Leitsatz (amtlich)

1. Das Bundessozialgericht darf, sofern es zu einer Sachentscheidung keiner neuen Feststellungen bedarf, auch soweit in der Sache entscheiden, als das Landessozialgericht die Berufung des Revisionsklägers unzutreffend als unzulässig verworfen hat (Anschluß an BSG 1966-10-28 4 RJ 339/64 = BSGE 25, 251).

2. Die bloße Möglichkeit, daß eine andere als die vom Versicherten gewählte Art der Nachentrichtung von Beiträgen für ihn "günstiger" wäre, begründet aus SGB 1 §§ 14, 15 noch keine Pflicht des Rentenversicherungsträgers, den Versicherten entsprechend zu beraten; bei unterlassener Beratung besteht demgemäß kein entsprechender "Herstellungsanspruch" des Versicherten.

 

Orientierungssatz

Zur Aufklärungspflicht des Rentenversicherungsträgers:

Bei Vorliegen eines konkreten Anlasses hat zwar der Versicherungsträger den Versicherten auf Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die "klar zu Tage liegen und deren Wahrnehmung offenbar so zweckmäßig ist, daß jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde". Die bloße Möglichkeit einer günstigeren Verteilung des für die Beitragsnachentrichtung aufzuwendenden Betrages verpflichtet den Rentenversicherungsträger jedoch nicht zur Anfertigung von Probeberechnungen, weil dies bei der Vielzahl von Fällen allein schon aus verwaltungstechnischen Gründen dem Rentenversicherungsträger nicht zuzumuten ist.

 

Normenkette

SGG § 146 Fassung: 1958-06-25; SGB 1 § 14 Fassung: 1975-12-11, § 15 Fassung: 1975-12-11; AnVNG Art. 2 § 49a Fassung: 1972-10-16; ArVNG Art. 2 § 51a Fassung: 1972-10-16; SGG § 96 Fassung: 1953-09-03

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 30.06.1978; Aktenzeichen L 1 An 19/78)

SG Berlin (Entscheidung vom 21.11.1977; Aktenzeichen S 14 An 1989/77)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe einer Versichertenrente.

Der 1912 geborene Kläger, Verfolgter iS des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG), studierte 1932/33 in Deutschland und wanderte hernach nach Palästina aus. Er besitzt seit 1948 die israelische und seit 1957 auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Pflichtbeiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung sind für ihn nicht entrichtet. Im Jahre 1955 erhielt er vom Regierungspräsidenten in Detmold Entschädigung für einen Schaden im beruflichen Fortkommen.

Im März 1975 gestattete ihm die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) antragsgemäß aufgrund des Art 2 § 49 a des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) idF des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 die Nachentrichtung von 90 Monatsbeiträgen der Klasse 600 für die Zeit vom 1. April 1965 bis 30. September 1972. Am 27. Mai 1975 verbuchte die Beklagte den Betrag.

Auf den bereits am 24. Mai 1974 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14. Oktober 1976 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 106,40 DM monatlich. Dagegen erhob der Kläger unter dem 20. Dezember 1976 Widerspruch und brachte vor, nach § 10a Abs 2 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG), eingefügt durch das Achtzehnte Rentenanpassungsgesetz (18. RAG) vom 28. April 1975, sei der von ihm für Beiträge zur Angestelltenversicherung gezahlte Betrag in der Weise umzubuchen, daß 30 Monate auf die Zeit vom 1. Juli 1928 bis 31. Dezember 1930 entfielen und auch die Ersatzzeiten angerechnet werden könnten. Dies wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1977). Mit weiterem Bescheid vom 23. August 1977 wandelte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente ab 1. Juli 1977 in das Altersruhegeld um.

Das vom Kläger schon gegen den Bescheid vom 14. Oktober 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1977 angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 21. November 1977), und das Landessozialgericht (LSG) hat in der angefochtenen Entscheidung vom 30. Juni 1978 die Berufung des Klägers hiergegen teils verworfen, teils zurückgewiesen. In der Begründung des Gerichts heißt es, hinsichtlich der bis 30. Juni 1977 zustehenden Erwerbsunfähigkeitsrente handele es sich um Rente für abgelaufene Zeiträume nach § 146 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), so daß die Berufung unzulässig sei. Im übrigen - betreffend die Höhe des Altersruhegeldes - sei sie unbegründet. Eine nachträgliche Änderung der 1975 vom Kläger wirksam entrichteten Beiträge sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht möglich. Ausfall- und Ersatzzeiten könnten ebenfalls nicht angerechnet werden, weil es an der Halbbelegung mit Pflichtbeiträgen mangele; die nach Art 2 § 49a AnVNG entrichteten Beiträge seien keine Pflichtbeiträge.

Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision zugelassen (Beschluß vom 13. März 1979).

Der Kläger hat die Revision eingelegt und vorgetragen: Laut dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 21. März 1975 habe er am 29. April 1975 Nachentrichtungsbeiträge in Höhe von insgesamt 9.720,-- DM an die Beklagte überwiesen. Am gleichen Tage sei das 18. RAG in Kraft getreten, das mit der Einfügung des § 10a Abs 2 WGSVG eine spezielle Vergünstigung für Ausbildungsgeschädigte gebracht habe und zum Zeitpunkt der Beitragsüberweisung in Israel noch nicht bekannt gewesen sei. Die Beklagte habe vor der Verbuchung der Beiträge am 27. Mai 1975 den Kläger auf die Gesetzesänderung und die Möglichkeit einer anderen, nunmehr günstigeren Verrechnung hinweisen müssen. Einer konkreten Anfrage von seiner Seite habe es nicht bedurft. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, daß nach der Verbuchung des Betrages eine Änderung nicht mehr möglich gewesen sei, da das 18. RAG fast einen Monat vor der Verbuchung in Kraft getreten sei. Auch in Fällen, in denen sich die Rechtslage für den Sozialversicherten verschlechtere, habe die Beklagte schon vor der Verkündung des neuen Gesetzes die Erledigung von Verfahren unterbrochen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin

vom 30. Juni 1978 und das Urteil des Sozialgerichts

Berlin vom 21. November 1977 aufzuheben und die

Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom

14. Oktober 1976 in der Gestalt des

Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1977 sowie unter

Abänderung des Bescheides vom 23. August 1977 zu

verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und

Altersruhegeld zu gewähren mit der Maßgabe, daß von

den 90 nachentrichteten Beiträgen der Klasse 600 zu je

108,-- DM 30 Monatsbeiträge für die Zeit von Januar 1933

bis Juni 1935 und 60 Monatsbeiträge für die Zeit von

Oktober 1967 bis September 1972 anzurechnen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, aus der konkreten Gestaltung des Versicherungsverhältnisses sei eine Beratungs- und Betreuungspflicht dahingehend, daß sie vor Entgegennahme der Beiträge auf § 10a Abs 2 WGSVG hätte hinweisen müssen, nicht herzuleiten.

Insbesondere sei keine Anfrage des Klägers vorgelegen. Im Zeitpunkt der Beantragung der Nachentrichtung und im Zeitpunkt der Bescheiderteilung (21. März 1975) habe es sich bei der Möglichkeit zur Nachentrichtung des § 10a Abs 2 WGSVG lediglich um einen Gesetzesentwurf gehandelt, dessen endgültige Fassung nicht vorauszusehen gewesen ist. Auch im Zeitpunkt des Beitragseinganges habe ein konkreter Anlaß zur Beratung des Klägers gefehlt. Eine Anrechnung von Ausfall- und Ersatzzeiten habe der Kläger ferner durch eine Beitragsnachentrichtung nach § 10a Abs 2 aaO nicht erreichen können. Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Dies gilt zunächst auch insoweit, als das LSG die Berufung des Klägers zu Unrecht als unzulässig verworfen hat. Zwar hätte das LSG in der Sache selbst entscheiden müssen. Die Berufung war nicht nach § 146 SGG teilweise ausgeschlossen. Wird der Bescheid über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, den der Kläger hinsichtlich der Rentenhöhe angegriffen hat, im Gerichtsverfahren von einem bestimmten Zeitpunkt an durch einen Bescheid über die Gewährung von Altersruhegeld ersetzt und dieser dadurch Verfahrensgegenstand (§ 96 SGG), so setzt sich bei in dem zweiten Bescheid hinsichtlich der Rentenhöhe unverändert beibehaltener Beschwer auch das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers unverändert fort. Deshalb läßt sich nicht davon sprechen, daß nur noch - teilweise - Rente für einen abgelaufenen Zeitraum streitig sei und eine Prüfung in der Sache daher auszuscheiden habe; vielmehr ist nach wie vor und ohne zeitliche Beschränkung die Rentenhöhe streitig (vgl Zeihe, SGG, 4. Aufl, § 146 Anm 6 c; Meyer-Ladewig, SGG, Anm 5 vor § 143). Dabei ist der Senat nicht gehindert, auch insoweit in der Sache zu entscheiden, als das LSG die Berufung des Klägers unrichtig als unzulässig, dh ohne Entscheidung in der Sache selbst verworfen hat. Denn der erkennende Senat bedarf zu einer Sachentscheidung auch in diesem Umfange keiner neuen Feststellungen; zum anderen würde selbst eine für den Kläger negative Sachentscheidung im Vergleich zur Verwerfung des Rechtsmittels durch die Vorinstanz keine prozeßrechtliche Schlechterstellung bewirken (vgl dazu BSGE 25, 251, 254 = SozR Nr 15 zu § 146 SGG; BGHZ 46, 281; Meyer-Ladewig, aaO, § 170 Anm 5; Jesch, DÖV 1955, 391; Bötticher, ZZP 65, 464; aA Peters/Sautter/Wolff, Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, § 170 Anm 2 und - für den Zivilprozeß - Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl, 799).

Das spruchreife Begehren des Klägers auf höhere Rente ist indessen in vollem Umfange sachlich nicht begründet.

Ein Anspruch auf höhere Rente resultiert entgegen der Ansicht des Klägers nicht daraus, daß es die Beklagte vor Verbuchung der von ihm im Mai 1975 gemäß Art 2 § 49a AnVNG nachentrichteten Beiträge pflichtwidrig unterlassen habe, ihn auf die Vorschrift des durch das 18. RAG mit Wirkung vom 4. Mai 1975 eingefügten § 10a WGSVG hinzuweisen.

Es ist zwar richtig, daß ein richterrechtliches Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs besteht und auf folgenden Erwägungen beruht: Bereits vor der ausdrücklichen Normierung der Ansprüche auf Beratung und Auskunft durch §§ 14, 15 des am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuches (SGB 1) sind mit der Begründung eines Sozialrechtsverhältnisses hieraus insbesondere nach dem Grundsatz von Treu und Glauben für den Versicherungsträger bestimmte Nebenpflichten erwachsen. Dazu zählt ua die Pflicht zur Auskunft und Beratung sowie zur "verständnisvollen Förderung" des Versicherten. Bei Vorliegen eines konkreten Anlasses hat der Versicherungsträger den Versicherten auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die klar zu Tage liegen und deren Wahrnehmung offenbar so zweckmäßig ist, daß jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Verletzt der Versicherungsträger diese ihm obliegende Nebenpflicht, so kann dem Versicherten daraus ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch erwachsen. Dieser ist auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustands gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl aus der umfangreichen Rechtsprechung ua BSGE 41, 126, 127 = SozR 7610 § 242 Nr 5; BSGE 41, 260, 262 = SozR 4100 § 151 Nr 3; BSG SozR 4100 § 44 Nr 9; BSG SozR 5850 § 26 Nr 2; BSG SozR 2200 § 1286 Nr 3; BSGE 44, 114, 120 = SozR 2200 § 886 Nr 1; BSGE 46, 124, 125 = SozR 2200 § 1290 Nr 11; BSGE 46, 175, 177 = SozR 2200 § 1241 Nr 8; BSGE 47, 194, 200 = SozR 2200 § 1399 Nr 11; Urteile des BSG vom 12. Oktober 1979 - 12 RK 47/77 -; vom 28. November 1979 - 3 RK 64/77 -; Urteil des erkennenden Senats vom 24. April 1980 - 1 RA 33/79 -).

Der Kläger hat in der Revisionsbegründung nicht näher dargelegt, warum die Vorverlegung von 30 Monatsbeiträgen zunächst in die Jahre 1928 bis 1930, später in die Jahre 1933 bis 1935 eine ihm durch das 18. RAG eingeräumte "Vergünstigung" sei, auf die ihn die Beklagte habe aufmerksam machen müssen. Der Senat sieht sich deshalb gehindert, die Vorstellungen des Klägers genauer zu prüfen. Wahrscheinlich glaubt der Kläger, durch eine Nachentrichtung nach § 10a Abs 2 WGSVG im Gegensatz zu einer solchen nach Art 2 § 49a AnVNG eine Anrechnung von Ausfalltatbeständen (Schulausbildung und Studienzeit in Deutschland 1932/33, § 36 Abs 1 Nr 4 Buchst b und Abs 3 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG-) und von Ersatzzeiten (Zeiten eines Auslandsaufenthalts bei Verfolgten iS des § 1 BEG, § 28 Abs 1 Nr 4 AVG) zu ermöglichen (so der Widerspruch des Klägers vom 20. Dezember 1976 gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 1976, die Schriftsätze des Klägers an das LSG vom 18. Januar und 26. März 1978; siehe auch die Revisionserwiderung der Beklagten). Mit dieser Auffassung irrt der Kläger. Die erstgenannte Vorschrift über die Anrechnung von Ausfallzeiten verlangt eine "Pflichthalbbelegung" durch Beiträge "für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung", die zweitgenannte Vorschrift fordert eine Pflichtvorversicherung oder doch nach dem Ersatzzeittatbestand Nr 4 aaO die Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit innerhalb von drei Jahren (§ 28 Abs 2 Satz 1 und 2 Buchst b), zumindest aber ebenfalls eine "Pflichthalbbelegung" (Buchst c aaO). Nach den bindenden Feststellungen des LSG hat der Kläger Pflichtbeiträge nicht entrichtet. Allerdings ist es möglich, daß nachentrichtete Beiträge die Wirkung von Pflichtbeiträgen haben. Jedoch hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung bereits klargestellt, daß dies nur dann der Fall ist, wenn der Gesetzgeber den nachentrichteten Beiträgen ausdrücklich die Eigenschaft rechtzeitig entrichteter Pflichtbeiträge zumißt (vgl zB SozR 2200 § 1251 Nr 20). Dies ist im Rahmen des WGSVG für die nach §§ 8, 10 WGSVG nachentrichteten Beiträge geschehen, und zwar gerade zu dem Zweck, die Anrechnung von Ersatzzeiten zu ermöglichen (BT-Drucks VI/715 S 10). Diese Beiträge gelten unter den dort genannten Voraussetzungen als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge (§ 8 Abs 1 Satz 3, § 10 Abs 1 Satz 3 WGSVG). In dem erst durch das 18. RAG vom 28. April 1975 in das WGSVG eingefügten § 10a WGSVG ist eine derartige Regelung nicht enthalten, weder dahin, daß sie als Pflichtbeiträge, noch dahin, daß sie als rechtzeitig entrichtete Beiträge gelten. § 10a Abs 4 WGSVG erklärt eine Reihe von Vorschriften des § 10 WGSVG für entsprechend anwendbar, nimmt dabei § 10 Abs 1 Satz 3 WGSVG aus; das kann nur bedeuten, daß dieser Satz nicht entsprechend gelten soll, dh daß den nach § 10a WGSVG nachentrichteten Beiträgen die Gleichstellung mit rechtzeitig entrichteten Beiträgen versagt bleibt. Daß dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, bestätigt die Entstehungsgeschichte. So hebt insbesondere der Ausschußbericht (BT-Drucks VII/3235 S 6) ausdrücklich hervor, daß die nach § 10a WGSVG nachentrichteten Beiträge freiwillige Beiträge bleiben. § 10a Abs 2 WGSVG beruht nicht einmal auf einer Vermutung, daß ohne die Verfolgung überhaupt Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden wären.

Nach alledem wird eine Ersatzzeit nicht dadurch anrechenbar, daß aufgrund des § 10a Abs 2 WGSVG Beiträge für Zeiten vor der Ersatzzeit nachentrichtet werden (BSG SozR 2200 § 1251 Nr 62). Nichts anderes kann für die Anrechenbarkeit einer Ausfallzeit gelten.

Bei diesen Gegebenheiten trat nach Verkündung des 18. RAG und vor Verbuchung der vom Kläger gemäß Art 2 § 49a AnVNG entrichteten Beiträge die von ihm begehrte Umbuchung nicht als eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage, deren Wahrnehmung zu Gunsten des Klägers offenbar so zweckmäßig gewesen wäre, daß jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich genutzt hätte. Schon deshalb ist das Begehren des Klägers sachlich nicht begründet.

Die globale Behauptung des Klägers in der Revisionsbegründung, die Beklagte hätte ihn auf jeden Fall "auf die Möglichkeit einer anderen Verrechnung" der nachentrichteten Beiträge hinweisen müssen, die für ihn "günstiger gewesen" wäre, ist rechtsirrig. Welche Art der Beitragsentrichtung im Einzelfall denkbaren anderen Möglichkeiten gegenüber "günstiger" ist, wird sich in der Regel erst nach mehreren genauen, die Details des Falles berücksichtigenden Proberechnungen ermitteln lassen. Das aber in allen oder einer nicht übersehbaren Zahl von Fällen zu tun, in denen die bloße "Möglichkeit" einer "günstigeren" Beitragsentrichtung besteht, ist der Beklagten allein schon aus - auf der Hand liegenden - verwaltungstechnischen Gründen nicht zuzumuten. Im übrigen fällt die bloße Möglichkeit einer günstigeren Verteilung des für die Beitragsnachentrichtung aufzuwendenden Betrags nicht unter die Gestaltungsmöglichkeiten, die so klar zu Tage liegen, daß jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich genutzt hätte. Die günstigste Möglichkeit der Beitragsnachentrichtung zu finden, ist - zumutbar - Aufgabe des Versicherten im Vorfeld der Nachentrichtung, wobei er sich des Rates sachverständiger öffentlicher und privater Stellen bedienen kann.

Nach allem ist das angefochtene Urteil im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision hiergegen war als unbegründet zurückzuweisen und durch eine Maßgabe klarzustellen, daß das LSG bereits die Berufung in vollem Umfange sachlich hätte prüfen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656564

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