Leitsatz (amtlich)

1. Der in DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 9 Abs 2 Nr 3 (Fassung: 1968-02-28) formulierte Grundsatz, daß Vermögenserträge nur insoweit Einnahmen aus früherer selbständiger Tätigkeit sind, als sie aus einem vom Beschädigten erarbeiteten Vermögen fließen, beherrscht auch Inhalt und Tragweite der allgemeinen Regelung in DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 9 Abs 1 Halbs 1 Buchst b.

2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Altenteilseinkünfte als Einnahmen aus einer früheren selbständigen Tätigkeit (DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 9 Abs 1 Halbs 1 Buchst b, Abs 2 Nr 3) anzusehen sind.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3 Fassung: 1970-07-10, Abs. 4 Fassung: 1966-12-28; BVG§30Abs3u4DV § 9 Abs. 1 Hs. 1 Buchst. b Fassung: 1968-02-28, Abs. 2 Nr. 3 Fassung: 1968-02-28

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 1974 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte außer vertraglich vereinbarten Altenteilsleistungen noch weitere Einkünfte aus einer Hofüberlassung als Bruttoeinkommen auf den Berufsschadensausgleich anrechnen darf.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des während des Revisionsverfahrens im Alter von 60 Jahren verstorbenen Carsten L (L.). Sie hat das durch den Tod des L. am 28. Mai 1975 unterbrochene Verfahren aufgenommen und fortgesetzt. L., der im Januar 1945 durch Verwundung das rechte Bein verlor, war vor dem Wehrdienst landwirtschaftlicher Gehilfe gewesen; nach dem Kriege übernahm er die Bewirtschaftung des 24 ha umfassenden väterlichen Bauernhofes, den er zusammen mit drei Geschwistern geerbt hatte; nach der Erbauseinandersetzung, bei der die Geschwister sich mit dem im Nachlaß vorhandenen Bargeld begnügten, war L. Alleineigentümer des Hofes. Ab 1954 hatte er den größten Teil der Landwirtschaft verpachtet. Im Februar 1968 verpachtete L. das Anwesen für 10 Jahre an seinen Sohn Jens-Uwe L. gegen freie Wohnung und eine monatliche Leistung von 120,- DM, übergab es aber bereits im November 1968 diesem Sohn, der dann Anfang 1969 als Eigentümer eingetragen wurde, gegen freie Wohnung und einen Jahresbetrag von 300,- DM für Feuerung; diese vereinbarten Leistungen sollen später - nach einer im Berufungsverfahren eingeholten amtlichen Auskunft - durch Gewährung weiterer Naturalbezüge aufgestockt worden sein.

L. bezog Versorgungsrente - seit 1956 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 90 v. H. - und ab 1. Januar 1964 Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung eines Vergleichseinkommens nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes. Das Versorgungsamt (VersorgA) berücksichtigte im Bescheid vom 28. April 1969 über die Höhe des Berufsschadensausgleichs für 1968 als Bruttoeinkommen ab Februar 1968 folgende Einkünfte des L.: DM 75,- landwirtschaftliches Altersgeld, DM 137,40 Sozialversicherungsrente sowie als Altenteil die Sachwertbezüge für freie Kost und Wohnung, Heizung und Beleuchtung und eine monatliche Barleistung von DM 75,-. Der Widerspruch, mit dem sich L. gegen den zusätzlichen Ansatz von Kost, Heizung, Beleuchtung und eines Barbetrags von 75,- DM wandte, blieb ohne Erfolg, weil der Gesamtwert des vereinbarten Altenteils nicht dem Wert des übereigneten Hofes entspreche und L. somit im Überlassungsvertrag ohne verständigen Grund auf ein angemessenes Altenteil verzichtet habe (Bescheid vom 16. September 1969).

Während des Klageverfahrens, in dem L. geltend machte, es sei fraglich, ob Altenteilsleistungen überhaupt als Einkünfte aus früherer selbständiger Tätigkeit zu werten seien, jedenfalls dürfe nichts angerechnet werden, was nicht vertraglich vereinbart worden sei, erließ das VersorgA mit Wirkung vom 1. April 1969 einen Neufeststellungsbescheid, worin wiederum fiktive Altenteilsleistungen berücksichtigt wurden (Bescheid vom 25. März 1971). Das Sozialgericht (SG) verurteilte den Beklagten antragsgemäß unter Aufhebung bzw. Änderung der angefochtenen Bescheide zur Erteilung eines neuen Bescheides mit der Maßgabe, als Einnahmen aus der Hofüberlassung lediglich den Wert der freien Wohnung und eines Betrages von 300,- DM jährlich für Feuerung bei der Errechnung des Bruttoeinkommens zu berücksichtigen (Urteil vom 29. Oktober 1971). Gegen dieses Urteil legten der Beklagte die zugelassene Berufung und L. unselbständige Anschlußberufung ein, mit der er die Nichtanrechnung von Altenteilsleistungen auf den Berufsschadensausgleich begehrte. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufungen zurück (Urteil vom 19. Dezember 1974): Die Anschlußberufung stelle eine Klageänderung dar, die mangels Einwilligung des Beklagten und Zustimmung des Gerichts unzulässig sei. Das SG habe zutreffend - entgegen der vom Beklagten ursprünglich vertretenen Ansicht - nicht § 1 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), sondern § 9 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG angewandt. Das Fehlen einer dem § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 9 DVO zu § 33 BVG entsprechenden Bestimmung in § 9 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG trage bewußt der unterschiedlichen Zweckbestimmung der Ausgleichsrente einerseits und des Berufsschadensausgleichs andererseits Rechnung und führe zu einer unterschiedlichen Berechnung des Bruttoeinkommens bei diesen beiden Versorgungsleistungen. Altenteilsleistungen seien nicht als Einnahmen aus einer früheren selbständigen Tätigkeit, insbesondere nicht als Einnahmen aus Vermögen anzusehen, das der Beschädigte mit Einkünften aus früherer Erwerbstätigkeit geschaffen habe, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern (§ 9 Abs. 1 b, Abs. 2 Nr. 3 DVO). Deshalb könne auch § 9 Abs. 4 DVO mindestens in dem streitigen Umfang (Differenz zwischen vereinbartem und "angemessenem" Altenteil) nicht mit dem Ziel einer fiktiven Erhöhung des Bruttoeinkommens herangezogen werden. L. habe den übergebenen Besitz, der einem Erbgang unter Verzicht weichender Erben gegen Barabfindung aus Nachlaßgeldern entstamme, zusammen mit seiner Familie im wesentlichen nur in seinem Bestand erhalten. Eine Schaffung von Vermögen im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO habe nach dem Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 21. Februar 1969 (BVBl. 1969, 44) nicht vorgelegen. Selbst wenn es sich bei dem übergebenen Besitz teilweise um erworbenes Vermögen handle, würde die Wertrelation zwischen ererbtem Vermögen und geschaffenen Verbesserungen jedenfalls eine Begrenzung des anrechnungspflichtigen Bruttoeinkommens auf die vereinbarten Altenteilsleistungen zulassen; die vereinbarte Beschränkung gegenüber einem üblichen oder zumutbaren Altenteil sei also keineswegs als Minderung des Bruttoeinkommens ohne verständigen Grund anzusehen. In § 9 Abs. 2 DVO werde ausdrücklich bestimmt, was unter Einnahmen im Sinne von § 9 Abs. 1 Buchst. b DVO zu verstehen sei; deshalb sei es nicht zulässig, daraus ersichtliche Einschränkungen unbeachtet zu lassen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision möchte der Beklagte klären lassen, ob Altenteilsleistungen, die nicht vertraglich vereinbart sind, bei der Berechnung des Bruttoeinkommens des L. zu berücksichtigen waren. Er meint, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handle es sich bei Altenteilsleistungen nicht speziell um Einnahmen aus Vermögen im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO, sondern allgemein um Bruttoeinkommen aus früherer selbständiger Tätigkeit nach § 9 Abs. 1 b DVO. Die Aufzählung in § 9 Abs. 2 DVO sei nicht abschließend, sie erfasse nicht alle Möglichkeiten der Alterssicherung. Auf die Art und Weise, wie der Übergeber den Betrieb erlangt habe, komme es nicht an; entscheidend sei, daß er ihn funktionstüchtig erhalten und übergeben habe, wofür er eine Alterssicherung als Gegenleistung beanspruchen könne. Die Höhe des Altenteiles werde wesentlich von der Leistungsfähigkeit und der Größe des Betriebes bestimmt; die Leistungsfähigkeit sei aber im wesentlichen die Folge der in den Betrieb hineingesteckten Arbeitskraft. Auch bei einem ererbten Betrieb sei also das Altenteil als Ergebnis einer früheren selbständigen Tätigkeit anzusehen, wobei für seine Höhe der Zustand und die wirtschaftliche Ertragslage des Hofes maßgebend seien. Angesichts der guten Ertragslage des von L. an seinen Sohn übergebenen Hofes bedeute die Altenteilsbegrenzung im Überlassungsvertrag einen Verzicht, der ohne verständigen Grund zur Minderung des Bruttoeinkommens führe. Selbst wenn man mit dem LSG den Streitfall allein unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO beurteile, reiche die gegebene Begründung für die getroffene Entscheidung nicht aus. Denn L. habe das Anwesen nur zu einem Viertel geerbt und im Rahmen der Erbauseinandersetzung drei Viertel an seine Geschwister ausbezahlt. Seiner Tätigkeit sei es deshalb überwiegend zu danken, wenn der Hof in seinem Bestand habe erhalten und wirtschaftlich gesund habe übergeben werden können. Deshalb habe es sich nicht um "müheloses Einkommen" gehandelt, vielmehr habe L. zu dem ererbten Viertel weitere drei Viertel erarbeitet, so daß die Effektivität der eingesetzten Arbeitskraft im Vordergrund gestanden habe. Das LSG habe überdies verfahrensfehlerhaft nicht geklärt, ab wann L. ein höheres als das vertraglich vereinbarte Altenteil bezogen habe.

Der Beklagte beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aF statthafte Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

Da nur der Beklagte Revision gegen das Urteil des LSG eingelegt hat, ist nicht mehr streitig, ob vertraglich vereinbarte Altenteilsleistungen überhaupt als derzeitiges Bruttoeinkommen im Sinne von 9 § DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 (BGBl I 194) bei der Ermittlung des Einkommensverlustes zu berücksichtigen sind. Das Revisionsgericht hat deshalb auch nicht darüber zu befinden, ob das LSG die Anschlußberufung des L. zu Recht (vgl. BSG 24, 247 ff) zurückgewiesen hat. Da der Beklagte die ursprünglich vertretene Rechtsauffassung, die DVO zu § 33 BVG sei hier zumindest entsprechend anzuwenden, aufgegeben hat, braucht der Senat hierauf ebenfalls nicht einzugehen (vgl. übrigens SozR Nr. 3 zu § 9 DVO 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG; Rdschr. BMA vom 21.2.1969, Nr. 4 Satz 3, BVBl 1969, 44). Im Streit steht danach nur noch, ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, außervertragliche Leistungen des Hofübernehmers an L., die jener hätte erbringen können oder sogar ab einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt bis zum Tode des L. tatsächlich erbracht hat als "Bruttoeinkommen" beim Berufsschadensausgleich des L. anzusehen.

Als Rechtsgrundlage für die Beantwortung der streitigen Frage kommt ausschließlich § 9 DVO 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG in Betracht, nachdem § 10 DVO für Fälle der hier gegebenen Art keine Ausnahmen vorsieht. Im Unterschied zu § 1 Abs. 3 Nr. 9 und § 3 DVO zu § 33 BVG, also im Gegensatz zu Bestimmungen, die hier unanwendbar sind, werden sogenannte Altenteilsleistungen in § 9 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht aufgeführt. Dies entspricht, wie das LSG zutreffend dargelegt hat, der unterschiedlichen Motivation der Ausgleichsrente einerseits (Bedürftigkeitsprinzip) und des Berufsschadensausgleichs andererseits (Schadensersatzprinzip). Wegen dieser rechtssystematischen Verschiedenheit können Einkünfte, die nicht durch eigene Arbeitsleistung, sondern als Vermögenserträge erzielt werden (z. B. Einkünfte aus Haus- und Grundbesitz oder aus Kapitalvermögen) zwar die volle Ausgleichsrente mindern (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 DVO zu § 33 BVG), beim Berufsschadensausgleich hingegen paßt eine Berücksichtigung solcher Einkünfte - auch bei selbständig Tätigen - nicht ins System. Da diese Versorgungsleistung allein dem Ausgleich für die durch Schädigungsfolgen beeinträchtigte Arbeitsleistung, nicht aber einem Ausgleich für entgangene Kapitalnutzung dienen soll, sind bei Ermittlung des Vergleichseinkommens in besonderen Fällen (§ 6 Abs. 2 DVO 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG) aus Kapitalnutzung entstandene Gewinne nicht zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 19.12.1969, KOV 1970, 111 Nr. 1931); entsprechendes gilt grundsätzlich auch für die Ermittlung des derzeitigen Bruttoeinkommens (Vorberg/van Nuis IV Beschädigtenversorgung Anm. 1 b zu § 9 DVO, S. 136).

Dieser Grundsatz wird in § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO nicht durchbrochen, sondern lediglich modifiziert. Die in der DVO 1964 noch nicht vorgesehene Berücksichtigung von "Einnahmen aus Vermögen" beim derzeitigen Bruttoeinkommen gilt nicht uneingeschränkt, sondern ausschließlich für solches Vermögen, "das der Beschädigte mit Einkünften aus einer früheren Erwerbstätigkeit geschaffen hat, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern". Ob diese Regelung wegen allgemeiner Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Gesetz nur sehr eng ausgelegt werden darf und ob insbesondere die Auslegung, die ihr der BMA im Rundschreiben vom 21. Februar 1969 (BVBl 1969, 44) gegeben hat, schon zu weit geht (so Günther KOV 1969, 118), braucht aus Anlaß dieses Rechtsstreits nicht entschieden zu werden. Denn auch wenn man die Ausführungen unter Abschnitt 3 b und c dieses Rundschreibens als gesetzeskonforme Interpretation zugrunde legt, erweist sich der vom Beklagten vertretene Standpunkt als unhaltbar. Nach Meinung des BMA sollen nämlich Einnahmen aus Erbschaften von vornherein nicht unter § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO fallen, während es zu dem hier speziell interessierenden Fallbereich des Erwerbs von landwirtschaftlichem Besitz durch den erbberechtigten Beschädigten heißt, ein solcher Erwerb unter Lebenden gegen Austragsleistungen oder Auszahlung an Geschwister komme als "geschaffenes Vermögen" im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO schon deshalb nicht in Betracht, weil Austragsleistungen regelmäßig keine Aufwendungen zum Erwerb darstellten. Eine Heranziehung dieser Auslegungskriterien auf den vom LSG - unangefochten - festgestellten Sachverhalt ergibt folgendes: L., der den Bauernhof zunächst als Miterbe mit drei Geschwistern von seinem Vater übernahm, hatte zum Erwerb des Alleineigentums am Hof keine Einkünfte aus dem übernommenen Betrieb aufgewendet, sondern lediglich den Geschwistern das ererbte Bargeld überlassen. Das schließlich von L. erlangte alleinige Hofeigentum war also schon objektiv nicht "mit Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit geschaffen", so daß die subjektive Komponente des § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO (Zweckbestimmung einer Sicherung des Lebensunterhalts) hier gar keiner näheren Erörterung bedarf.

Die Argumente, mit denen der Beklagte trotz dieser Ausgangslage eine Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO zu rechtfertigen versucht, mögen in besonders gelagerten Fällen durchgreifen, so wenn etwa ein kriegsbeschädigter Landwirt den ererbten Besitz durch außergewöhnlich intensive und erfolgreiche Bewirtschaftung wesentlich vergrößert und dann später seinem Nachfolger einen Hof übertragen kann, der an Umfang und wirtschaftlicher Leistungskraft im Vergleich zu früher erheblich gestärkt worden ist. Für derartige Anhaltspunkte bringt indessen der Revisionsvortrag keine hinreichende Substantiierung; letztlich besagt er vielmehr nur, daß L. nach Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten "den Hof nicht nur in seinem Bestand erhalten, sondern ihn auch 1968 in wirtschaftlich gesundem Zustand an seinen Sohn weitergeben" konnte. Diese Argumentation bestätigt im Grunde genommen nur den vom LSG gezogenen Schluß, daß L. in der Zeit seiner aktiven Erwerbstätigkeit das ererbte Vermögen nicht nennenswert erweitert, sondern es nur in seinem Bestand erhalten hat. Ein größerer Erfolg der Unternehmertätigkeit war in Anbetracht der Schädigungsfolgen, die eine gesteigerte Mithilfe der Familienangehörigen und von 1954 an die Verpachtung des größten Teils der Ländereien bedingt haben dürften, auch schwerlich zu erwarten. Deshalb haben die Vorinstanzen mit Recht entschieden, daß bei der Ermittlung des für den Einkommensverlust maßgebenden Bruttoeinkommens jedenfalls solche Altenteilsleistungen, die nicht im Hofüberlassungsvertrag vom 25. November 1968 aufgeführt waren, keine nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO zu berücksichtigenden Einnahmen darstellten.

Die Revision meint allerdings, der von ihr vertretene Standpunkt rechtfertige sich vorzugsweise durch die generelle Bestimmung des § 9 Abs. 1 Halbsatz 1 Buchst. b DVO 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG, der neben der in Abs. 2 enthaltenen - nicht erschöpfenden - Aufzählung eine eigenständige Bedeutung zukomme. Dieser Auffassung kann insoweit beigepflichtet werden, als § 9 Abs. 2 DVO nach seinem Wortlaut eine nicht abschließende Aufzählung darstellt, so daß durchaus Einkünfte, die darin nicht ausdrücklich genannt sind, als Einnahmen aus früherer selbständiger Tätigkeit gewertet werden können, was der BMA z. B. hinsichtlich der Landabgaberente annimmt (Rundschreiben vom 21.2.1972 BVBl 1972, 28 Nr. 18). Speziell zur Funktion des § 9 Abs. 2 Nr. 3 DVO im Gesamtrahmen der durch § 9 getroffenen Regelungen erscheint es indessen bedeutsam, daß die 1968 erfolgte Einfügung dieser Bestimmung in den Abs. 2 des § 9 nur eine Klarstellung, nicht aber eine Änderung der Rechtslage gebracht hat (vgl. SozR 3640 § 9 Nr. 1). Der allgemeine Grundgedanke, daß (nur) Einkünfte aus dem vom Beschädigten objektiv "erarbeiteten" und subjektiv zur späteren Sicherung des Lebensunterhalts bestimmten Vermögen als Einnahmen aus früherer Tätigkeit dem derzeitigen Bruttoeinkommen zuzurechnen sind, ist bis auf die DVO 1961 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG zurückzuverfolgen (vgl. BMA Rundschreiben vom 25.8.1961 BVBl 1961, 127, 129 - zu § 7 DVO). Unbeschadet der sicherlich nur beispielhaften Aufzählung von Einkommensarten in Abs. 2 ist also anzunehmen, daß die in diesem - jetzt durch die Nr. 3 klar hervorgehobenen - Grundgedanken enthaltene Einschränkung auch der in § 9 Abs. 1 Halbsatz 1 Buchst. b getroffenen allgemeinen Regelung immanent ist; dies um so mehr, als der hier herangezogene Maßstab der "eigenen Arbeitsleistung" ohnehin dafür spricht, daß Einnahmen, die an sich mit einer früheren selbständigen Tätigkeit verknüpft erscheinen können, dann nicht als derzeitiges Bruttoeinkommen in Betracht kommen, wenn es sich um Erträge eines nicht durch Arbeit geschaffenen, sondern eines ererbten, während der selbständigen Tätigkeit genutzten und im Bestand erhaltenen Vermögens handelt. Weshalb für die Landwirte, deren Lebensunterhalt nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben typischerweise durch das Altersgeld (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 DVO) und die Altenteilsleistungen gesichert wird, bei den letzteren ein anderer Maßstab anzulegen sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Aufgrund dieser Erwägungen bedarf es keiner Stellungnahme zu der von der Revision erhobenen Sachaufklärungsrüge, auch die Ausführungen des Beklagten zur Anwendbarkeit des § 9 Abs. 4 DVO 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG können unerörtert bleiben. Die Revision des Beklagten ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Über den Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides, den L. am 26. April 1971 gestellt hat, wird der Beklagte noch entscheiden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1646890

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