klargestellt worden, daß Beiträge für die KVdR (§ 1235 Nr 5 RVO, § 12 Nr 5 AVG) und der Kinderzuschuß in die Berechnung des Grenzwertes nicht einzubeziehen sind (Begründung zu Art 1 § 1587q unter Nr 5 S 8). Welche Leistungen demgegenüber aus den übertragenen Anwartschaften berücksichtigt werden sollten, ergab sich aus der Definition in § 1587w Abs 2 BGB-E. Danach waren in die zu berücksichtigenden Leistungen die Regelleistungen (§ 1235 RVO, § 12 AVG) einzubeziehen, soweit sie ohne die Übertragung der Anwartschaft nicht gewährt worden wären. Hingegen waren Beiträge für die KVdR - ebenso wie die Kinderzuschüsse - auch hier ausdrücklich ausgenommen. Dazu heißt es in der Begründung (zu § 1587w, unter Nr 2 S 11), dies sei sachgerecht, weil diese "an die laufende Rente gebundenen Leistungen" bei der Errechnung des (damals noch einfachen oder doppelten) Jahresbetrags der Rente ebenfalls nicht in Ansatz gebracht würden. Andere, nicht an die laufende Rente gebundene Leistungen von der Einbeziehung auszunehmen, bestehe hingegen kein Anlaß. Damit war vor allem an die Rentenleistungen an Hinterbliebene des Berechtigten und an Rehabilitationsleistungen gedacht. Die vorgenannten Regelungen wurden in den späteren Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und FDP (BT-Drucks 9/1981 vom 15. September 1982) insoweit unverändert (§§ 1587q und 1587w BGB-E) übernommen und in der Begründung hierzu nochmals bekräftigt, durch die Nichteinbeziehung der Beiträge zur KVdR in die zu berücksichtigenden Leistungen solle gewährleistet werden, daß für die Berechnung des Grenzwertes dieselben Maßstäbe gelten wie für die Ermittlung der zu berücksichtigenden Leistungen (zu § 1587w, S 41).

Diesen Vorstellungen gegenüber hat der geänderte Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU (BT-Drucks 9/562 vom 11. Juni 1981), der Grundlage des späteren HRG geworden ist, keine Verschlechterung für den Ausgleichsverpflichteten, sondern im Gegenteil eine Verbesserung dahin bringen sollen, daß bei "nur kurzen Rentenleistungen" an den Ausgleichsberechtigten von einer - bisher im Regierungsentwurf vorgesehenen - Minderung oder pauschalierten Kürzung der Versorgung des Ausgleichsverpflichteten ganz abgesehen werden sollte (s Begründung zu § 3 des Entwurfs unter Allgemeines Nr 4 S 4). In der Einzelbegründung zu § 3 dieses Entwurfs heißt es: "Die Vorschrift enthält Regelungen für einen Härteausgleich in den Fällen, in denen dem Berechtigten aus den übertragenen oder begründeten Anwartschaften nur kurze Zeit Rentenleistungen gewährt worden sind. Wenn diese Rentenleistungen insgesamt zwei Jahresbeträge einer auf den Zeitpunkt des Endes des Leistungsbezugs berechneten Rente nicht übersteigen, so ist ein Ausgleich zugunsten des Verpflichteten unter Anrechnung der an den Berechtigten erbrachten Leistungen herbeizuführen" (zu § 3 S 6). Daß dieser Entwurf auf eine Definition der einzubeziehenden Leistungen verzichtet hat, läßt im Hinblick darauf, daß in der Begründung nur von "Rentenleistungen" die Rede ist, nicht erkennen, daß insoweit an eine Einbeziehung jedenfalls auch der Beitragsleistungen zur KVdR gedacht war. Gleiches gilt schließlich hinsichtlich der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drucks 9/2296 vom 13. Dezember 1982), der in der Begründung zu dem später Gesetz gewordenen § 4 Abs 2 HRG hinsichtlich der Leistungen, die dem Berechtigten aus dem Versorgungsausgleich gewährt worden sind, ebenfalls nur von "Rentenleistungen" spricht (Bericht zu § 4 S 14 und zu II Nr 1 S 8). In diesem Bericht ist ua auch ausgeführt, den Beratungen des Rechtsausschusses liege ein von der Fraktion der CDU/CSU vorgelegter geänderter Entwurf zugrunde, der die in den Drucksachen 9/34 (Regierungsentwurf) und 9/562 (CDU/CSU-Entwurf) vorgeschlagenen Regelungen zu einem Entwurf zusammengefaßt habe.

Daraus wird erkennbar, daß wegen der allgemeinen Übereinstimmung über den Inhalt des Leistungsbegriffs, der im übrigen durch § 23 Abs 1 Nr 1 SGB I bereits näher bestimmt war, auf eine Übernahme der ursprünglich vorgesehenen Definition dieses Begriffes (in § 1587w des Regierungsentwurfs) verzichtet worden ist. Dies mag auch darauf beruhen, daß der Gesetzgeber inzwischen derart in Zeitnot geraten war, daß er von einer detaillierten Regelung Abstand genommen und sich schließlich zu einer nur vorläufigen Lösung - Befristung des Gesetzes bis 31. Dezember 1986 gem § 13 Abs 3 HRG - veranlaßt gesehen hat. Dafür, daß er entgegen den ursprünglichen Intentionen des Regierungsentwurfs die Rechtsstellung des Verpflichteten hinsichtlich der Einbeziehung der Beiträge zur KVdR in den Leistungsbegriff des § 4 Abs 2 HRG verschlechtern wollte, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Dies entspricht auch nicht dem Sinn des Gesetzes, das einen Härteausgleich in den Fällen bezweckt, in denen dem Berechtigten aus den übertragenen Anwartschaften "nur kurze Zeit Rentenleistungen gewährt worden sind" (BT-Drucks 9/2296 zu § 4 S 14). Wenn diese Zeitspanne vom Gesetzgeber grundsätzlich auf zwei Jahre festgelegt worden ist, wie sich aus der Bestimmung des Grenzwerts ergibt, so wäre es widersprüchlich, wenn in die Berechnung des Grenzwerts die Beiträge zur KVdR nicht einfließen, hingegen bei der Feststellung der gewährten Leistungen zu berücksichtigen wären. Dies hätte zur Folge, daß ein Ausgleichsverpflichteter, auch wenn sein verstorbener Ehegatte nur zwei Jahre lang Rentenleistungen aus den übertragenen Anwartschaften bezogen hat, stets - bei kürzeren Rentenbezugszeiten häufig - wegen der Berücksichtigung der Beiträge zur KVdR aus der Härteregelung herausfiele. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es einer Klarstellung wenigstens in den Motiven des Gesetzes bedurft. Da dort nur von gewährten "Rentenleistungen" aus den erworbenen Anwartschaften die Rede ist, kann der Wille des Gesetzgebers nicht anders verstanden werden, als daß jedenfalls die pauschalen Beitragsleistungen zur KVdR nicht erfaßt werden sollten (aA offenbar Bergner DRV 1983, 215, 235; Diederichsen in Palandt, BGB-Komm, 44. Aufl, § 4 HRG, Anm 3a S 1490).

Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht daraus, daß zwischenzeitlich - vor dem Inkrafttreten des HRG am 1. April 1983 - das RAG 1982 in Kraft getreten war, das mit Wirkung ab 1. Januar 1983 die bisherige pauschalierte Beitragsregelung durch eine individuelle Zuschußregelung ersetzt hat. Dieses Gesetz war von Anfang an darauf angelegt, die Rentner schrittweise an dem Aufwand für ihre Krankenversicherung bis zur Hälfte des für sie maßgeblichen Beitragssatzes (11,8 vH) zu beteiligen und gleichzeitig den zunächst auf 11,8 vH des monatlichen Rentenzahlbetrags bemessenen Beitragszuschuß für die Rentenbezieher sukzessive auf die Hälfte dieses Satzes zu mindern - wie dies zwischenzeitlich für die Zeit ab 1. Juli 1987 auch geregelt worden ist (Art 3 des Gesetzes zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung -RVFinanzG- vom 16. Mai 1985, BGBl I, 766). Von diesem Zeitpunkt an wirkt sich der Beitragszuschuß regelmäßig nicht mehr als - zusätzliche - "Leistung" aus den Rentenversicherungsanwartschaften aus, weil sich gleichzeitig die Rente um einen entsprechenden Betrag, den der Rentner als eigenen Beitrag abzuführen hat, mindert. Auch im Hinblick hierauf brauchte sich der Gesetzgeber nicht veranlaßt zu sehen, die - bisherigen - Pauschalbeiträge zur KVdR ausdrücklich von der Anrechnung nach § 4 Abs 2 HRG auszunehmen; im Gegenteil hätte ihm das RAG 1982 eher Veranlassung geben müssen, die nunmehr - ab 1. Januar 1983 - individuell berechnete Leistung eines "Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung" - falls ihre Anrechnung gewollt war - im HRG ausdrücklich zu bezeichnen, da die Zuschüsse zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in § 12 Nr 5 AVG (bzw § 1235 Nr 5 RVO) als Regelleistung und auch nicht in § 23 Abs 1 Nr 1 SGB I als zu beanspruchende Leistung der Rentenversicherung aufgeführt waren. Erst durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I, 1532) sind nämlich die genannten Vorschriften dahin geändert worden, daß als Leistung bzw Regelleistung der Rentenversicherungsträger nunmehr "Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung" gelten.

Mithin war der Revision mit der Maßgabe stattzugeben, daß eine Kürzung des Altersruhegeldes um die übertragenen Anwartschaften nicht erfolgt, jedoch die an die frühere Ehefrau des Klägers gewährten Rentenleistungen auf die sich ergebende Erhöhung des Altersruhegeldes anzurechnen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 132

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