Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz. Familienheimbau. vorbereitende Selbsthilfearbeiten. Zuständigkeit. Gemeindeunfallversicherungsverband

 

Orientierungssatz

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Gemeindeunfallversicherungsverbandes wegen Feststellung seiner Zuständigkeit nach § 657 Abs 1 Nr 8 RVO für die Entschädigung eines Unfalles bei nach § 539 Abs 1 Nr 15 S 2 RVO unfallversicherten vorbereitenden Selbsthilfearbeiten (in der Scheune eines landwirtschaftlichen Unternehmens) wurde abgelehnt, weil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt wurde.

 

Normenkette

RVO § 657 Abs. 1 Nr. 8, § 539 Abs. 1 Nr. 15 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 16.10.1991; Aktenzeichen L 3 U 320/88)

 

Gründe

In dem Rechtsstreit um die Frage, welcher der beteiligten Unfallversicherungsträger den Arbeitsunfall des Beigeladenen zu 1) vom 19. Februar 1983 entschädigen muß, hat das Sozialgericht (SG) Kassel festgestellt, daß der beigeladene Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV) zuständiger Unfallversicherungsträger ist (Urteil vom 9. Februar 1988 - S 3 U 107/86 -). Dessen Berufung hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 16. Oktober 1991 - L 3 U 320/88 -). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der Unfall habe sich bei dem Entfernen von Heu- und Strohresten als Vorbereitung einer Scheune zur Durchführung von Umbauarbeiten iS des § 539 Abs 1 Nr 15 Reichsversicherungsordnung (RVO) ereignet. Dabei habe es sich um unfallversicherte Selbsthilfearbeiten zwischen Verschwägerten bei der Aufschließung des Baugeländes iS des § 539 Abs 1 Nr 15 Satz 2 RVO gehandelt.

Die Beschwerde des beigeladenen GUV gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Die Beschwerde war deshalb entsprechend § 169 SGG und mit der Kostenfolge entsprechend § 193 SGG zu verwerfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung erfordert § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54, 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNr 177 mwN). Daran fehlt es der Beschwerde.

1. Zur Begründung der Grundsätzlichkeit einer Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39). Eine vom Revisionsgericht bereits geklärte Rechtsfrage ist im Regelfall nicht mehr klärungsbedürftig, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist trotzdem klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65; Krasney/Udsching aaO IX RdNr 65). Das muß substantiiert vorgetragen werden (BSG SozR aaO; BVerfG Beschluß vom 18. Dezember 1991 - 1 BvR 1411/91 -). Demgemäß muß der Beschwerdeführer, welcher die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen hat, aufzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching aaO IX RdNrn 65 und 66).

Der Beschwerdebegründung fehlt es dagegen sowohl an der schlüssigen Darlegung der über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung der Rechtssache als auch an der ausreichenden Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 539 Abs 1 Nr 15 RVO. Der Beschwerdeführer mißt folgender Rechtsfrage besondere Bedeutung bei: "Handelt es sich beim Reinigen eines Scheunenbodens mit Heugabel und Besen um bauvorbereitende Arbeiten, dh um Tätigkeiten beim Bau eines Familienheimes ... im Rahmen der Selbsthilfe iS des § 539 Abs 1 Nr 15 RVO?" Dazu führt der Beschwerdeführer an, das LSG habe die Meinung vertreten, der Beigeladene zu 1) sei bei der Vorbereitung der Scheune zur Durchführung der Umbauarbeiten verunglückt, und es habe sich dabei um Selbsthilfearbeiten iS des § 539 Abs 1 Nr 15 Satz 2 RVO gehandelt. Diese Rechtsmeinung geht von Rechtsgrundsätzen aus, die das BSG bisher schon vertreten hat (s aus der jüngeren Rechtsprechung: BSG; Urteile vom 3. Januar 1986 - 2 RU 65/84 - in BAGUV RdSchr 26/86; HV-Info 1986, 409; vom 11. August 1988 - 2 RU 77/87 - in BAGUV RdSchr 61/88; HV-Info 1988, 2063; BSGE 64, 29 - jeweils mwN). Es kann sich danach darum handeln, daß das LSG ausgehend von den Rechtsgrundsätzen des BSG aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und gestützt auf die im Beschwerdeverfahren nicht nachprüfbare Würdigung der tatsächlichen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beigeladene zu 1) sei bei einer nach § 539 Abs 1 Nr 15 RVO versicherten Tätigkeit verunglückt. Angesichts dessen fehlt der Beschwerdebegründung die notwendige Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG, warum das trotzdem nicht so ist und worin angesichts der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung die allgemeine Bedeutung der Rechtssache liegt (s dazu den Beschluß des Senats vom 30. Oktober 1991 - 2 BU 112/91 -).

2. Für eine schlüssige Darlegung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG fehlt es der Beschwerdebegründung an der genauen Bezeichnung eines entscheidungserheblichen Rechtssatzes, mit dem das LSG von einer tragenden rechtlichen Aussage einer Entscheidung des BSG abgewichen ist; insbesondere ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, an welcher Stelle des LSG-Urteils der Rechtssatz aufgestellt sein soll, die versicherte Selbsthilfe müsse nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der Durchführung des Bauvorhabens stehen und ihr nicht unmittelbar dienen. Eine im Ergebnis nur rechtsirrige Anwendung der vom BSG herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze vermag keinen Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG darzustellen.

3. Schließlich hat der Beschwerdeführer auch nicht schlüssig eine Verletzung des § 75 Abs 2 SGG bezeichnet, da die von ihm dargestellte Abhängigkeit der Beitragsgestaltung des landwirtschaftlichen Unternehmers von der angefochtenen Entscheidung nicht bestehen kann. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, daß entgegen der Meinung des Beschwerdeführers § 725 Abs 2 RVO in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung nicht gilt (s § 802 RVO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1655162

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