Orientierungssatz

Bundesknappschaft - Rentenbewerber - Rentenantragsteller - Krankenversicherung der Rentner - Zuständigkeit - Familienkrankenhilfe - Wiederaufleben des Krankengeldes:

1. Ist für die Feststellung der Rente die Bundesknappschaft zuständig, so ist die Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO nachrangig gegenüber der Versicherung nach § 19 Abs 1 RKG.

2. Soweit die Bundesknappschaft für die Feststellung der Rente zuständig ist, wird keine Mitgliedschaft der Rentenbewerber nach § 315a RVO begründet. § 257a RVO gilt für Personen, deren Rente die Bundesknappschaft festzustellen hat, nicht.

3. Vom Übertritt eines Versicherten zu einem anderen Träger der Krankenversicherung (§ 212 RVO) kann nicht mehr gesprochen werden, wenn die neue Kasse den Rentenantragsteller nur als Familienangehörigen nach § 205 RVO versorgt. Durch die Familienkrankenhilfe werden Mitgliedschaftsrechte weder begründet noch aufrechterhalten. Die Familienkrankenhilfe ist für den Krankengeldanspruch aus eigener Versicherung ohne Bedeutung (vgl BSG 28.4.1981 3 RK 8/80 = BSGE 51, 281, 283 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 35).

4. Voraussetzung für das Wiederaufleben des Krankengeldes ist die Mitgliedschaft des Arbeitsunfähigen zur gesetzlichen Krankenversicherung bei Beginn der neuen Blockfrist (vgl BSG 5.10.1977 3 RK 35/75 = BSGE 45, 11, 14 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 11). Der Mitgliedschaft ist insoweit die tatsächliche jahrelange und schriftlich zugesagte Gewährung von Krankenpflege durch die Bundesknappschaft aufgrund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 22. August 1942 RAMErl 1942-08-22 gleichgestellt (vgl BSG 26.10.1982 3 RK 25/82 = BSGE 54, 130 = SozR 2600 § 19 RKG Nr 4).

 

Normenkette

RVO § 257a Abs. 1 S. 3, §§ 212, 315a, 165 Abs. 1 Nr. 3; RKG § 19 Abs. 1, § 20 S. 2 Fassung: 1967-12-21; RAMErl 1942-08-22

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 07.09.1983; Aktenzeichen L 11 Kr 10/82)

SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 21.01.1982; Aktenzeichen S 17 Kr 86/80)

 

Tatbestand

Streitig ist die Wiedergewährung von Krankengeld in einer neuen Blockfrist sowie die Zuständigkeit der Krankenkasse.

Der Kläger war als Gerüstbauer-Kolonnenführer versicherungspflichtig beschäftigt. Am 10. Oktober 1977 wurde er arbeitsunfähig krank. Die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) gewährte ihm Krankengeld bis zum 8. April 1979. Während des Krankengeldbezugs stellte der Kläger einen Rentenantrag bei der beigeladenen Bundesknappschaft, über den noch nicht abschließend entschieden ist. Er meldete sich aufgrund eines ärztlichen Attestes des Dr. W, das Arbeitsfähigkeit für leichte Arbeiten bescheinigte, am 22. Juni 1979 arbeitslos und bezog bis zum 20. Dezember 1979 Arbeitslosengeld (Alg). Anschließend erhielt seine Ehefrau für ihn Leistungen der Familienkrankenhilfe von der Beigeladenen zu 2) - Betriebskrankenkasse (BKK). Der Kläger beantragte am 20. Oktober 1980 bei der Beklagten Wiedergewährung von Krankengeld im Rahmen der zweiten Blockfrist. Dies lehnte die Beklagte ab, weil der Kläger in keinem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer gesetzlichen Krankenkasse stehe.

Das Sozialgericht (SG) hat die beigeladene Bundesknappschaft verurteilt, dem Kläger ab 10. Oktober 1980 Krankengeld zu gewähren. Auf deren Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die beigeladene BKK zu dieser Leistung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger müsse Krankengeld ebenso zuerkannt werden, wie einem Rentenbewerber, über dessen Antrag ein Träger der Arbeiterrenten- oder der Angestelltenversicherung zu entscheiden gehabt hätte. Anderenfalls läge ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Wäre für den Rentenantrag des Klägers nicht die beigeladene Bundesknappschaft zuständig, so hätte er - wovon alle Beteiligten übereinstimmend ausgingen - zu Beginn der neuen Blockfrist Anspruch auf Krankengeld gehabt. Es sei davon auszugehen, daß er wegen derselben Krankheit seit dem 10. Oktober 1977 als Gerüstbauer-Kolonnenführer durchgehend arbeitsunfähig war. Dr. W habe in seinem Attest vom 22. Juni 1979 dem Kläger ausdrücklich auch nur als arbeitsfähig für leichte Arbeiten beurteilt. Mit der Stellung des Rentenantrags sei der Kläger nicht Mitglied in der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR) geworden. Die Versicherten, über deren Rentenantrag die Bundesknappschaft zu entscheiden habe, stünden zur Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung aber der Sache nach in der gleichen Beziehung wie andere Rentenantragsteller, die Mitglied der KVdR würden. Aus der grundsätzlichen Erwägung, daß das Krankengeld lediglich eine ergänzende Leistung sei, ergäbe sich die Zuständigkeit der beigeladenen BKK.

Die beigeladene BKK hat Revision eingelegt. Sie rügt mangelnde Sachaufklärung und macht geltend, in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG habe sie ausdrücklich die Arbeitsunfähigkeit des Klägers angezweifelt. Der Vorsitzende habe erklärt, dies werde selbstverständlich überprüft. Im Urteil heiße es aber lediglich, es werde von der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit ausgegangen. Auf die umfangreichen ärztlichen Gutachten im Rentenverfahren werde nicht hingewiesen. Nach einem Gutachten vom 24. Oktober 1983 könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten; daraus sei zu schließen, daß die Befunde unverändert über einen längeren Zeitraum bestanden haben. Auch im Rentenverfahren seien umfangreiche ärztliche Gutachten eingeholt worden, die das LSG nicht herangezogen habe.

Die Beigeladene zu 2) -BKK- beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1983 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21. Januar 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen und hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1983 aufzuheben und die Berufung der Beigeladenen zu 1) - Bundesknappschaft - gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21. Januar 1982 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision der Beigeladenen zu 2) zurückzuweisen und hilfsweise, im Wege der Anschlußrevision das angefochtene Urteil mit der Maßgabe zu ändern, daß die Berufung der Beigeladenen zu 1) zurückgewiesen wird oder daß unter zusätzlicher Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21. Januar 1983 die Beigeladene zu 3) oder die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger ab 20. Oktober 1980 Krankengeld für die zweite Blockfrist zu leisten, oder festzustellen, daß dem Kläger ab 20. Oktober 1980 Krankengeld für die zweite Blockfrist zusteht, und daß die Beklagte ihm das Krankengeld als vorläufige Leistung zu zahlen hat.

Er macht geltend, die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit seit Beginn der zweiten Blockfrist anerkannt. Zwischen den Beteiligten sei deshalb die Arbeitsunfähigkeit nicht streitig gewesen. Die beigeladene BKK lege nicht dar, zu welchem anderen Ergebnis die weitere Sachverhaltsaufklärung geführt hätte. Hinsichtlich der Zuständigkeit habe das LSG nicht bedacht, daß der Anspruch auf Familienkrankenhilfe entfällt, wenn das Gesamteinkommen des betreffenden Angehörigen regelmäßig im Monat 1/6 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt; das wiederaufgelebte Krankengeld des Klägers übersteige bei weitem diesen Grenzbetrag.

Die Beigeladene zu 1) beantragt, die Revision und die Anschlußrevision zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision und die Anschlußrevision, soweit sie gegen die Beklagte gerichtet sind, zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision und die Anschlußrevision sind insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben ist. Zu Unrecht hat es die Beigeladene zu 2) (BKK) zur Gewährung des Krankengelds verurteilt. Die Anschlußrevision des Klägers ist im Sinn der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.

Zu Unrecht hat das LSG die Beigeladene zu 2) verurteilt, das Krankengeld zu gewähren. Der Anspruch des Versicherten auf Gewährung von Krankengeld richtet sich gegen die zuständige Krankenkasse. Als zuständig kommt nur eine Krankenkasse in Betracht, bei der der Versicherte Mitglied ist oder zu der er in einer der Mitgliedschaft gleichzusetzenden Beziehung steht. Der Kläger ist nicht Mitglied der Beigeladenen zu 2) und steht zu ihr auch nicht in einer der Mitgliedschaft gleichzusetzenden Beziehung.

In Betracht könnte nur eine Kassenzuständigkeit nach § 257a Abs 1 Satz 3 RVO kommen. Danach ist für die KVdR einschließlich der Krankenversicherung der Rentenantragsteller (gemäß § 315a Abs 3 iVm § 257a Abs 1 RVO) bis zum Ablauf des Monats, in dem der die Rente gewährende Bescheid zugestellt wird, wenn ohne die Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO bzw § 315a RVO Anspruch auf Familienkrankenhilfe bestünde, die Kasse zuständig, der der Versicherte angehört, dem der Anspruch auf Familienkrankenhilfe (§ 205 Abs 1 Satz 1 RVO) zustünde.

Die Bestimmung des § 257a RVO kann aber für den streitigen Anspruch des Klägers weder nach ihrem Wortlaut noch sinngemäß angewendet werden. In § 257a RVO wird die Zuständigkeit für die in § 165 Abs 1 Nr 3 oder § 315a RVO Versicherten begründet. Der Kläger ist nicht nach diesen Bestimmungen versichert gewesen, ihre Anwendung ist in seinem Fall durch die besonderen Regelungen des RKG ausgeschlossen. Für seine Krankenversicherung sind die Vorschriften des RKG heranzuziehen. Er hat bereits während des Laufs der ersten Blockfrist einen Rentenantrag bei der beigeladenen Bundesknappschaft gestellt, über den bisher nicht abschließend entschieden ist. Nach dem Urteil des LSG kann der Senat davon ausgehen, daß für die Feststellung der Rente die beigeladene Bundesknappschaft zuständig ist. In diesem Fall ist die Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO nachrangig gegenüber der Versicherung nach § 19 Abs 1 RKG. Nach § 20 Satz 2 RKG idF durch Art 1 § 3 Nr 4 des Finanzänderungsgesetzes 1967 (FinÄndG 1967) vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) iVm § 2 der Verordnung über die knappschaftliche KVdR vom 8. Juni 1942 (RGBl I 409) und § 2 der Verordnung über die KVdR vom 4. November 1941 (RGBl I 689) beginnt die Mitgliedschaft in der knappschaftlichen KVdR erst mit der Zustellung des Rentenbewilligungsbescheides. Soweit die Bundesknappschaft für die Feststellung der Rente zuständig ist, wird keine Mitgliedschaft der Rentenbewerber nach § 315a RVO begründet. § 257a RVO gilt für Personen, deren Rente die Bundesknappschaft festzustellen hat, im übrigen auch nach neuem Recht nicht, obwohl nunmehr § 315a RVO auch für diese Rentenantragsteller anzuwenden ist. Dies ist in § 19 Abs 2 RKG idF durch Art 3 Nr 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) ausdrücklich geregelt.

Einer sinngemäßen Anwendung des § 257a RVO stehen vor allem die unterschiedlichen Regelungen über die Finanzierung der allgemeinen und der knappschaftlichen KVdR entgegen. Wenn die Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO eintritt, erhält die nach § 257 Abs 1 Satz 3 RVO zuständige Kasse dafür Beiträge. Zu den Aufwendungen der in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO bezeichneten Versicherten leisteten gemäß § 381 Abs 2 RVO idF bis zum 31. Dezember 1982 die Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und der Träger der Rentenversicherung der Angestellten Beiträge. Vom 1. Januar 1983 an trägt der Versicherte die Beiträge (§ 381 Abs 2 RVO idF durch Art 2 Nr 11 Buchst b iVm Art 20 Nr 4 des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 vom 1. Dezember 1981 BGBl I 1205). Der Versicherte hat nunmehr Beiträge auch von der Nachzahlung für den Zeitraum ab 1. Januar 1983 zu entrichten, in dem für ihn Anspruch auf Familienkrankenhilfe bestand.

Für die knappschaftliche KVdR gilt eine andere Rechtslage. Die Beigeladene zu 2) würde im Fall der Feststellung der Rente durch die beigeladene Bundesknappschaft für die hier streitige Zeit keine Beiträge erhalten. Nach § 381 Abs 2 RVO idF bis zum 31. Dezember 1982 waren Beiträge nur für die in § 165 Abs 1 Nr 3 bezeichneten Versicherten von den Trägern der Rentenversicherung der Arbeiter und vom Träger der Rentenversicherung der Angestellten zu leisten. Für die Zeit ab 1. Januar 1983 kommt eine Beitragspflicht nach § 20 RKG iVm § 381 Abs 2, § 180 Abs 5 RVO idF durch Art 4 Nr 1, Art 2 Nr 2 und Nr 11 des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 vom 1. Dezember 1981 (aaO) in Betracht, die aber nicht gegenüber der Beigeladenen zu 2) als Familienhilfekasse besteht. In der hier streitigen Zeit hatte auch die Bundesknappschaft nicht nach § 393a RVO Beiträge zugunsten der Krankenkassen und Ersatzkassen zu zahlen.

Der Senat hat allerdings ausgesprochen, daß die Regelung der Zuständigkeit für eine Leistung dem Finanzausgleich vorgehen müsse (BSGE 54, 130, 135). In dieser Entscheidung hat der Senat aber bereits auf die Möglichkeit hingewiesen, daß ausnahmsweise umgekehrt die Auslegung einer mehrdeutigen Zuständigkeitsvorschrift durch die Regelung des Finanzausgleichs bestimmt werden könnte. Um so mehr können Beitragsvorschriften gegen die sinngemäße Anwendung einer dem Wortlaut nach eindeutig nicht zutreffenden Zuständigkeitsvorschrift sprechen.

Das LSG hat die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) hergeleitet aus der Erwägung, daß das Krankengeld lediglich eine ergänzende Leistung und daß ein Versicherungsträger auch zur Gewährung solcher Leistungen verpflichtet sei, die in einer früheren Mitgliedschaft gründen und nach der Satzung der neuen Kasse nicht vorgesehen sind; dies ergebe sich aus der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum § 212 RVO (BSGE 51, 281 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 35). Dieser Auffassung des LSG kann der Senat nicht zustimmen. Er hat in der vom LSG erwähnten Entscheidung ausgesprochen, es könne nicht sinnvoll sein, die Leistungen der Krankenversicherung auf verschiedene Leistungsträger zu verteilen. Aus der Übernahme der Leistungen (§ 212 RVO) durch die im Fall der Rentenantragstellung zuständige Kasse folge, daß diese Kasse auch das Krankengeld zu gewähren habe. Der Senat hat in dieser Entscheidung nicht den Rechtssatz aufgestellt, daß stets die Zuständigkeit für Leistungen der Krankenpflege auch die Zuständigkeit für die Gewährung des Krankengeldes nach sich ziehe. Vielmehr knüpft die Entscheidung an die Auslegung des § 212 RVO an. Dazu hat der Senat ausgeführt, die Vorschrift erlaube die Auslegung, daß eine vollständige Übernahme der Leistungen stattzufinden habe, aber für diese Leistungen im einzelnen das Recht der neuen Krankenkasse maßgebend sei (BSGE aaO § 285f). Aus dieser Auslegung ergibt sich aber nicht die Pflicht der Beigeladenen zu 2) zur Gewährung des Krankengeldes. Zwar kann auch dann, wenn eine Rente beantragt und die Bundesknappschaft für deren Feststellung zuständig ist, der für die Gewährung von Krankenpflegeleistungen zuständige Träger gegebenenfalls für die Gewährung des Krankengeldes zuständig sein (vgl BSGE 54, 130 ff). Voraussetzung ist aber, daß der Krankenpflegeanspruch auf einer Mitgliedschaft in der Krankenversicherung oder einem gleichzusetzenden Band zur Solidargemeinschaft der Krankenversicherung beruht. Vom Übertritt eines Versicherten zu einem anderen Träger der Krankenversicherung (§ 212 RVO) kann dagegen nicht mehr gesprochen werden, wenn die neue Kasse den Rentenantragsteller nur als Familienangehörigen nach § 205 RVO versorgt. Durch die Familienkrankenhilfe werden Mitgliedschaftsrechte weder begründet noch aufrechterhalten. Die Familienkrankenhilfe ist für den Krankengeldanspruch aus eigener Versicherung ohne Bedeutung (BSGE 51, 281, 283 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 35).

Der Satz, daß es nicht sinnvoll sei, die Leistungen der Krankenversicherung auf verschiedene Träger aufzuteilen und daß das Krankengeld die von den Leistungen zur Krankheitsbekämpfung abhängige Leistung sei, darf nicht verselbständigt werden. Dies zeigt schon die Bezugnahme auf das Rehabilitationsrecht in der erwähnten Entscheidung des Senats. Bezug genommen wird auf den Grundsatz, daß für eine Rehabilitationsmaßnahme erforderliche Leistungen nach Möglichkeit nur von einem Rehabilitationsträger zu erbringen sind (§ 5 Abs 2 Satz 1 des Rehabilitationsangleichungsgesetzes - RehaAnglG -). Mit den Worten nach Möglichkeit kommt zum Ausdruck, daß die Zuständigkeit mehrerer Träger nebeneinander nicht zwingend ausgeschlossen wird. Für die Konzentration der Krankenversicherung auf einen Leistungsträger bietet sich schließlich im vorliegenden Fall eine andere Lösung an, die eher systemgerecht erscheint und mit der Entscheidung herbeigeführt werden kann.

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2) und die Anschlußrevision des Klägers ist die Sache an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die beigeladene Bundesknappschaft dem Kläger das begehrte Krankengeld zu gewähren hat.

Die beigeladene Bundesknappschaft ist allerdings der zuständige Leistungsträger. Zu ihr hat die Beziehung bestanden, die die Grundlage für das Wiederaufleben des Krankengeldes ist. Voraussetzung dafür ist die Mitgliedschaft des Arbeitsunfähigen zur gesetzlichen Krankenversicherung bei Beginn der neuen Blockfrist (BSGE 45, 11, 14 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 11). Der Mitgliedschaft hat aber der Senat insoweit die tatsächliche jahrelange und schriftlich zugesagte Gewährung von Krankenpflege durch die Bundesknappschaft aufgrund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 22. August 1942 (AN II 476) gleichgestellt (BSGE 54, 130 = SozR 2600 § 19 RKG Nr 4). In einer weiteren Entscheidung hat der Senat die Gleichsetzung als gerechtfertigt angesehen, wenn die Bundesknappschaft zwar tatsächlich keine solche Leistungen gewährt hat, sie aber nach dem Erlaß gewährt hätte, wenn ein entsprechendes Begehren an sie herangetragen worden wäre (Urteil vom 27. Februar 1984 - 3 RK 40/82 -).

Auch im vorliegenden Fall ergibt sich das für das Wiederaufleben des Krankengeldes erforderliche Band zur Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Erlaß des Reichsarbeitsministers. Der Kläger ist in den sozialen Schutz, den dieser Erlaß gewährt, einbezogen. Daran ändert es nichts, daß die Leistungen nach dem Erlaß wegen des Anspruchs der Ehefrau des Klägers auf Gewährung von Familienkrankenpflege nicht gewährt worden sind. Der Anspruch auf Familienkrankenhilfe geht Leistungen aus der knappschaftlichen KVdR für die Zeit von der Antragstellung bis zur Zustellung des Rentenbewilligungsbescheides nach dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vor; nach dem Erlaß werden Leistungen gewährt in Fällen, in denen ein Versicherter in dieser Zeit anderenfalls schutzlos wäre (BSG USK 79101). Der Anspruch auf Familienkrankenhilfe kann aber durch Veränderung der Einkommensverhältnisse der Ehegatten jederzeit entfallen. Sein Bestehen ändert nichts an der Zugehörigkeit zum durch den Erlaß geschützten Personenkreis dem Grunde nach. Sinngemäß kann auch nicht die stärkere Beziehung nach dem Erlaß, die das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs begründet, durch den diese Leistung nicht umfassenden Anspruch auf Familienkrankenpflege verdrängt werden. Gerade wenn es um den Krankengeldanspruch geht, wäre dies unverständlich, denn Krankengeld wird aus der Familienkrankenhilfe nicht gewährt (§ 205 Abs 1 Satz 1 letzter Satzteil RVO). Die Gewährung von Krankengeld an einen Rentenantragsteller, wenn für die Feststellung der Rente die Bundesknappschaft zuständig ist, kann - mindestens für die Zukunft - schon seine Unterhaltsberechtigung ausschließen und dem Anspruch auf Familienkrankenhilfe entgegenstehen, so daß die Bundesknappschaft nach dem Erlaß auch für die Krankenpflege einzustehen hätte.

Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil das Bestehen des streitigen Krankengeldanspruchs nicht ausreichend geklärt ist. Nach den Feststellungen des LSG ist der Krankengeldanspruch während der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten entstanden. Der Anspruch setzt weiter voraus, daß der Kläger am 20. Oktober 1980 und in der folgenden Zeit arbeitsunfähig war, und daß es sich um dieselbe Krankheit handelte. Ausgeschlossen wäre das Wiederaufleben, wenn die Arbeitsunfähigkeit nach Umwandlung der Mitgliedschaft des Klägers in eine solche ohne Krankengeldberechtigung - hier in eine entsprechend eingeschränkte Zugehörigkeit zur Solidargemeinschaft der Krankenversicherung - eine Unterbrechung von mindestens 26 Wochen erfahren hätte (BSG SozR 2200 § 183 RVO Nr 36 = Seite 98).

Zu diesen Voraussetzungen hat das LSG ausgeführt, es sei davon auszugehen, daß der Kläger wegen derselben Krankheit seit dem 10. Oktober 1977 durchgehend arbeitsunfähig krank war - nämlich in seiner Beschäftigung als Gerüstbauer-Kolonnenführer. Die Beigeladene zu 2) - BKK - hat insoweit einen Verstoß gegen § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerügt und weiter ausgeführt, es finde sich kein Hinweis auf das Berufungsverfahren beim LSG wegen der abgelehnten Rente und keine Würdigung der darin befindlichen ärztlichen Gutachten. Darin ist auch die Rüge einer Verletzung des § 128 SGG enthalten, weil das LSG überhaupt nicht nach seiner Überzeugung entschieden habe. Diese Rüge ist begründet. Das LSG hat anscheinend von der Verfahrenslage ausgehend tatsächliche Feststellungen des Gerichts nicht für erforderlich gehalten. Dafür könnte sprechen, daß die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Krankengeld abgelehnt hat, weil zu Beginn der neuen Blockfrist kein Mitgliedschaftsverhältnis zu einer gesetzlichen Krankenkasse bestanden habe. Diese Begründung und die Tatsache, daß im gerichtlichen Verfahren die durchgehende Arbeitsunfähigkeit schriftsätzlich nicht bestritten worden ist, rechtfertigen es aber nicht, daß das Gericht von der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit ausgeht. Es muß jedenfalls die Tatsachen, auf die es das Urteil stützen will, aufgrund eigener Überzeugung feststellen. Nach neuer Verhandlung wird das LSG solche eigenen Feststellungen nachzuholen und auch über die Kosten des Revisionsverfahrens abschließend zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1660805

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