Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.03.1988)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. März 1988 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten begehrt, die Einstellung eines arbeitslosen Arbeitnehmers für die Errichtung eines “Umwelttelefons” zu fördern.

Im übrigen wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. März 1988 auf die Revision des Klägers aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt die Förderung einer Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung nach den §§ 91 ff Arbeitsförderungsgesetz (AFG) durch Einrichtung eines sog Umweltbüros.

Er ist im Vereinsregister beim Amtsgericht L.… als rechtsfähiger Verein eingetragen. Ausweislich seiner Satzung erstrebt er die parlamentarische und außerparlamentarische Einflußnahme auf die politische Willensbildung in L.… mit Schwerpunkten ua im Bereich des Umweltschutzes einschließlich des Schutzes der Landschaft, der Müllvermeidung und der Müllverwertung. Am 25. Juni 1985 stellte er einen Antrag auf Förderung einer Allgemeinen Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung gemäß den §§ 91 ff AFG. Hierzu erklärte er, im Rahmen seiner politischen Zielsetzung stehe die Erstellung eines Umweltschutzkonzeptes im weitesten Sinne im Vordergrund; es solle ein Umweltbüro/Umwelttelefon (Umweltbüro) zwecks Sammlung von Informationen, Vornahme von Untersuchungen und Entwicklung von Vorschlägen, als Anlaufstelle für die Bevölkerung zur Entgegennahme von Beschwerden, Erteilung von Hinweisen, Anregungen und Informationen, zur Durchführung entsprechender Seminarveranstaltungen sowie für Öffentlichkeitsarbeit im weitesten Sinne bzw Pressearbeit geschaffen werden; der zuzuweisende Arbeitnehmer solle in der Lage sein, aktuelle Umweltprobleme zu erfassen und zu bearbeiten; im Hinblick auf das hierzu erforderliche Wissen im Bereich der Umweltschutzproblematik sowie in Fragen des politischen und kulturellen Lebens in L.… und wegen des bei der Durchführung von Veranstaltungen und in der Öffentlichkeitsarbeit erforderlichen Geschicks sei an einen auf dem Gebiet der Umweltfragen qualifizierten und engagierten Pädagogen zu denken; das Bruttoarbeitsentgelt einschließlich der Sachkosten für das Büro werde sich auf jährlich etwa 46.000,-- DM belaufen, das allenfalls zu 10 vH aus Eigenmitteln aufgebracht werden könne. Die Beklagte lehnte den Antrag mit dem Hinweis ab, es fehle an der Zusätzlichkeit der geplanten Maßnahme, weil diese zum Programm des Klägers gehöre; im übrigen könnten die in Aussicht genommenen Arbeiten des Büros zu Werbezwecken für den Kläger genutzt werden, so daß eine Förderung die vom Gesetzgeber vorgegebene Neutralität der Beklagten verletze (Bescheid vom 30. September 1985; Widerspruchsbescheid vom 26. November 1985).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. Mai 1987). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt (Urteil vom 11. März 1988): Der Kläger könne Träger einer förderungsfähigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sein, weil er mit der Errichtung des Umweltbüros gemeinnützige Zwecke verfolge (§ 92 Abs 2 Nr 2 AFG).

Ein öffentliches Interesse (§ 91 Abs 2 Satz 1 AFG) an den mit der geplanten Einrichtung zusammenhängenden Tätigkeiten sei zu bejahen. Die Frage der Nützlichkeit für die Allgemeinheit sei nicht allein daran zu messen, inwieweit politische Zielvorstellungen in den durch die jeweiligen politischen Verhältnisse und den entsprechenden Bewußtseinszustand der Öffentlichkeit vorgegebenen Grenzen im konkreten Einzelfall durchgesetzt werden könnten. Eine Beratung der Bürger und eine Einwirkung auf ihr Bewußtsein in dem vom Kläger umschriebenen Umfang lägen im öffentlichen Interesse, auch wenn sich konkret darstellbare Ergebnisse zunächst nicht nachweisen ließen. Doch könne diese Frage letzlich offenbleiben, da es an der Zusätzlichkeit der zu fördernden Maßnahme mangele.

Zusätzlich seien nur solche Arbeiten, die sonst nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden (§ 91 Abs 2 Satz 1 AFG). Durch dieses Erfordernis solle bei ohnehin zu verwirklichenden Arbeiten eine Kostenverlagerung auf die Bundesanstalt für Arbeit (BA) vermieden werden. Daher sei nicht maßgebend, ob die in Betracht kommenden Arbeiten schlechter oder nicht in demselben Umfang durchgeführt würden; entscheidend sei, daß die Förderung solcher Arbeiten ausgeschlossen sei, die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt würden (§ 91 Abs 2 Satz 3 AFG). Insoweit habe der Gesetzgeber eine unwiderlegliche Vermutung aufgestellt, daß Arbeiten, die nicht nur ausnahmsweise oder gelegentlich, sondern üblicherweise aus Haushaltsmitteln finanziert würden, nicht zusätzlich seien. Ein solcher Fall sei hier gegeben; denn Umweltschutz und darauf zurückzuführende Tätigkeiten seien wesentliche Aufgaben der öffentlichen Hand. Dem sei in Rheinland-Pfalz ua durch die Errichtung eines Umweltministeriums sowie durch den Erlaß einer großen Zahl von Gesetzen und Verordnungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes Rechnung getragen worden. Aus diesem Grunde sei – ohne daß es darauf ankomme, ob andere Behörden oder private Einrichtungen im Einzelfall Besseres als der Kläger zu leisten vermöchten – die Möglichkeit einer Förderung wegen legal-definierter Zusätzlichkeit solcher Maßnahmen kraft Gesetzes ausgeschlossen. Die Ausnahmeregel des § 91 Abs 2 Satz 3 Halbs 2 AFG greife nicht ein, da die Arbeitslosenquote im Arbeitsamtsbezirk L.…, wie aus den von der Beklagten vorgelegten statistischen Unterlagen hervorgehe, im hier maßgebenden Zeitraum nicht mindestens 30 vH über dem Bundesdurchschnitt gelegen habe.

Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des § 91 Abs 2 Satz 3 AFG. Zur Begründung macht er geltend: Die Auffassung des LSG, daß Arbeiten, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht nur ausnahmsweise oder gelegentlich, sondern üblicherweise aus Haushaltsmitteln finanziert würden, auch dann nicht zusätzlich seien, wenn sie von privaten Trägern durchgeführt würden, halte einer näheren Prüfung nicht stand; die Vorschrift des § 91 Abs 2 Satz 3 AFG finde auf Arbeiten, die von rein privater Seite getragen würden, keine Anwendung. Das ergebe sich aus der Gesetzesgeschichte (BT-Drucks 9/846 S 42 zu Nr 25 und S 60 zu Nr 4).

Selbst wenn § 91 Abs 2 Satz 3 AFG für private Träger gelte, sei die Methode ungeeignet, mit der das LSG die Arbeiten, die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts verwirklicht würden, von anderen Arbeiten abgrenze, die nicht den üblichen Aufgaben der öffentlichen Hand zuzuordnen seien. Zum einen führe sie zu unauflöslichen Widersprüchen. Denn obschon nach § 91 Abs 3 Nr 4 AFG solche Arbeiten bevorzugt zu fördern seien, die geeignet seien, der Erhaltung oder Verbesserung der Umwelt zu dienen, würden bei Zugrundelegung der Auffassung des LSG gerade diese Maßnahmen weitgehend von der Förderung ausgeschlossen, und zwar unabhängig davon, ob der Träger eine Person des öffentlichen oder des privaten Rechts sei. Zum anderen sei die rechtliche Regelungsdichte auf dem Gebiet des Umweltschutzes, auf die sich das LSG beziehe, als Indiz für ein entsprechend hohes Maß an Aktivitäten der öffentlichen Hand untauglich.

Des weiteren sei das Urteil des LSG insoweit nicht haltbar, als es eine Sachzuständigkeit der öffentlichen Hand für Umweltschutz annehme. Die vom LSG angezogenen Gesetze und Verordnungen entstammten überwiegend der Ordnungsverwaltung und der Daseinsvorsorge. Der Umweltschutz erschöpfe sich nicht in diesen Bereichen. Zu den Maßnahmen, die der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt dienten, gehörten vielmehr auch das Sammeln und Weitergeben umweltrelevanter Informationen, Beiträge zur Meinungsbildung, ferner Öffentlichkeitsarbeit und Erarbeitung von Lösungsvorschlägen für umweltspezifische Problemlagen, also Arbeiten, die üblicherweise von natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts realisiert würden. Daß diese Arbeiten neben der Tätigkeit der öffentlichen Hand nützlich und notwendig seien, habe der Gesetzgeber in § 29 Bundesnaturschutzgesetz anerkannt.

Darüber hinaus bringe die Auffassung des LSG Einschränkungen der Förderungsfähigkeit mit sich, die nicht durch den Gesetzeszweck gedeckt seien. Sie gehe nämlich von der stillschweigenden Feststellung aus, daß eine kommunale Körperschaft von der Größe der Stadt L.… einen Umweltberatungsdienst, wie der Kläger ihn installieren wolle, üblicherweise einrichten müsse. Das sei ein Ergebnis, das angesichts der Seltenheit kommunaler Umweltberatungsdienste in Gebietskörperschaften mit rund 30.000 Einwohnern unvertretbar erscheine.

Schließlich führe die Ansicht des LSG zu mit Gesetz und Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz -GG-) nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlungen. Die Beklagte habe in der Vergangenheit ohne weiteres Maßnahmen privater Dritter gefördert, die nach der Organisationsform ihres Trägers und nach dem Ziel der Maßnahme der vom Kläger beantragten Maßnahme im wesentlichen entsprochen hätten. So habe sie zB verschiedene Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Landesverband Rheinland-Pfalz e.V., gefördert, insbesondere zwei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit dem Ziel der Einstellung zweier Abfallberater bzw der Erstellung eines Recyclingkonzeptes sowie des Aufbaues eines Umweltarchivs. Zweck des vorgenannten Vereins sei nach dessen Satzung ua das Betreiben von Öffentlichkeitsarbeit iS des Natur-, Umwelt- und Denkmalschutzes sowie das forschende Tätigwerden auf dem Gebiet des Natur- und Umweltschutzes bzw des Austausches von Erkenntnissen und Erfahrungen. Insoweit bestehe zu den satzungsmäßigen Zielen des Klägers und seines Maßnahmekonzeptes vollinhaltliche Kongruenz. Auch der Kläger habe daher unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf Gewährung der beantragten Leistung.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der ergangenen Urteile und Bescheide die Beklagte zu verurteilen, die Einstellung eines arbeitslosen Arbeitnehmers für die Errichtung eines “Umwelttelefons” in L.… nach den gesetzlichen Vorschriften zu fördern.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie erwidert, bereits das Vorliegen eines öffentlichen Interesses müsse verneint werden. Dieses sei dann nicht mehr gegeben, wenn eine Maßnahme überwiegend parteipolitischen Zwecken diene. Erstellung und Fortentwicklung des Umweltschutzkonzeptes des Klägers trügen zur Verwirklichung von Zweck und Programm des Klägers bei. Das wiederum diene dazu, das Hauptziel und den Satzungszweck des Klägers, nämlich Erlangung bzw Erhaltung eines kommunalpolitischen Mandats, zu erreichen. Die Beklagte trage mit einer Förderung zu einer Beeinflussung des politischen Meinungsbildungsprozesses bei, was ihr mit Rücksicht auf ihre Neutralitätspflicht versagt sei. Zur Frage der Zusätzlichkeit hält die Beklagte die Ausführungen des LSG für zutreffend. Schließlich erscheine eine Förderung der beantragten Maßnahme, so die Beklagte, nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht zweckmäßig; ein Nutzen für die regionalen Problemgruppen des in Frage kommenden Arbeitsmarktes sei nicht erkennbar.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten begehrt, die Einstellung eines arbeitslosen Arbeitnehmers für die Errichtung eines “Umwelttelefons” zu fördern. Im übrigen ist sie iS der Zurückverweisung an das LSG begründet.

Der Entscheidung des Revisionsgerichts in der Sache stehen keine Verfahrenshindernisse entgegen.

Die Berufung ist zulässig. Der Kläger begehrt die Förderung einer Allgemeinen Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung gemäß den §§ 91 ff AFG für wenigstens ein Jahr. Das ergibt sich ua daraus, daß er die Personal- und Sachkosten für das Umweltbüro, das er einrichten möchte, mit jährlich etwa 46.000,-- DM beziffert hat. In einem solchen Fall ist die grundsätzlich statthafte Berufung (§ 143 SGG) nicht durch § 144 Abs 1 SGG ausgeschlossen. Zwar erfolgt die erstrebte Förderung, wie aus dem Wortlaut des § 91 AFG hervorgeht, im Wege der Gewährung von Zuschüssen. Jedoch erschöpfen sich die Zuschüsse nicht in einer einmaligen Leistung (§ 144 Abs 1 Nr 1 SGG); sie werden vielmehr abschnittweise ausgefertigt und abgerechnet, und zwar für einen dreizehn Wochen (drei Monate) übersteigenden Zeitraum (§ 144 Abs 1 Nr 2 SGG). Der Senat hat dies bereits in einer früheren Entscheidung zum Ausdruck gebracht (BSGE 59, 219, 220 = SozR 4100 § 92 Nr 1).

Auch die Klage ist zulässig. Das Begehren des Klägers, die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, die Einstellung eines arbeitslosen Arbeitnehmers für die Errichtung eines “Umwelttelefons” in L.… nach den gesetzlichen Vorschriften zu fördern, ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG); denn der Kläger erstrebt die Verurteilung der Beklagten zur beantragten Förderung in Form der Verpflichtung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsaktes. In diesem Verpflichtungsantrag ist, da es sich bei § 91 AFG um eine Ermessensvorschrift handelt, hilfsweise zugleich ein Antrag auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erblicken (BSG vom 16. Dezember 1987 – 11a RLw 2/87 – unveröffentlicht).

Der Zulässigkeit der Klage stehen auch sonstige Gründe nicht entgegen. So war der Kläger nicht gehalten, während des Rechtsstreits von der Verpflichtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage (entsprechend § 131 Abs 1 Satz 3 SGG) überzugehen. Die von der Beklagten abgelehnte Bewilligung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme hat sich, da sie nicht für einen bestimmten Zeitraum beantragt wurde, zu keinem Zeitpunkt erledigt. Der Kläger ist schließlich klagebefugt. Er kann geltend machen, durch die Ablehnung des begehrten Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Auch hierzu hat der Senat bereits Stellung bezogen (BSGE 59, 219, 220 f = SozR 4100 § 92 Nr 1).

In der Sache ist die Verpflichtungsklage unbegründet, mit der der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur beantragten Förderung begehrt. Die Begründetheit dieses Klagebegehrens setzte voraus, daß die Klage einen Rechtsanspruch betrifft oder daß im Falle eines Ermessensspielraums der Beklagten dieser so stark eingeschränkt ist, daß nur noch eine einzige Entscheidung möglich ist. An beidem fehlt es hier. Auf die Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen nach den §§ 91 ff AFG besteht kein Rechtsanspruch. Wie der Gesetzeswortlaut erweist, entscheidet die Beklagte über Förderungsanträge nach Ermessen (BSGE 59, 219, 220 = SozR 4100 § 92 Nr 1). Eine Reduzierung dieses Ermessens auf Null ist, wie noch auszuführen ist, nicht eingetreten. Folglich hat die auf die Verpflichtung der Beklagten zur beantragten Förderung gerichtete Klage keinen Erfolg. Insoweit ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Klage kann allerdings begründet sein, soweit sie das Begehren enthält, die Beklagte zum Erlaß eines neuen Verwaltungsaktes unter Beachtung der richterliehen Rechtsauffassung zu verurteilen (Bescheidungsklage). Insoweit fehlen für eine abschließende Entscheidung jedoch ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG.

Der Kläger kann, wie die Vorinstanzen mit Recht entschieden haben, Träger einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sein. Träger einer solchen Maßnahme können gemäß § 92 Abs 2 Nr 2 AFG in der zuletzt durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) geänderten Fassung ua Unternehmen oder Einrichtungen des privaten Rechts sein, die gemeinnützige Zwecke verfolgen. Unter Unternehmen und Einrichtungen des privaten Rechts fallen sowohl rechtsfähige wie nicht rechtsfähige Vereine (Ketelsen in Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl, § 92 Rz 8; Krebs/Schelter, Komm zum AFG, Stand Oktober 1988, § 92 Rz 6; Kühl in Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand September 1988, § 92 Rz 3b). Der Kläger ist im Vereinsregister beim Amtsgericht L.… als rechtsfähiger Verein eingetragen. Der Umstand, daß er politische Tendenzen verfolgt oder gar eine politische Partei ist, schließt nicht aus, daß er Träger einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sein kann (Schmidt in Ambs ua, Gemeinschaftskomm zum AFG – GK-AFG –, Stand März 1989, § 92 Rz 6).

Der Kläger verfolgt, wie in § 92 Abs 2 Nr 2 AFG verlangt, auch gemeinnützige Zwecke. Für die Ausfüllung dieses Begriffs ist nicht entscheidend, daß der Maßnahmeträger von der Steuerverwaltung als gemeinnützig anerkannt ist; ausreichend ist eine vom Arbeitsamt (ArbA) festzustellende gemeinnützige Zweckverfolgung (Schmidt, aaO, § 92 Rz 8). Diese hat sich, worauf der Senat bereits hingewiesen hat, an § 52 Abs 1 Abgabenordnung (AO) zu orientieren. Danach ist wesentlicher Inhalt der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke, daß die Tätigkeit auf eine selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf bestimmten Gebieten ausgerichtet ist bzw daß durch die Zweckverfolgung ausschließlich die Allgemeinheit gefördert wird (BSGE 59, 219, 225 ff = SozR 4100 § 92 Nr 1; Ketelsen, aaO, § 92 Rz 9; Schmidt, aaO, § 92 Rz 9). Ob dies der Fall ist, ist der Satzung und dem Aufgabenbereich des Maßnahmeträgers zu entnehmen (Krebs/Sehelter, aaO, § 92 Rz 7). Der Kläger erstrebt nach seiner Satzung die parlamentarische und außerparlamentarische Einflußnahme auf die politische Willensbildung in L.… mit Schwerpunkten ua im Bereich des Umweltschutzes einschließlich des Schutzes der Landschaft, der Müllvermeidung und der Müllverwertung; er ist, wie § 2 Nr 2 der Satzung betont, selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche, sondern ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke iS des Abschnittes “Steuerbegünstigte Zwecke” der AO; die Mittel des Vereins dürfen nur für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden; die Mitglieder des Vereins erhalten keine Zuwendungen aus den Mitteln des Vereins (§ 2 Nr 3 der Satzung). Diese Zielsetzungen sind eindeutig darauf ausgerichtet, der Allgemeinheit und nicht nur einer bestimmten Gruppe von Personen zu dienen. Daß die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung des Klägers diesen Zielen zuwiderläuft, ist nicht erkennbar. Auch die Beklagte behauptet dies nicht.

Hinsichtlich weiterer Voraussetzungen der Förderungsfähigkeit einer Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung ist eine abschließende Beurteilung nur zum Teil möglich. Die allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus § 91 Abs 2 AFG, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG-) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497). Danach können Arbeiten, die im öffentlichen Interesse liegen, durch die Gewährung von Zuschüssen an die Träger der Maßnahmen gefördert werden, soweit die Arbeiten sonst nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden und die Förderung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig erscheint (Satz 1). Die Förderung von Arbeiten, die ohne Verzug durchzuführen sind, ist ausgeschlossen (Satz 2). Gleiches gilt für Arbeiten, die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, es sei denn, daß es sich um Arbeiten iS des Absatzes 3 Nr 2 oder 4 in Arbeitsamtsbezirken handelt, deren Arbeitslosenquote im Durchschnitt der letzten sechs Monate vor der Bewilligung der Förderung mindestens 30 vH über dem Bundesdurchschnitt gelegen hat (Satz 3).

Das öffentliche Interesse iS des § 91 Abs 2 Satz 1 AFG ist hier zu bejahen. Was hierunter zu verstehen ist, wird in § 7 der Anordnung des Verwaltungsrates der BA über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der BA (ABMAnO) vom 13. Dezember 1984 (ANBA 1985, 71), hier anwendbar idF der 1. Änderungsanordnung vom 7. Oktober 1987 – 1. ÄndAnO – (ANBA 1987, 1561), erläutert. Danach liegen die Arbeiten, unbeschadet der Rechtsnatur des Trägers, im öffentlichen Interesse (§ 91 Abs 2 Satz 1 AFG), wenn das Ergebnis der Maßnahme der Allgemeinheit unmittelbar oder mittelbar dient. Das Umweltbüro, das der Kläger einzurichten beabsichtigt, genügt diesen Anforderungen. Mit Recht weist das LSG darauf hin, daß sich ein Nutzen für die Allgemeinheit nicht allein danach bemißt, inwieweit politische Vorstellungen unter den gegebenen Verhältnissen realisierbar sind. Das gesellschaftliche Leben unterliegt einem fortlaufenden Wandel. Es muß deshalb Raum für neue, konstruktive Ideen bleiben. Ein jedermann zugängliches Umweltbüro erscheint – jedenfalls in einer Kleinstadt wie L.… – durchaus geeignet, auf das Bewußtsein der Bürger im Sinne der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt zukunftsorientiert einzuwirken. Daraus ergibt sich für die Allgemeinheit kein geringerer Nutzen als etwa aus dem Wiederaufbau einer ursprünglich in der Innenstadt gelegenen abgebrannten Fabrik auf einem von der Gemeinde hierfür bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Industriegelände, für den das öffentliche Interesse bejaht wird (Ketelsen, aaO, § 91 Rz 10; Schmidt, aaO, § 91 Rz 32 jeweils mwN). Schließlich geht der Gesetzgeber selbst davon aus, daß Arbeiten, die geeignet sind, der Erhaltung oder Verbesserung der Umwelt zu dienen, im öffentlichen Interesse liegen. Andernfalls hätte er nicht in § 91 Abs 3 Nr 4 AFG, zuletzt geändert durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 vom 26. April 1985 (BGBl I 710), herausgestellt, daß solche Arbeiten bevorzugt zu fördern sind.

Auch die Voraussetzungen der sog Zusätzlichkeit sind erfüllt. Es handelt sich bei den Aufgaben, die durch das Umweltbüro wahrgenommen werden sollen, um Arbeiten, die ohne die Förderung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden. Darüber hinaus geht es nicht um Arbeiten, die ohne Verzug durchzuführen sind oder üblicherweise ohne Verzug durchgeführt werden (§ 91 Abs 2 Sätze 1 und 2 AFG; § 6 Abs 1 ABMAnO idF der 1. ÄndAnO). Ferner wird durch die Förderung der Maßnahme nicht die Einrichtung zusätzlicher oder die Wiederbesetzung bestehender Dauerarbeitsplätze verhindert (§ 6 Abs 2 ABMAnO idF der 1. ÄndAnO). Entgegen der Ansicht des LSG greift schließlich nicht die Vorschrift des § 91 Abs 2 Satz 3 Halbs 1 AFG ein, wonach die Förderung solcher Arbeiten ausgeschlossen ist, die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden. Diese Bestimmung will unterbinden, daß durch die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eine Abwälzung von Finanzlasten auf die Solidargemeinschaft der Beitragszahler zur BA eintritt. Dies geht aus der amtlichen Begründung zu § 91 Abs 2 Satz 3 AFG hervor, in der es heißt: “Künftig ist es nicht mehr vertretbar, daß Aufgaben, die vom Bund, den Ländern, den Gemeinden sowie den sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts üblicherweise durchgeführt werden und aus ihren Haushaltsmitteln zu finanzieren sind, aus den Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur BA als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen finanziert oder mitfinanziert werden. Darunter fallen ua die Büro- und Verwaltungsaufgaben und die Hoch- und Tiefbaumaßnahmen der öffentlichen Hand, aber auch die ambulanten und stationären sozialen Dienste, die ein kommunaler Träger bereits eingerichtet hat oder üblicherweise einrichten müßte. Lediglich strukturverbessernde Maßnahmen (einschließlich soziale Infrastruktur) der öffentlichen Hand in Arbeitsamtsbezirken mit besonders schlechter Arbeitsmarktlage sollen weiterhin förderungsfähig (Anlaufförderung) bleiben” (BT-Drucks 9/846 S 42 zu Nr 25 Buchst a). Diesem Hinweis muß entnommen werden, daß, sofern die Voraussetzungen des § 91 Abs 2 Satz 3 Halbs 1 AFG verwirklicht sind, eine Förderung sowohl von juristischen Personen des öffentlichen Rechts als auch von privaten Trägern ausscheiden soll. Andernfalls ließe sich der Gesetzeszweck des § 91 Abs 2 Satz 3 AFG, eine Abwälzung von Finanzlasten der öffentlichen Hand auf die Solidargemeinschaft der Beitragszahler zur BA zu vermeiden, nicht sicherstellen.

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, daß die Stadt L.… von Rechts wegen zur Errichtung eines Umweltbüros verpflichtet wäre. Ebensowenig ist ersichtlich, daß Kommunen wie die Stadt L.… Umweltbüros der aufgezeigten Art üblicherweise einrichten. Das bedeutet, daß der Ausschlußtatbestand des § 91 Abs 2 Satz 3 Halbs 1 AFG hier nicht zum Tragen kommt. Darauf, ob es sich um einen Arbeitsamtsbezirk handelt, dessen Arbeitslosenquote im Durchschnitt der letzten sechs Monate vor der Bewilligung der Förderung mindestens 30 vH über dem Bundesdurchschnitt gelegen hat (§ 91 Abs 2 Satz 3 Halbs 2 AFG), kommt es folglich nicht an.

Derzeit nicht beantworten läßt sich die Frage, ob die Förderung der vom Kläger erstrebten Maßnahme nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig erscheint. Insoweit hat das LSG keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, weil es schon das Merkmal der Zusätzlichkeit verneint hat. Der Anordnungsgeber hat die Voraussetzungen der arbeitsmarktlichen Zweckmäßigkeit in § 5 ABMAnO idF der 1. ÄndAnO konkretisiert. Danach sind die Maßnahmen so zu planen und durchzuführen, daß sie Beschäftigungsmöglichkeiten entsprechend den Problemschwerpunkten der regionalen und beruflichen Teilarbeitsmärkte schaffen (Abs 1 Satz 1). Sie sollen die wirtschaftsfördernden und stukturverbessernden Planungen oder Maßnahmen des Bundes, der Länder und anderer öffentlicher Stellen ergänzen und entsprechend abgestimmt werden (Abs 1 Satz 2). Vorrangig zu fördern sind Arbeiten, durch die berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten erhalten oder erweitert werden, Maßnahmen, die arbeitsbegleitend auch eine berufliche Qualifizierung oder sozialpädagogische Betreuung vorsehen, soweit dies zur dauerhaften und qualifikationsgerechten Wiedereingliederung der zugewiesenen Arbeitnehmer zweckmäßig ist, sowie Arbeiten, die geeignet sind, die in § 30 Abs 1 Nr 3 (jetzt § 33 Abs 1 Nr 3) Schwerbehindertengesetz genannten Ziele zu verwirklichen (Abs 2). Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, kann der Senat mangels tatsächlicher Angaben des LSG nicht klären. Schon aus diesem Grunde muß das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen werden.

Des weiteren ist fraglich, ob der Kläger die von ihm beizusteuernden Eigenleistungen erbringen kann. Das LSG hat – aus seiner Sicht zu Recht – auch hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Nach dem Antrag vom 25. Juni 1985 beläuft sich das für den gewünschten Arbeitsplatz aufzuwendende Bruttoarbeitsentgelt einschließlich der Sachkosten für das Büro auf jährlich etwa 46.000,-- DM; der Kläger hat vorgetragen, er könne zu diesem Betrag allenfalls 10 vH, dh 4.600,-- DM, beitragen. Ob eine Eigenfinanzierung in diesem Umfang rechtlich ausreicht, ist zweifelhaft. Gemäß § 94 AFG idF des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 iVm § 10 ABMAnO idF der 1. ÄndAnO soll der Zuschuß lediglich in Höhe von 60 bis 80 vH des Arbeitsentgelts bemessen werden. Zwar beträgt der Förderungssatz bei Maßnahmen, in denen überwiegend Arbeitnehmer aus den in § 2 Abs 2 Nr 1 bis 4 ABMAnO idF der 1. ÄndAnO bestimmten Personengruppen beschäftigt werden, bis zu 90 vH des Arbeitsentgelts (§ 10 Abs 2 Nr 2 ABMAnO idF der 1. ÄndAnO). Jedoch sind die Sachkosten, die sich hier nach dem Inhalt der Verwaltungsakten (Bl 19) auf 3.600,-- DM belaufen, vom Träger der Maßnahme selbst aufzubringen. Hiernach ist es möglich, daß eine Förderung der vom Kläger begehrten Maßnahme an zu geringen Eigenmitteln scheitert. Andererseits ist es denkbar, daß sich die finanzielle Situation des Klägers bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gebessert hat. Auch wegen der insoweit fehlenden tatsächlichen Feststellungen ist eine Zurückverweisung der Sache an das LSG geboten. Im Rahmen der nachzuholenden Tatsachenfeststellungen wird das LSG zu beachten haben, daß sich die Rechtslage vor allem zur Frage der Höhe des Zuschusses zwischenzeitlich zu Lasten des Klägers verschlechtert hat. Nach § 94 AFG idF des Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) iVm § 10 ABMAnO idF der 3. Änderungsanordnung vom 28. Februar 1989 – 3. ÄndAnO – (ANBA 1989, 480) soll sich der Zuschuß nur noch auf 50 bis 75 vH des Arbeitsentgelts belaufen; die Möglichkeiten einer Aufstockung des Höchstsatzes von 75 vH sind eingeschränkt worden. Das bedeutet, daß das LSG der Frage der möglichen Eigenbeteiligung des Klägers besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben wird.

Sofern das LSG aufgrund weiterer Feststellungen zu der Erkenntnis gelangt, daß weder eine arbeitsmarktliche Unzweckmäßigkeit noch unzureichende Eigenleistungen des Klägers der begehrten Förderung entgegenstehen, erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides als rechtswidrig. Die Beklagte hat es dann nämlich – obwohl alle Rechtsvoraussetzungen für eine Förderung iS der §§ 91 ff AFG vorliegen – zu Unrecht unterlassen, nach ihrem Ermessen zu handeln, und deshalb von dem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Sie hat damit den Anspruch des Klägers auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens verletzt (vgl § 39 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch -Allgemeiner Teil- -SGB 1-). Folgerichtig fehlt es auch an der für die Rechtmäßigkeit von Ermessensentscheidungen erforderlichen Begründung (§ 35 Abs 1 Satz 3 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches -SGB 10-), ein Mangel, der nach Abschluß des Vorverfahrens nicht mehr heilbar ist (§ 41 Abs 2 SGB 10). Der Inhalt des angefochtenen Verwaltungsaktes belegt diese Rechtsfehler. Ihren Bescheid vom 30. September 1985 hat die Beklagte ausschließlich auf das Fehlen der sog Zusätzlichkeit gestützt. Im Widerspruchsbescheid vom 26. November 1985 hat sie ergänzend ausgeführt, die in Aussicht genommenen Arbeiten des Büros könnten zu Werbezwecken für den Kläger genutzt werden, so daß eine Förderung die vom Gesetzgeber vorgegebene Neutralität der Beklagten verletze. Aus diesen Ausführungen folgt, daß die Beklagte sich für ihre Ablehnung weder auf Ermessensgründe berufen wollte noch berufen hat. Vielmehr ist sie davon ausgegangen, daß sie durch gesetzliche Bestimmungen, also aus Rechtsgründen, gebunden sei, den Antrag des Klägers abzulehnen (vgl hierzu etwa Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, Stand September 1988, S 240b II; Peters/Sautter/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, Stand August 1987, § 54 Anm 2 f; Meyer-Ladewig, SGG, 3. Aufl, § 54 Rz 30; Wolff/Bachof, VerwR I, 9. Aufl, § 31 IId 1). Das trifft jedoch hinsichtlich der von der Beklagten verwendeten Erwägungen nicht zu.

Die Beklagte mißachtet mit einer Förderung der vom Kläger begehrten Maßnahme entgegen ihrer Meinung nicht eine ihr vom Gesetzgeber vorgegebene Neutralität. Zwar hat der Gesetzgeber der Beklagten ua ausdrücklich auferlegt, Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung unparteiisch auszuüben (§ 20 Abs 1 AFG) sowie durch die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) und Kurzarbeitergeld (Kug) nicht in Arbeitskämpfe einzugreifen (§§ 70 Abs 1, 116 Abs 1 AFG); das erste bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, das zweite auf das zwischen Tarifpartnern im Arbeitskampf. Doch hat der Gesetzgeber der BA nicht verboten, im Rahmen der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Maßnahmeträger zu berücksichtigen, die politische Tendenzen verfolgen oder die politischen Parteien zuzuordnen sind. Dies ist auch sinnvoll. Denn Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung sind nach ihrem Zweck in erster Linie auf die Behebung von Arbeitslosigkeit ausgerichtet (Kühl, aaO, Vorbem zu §§ 91 bis 99 Rz 1; Schmidt, aaO, § 91 Rz 3). Steht aber diese Zielsetzung im Vordergrund, tritt die Frage, ob die Arbeitslosigkeit im Einzelfall durch Förderung eines politisch orientierten oder nicht politisch orientierten Maßnahmeträgers überwunden wird, in den Hintergrund. Für die Annahme eines rechtlich bindenden Ausschlusses politisch orientierter Träger von der Förderung besteht somit arbeitsförderungsrechtlich keine Veranlassung.

Nichts anderes gilt, wenn der Kläger, wozu das LSG keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, einer politischen Partei iS des § 2 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) idF der Bekanntmachung vom 15. Februar 1984 (BGBl I 242) zuzurechnen sein sollte. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter Hinweis auf Art 21 GG mehrfach herausgestellt, politische Parteien dürften, um nicht die staatsfreie und offene Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen zu gefährden, nicht der staatlichen Vorsorge überantwortet werden (vgl dazu etwa BVerfGE 20, 56, 111; 24, 300, 359 f; 52, 63, 92; 69, 92, 108 ff; 73, 1, 37 f; 73, 40, 74; 78, 350, 363 f). Doch läßt sich seinen Entscheidungen keine Aussage des Inhalts entnehmen, die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zugunsten einer politischen Partei sei als unzulässige Parteienfinanzierung zu qualifizieren. Ein solches Verbot läßt sich auch nicht aus dem Parteiengesetz herleiten. Durch das in § 5 dieses Gesetzes verankerte Gleichbehandlungsgebot hat der Gesetzgeber vielmehr zu erkennen gegeben, daß er die Gewährung öffentlicher Leistungen an politische Parteien grundsätzlich nicht für unzulässig erachtet.

Das Fehlen eines normativen Verbots, die vom Kläger beantragte Maßnahme zu fördern, schließt es allerdings nicht aus, daß die Beklagte im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens, dh unter Abwägung der Gesamtumstände (§ 39 Abs 1 Satz 1 SGB 1) zu dem Ergebnis gelangen darf, die Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch einen politisch orientierten Träger nach der Art des Klägers sei unzweckmäßig und deshalb abzulehnen, weil sie – die Beklagte – damit in einer ihr nicht obliegenden Weise zugleich die politisch relevante Tätigkeit solcher Träger fördern würde. Dahinstehen kann, ob die Beklagte sich mit Erfolg auf dieses Argument berufen könnte, wenn es um die Schaffung eines insoweit völlig irrelevanten Arbeitsplatzes ginge. Für die Einstellung eines Angestellten, der – wie hier – ua Beschwerden der Bevölkerung entgegennehmen, Anregungen und Informationen geben, Seminarveranstaltungen durchführen sowie für Öffentlichkeitsarbeit im weitesten Sinne bzw Pressearbeit zuständig sein soll, könnte dieses Argument aber nicht als Ermessensfehlgebrauch angesehen werden. Die Förderung eines solch exponierten Arbeitsplatzes ist geeignet, Trägern wie dem Kläger gegenüber anderen politisch orientierten Gruppen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Überdies muß die Beklagte mit entsprechenden Förderungsantragen anderer politisch ausgerichteter Gruppen rechnen. Daraus wiederum können Schwierigkeiten erwachsen, die Förderungen gemäß der Bedeutung der jeweiligen politischen Gruppe sachgerecht abzustufen. Zur Vermeidung solcher Schwierigkeiten ist es der Beklagten bei Ausübung ihres Ermessens deshalb gestattet, jedenfalls Maßnahmen der vorliegenden Art mit der näheren Begründung abzulehnen, sie mache mit Rücksicht auf ihr Verständnis von parteipolitischer Neutralität von der ihr von Rechts wegen gestatteten Förderungsmöglichkeit keinen Gebrauch. Allerdings darf sie sich dabei nicht dem Vorwurf unterschiedlicher Behandlung gleicher Sachverhalte aussetzen.

Damit bleibt festzuhalten: Der Umstand, daß das LSG keine tatsächlichen Feststellungen zu den Fragen der arbeitsmarktlichen Zweckmäßigkeit und der hinreichenden Eigenleistungen des Klägers getroffen hat, führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 SGG). Unterstellt, beide Fragen sind zu bejahen, ist auf die Anfechtungsklage der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom LSG aufzuheben, weil die Beklagte von dem ihr eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat; auch der Bescheidungsklage des Klägers ist dann stattzugeben (§ 131 Abs 2 SGG).

Das LSG wind bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

BSGE, 189

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