Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiger Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die aufsichtliche Genehmigung einer den Bereich der Kassenzuständigkeit gemäß RVO § 245 Abs 3, § 321 klarstellenden Satzungsänderung kann von anderen KK nicht angefochten werden (Anschluß an BSG 1966-02-25 3 RK 38/65 = BSGE 24, 266, 268); diese können ihre Zuständigkeit für den von der Satzungsänderung betroffenen Mitgliederkreis nur im Wege der Feststellungsklage (SGG § 55 Abs 1 Nr 2) geltend machen.

2. Zu den Kriterien für die Abgrenzung des unselbständigen Betriebsteils vom selbständigen Betrieb.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bestand und Leistungsfähigkeit vorhandener OKK werden nur bei der Errichtung von BKK geschützt, nicht aber bei der sich aus dem Wachstum des Trägerbetriebes ergebenden Ausdehnung ihrer Zuständigkeit.

2. Kriterium für oder gegen die Annahme eines selbständigen Betriebes ist bei einem größeren gewerblichen Betrieb die organisatorische Verflechtung zwischen dem schon vorhandenen Betrieb und dem hinzuerworbenen Werk auf dem Gebiet der Planung und Entwicklung, der Produktion und des Vertriebes. Vom Ausmaß dieser Verflechtung ist es abhängig, ob das hinzuerworbene Werk Teil eines einheitlichen Betriebes ist.

3. Unselbständig ist ein Betriebsteil, wenn er in bezug auf die zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks erfolgte organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel keinen selbständigen Leitungsapparat besitzt.

 

Normenkette

RVO § 245 Abs. 3 Fassung: 1924-12-15, § 321 Fassung: 1924-12-15; SGG § 54 Abs. 3 Fassung: 1953-09-03, § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03

 

Verfahrensgang

SG Dortmund (Entscheidung vom 03.02.1977; Aktenzeichen S 14 (7) Kr 38/75)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 3. Februar 1977 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage gegen die Beklagte zu 1) unzulässig, gegen die Beklagte zu 2) unbegründet ist.

Die Klägerin hat dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Bundesversicherungsamt zu Recht die Satzungsänderung der beklagten Betriebskrankenkasse (BKK) genehmigt hat, die deren Zuständigkeit auf das Werk B der S AG ausdehnt. Dieses Werk hat die Schering AG im Jahre 1959 erworben und zunächst einige Zeit unter dem Namen "Chemische Werke B" weitergeführt. Die 1958 errichtete BKK der S AG erstreckte sich nach ihrer Satzung auf die in B gelegenen Betriebe und Betriebsteile. Die Vertreterversammlung beschloß am 17. Dezember 1974 ua die Ausdehnung des Bereichs der BKK auf die Betriebsstätte B der S AG. Das Bundesversicherungsamt genehmigte den Satzungsnachtrag am 4. März 1975 mit Wirkung ab 1. April 1975.

Mit der Klage hat die für B zuständige Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) geltend gemacht, das Werk B sei ein selbständiger Betriebsteil der S AG. Eine BKK habe dafür nur nach § 245 der Reichsversicherungsordnung (RVO) errichtet werden können. Deshalb sei die Genehmigung der Satzungsänderung aufzuheben und festzustellen, daß die Krankenversicherung der Arbeitnehmer im Werk B der AOK obliege.

Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat den Betriebsrat des Werkes B beigeladen, den Betriebsleiter als Zeugen vernommen und die Klagen durch Urteil vom 3. Februar 1977 abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, das Werk B sei dergestalt in den Gesamtbetrieb der S AG eingegliedert, daß die Zuständigkeit der BKK für diesen unselbständigen Betriebsteil durch Satzungsänderung habe klargestellt werden können.

Mit der Sprungrevision, der die übrigen Beteiligten zugestimmt haben, rügt die Klägerin Verletzung der §§ 245 Abs 1 und 3 sowie 225a RVO. Das Werk B sei kein unselbständiger Betriebsteil der S AG. Die vom SG hierfür angeführten Merkmale seien auch bei einem selbständigen Betrieb mit einem Mindestmaß an Lenkungs- und Kontrollrechten des Arbeitgebers vorhanden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des SG Dortmund vom 3. Februar 1977

1.

die Genehmigung der Satzungsänderung der Beklagten zu 2) vom 4. März 1975 durch die Beklagte zu 1) aufzuheben und

2.

festzustellen, daß die Klägerin für die Durchführung der Krankenversicherung der Arbeitnehmer im Betrieb B der S AG zuständig ist.

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) verweist darauf, daß für die Anfechtungsklage hier nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (BSGE 24, 266) das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Der Beigeladene ist nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage gegen die Beklagte zu 1) (Anfechtungsklage) unzulässig und gegen die Beklagte zu 2) unbegründet ist.

Wie das BSG im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts bereits entschieden hat (BSGE 24, 266, 268) - die Beklagte zu 1) weist hierauf mit Recht hin -, ist ein unmittelbarer Angriff auf Normen in Satzungsbestimmungen einer Krankenkasse unzulässig, weil das Klagensystem des sozialgerichtlichen Verfahrens keine Normenkontrollklage kennt. Aber auch auf dem Umweg der Anfechtung des Bescheides der Aufsichtsbehörde über die Genehmigung einer Satzungsbestimmung ist anderen Krankenkassen der Angriff auf Satzungsbestimmungen verwehrt. Denn sie sind von der Genehmigung der Satzungsänderung ebensowenig unmittelbar berührt, wie von der daraus folgenden Möglichkeit eines Zuständigkeitskonflikts in Bezug auf bestimmte Mitgliedergruppen. Die Genehmigung der Satzung hat, wie die Satzung selbst, keine für andere Kassen verbindliche Wirkung; sie verpflichtet diese insbesondere nicht zur Mitgliederabgabe und hindert sie nicht daran, das ihnen durch § 55 Abs 1 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausdrücklich zugestandene prozessuale Recht auszuüben, im Klagewege die Feststellung zu begehren, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist. Berührt aber die Genehmigung einer Satzungsänderung weder als hoheitliche Anordnung im Einzelfall (Verwaltungsakt) noch als formaler - nicht inhaltlicher - Mitwirkungsakt im Satzungsentstehungsverfahren die Rechte anderer Kassen, so haben sie für eine Klage gegen diese Genehmigung auch kein Rechtsschutzbedürfnis. Dieses kann vielmehr erst für einen aus der Satzungsänderung entstehenden Zuständigkeitskonflikt von den beteiligten Kassen aus § 55 Abs 1 Nr 2 SGG hergeleitet werden.

Die demnach allein zulässige Klage auf Feststellung der Zuständigkeit der Klägerin für die versicherungspflichtig Beschäftigten des Werkes B der S AG ist nicht begründet. Die beklagte BKK ist für die im Werk B beschäftigten Versicherungspflichtigen nach § 245 Abs 3 RVO zuständig geworden. Dies konnte durch Ergänzung der Satzung klargestellt werden. Eine besondere BKK für dieses Werk zu errichten, die schließlich mit der schon bestehenden BKK der S AG hätte vereinigt werden können, war nicht erforderlich.

Nach § 245 Abs 1 Satz 1 RVO kann ein Arbeitgeber für jeden Betrieb, in dem er regelmäßig mindestens 450 Versicherungspflichtige beschäftigt, eine Betriebskrankenkasse errichten. Ferner kann er nach § 245 Abs 1 Satz 2 RVO für mehrere Betriebe dieser Größe eine gemeinsame BKK errichten. Macht er von dieser Möglichkeit für einen oder mehrere Betriebe Gebrauch, so gehören nach § 245 Abs 3 RVO in die BKK alle im Betriebe (oder in den Betrieben) beschäftigten Versicherungspflichtigen. Da es ein Wesensmerkmal des Betriebes ist, daß im Laufe der Zeit die dort beschäftigten Versicherungspflichtigen aus den verschiedensten Gründen wechseln, besagt § 245 Abs 3 RVO, daß zu jeder Zeit - nicht nur im Zeitpunkt ihrer Errichtung - in die BKK die im Betriebe beschäftigten Versicherungspflichtigen gehören. Weitet sich ein Betrieb aus, indem er die Zahl seiner Beschäftigten erhöht, so werden auch die neu eingestellten Versicherungspflichtigen Mitglieder der BKK. Eine zahlenmäßige Grenze hat der Gesetzgeber insoweit nicht festgesetzt. Grundsätzlich darf deshalb der Arbeitgeber seinen Betrieb unbegrenzt mit der Folge erweitern, daß alle neu eingestellten Versicherungspflichtigen Mitglied der für diesen Betrieb errichteten BKK werden.

Andererseits kann ein Arbeitgeber, der bislang noch keine BKK errichtet hat, bei einer regelmäßigen Belegschaftsstärke von mindestens 450 Versicherungspflichtigen eine BKK nicht unbeschränkt errichten. Er darf es vielmehr nur, wenn die versicherungspflichtigen Beschäftigten in seinem Betrieb nicht gemäß § 245 Abs 2 RVO einer Innungskrankenkasse angehören müssen, wenn die BKK den Bestand oder die Leistungsfähigkeit vorhandener AOKen nicht gefährdet und wenn sie auch die übrigen Voraussetzungen des § 248 RVO (Gleichwertigkeit der Leistungen, dauernde Sicherung der Leistungsfähigkeit) erfüllt. Endlich muß noch das Mitbestimmungsrecht der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer des Betriebes in der Frage beachtet werden, ob weiterhin die AOK zuständig bleiben oder aber für die Zukunft nach § 225a Abs 1 RVO mit Zustimmung der versicherungspflichtigen Beschäftigten des Betriebes eine BKK für sie zuständig sein soll (vgl die für die Errichtung einer Innungskrankenkasse ähnlichen Grundsätze in BSGE 7, 169, 173).

Bestand und Leistungsfähigkeit vorhandener allgemeiner OKKen werden demnach nur bei der Errichtung von BKKen geschützt, nicht aber bei der sich aus dem Wachstum des Trägerbetriebes ergebenden Ausdehnung ihrer Zuständigkeit, obwohl diese unter Umständen für die vorhandenen OKKen zu einem zahlenmäßig weitaus höheren Verlust an Mitgliedern führen kann, als die Errichtung einer neuen BKK. Der einheitlichen Kassenzuständigkeit ist insoweit Vorrang vor dem Schutz der vorhandenen allgemeinen OKKen eingeräumt (vgl BSGE 18, 190, 195). Auch das Mitbestimmungsrecht der neu hinzutretenden Arbeitnehmer iS von § 225a RVO tritt demgegenüber zurück, weil sie in einen Betrieb eintreten, dessen Arbeitnehmer sich bereits für eine betriebseigene Risikogemeinschaft, nämlich eine BKK, entschieden haben (vgl zum Gedanken der Mitbestimmung der Arbeitnehmer den Beschluß des Reichsversicherungsamts vom 12. November 1930 in EuM 29, 67).

Wird das von einem Arbeitgeber betriebene Unternehmen - wie im vorliegenden Fall - durch Hinzuerwerb eines räumlich vom bisherigen Betrieb getrennten Werkes ausgedehnt, so kann nach den zuvor herausgestellten gesetzlichen Grundsätzen ein Errichtungsverfahren oder Anschlußerrichtungsverfahren nur dann gefordert werden, wenn es sich bei dem hinzuerworbenen Werk nicht um die Erweiterung des schon bestehenden, sondern um das Hinzutreten eines neuen Betriebes handelt. Dabei kommt es nicht auf die im Zeitpunkt der Übernahme des Betriebes bestehenden Verhältnisse an. Maßgeblich sind vielmehr die Verhältnisse in dem Zeitpunkt, von dem an die BKK des Stammbetriebes die Zuständigkeit für das hinzuerworbene Werk beansprucht. Anders als bei der auf die Vergangenheit ausgerichteten Regelung des § 245 Abs 6 RVO (vgl hierzu BSGE 42, 24, 26) ist nämlich die Inanspruchnahme der Zuständigkeit zukunftsorientiert. Sie muß sich deshalb nach den Verhältnissen richten, auf die sie - mit Wirkung für die Zukunft - gestützt wird. Es ist deshalb für die Entscheidung unwesentlich, daß die S AG das "Chemische Werk B" bereits im Jahre 1959 erworben und zunächst unter dem bisherigen Namen weitergeführt hat. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Art und Weise der Zuordnung dieses Werkes zur S AG im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Zuständigkeit seitens der BKK (1. April 1975).

Für die Abgrenzung der Erweiterung eines schon bestehenden Betriebes von der bloßen Verbindung zweier Betriebe unter einem gemeinsamen Unternehmer sind in jedem Falle vorhandene Merkmale bedeutungslos. Gewinn und Verlust aus verschiedenen Betrieben oder aus mehreren Teilen desselben Betriebes stehen stets demjenigen zu, auf dessen Rechnung die Betriebe oder die Betriebsteile laufen. Darauf kann somit zur Unterscheidung so wenig abgestellt werden, wie auf das Vorhandensein von Rahmenrichtlinien über das Ziel der Betriebstätigkeit und die sachlichen, personellen und verfahrensmäßigen Aufwendungen hierzu. Denn es handelt sich dabei um die Ausübung des dem Unternehmer sowohl bei mehreren Betrieben als auch bei Betriebsteilen zustehenden Direktionsrechts. Die inhaltliche Übereinstimmung solcher Richtlinien für den Stamm-Betrieb und das hinzuerworbene Werk spricht für sich allein genommen ebensowenig für einen einheitlichen Betrieb, wie ihn unterschiedliche Richtlinien ausschließen. Gleichfalls folgt allein daraus, daß der Stammbetrieb von dem hinzuerworbenen Werk weit entfernt ist, so wenig die Existenz zweier selbständiger Betriebe wie sie durch örtliches Zusammentreffen ausgeschlossen wird. Und endlich stellt auch die Existenz eines eigenen Betriebsrats in dem hinzuerworbenen Werk - wie hier - kein Kriterium für einen selbständigen Betrieb dar, weil nach § 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerfG) weit vom Hauptbetrieb entfernte Betriebsteile ebenso als selbständige Betriebe gelten, wie solche, die nach Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind (vgl auch § 63 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz - AFG -: Betrieb im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld ist auch eine Betriebsabteilung; BSG Urteil vom 30. Mai 1978 - 7/12 RAr 100/76).

Als Kriterium für oder gegen die Annahme eines selbständigen Betriebes bleiben bei einem gewerblichen Betrieb der hier zu beurteilenden Größenordnung die organisatorischen Verflechtungen zwischen dem schon vorhandenen Betrieb und dem hinzuerworbenen Werk auf dem Gebiet der Planung und Entwicklung, der Produktion und des Vertriebes übrig. Vom Ausmaß dieser Verflechtung ist es abhängig, ob das hinzuerworbene Werk Teil eines einheitlichen Betriebes ist, so daß nach dem bislang von der Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz der Einheit des Betriebes (BSGE 18, 190, 195; 32, 177, 178) die Zuständigkeit der bereits bestehenden BKK das hinzuerworbene Werk wegen seiner Verflechtung mit dem Stammbetrieb erfaßt, oder ob die Verflechtung nicht dieses Ausmaß erreicht hat und somit die Annahme eines eigenständigen Betriebes rechtfertigt, auf den sich die Zuständigkeit der bestehenden BKK nicht erstreckt. Unselbständig ist ein Betriebsteil, wenn er in bezug auf die zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks erfolgte organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel keinen selbständigen Leitungsapparat besitzt (vgl BSGE 37, 245, 246 und für die Fälle von Arbeitsgemeinschaften BSG in SozR Nr 2 zu § 245 RVO sowie BSG in SozR 4670 § 2 Nr 2).

Die zu diesen Kriterien vom SG getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen hat das SG zu Recht dahin gewertet, daß das Werk B ab 1. April 1975 nicht ein selbständiger Betrieb, sondern ein unselbständiger Betriebsteil der Schering AG gewesen ist. Aus dem für die Zeit ab 1. April 1975 maßgeblichen Organisationsplan der Schering AG hat das SG zutreffend hergeleitet, daß sowohl die funktionsbezogenen Ressorts (Forschung, Produktion und Technik, Vertrieb, Verwaltung sowie Personal- und Sozialangelegenheiten) als auch die produktionsorientierten Sparten (Pharma, Pflanzenschutz, Galvanotechnik und Industriechemikalien) nicht für jedes Werk gesondert bestehen, sondern die Gesamtheit der S AG durchziehen und deren einzelne Werke miteinander verbinden. Sicherlich könnte erforderlichenfalls aus dieser horizontalen und vertikalen Verflechtung durch Ressorts und Sparten das Werk Bergkamen herausgelöst werden; für seine selbständige Existenz müßten dann aber innerhalb dieses Werkes erst einmal die erforderlichen besonderen - nach dem Organisationsplan der S AG zentralisierten - Ressorts geschaffen werden. Eine Verselbständigung des Werkes B wäre somit nicht ohne grundlegende Umwandlung seiner Organisationsstruktur möglich. Selbst der im Werk B gebildete Schwerpunkt für die Sparte Industriechemikalien (Herstellung und Vertrieb) vermag dem Werk nicht das Gepräge eines selbständigen Betriebes zu geben. Abgesehen davon, daß der Vertrieb der Industriechemikalien disziplinarisch und sachlich dem Ressort für Vertrieb in B untersteht, sind von den rund 2000 Mitarbeitern des Werkes B nur 350 für die Aktivitäten der Sparte Industriechemikalien tätig. Neben den Industriechemikalien fertigt das Werk B nur Rohstoffe der pharmazeutischen Produktion, die zur Endkonfektionierung an das Stammwerk B abgeschickt werden. Die Ressorts für Forschung, Produktion und Technik, Vertrieb, Verwaltung sowie für Personal- und Sozialangelegenheiten dieser den Schwerpunkt des Werkes B darstellenden Pharmasparte befinden sich aber nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des SG in Berlin.

Für die Entscheidung der Frage, ob das Werk B ein selbständiger Betrieb oder ein unselbständiger Betriebsteil der S AG ist, kommt es deshalb nicht mehr darauf an, in welcher Weise die Unkosten und Erträge dieses Werkes abgerechnet werden, inwieweit die örtliche Werksleitung zur eigenverantwortlichen Vornahme von Investitionen und Reparaturen befugt ist, inwieweit sie auf dem Personalsektor nach den ihr von der Gesamtorganisation vorgegebenen Richtlinien tätig wer - den darf und in welchem Umfang ein Mitarbeiteraustausch zwischen dem Werk B und dem Stammwerk in B stattgefunden hat. Jedenfalls verfügt das Werk B in bezug auf die personellen, sachlichen und anderen Arbeitsmittel über keinen selbständigen Leitungsapparat. Der einen Betrieb kennzeichnende Leitungsapparat besteht vielmehr in den miteinander verflochtenen Ressorts und Sparten des Gesamtbetriebes der S AG, die sich übrigens nicht auf die Orte B und B beschränkt, sondern ihre Tätigkeiten auch in W und F bei N sowie in den Geschäftsstellen D, F, H, H, M und S entfaltet. Sie erweist sich aus den bereits angeführten Gründen als einheitliche betriebstechnische Organisation, in deren System die Werksleitung B sowohl für den Gesamtbetrieb leitende als auch für den Betriebsteil ausführende Funktionen erfüllt. Bei diesem Grad organisatorischer Verflechtung kommt es für die Entscheidung auf die arbeitsrechtlichen Gesichtspunkte des Vorhandenseins einer einheitlichen echten Betriebsgemeinschaft, des Bestehens gemeinsamer Betriebseinrichtungen trotz weiter räumlicher Entfernung und der Beschäftigung verschiedenartiger oder gleichartiger Fachkräfte nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1651802

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