Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz von Vereinsmitgliedern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der ehrenamtliche Vorsitzende oder das ebenfalls ehrenamtlich als Ausbildungsleiter tätige Mitglied eines auch die Ausbildung von Luftfahrern betreibenden Vereins sind bei der Ausbildung von Flugschülern nicht schon deshalb vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausgenommen, weil sie dem Vorstand des Vereins angehören und nach der Satzung des Vereins die aktive Ausübung und Förderung des Luftsports in allen seinen Formen die vornehmste Aufgabe des Vereins ist.

2. Zum Versicherungsschutz von Vereinsmitgliedern bei Tätigkeiten für den Verein.

 

Orientierungssatz

1. Ist nach der Satzung eines Vereins die aktive Ausübung und Förderung des Luftsports in allen seinen Formen die vornehmste Aufgabe des Vereins, wird dadurch den Mitgliedern des Vorstandes nicht die Verpflichtung auferlegt, Flugschüler auszubilden. Sie können daher bei der Ausbildung von Flugschülern unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.

2. Das als Ausbildungsleiter tätige Mitglied eines die Ausbildung von Luftfahrern betreibenden Vereins ist auch dann nicht aufgrund seiner Vereinsmitgliedschaft zur Ausbildung von Flugschülern verpflichtet, wenn es zugleich als Beisitzer für das Sachgebiet Ausbildung dem erweiterten Vorstand angehört.

3. Die Ausbildung von Flugschülern gehört nicht zu den auf allgemeiner Übung beruhenden Pflichten eines Vereinsmitgliedes. Zu den vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausgenommenen Tätigkeiten, die kraft Übung auf Mitgliedspflichten beruhen, zählen geringfügige Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden.

4. Bei umfangreicheren Arbeiten, die über den Rahmen der kraft Übung auf Mitgliedspflichten beruhenden Tätigkeiten hinausgehen, besteht kein Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Satzung oder ein Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines sonstigen zuständigen Vereinsgremiums den Mitgliedern eine entsprechende rechtliche Pflicht zur Arbeitsleistung auferlegt hat.

5. Bei Arbeiten, die den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins überschreiten, ist der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich gegeben.

 

Normenkette

RVO § 539 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1963-04-30; RVO § 539 Abs 2 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG für das Saarland (Entscheidung vom 14.11.1978; Aktenzeichen L 4 U 16/78)

SG für das Saarland (Entscheidung vom 16.03.1978; Aktenzeichen S 4 U 75/75)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Regierungsamtmann bei der L des S. Er war Vorsitzender des Aero-Clubs N - B eV (Club). Im Jahre 1958 hat er die Prüfung als Segelfluglehrer abgelegt und seitdem innerhalb des Clubs Segelflugzeugführer ausgebildet. Als Ausbildungsleiter gehörte er auch dem erweiterten Vorstand des Clubs an.

Am 5. Dezember 1971 stürzte der Kläger nach einem Flugzeugschleppstart mit einem von ihm geführten vereinseigenen doppelsitzigen Segelflugzeug ab, auf dessen Rücksitz das Clubmitglied S saß, und zog sich erhebliche Verletzungen an beiden Füßen zu. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 24. Juli 1974 Entschädigungsansprüche ab, weil der Kläger zum Club nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gestanden habe und auch nicht wie ein solcher Versicherter nach § 539 Abs 2 RVO tätig gewesen sei. Er habe sich aus moralischen Gründen dem Club gegenüber für die Nachwuchsausbildung zur Verfügung gestellt und sei am 5. Dezember 1971 aufgrund dieser Verpflichtung bzw vereinsinterner Übung tätig geworden. Er gehöre daher nicht zum Kreis der gegen Arbeitsunfall versicherten Personen.

Das Sozialgericht (SG) für das Saarland hat die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 5. Dezember 1971 als Arbeitsunfall anzuerkennen und nach den gesetzlichen Bestimmungen der RVO zu entschädigen (Urteil vom 16. März 1978). Es hat den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO bejaht. Das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. November 1978). Zur Begründung hat es ua ausgeführt: Den Voraussetzungen des § 539 Abs 2 RVO sei auch dann nicht genügt, wenn unterstellt werde, daß der Kläger, der nach seinen eigenen Angaben den Flug am 5. Dezember 1971 absolviert habe, um seine Fluglizenz zu erhalten, damit zugleich auch eine Fluglehrertätigkeit verbunden habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe nämlich kein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO für eine Tätigkeit, die zwar - wie hier - ihrer Art nach an sich dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich sei, jedoch aufgrund einer Mitgliedschaft in einem Verein wahrgenommen werde und ausschließlich auf einer Mitgliedspflicht beruhe (BSGE 14, 1, 3; 17, 211, 216). Diese Verpflichtung könne, was vorliegend zwar nicht erfolgt sei, durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung, des Vorstandes oder des Beirates auferlegt werden. Sie könne sich aber auch aus der Satzung oder aus einer allgemeinen Übung ergeben (BSG, Urteil vom 29. Februar 1972 - 2 RU 194/68 = SozR Nr 27 zu § 539 RVO). Das sei hier der Fall. Der Kläger habe dem Club gegenüber kraft Übung die Verpflichtung übernommen, Flugschüler auszubilden, denn er habe seit 1970 ausschließlich Schulflüge durchgeführt. Eine Verpflichtung des Klägers sowie der zur Zeit des Unfalls dem Club angehörenden weiteren vier Ausbildungsberechtigten und damit die generelle Verpflichtung des Ausbildungspersonals zu einer zur Übung gewordenen Schultätigkeit ergebe sich auch aus der in § 2 der Satzung statuierten Zweckbestimmung des Clubs, der sich "die aktive Ausübung und Förderung des Luftsports in allen seinen Formen" zur "vornehmsten Aufgabe" gemacht habe. Die Förderung des Luftsports umfasse auch die Ausbildung von Flugschülern. Dem Kläger als damaligem Vorsitzenden des Clubs und Ausbildungsleiter sei daraus die Verpflichtung erwachsen, sich für die Nachwuchsausbildung zur Verfügung zu stellen, ganz abgesehen davon, daß hierfür eine moralische Verpflichtung insofern bestanden habe, als der Landessportverband für das S (LSVS) als Dachorganisation des Aero-Clubs einen Zuschuß für seine Fluglehrerausbildung geleistet habe. Das zitierte Urteil des BSG vom 29. Februar 1972 (aaO) sei nicht einschlägig, da in dem dort entschiedenen Fall der tödlich verunglückte Fluglehrer den Flugschüler eines anderen Vereins ausgebildet hatte. An dem Ausschluß des Versicherungsschutzes ändere auch nichts das Merkblatt des LSVS über die gesetzliche Unfallversicherung von unentgeltlich tätigen Platzwarten und Hauskassierern sowie unentgeltlich oder nebenberuflich gegen Entgelt tätigen Übungsleitern von Sportvereinen und -verbänden, in welchem auf eine Vereinbarung zur vereinfachten Beitragserhebung zwischen dem LSVS und der beigeladenen V - B verwiesen werde. Weder ein Merkblatt noch eine Vereinbarung zum vereinfachten Beitragseinzug könnten ein Versicherungsverhältnis umgestalten; die darin getroffenen Regelungen könnten nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen getroffen werden.

Das Bundessozialgericht hat die Revision durch Beschluß vom 2. Mai 1979 (2 BU 3/79) zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Das angefochtene Urteil beruhe auf Verletzung der richterlichen Hinweispflicht. Die Beteiligten stritten darüber, ob der zum Unfall führende Flug ein Übungsflug gewesen sei oder der Schulung des Fluggastes S gedient habe. Darüber habe das SG durch Vernehmung des Zeugen S Beweis erhoben und festgestellt, daß der Flug wesentlich auch den Interessen des Flugschülers S gedient habe. Es habe daher einen Arbeitsunfall nach § 548 RVO bejaht. Das LSG habe die Beweiserhebung zu demselben Streitpunkt wiederholt und dadurch in ihm die Überzeugung geweckt, daß, wie in der ersten Instanz, der Zweck des Fluges streitentscheidend sei. In der angefochtenen Entscheidung habe das LSG jedoch dieser Frage keine Bedeutung beigemessen. Das Gericht wäre verpflichtet gewesen, ihn darauf hinzuweisen. Er hätte dann zur Klagebegründung vorgetragen, daß zwischen dem LSVS und der Beigeladenen am 30. November 1972 eine Vereinbarung zustande gekommen sei, in deren § 1 die Vertragspartner Versicherungsschutz gegen Arbeitsunfälle auch für den Personenkreis vereinbart hätten, zu dem er gehöre. Das LSG sei auch nicht seiner Aufklärungspflicht nachgekommen. Es hätte sich aus der erwähnten Vereinbarung und nicht nur aus dem Merkblatt die Kenntnis verschaffen müssen, ob darin ein vertraglicher Versicherungsschutz geregelt werde. Falls das LSG diese Frage verneint hätte, wäre von ihm zu entscheiden gewesen, ob der Beklagten durch den Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt werde, den Versicherungsschutz zu versagen, nachdem sie aufgrund der Vereinbarung Beiträge für den Kläger vereinnahmt habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe er am 5. Dezember 1971 einen Arbeitsunfall nach § 548 RVO erlitten. Das LSG habe für das Revisionsgericht bindend unterstellt, daß er zur Zeit des Unfalls wie ein aufgrund eines Dienstverhältnisses beschäftigter Segelfluglehrer tätig gewesen sei. Die Tätigkeit als Fluglehrer habe nicht einer Mitgliedspflicht entsprochen. Eine solche Pflicht sei weder aus Vorschriften der Satzung zu folgern, die den Vereinszweck umschreiben, noch aus einem Beschluß der Mitgliederversammlung oder aus einer bestehenden Übung, wenn er auch seit 1970 ausschließlich Schulflüge durchgeführt habe. Vom Revisionsgericht werde erforderlichenfalls auch zu prüfen sein, ob es nicht dem Sozialstaatsgebot entspreche, einem Vereinsmitglied, das nebenberuflich und unentgeltlich andere Vereinsmitglieder schule, Versicherungsschutz zu gewähren. Die vom LSG in der Hilfsbegründung vertretene Auffassung, daß eine mit dem LSVS getroffene Vereinbarung, wenn sie über die bloße Beitragsregelung hinausgehe, für ihn keinen Versicherungsschutz begründen könne, sei zu eng. Seiner Meinung nach könne die Berufsgenossenschaft autonom durch Vertrag auch abweichend von der gesetzlichen Regelung bestimmen, wer Versicherungsschutz genieße.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG für das Saarland vom

14. November 1978 aufzuheben und die Berufung

der Beklagten gegen das Urteil des SG für das

Saarland vom 16. März 1978 zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung

an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die vom Kläger erwähnte Vereinbarung zwischen dem LSVS und der Beigeladenen vom 30. November 1972 finde auf den Unfall des Klägers schon deshalb keine Anwendung, weil im Unfallzeitpunkt am 5. Dezember 1971 noch nicht die fachliche Zuständigkeit der Beigeladenen gegeben gewesen sei. Die katasterrechtliche Zuständigkeit sei erst am 1. Januar 1975 auf die Beigeladene übergegangen. Überdies habe die Vereinbarung für den Kläger keinen Versicherungsschutz und schon gar nicht einen Versicherungsschutz über den Rahmen des 3. Buches der RVO hinaus begründet. Die Vereinbarung gehe vielmehr von dem Bestehen eines Versicherungsschutzes aus. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, ob der Kläger als Mitglied eines eingetragenen Vereins bei seiner unentgeltlichen Tätigkeit der praktischen und theoretischen Ausbildung von Segelflugschülern des Vereins entweder nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO oder zumindest wie ein solcher Beschäftigter nach § 539 Abs 2 RVO gegen Arbeitsunfall versichert gewesen sei. Die Auffassung des LSG, daß eine auf der Vereinsmitgliedschaft beruhende Tätigkeit den Unfallversicherungsschutz ausschließe, gründe sich auf die ständige Rechtsprechung des BSG. Es komme im vorliegenden Fall nur darauf an, ob das LSG die Rechtsprechung des BSG richtig ausgelegt und zutreffend angewendet habe. Auf die Verfahrensrügen des Klägers sowie auf das Sozialstaatsgebot komme es dagegen nicht an.

Die Beigeladene schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an. Ergänzend führt sie aus, daß durch die Vereinbarung vom 12. November 1972 keinem Personenkreis Versicherungsschutz gewährt werde. Sie betreffe lediglich den vereinfachten Beitragseinzug. Der Kläger verkenne zudem, daß zur Zeit seines Unfalls die Beklagte der zuständige Versicherungsträger gewesen sei und dieser mit dem LSVS keine Vereinbarung geschlossen habe. Entscheidend sei zudem, daß der Kläger nicht bei einem Schulflug, sondern bei einem der Erhaltung seiner Fluglizenz dienenden Flug verunglückt ist. Es sei bedenklich, daß das LSG im angefochtenen Urteil unterstellt habe, daß mit dem Flug auch eine Fluglehrertätigkeit des Klägers verbunden gewesen sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.

Das LSG hat zugunsten des Klägers unterstellt, daß er den Flug am 5. Dezember 1971 unternommen hatte, "um seine Fluglizenz zu erhalten, damit auch eine Fluglehrertätigkeit verbunden hätte". Hiervon ausgehend rechtfertigt sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen nicht die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung. Der Kläger könnte bei der zum Unfall führenden Tätigkeit sowohl nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO, vor allem aber - was hier wohl eher in Betracht kommt - nach Abs 2 dieser Vorschrift versichert gewesen sein.

Nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO sind die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten gegen Arbeitsunfall versichert. Die Mitgliedschaft in einem - rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen - Verein schließt zwar die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses iS des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO nicht von vornherein aus (BSGE 14, 1, 3; 17, 211, 216; SozR Nr 24, 27 und 33 zu § 539 RVO; BSG ZfS 1976, 121). Es ist jedoch zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf den Mitgliedspflichten beruhen (auf der Satzung, auf Beschlüssen der zuständigen Vereinsgremien, auf allgemeiner Übung) und den Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Nur im letzteren Fall kann nach der Rechtsprechung des BSG, wenn die erforderliche Abhängigkeit gegeben ist, ein Arbeits- oder Dienstverhältnis angenommen werden (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 471 c, 476 e und f mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Diese Rechtsprechung findet ihre Parallele in der im Arbeitsrecht herrschenden Ansicht, daß eine Tätigkeit, die zB auf gesellschaftsrechtlicher oder körperschaftlicher Verpflichtung beruht, wegen Fehlens eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt wird (Brackmann aaO S 476 g mit Nachweisen). Bei einer auf Mitgliedspflicht beruhenden Tätigkeit scheidet auch eine Versicherung gegen Arbeitsunfall wie ein Beschäftigter nach § 539 Abs 2 RVO aus (Brackmann aaO S 476 f).

Nach den Feststellungen des LSG war der Kläger zur Zeit des Unfalls Vorsitzender des Clubs. Er gehörte zu dem aus drei Personen bestehenden Vorstand (§ 10 Abs 1 der Satzung) und damit zu den gesetzlichen Vertretern des eingetragenen Vereins (§ 26 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Diese Tätigkeit als Repräsentant eines Vereinsorgans konnte nur von Vereinsmitgliedern, die von den Mitgliedern des Clubs gewählt worden waren (§ 16 Satz 2 Buchst f der Satzung), und nur ehrenamtlich und unentgeltlich (§ 8 Abs 4 der Satzung), nicht aber von hauptamtlich angestellten Personen aufgrund eines dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ist damit für alle Tätigkeiten nicht gegeben, die der Erfüllung der Aufgaben dienen, die dem Repräsentanten obliegen, zB die Teilnahme an Organsitzungen, Tagungen und ähnlichen Veranstaltungen, bei denen sich die Teilnehmer der Willensbildung und der Zielsetzung des Vereins widmen (BSGE 17, 73, 74; BSG, Urteile vom 30. November 1962 - 2 RU 187/59 - und vom 19. Februar 1968 - 2 RU 64/66 -). Zu den Aufgaben eines Mitgliedes des Vorstandes des Clubs gehört jedoch nicht die theoretische und praktische Ausbildung von Flugschülern. Entgegen der Auffassung des LSG ergibt sich eine solche Verpflichtung nicht aus § 2 Abs 1 der Satzung, wonach die aktive Ausübung und Förderung des Luftsports in allen seinen Formen die vornehmste Aufgabe des Vereins ist. Nach § 57 Abs 1 BGB muß die Satzung eines eingetragenen Vereins den Zweck des Vereins enthalten. Aus dem Zweck des Vereins ergibt sich, ob der Verein ein nicht wirtschaftlicher (§ 21 BGB) oder ein wirtschaftlicher (§ 22 BGB) ist, wovon die Erlangung der Rechtsfähigkeit (durch Eintragung in das Vereinsregister oder durch staatliche Verleihung) abhängt. Ferner richtet sich nach dem Vereinszweck, ob er, weil gemeinnützigen Zwecken dienend, ua von der Körperschaftssteuer befreit ist (§ 4 Abs 1 Nr 6 des Körperschaftssteuergesetzes -KStG- vom 16. Oktober 1934 - RGBl I 1031 iVm § 17 Steueranpassungsgesetz -StAnpG- vom 16. Oktober 1934 - RGBl I 925 - und §§ 2 und 12 der Gemeinnützigkeitsverordnung -GemVO- vom 24. Dezember 1953 - BGBl I 1592, § 52 der Abgabenordnung, § 5 Abs 1 Nr 9 des KStG 1977 vom 31. August 197ö - BGBl I 2597). Es gibt zahlreiche Luftsportvereine, die zwar die Förderung des Luftsports bezwecken, aber keine Ausbildung von Luftfahrern betreiben, entweder weil sie dies nicht wollen oder weil sie nicht die personellen oder sachlichen Voraussetzungen erfüllen, an die die Erlaubnis zur Ausbildung von Luftfahrern geknüpft ist (§§ 30 ff der Luftverkehrszulassungsordnung -LuftVZO- in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 28. November 1968 - BGBl I 1263). Das LSG hat auch keine sonstigen Umstände festgestellt, aus denen sich für den Kläger als Vorsitzenden des Clubs die Verpflichtung zur Ausbildung von Flugschülern herleiten läßt. Die Mitglieder des Vorstandes müssen zwar Mitglieder des Clubs sein (§ 8 Abs 1 Satz 3 der Satzung), aber nicht einmal zur Ausübung des Luftsports berechtigte "Aktive" (§ 2 Abs 3 der Satzung) und daher auch nicht Fluglehrer.

Die Tatsache, daß der Kläger, wie das LSG festgestellt hat, Ausbildungsleiter war, begründet für sich allein gleichfalls noch keine Mitgliedspflicht zur Ausbildung von Luftfahrern, auch wenn - wie hier - der Kläger als Ausbildungsleiter zugleich dem erweiterten Vorstand des Clubs angehörte (§ 8 iVm § 12 Nr 4 der Satzung). Die Ausbildung von Luftfahrern darf nach § 5 Abs 1 des Luftverkehrsgesetzes -LVG- vom 4. November 1968 (BGBl I 1113) iVm § 30 LuftVZO nur in Ausbildungsbetrieben (Luftfahrerschulen) durchgeführt werden, die dafür eine Erlaubnis besitzen. Unbeschadet dieser Erlaubnis darf die praktische Ausbildung nur von Personen vorgenommen werden, die hierfür eine Erlaubnis besitzen (§ 30 Abs 3 LuftVZO). Die Erlaubnis zur Ausbildung von Luftfahrern kann nicht nur einem einzelnen Verein, sondern hinsichtlich der Ausbildung von Motorseglerführern und Segelflugzeugführern auch einem Luftsportverband in den ihm angeschlossenen Vereinen erteilt werden (§ 34 Abs 1 LuftVZO). In beiden Fällen hat der die Ausbildung betreibende Verein einen Ausbildungsleiter, der Fluglehrer sein muß (Anlage 2 zu § 32 Abs 1 Nr 5 LuftVZO).

Unbeschadet fehlender Feststellungen, ob und welche Ausbildungserlaubnis die Luftfahrtbehörde des S (§ 31 Abs 1 Nr 1 LuftVZO) dem Club erteilt hat oder ob der Club aufgrund einer dem Luftsportverband Aero-Club S eV erteilten Erlaubnis Luftfahrer ausbildete und für welche Ausbildung der Kläger Ausbildungsleiter war und zugleich dem erweiterten Vorstand des Clubs angehörte, bestand für den Kläger keine sich aus der Mitgliedschaft ergebende Pflicht zur Ausbildung von Flugschülern. In der Doppelfunktion als Ausbildungsleiter und Mitglied des erweiterten Vorstandes übte der Kläger bei der Ausbildung von Flugschülern keine Repräsentantentätigkeit für den Verein aus. Seine Tätigkeit war hierbei vielmehr durch seine Stellung im Rahmen des Ausbildungsbetriebes geprägt, die, wie bereits ausgeführt, sich nicht zwangsläufig aus den Pflichten als Vorstandsmitglied herleiten läßt. Der als Fluglehrer tätige Ausbildungsleiter muß nicht nur fachlich besonders qualifiziert sein, sondern auch von der die Ausbildungserlaubnis erteilenden Luftfahrtbehörde (§ 31 Abs 1 Nr 1 LuftVZO) für geeignet gehalten werden, die Sicherheit und Ordnungsmäßigkeit des Ausbildungsbetriebes zu gewährleisten. Zum Beisitzer im erweiterten Vorstand für das Sachgebiet Ausbildung (vgl § 12 Nr 4 der Satzung) kann dagegen auch ein anderes Vereinsmitglied gewählt werden, das nicht zugleich Ausbildungsleiter ist. Insoweit wäre dieses andere Mitglied, aber auch der Kläger, zB bei der Teilnahme an Sitzungen des Vorstandes, das Sachgebiet Ausbildung betreffend, als Repräsentant des Vereins tätig und nicht gegen Arbeitsunfall versichert.

Der Versicherungsschutz ist im vorliegenden Fall nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger, wie das LSG meint, die Ausbildung von Flugschülern aufgrund einer dahingehenden Übung betrieben hat. Es trifft zwar zu, daß Mitglieder eines Vereins bei auf allgemeiner Übung beruhenden Tätigkeiten für den Verein nicht gegen Arbeitsunfall versichert sind, weil es sich dabei um Arbeitsleistungen handelt, die unmittelbarer Ausfluß der Mitgliedschaft sind. Zu den auf allgemeiner Übung beruhenden Mitgliedspflichten zählen geringfügige Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden (BSGE 14, 1, 3; 17, 211, 216; Brackmann aaO S 476 f), wie zB regelmäßige Arbeiten zur Herrichtung und Reinigung von Sportplätzen, Verkauf von Eintrittskarten, Ordnungsdienste bei Veranstaltungen. Bei über diesen Rahmen hinausgehenden umfangreicheren Arbeiten kann eine Mitgliedspflicht dagegen nur angenommen werden, wenn die Satzung oder ein Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines sonstigen dafür zuständigen Vereinsgremiums den Mitgliedern eine rechtliche Pflicht zur Arbeitsleistung auferlegt hat. Daran fehlt es aber, wenn es den Mitgliedern freisteht, in welchem Maße sie sich an den - unentgeltlichen - Arbeiten beteiligen wollen und wann sie sich zur Verfügung stellen. Verrichten Vereinsmitglieder Arbeiten, die den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins überschreiten, wie zB den Bau eines Vereinshauses oder einer Vereinskantine, ist ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 oder Abs 2 RVO bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nicht ausgeschlossen.

Die Tätigkeit des Klägers im Club als Fluglehrer, die eine Ausbildung als Flugzeugführer und zusätzlich als Fluglehrer voraussetzt, gehört jedenfalls nicht zu den geringfügigen Tätigkeiten, die ein Verein von seinen Mitgliedern ohne weiteres verlangen kann. Auch die Tatsache, daß der Kläger seit 1970 ausschließlich Schulflüge durchgeführt hat, macht die Fluglehrertätigkeit nicht zu einer auf allgemeiner Übung beruhenden Mitgliedspflicht. Andernfalls würde dies entgegen den Intentionen der Rechtsprechung des BSG zum unfallversicherungsrechtlichen Schutz von Vereinsmitgliedern bei Tätigkeiten im Verein gerade diejenigen Mitglieder vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausschließen, die sich mit besonderer Tatkraft jahrelang für den Bestand und die Fortentwicklung eines Vereins einsetzen und kraft ihrer häufig mit erheblichem Aufwand an Zeit und Geld erworbenen Qualifikation für die gemeinnützigen Zwecke des Vereins unentbehrlich sind. Eine moralische Verpflichtung dem LSVS gegenüber, der nach den Feststellungen des LSG dem Kläger für seine Fluglehrerausbildung im Jahre 1958 einen Zuschuß geleistet hat, reicht gleichfalls nicht aus, 13 Jahre später noch eine Mitgliedspflicht dem Club gegenüber zur Ausbildung von Flugschülern zu begründen. Allenfalls könnte dies noch erwogen werden, wenn der Zuschuß nachweisbar von einer Verpflichtung des Klägers zur Ausübung der Fluglehrertätigkeit in einem Verein abhängig gemacht worden wäre, was das LSG nicht festgestellt hat, wobei dann noch entschieden werden müßte, für wie lange Zeit eine vom Kläger eingegangene Verpflichtung angenommen werden kann.

Soweit der Kläger seinen Unfallversicherungsschutz schon aus dem Vertrag des LSVS mit der Beigeladenen vom 30. November 1972 zur vereinfachten Beitragserhebung für den in § 1 der Vereinbarung genannten Personenkreis herleiten will, liegen seine Ausführungen neben der Sache. Unbeschadet des Umstandes, daß der Anspruch des Klägers sich gegen die Beklagte richtet, die Vereinbarung vom 30. November 1972 aber vom LSVS mit der Beigeladenen abgeschlossen worden ist, kann die Versicherung gegen Arbeitsunfall nach der RVO nicht durch Vertrag begründet werden. Ausschließlich das Gesetz bestimmt, wer kraft Gesetzes gegen Arbeitsunfall versichert ist (§§ 539, 540 RVO), wer durch Satzung eines Trägers der Unfallversicherung versichert wird (§§ 543, 544 RVO) und wer der Unfallversicherung freiwillig beitreten kann (§ 545 RVO). Die Vereinbarung vom 30. November 1972 gibt sich auch nicht den Anschein, als werde durch sie für den in § 1 genannten Personenkreis die Versicherung gegen Arbeitsunfall begründet. Die Vereinbarung ist zur vereinfachten Beitragserhebung für den in § 1 genannten Personenkreis geschlossen worden. Zu diesem Zweck gingen die Vertragspartner davon aus, dh sie waren übereinstimmend der Auffassung, daß die im einzelnen genannten für Sportvereine oder Sportverbände tätigen Personen "gesetzlich unfallversichert sind". Diese Formulierung macht deutlich, daß nach dem Willen der Vertragspartner durch die Vereinbarung kein vertraglicher Unfallversicherungsschutz begründet werden sollte. Er ist daher durch die Vereinbarung auch nicht begründet worden.

An einer abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat durch die fehlenden tatsächlichen Feststellungen gehindert. Zu klären ist insbesondere, ob der Kläger den zum Unfall führenden Flug am 5. Dezember 1971, wenn nicht ausschließlich, so zumindest wesentlich auch im Rahmen seiner Fluglehrertätigkeit zur Ausbildung des Zeugen S zum Motorseglerführer oder/und zum Segelflugzeugführer durchgeführt hat. Die Ermittlungen werden sich ua darauf zu erstrecken haben, für welche Art der Ausbildung - Motorseglerführer oder/und Segelflugzeugführer - S der zuständigen Erlaubnisbehörde gemeldet war (vgl § 24 Abs 4 LuftVZO). Die Tatsache, daß der Flug in einem Segelflugzeug durchgeführt wurde, spricht jedoch nicht schon für eine Segelflugzeugführerausbildung. Denn die Flugausbildung für Motorseglerführer konnte zur Zeit des Unfalls teilweise auch auf Segelflugzeugen durchgeführt werden (vgl Nachrichten für Luftfahrer NfL II/62/70). Bei der Feststellung, ob der zum Unfall führende Flug überhaupt Ausbildungszwecken diente, wird das LSG ua auch zu klären haben, welche Schlüsse insofern aus der Sitzverteilung im Flugzeug zwischen dem Kläger und dem Zeugen S während des Fluges zu ziehen sind, ob also die Sitzverteilung derjenigen bei einem Ausbildungsflug entsprach und für den Zeugen S ein betriebsbereites Steuer (eingebauter Steuerknüppel) vorhanden war. Sofern der Flug des Klägers im wesentlichen nur dazu gedient hat, die Voraussetzungen für die Verlängerung seiner Erlaubnis als Segelflugzeugführer für die Startart Flugzeugschleppstart (vgl § 39 Abs 2 Satz 2 iVm § 38 Nr 2 der Prüfordnung für Luftfahrtpersonal -LuftPersO- in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 5. April 1967 - BGBl I 413) unter Mitnahme des Zeugen S als Fluggast zu schaffen, wäre dies allerdings keine dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstehende Tätigkeit gewesen.

Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1660711

BSGE, 11

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