Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrung der Frist für den Antrag Selbständiger auf Versicherungspflicht in der RV. Rechtsmißbrauch durch Berufung auf Ausschlußfristen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Sozialversicherungsbehörden sind nicht verpflichtet, für den letzten Tag gesetzlicher Ausschlußfristen durch besondere Vereinbarungen mit der Bundespost und Einrichtung eines Notdienstes sicherzustellen, daß alle bis kurz vor 24.oo Uhr dieses Tages bei den Postämtern eingehenden Sendungen noch vor 24.oo Uhr ausgeliefert werden.

2. Zur Frage des Rechtsmißbrauchs bei Berufung auf eine gesetzliche Ausschlußfrist.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird der Antrag auf Versicherungspflicht in der RV nach RVO § 1227 Abs 1 S 1 Nr 9 bzw AVG § 2 Abs 1 Nr 11 durch die Post übersandt, dann trägt der Selbständige allein das Risiko des Zugangs bzw rechtzeitigen Zugangs des Antrags; bei Übersendung des Antrags mittels eingeschriebenen Briefs ersetzt die Einlegung der Benachrichtigung über den Eingang der Einschreibsendung in das Postschließfach des Rentenversicherungsträgers nicht den Zugang des Antrags selbst.

2. Die Berufung auf das Versäumen einer Ausschlußfrist ist rechtsmißbräuchlich, wenn ganz erhebliche langfristig wirksame Interessen des Bürgers auf dem Spiel stehen, während die Fristwahrung für den Versicherungsträger nur von geringfügiger Bedeutung ist; in den Fällen, in denen Anträge nach RVO § 1227 Abs 1 S 1 Nr 9 bzw AVG § 2 Abs 1 Nr 11 erst nach Dienstbeginn des dem Fristablauf folgenden ersten Werktags beim Rentenversicherungsträger eingehen, kann allerdings selbst bei langfristig wirksamen Interessen des Selbständigen ein Rechtsmißbrauch durch Berufung auf die Ausschlußfrist grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn der Rentenversicherungsträger in irgendeiner Form durch sein Verhalten die Verspätung begünstigt hat.

 

Normenkette

AnVNG Art. 2 § 1a Fassung: 1972-10-16; ArVNG Art. 2 § 1a Fassung: 1972-10-16; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 11 Fassung: 1972-10-16; RVO § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 Fassung: 1972-10-16; VwVfG § 32 Fassung: 1976-05-25; BGB § 242 Fassung: 1896-08-18; VwZG § 4 Abs. 1 Fassung: 1952-07-03

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 10.05.1977; Aktenzeichen L 2 An 580/76)

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.05.1976; Aktenzeichen S 7 An 605/75)

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der am 2. Januar 1975 bei der Beklagten eingegangene Antrag des Klägers für ihn Versicherungspflicht in der Pflichtversicherung der Selbständigen (§ 2 Abs 1 Nr 11 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) begründet hat.

Der Kläger ist selbständiger Steuerbevollmächtigter. Der letzte wirksame Beitrag ist 1974 zur Angestelltenversicherung entrichtet worden. Mit Schreiben vom 28. Dezember 1974 beantragte er die Einbeziehung in die Versicherungspflicht der selbständig Erwerbstätigen. Der Antrag wurde als Einschreibsendung am 30. Dezember 1974 11.00 Uhr in Schmitten 3 - Taunus aufgegeben. Bei der Beklagten ist er nach dem Eingangsstempel am 2. Januar 1975 eingegangen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 25. April 1975), da die Frist für die Antragstellung, die gemäß Art 2§ 1a des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) idF des Rentenreformgesetzes (RRG) am 31. Dezember 1974 ablief, versäumt worden sei.

Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 1975; Urteil des Sozialgerichts (SG) Frankfurt/Main vom 18. Mai 1976). Auf die Berufung des Klägers hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das angefochtene Urteil und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verpflichtet festzustellen, daß der Kläger ab 1. Januar 1975 als selbständiger Erwerbstätiger der Pflichtversicherung angehört (Urteil vom 10. Mai 1977). Das LSG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß der Kläger die bis 31. Dezember 1974 laufende Antragsfrist versäumt habe. Es hat jedoch angenommen, daß dem Kläger diese Fristversäumung nicht entgegengehalten werden könne. Das Interesse des Versicherungsträgers an der alsbaldigen Erfassung des auf Antrag in die Pflichtversicherung einzubeziehenden Personenkreises gebiete jedenfalls dann keine starre Handhabung der Ausschlußfrist, wenn deren Versäumung nicht im Verantwortungsbereich des Klägers liege. Das sei hier der Fall. Dem Kläger könne im Verhältnis zum Versicherungsträger nicht das Risiko des rechtzeitigen Zugangs aufgebürdet werden, wenn die Einhaltung der Ausschlußfrist für die Verwaltung von geringer Bedeutung sei und ganz erhebliche, langfristig wirksame Interessen des Bürgers auf dem Spiel stünden. Der Kläger habe das seinerseits Erforderliche getan, indem er die Einschreibsendung am 30. Dezember 1974 11.00 Uhr zur Post gegeben habe. Er habe nach einer Auskunft des Postamtes damit rechnen können, daß die Postsendung noch am 31. Dezember 1974 zur Aushändigung an den Empfänger gelangt. Dem Kläger könne auch nicht entgegengehalten werden, daß er wegen der besonderen Verhältnisse am Jahresende mit einer Verzögerung der Briefbeförderung habe rechnen müssen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BVerfGE 40, 42; 41, 23) sei auch auf Ausschlußfristen zu übertragen. Außerdem sei die Berufung auf die Versäumung der Ausschlußfrist auch deshalb rechtsmißbräuchlich, weil die Beklagte nicht das ihrerseits Erforderliche getan habe, dem Berechtigten zu ermöglichen, die Frist voll auszunutzen. Sie habe versäumt, durch einen Postnotdienst sicherzustellen, daß noch alle bis 31. Dezember 1974 24.00 Uhr eingehenden Anträge in Empfang genommen werden konnten.

Mit der Revision macht die Beklagte geltend, der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 25. Oktober 1976 - 12/3 RK 50/75 - (SozR 5486 Art 4 § 2 Nr 2) seine frühere Rechtsprechung aufgegeben und ausdrücklich betont, daß bei gesetzlichen Ausschlußfristen - und um eine solche handele es sich hier - das Übermittlungsrisiko bei der Postbeförderung von dem Antragsteller zu tragen sei. Die Beklagte habe auch nicht durch ihr Abholungsverfahren die Möglichkeiten des Zugangs in unzulässiger Weise eingeschränkt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 11. August 1976 - 10 RV 225/75 - (SozR 1500 § 84 Nr 1) bestätigt, daß es genüge, wenn die Behörde ihr Postfach letztmalig kurz vor Dienstschluß am Nachmittag leert. Im übrigen habe ein Nachtbriefkasten den Zugang von Sendungen bis 24.00 Uhr ermöglicht. Eine Berufung auf die Ausschlußfrist sei auch nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Ein solcher Fall könne nur dann vorliegen, wenn ganz erhebliche, langfristig wirksame Interessen eines Antragstellers auf dem Spiel stünden. Derartige Interessen des Klägers seien jedoch nicht berührt. Der Kläger könne lediglich nicht pflichtversichert werden. Die Möglichkeit, sich freiwillig weiterzuversichern, bleibe ihm weiterhin offen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

II.

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Der Antrag des Klägers auf Pflichtversicherung als Selbständiger vermag eine Versicherungspflicht nicht zu begründen, weil er nicht fristgerecht bei der Beklagten eingegangen ist. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Antrag nach § 2 Abs 1 Nr 11 AVG iVm Art 2 § 1a AnVNG von dem Kläger binnen einer materiell-rechtlichen Ausschlußfrist zu stellen war, die am 31. Dezember 1974 endete. Diese Frist hat der Kläger versäumt. Voraussetzung für die Fristwahrung ist, daß der Antrag innerhalb der Frist (bis einschließlich 31. Dezember 1974) der Beklagten zugeht (BSG SozR 5486 Art 4 § 2 Nr 2). Das ist nicht geschehen. Das LSG hat aus dem Eingangsstempel 2. Januar 1975 gefolgert, daß sich der Brief nicht bei den am 31. Dezember 1974 14.00 Uhr (letztmalig) vom Postamt abgeholten Sendungen befand und weitere Abholungen und Zustellungen nicht erfolgt sind. Hiergegen sind wirksame Verfahrensrügen nicht erhoben worden. Der erkennende Senat muß deshalb von diesen Feststellungen ausgehen. Ein Zugang in der Weise, daß die Einschreibsendung noch am 31. Dezember 1974 bis 24.00 Uhr in das Postfach der Beklagten gelegt worden ist, kommt nicht in Betracht. Einschreibsendungen werden nicht über Postfach zugestellt, weil sie nach § 29 Abs 3 der Postordnung dem Empfänger nur unmittelbar gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt werden dürfen. Allerdings besteht die Möglichkeit, daß noch vor Ablauf des 31. Dezember 1974 eine Benachrichtigung über den Eingang der Einschreibsendung in das Postfach der Beklagten gelegt worden ist. Der Zugang einer solchen Benachrichtigung ersetzt aber nicht den Zugang des Schriftstückes selbst. Mit der Einlegung der Benachrichtigung in das Postfach erlangt die Beklagte lediglich die Verfügungsgewalt über die Benachrichtigung. Eine Verfügungsgewalt über die Einschreibsendung, die noch im Gewahrsam der Post lagert, erwirbt sie hierdurch nicht. Über die Sendung kann sie erst verfügen, wenn aufgrund der Benachrichtigung die Einschreibsendung abgeholt wird. Der Zugang des vom Kläger per Einschreiben an die Beklagte übersandten Antrages setzte also entweder eine Zustellung bei der Beklagten oder eine Abholung vom Postschalter voraus. Beides hat nach den Feststellungen des LSG am 31. Dezember 1974 nach 14.00 Uhr nicht mehr stattgefunden.

Die Beklagte ist auch nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Versäumung der Ausschlußfrist zu berufen. Sie war nicht verpflichtet, über die Unterhaltung des Postfachs und eines Nachtbriefkastens hinaus noch durch Einrichtung eines Notdienstes und eine entsprechende Vereinbarung mit der Bundespost sicherzustellen, daß die Sendungen um 24.00 Uhr abgeholt werden können, die bis zu diesem Zeitpunkt in Berlin eingetroffen sind und zur Aushändigung an die Beklagte bereitgestellt werden konnten. Sie mußte lediglich die Möglichkeit eröffnen, daß die Frist bis 24.00 Uhr genutzt wurde. Das ist durch die Unterhaltung eines Nachtbriefkastens und des Postschließfaches geschehen. Für weitere Verpflichtungen fehlt die gesetzliche Grundlage. Es war deshalb Sache des Klägers, durch die Wahl der Beförderungsart (einfacher Brief, Eilbrief, Telegramm) den fristgerechten Zugang bei der Beklagten sicherzustellen. Für Verzögerungen der Postbeförderung trägt bei materiell-rechtlichen Ausschlußfristen der Antragsberechtigte das Risiko (BSG SozR 5486 Art 4 § 2 Nr 2; BSG Urteil vom 1. Februar 1979 - 12 RK 33/77 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Dieses Risiko kann ihm auch nicht im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgenommen werden. Die vom LSG zitierte Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 40, 42; 41, 23) bezieht sich auf Verfahrensfristen und ist - wie das LSG zutreffend hervorgehoben hat - mit den Rechtsschutzgarantien des Grundgesetzes (Art 19 Abs 4 GG) begründet worden. Derartige Gründe können für die Abgabe materiell-rechtlicher Erklärungen, die an eine Ausschlußfrist gebunden sind, nicht herangezogen werden. Für den fruchtlosen Ablauf einer materiell-rechtlichen Ausschlußfrist ist die maßgebend gewesene Ursache grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl BSG SozR 5486 Art 4 § 2 Nr 2).

Auch die Vorschrift des § 32 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ändert hieran nichts. Der Senat kann offen lassen, ob und inwieweit von dieser Vorschrift auch die materiell-rechtlichen Ausschlußfristen erfaßt werden. Die Regelung des § 32 VwVfG gilt jedenfalls nicht für Angelegenheiten der Sozialversicherung. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob § 32 VwVfG und § 110 der Abgabenordnung vom 16. März 1976 - BGBl I 613 (AO 77) Ausdruck eines nunmehr für alle Bereiche des Verwaltungsverfahrens gültigen allgemeinen Grundsatzes sind. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift scheitert hier schon allein daran, daß es sich bei beiden Vorschriften um neue Regelungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand handelt, die erst mit ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 1977 Gültigkeit erlangt haben.

Schließlich ist die Beklagte unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auch nicht deshalb gehindert, sich auf die Ausschlußfrist zu berufen, weil etwa ganz erhebliche, langfristig wirksame Interessen des Klägers auf dem Spiel stehen und die Verwaltung nur ein geringfügiges Interesse an der Fristwahrung haben kann (BSG SozR 4100 § 72 Nr 2 S 4; SozR 5486 Art 4 § 2 Nr 1). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 1. Februar 1979 - 12 RK 33/77 - darauf hingewiesen, daß ein geringfügiges Interesse der Verwaltung bei Erklärungen der hier vorliegenden Art nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden kann. Der Gesetzgeber bringt durch die Bindung von rechtsgestaltenden Erklärungen an eine gesetzliche Ausschlußfrist zum Ausdruck, daß er in besonderem Maße die Sicherstellung der Rechtsklarheit erreichen will. Es soll zu einem bestimmten Zeitpunkt klar sein, welche Erklärungen wirksam sind und welche nicht. Unter diesem Gesichtspunkt könnte allenfalls erwogen werden, Verzögerungen dann für unbeachtlich anzusehen, wenn die Sendung zwar verspätet, aber noch in einem Zeitpunkt eintrifft, zu dem die Behörde ohnehin noch nicht wieder den Dienstbetrieb aufgenommen hatte. Für Sendungen, die nach Dienstbeginn am ersten Tage nach Fristablauf eingehen, läßt sich indes eine Nachsicht regelmäßig nicht rechtfertigen, weil die erforderliche Rechtsklarheit allenfalls durch eine andere starre Grenze herbeigeführt werden könnte, für deren Festlegung gesetzliche Anhaltspunkte fehlen und eine nach den individuellen Verhältnissen und dem jeweiligen Gewicht der Belange des Klägers abgestufte Nachsicht die vom Gesetzgeber beabsichtigte Rechtsklarheit zunichte machen würde. In Fällen, in denen die Sendungen erst nach Dienstbeginn des dem Fristablauf folgenden ersten Werktages eintreffen, kommt deshalb auch bei langfristig wirksamen Interessen des Antragstellers - wie sie hier in der Tat vorliegen - ein Verstoß gegen Treu und Glauben durch Berufung auf die Ausschlußfrist regelmäßig nur noch in Betracht, wenn die Behörde in irgendeiner Form durch ihr Verhalten die Verspätung begünstigt hat. Diese Voraussetzungen liegen indessen hier nicht vor.

Mit dieser Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Beschluß des Großen Senats des BSG vom 9. Juni 1961 (BSGE 14, 246). In der damaligen Entscheidung ging es um die Wahrung einer Frist für Versorgungsanträge (§ 58 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes aF). Der Große Senat hat dort ausgeführt, daß diese Ausschlußfrist nur den Sinn habe, einen Überblick über den Umfang der Versorgungslast zu ermöglichen und die Verwaltung vor Aufklärungsschwierigkeiten für weit zurückliegende Vorgänge zu schützen. Unter diesen Voraussetzungen hat der Große Senat entschieden, daß die Anwendung der Fristvorschrift ihrer Funktion nicht gerecht wird, wenn die Voraussetzungen des verspätet angemeldeten Anspruchs zweifelsfrei gegeben sind. Diese Rechtsprechung läßt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, weil die Antragsfrist des Art 2 § 1a AnVNG nicht den Sinn hat, Beweisschwierigkeiten für weit zurückliegende Vorgänge auszuschließen. Es handelt sich hier vielmehr um eine zeitliche Begrenzung für die Ausübung eines Rechts, das an aktuelle Rechtsverhältnisse anknüpft. Da diese Rechtsausübung sehr wesentlich auch den Status des Berechtigten innerhalb der Sozialversicherung betrifft, besteht ein besonderes Bedürfnis nach Rechtsklarheit und nach eindeutiger Festlegung, wer zum Kreis der Berechtigten gehört und wer nicht. Außerdem geht es hier nicht um die Geltendmachung eines Leistungsanspruchs, dessen materielle Voraussetzungen eindeutig vorliegen, sondern um die Abgabe einer Erklärung, mit der der Berechtigte unter verschiedenen Möglichkeiten einer Invaliditäts- und Alterssicherung wählt. Es handelt sich also um aktive Gestaltungsrechte, die überhaupt erst die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Pflichtversicherung schaffen und damit im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen größere Bedeutung haben, als die Anmeldung von Leistungsansprüchen. Auch aus diesem Grunde kann für den vorliegenden Fall auf die Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 9. Juni 1961 nicht zurückgegriffen werden.

Der Vortrag des Klägers in seiner Klageschrift, er habe die (dem Gesetzeswortlaut entsprechende) Mitteilung der Beklagten in ihrem Sondermerkblatt: "Die Frist von 2 Jahren für die Stellung des Antrags auf Versicherungspflicht läuft frühestens am 31. Dezember 1974 ab", dahin gedeutet, daß bis zu diesem Zeitpunkt der Antrag lediglich zur Post gegeben werden müsse, kann der Beklagten nicht angelastet werden. Dabei kann dahinstehen, ob ein Rechtsunkundiger sich darauf berufen könnte, daß die Beklagte es versäumt hat, den Gesetzeswortlaut näher zu erläutern. Der Kläger als in Rechtsangelegenheiten Erfahrener kann sich jedenfalls hierauf nicht berufen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1653712

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