Abbildung 2: Workflow der Arbeits-und Bewertungsschritte der AU-Begutachtung durch den Medizinischen Dienst

Erläuterungen zu den Arbeits- und Bewertungsschritten

Die nachfolgenden Arbeits- und Bewertungsschritte sind im Rahmen des Prozesses der sozialmedizinischen Begutachtung zu berücksichtigen. Der Umfang der Dokumentation der relevanten Befunde und der sozialmedizinischen Bewertung richtet sich nach dem Begutachtungsanlass und dem Begutachtungsergebnis. Es ist nicht erforderlich, jeden einzelnen Arbeits- und Bewertungsschritt zu dokumentieren. Näheres zum notwendigen Dokumentationsumfang ergibt sich je nach Art der Begutachtung aus Kapitel 4 Gutachtliche Stellungnahme.

Die gezielten Fragestellungen der Krankenkasse sind zu beachten.

Legende zu 1): Ist der Grund für die Arbeitsverhinderung generell geeignet, Leistungen der GKV bei Arbeitsunfähigkeit auszulösen?

Es geht hier im Wesentlichen um die Frage, ob ggf. andere Sozialleistungsträger zuständig sind oder Sachverhalte vorliegen, die nach der AU-Richtlinie nicht als AU anzusehen sind.

AU liegt nach § 3 der AU-Richtlinie nicht vor:

  • bei Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes (Muster 21),
  • für Zeiten, in denen ärztliche Behandlungen zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken stattfinden, ohne dass diese Maßnahmen selbst zu einer AU führen,
  • bei Inanspruchnahme von Heilmitteln (z. B. Maßnahmen der physikalischen Therapie),
  • bei Teilnahme an ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation oder rehabilitativen Leistungen anderer Art (Rehabilitationssport, Funktionstraining u. a.),
  • bei Durchführung von ambulanten und stationären Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, es sei denn, vor Beginn der Leistung bestand bereits AU und diese besteht fort oder die AU wird durch eine interkurrente Erkrankung ausgelöst,
  • wenn Beschäftigungsverbote nach dem Infektionsschutzgesetz oder dem Mutterschutzgesetz (Zeugnis nach § 16 Abs. 1 MuSchG) ausgesprochen wurden (Ausnahmeregelung für schwangere Arbeitslose),
  • bei kosmetischen und anderen Operationen ohne krankheitsbedingten Hintergrund und ohne Komplikationen oder
  • bei einer nicht durch Krankheit bedingten Sterilisation.

Resultiert die AU – unmittelbar aus den vorliegenden Daten erkennbar – aus

  • einem anerkannten Arbeitsunfall,
  • einer anerkannten Berufskrankheit oder
  • einem anerkannten Versorgungsleiden (siehe 2.1.5 AU mit besonderen Ursachen/Abgrenzung der Zuständigkeiten),
  • einer über das regelmäßig entstehende Maß hinausgehenden Beeinträchtigung nach einer Lebendorganspende/Blutstammzellspende,

ist auf diesen Umstand hinzuweisen. Entsprechendes gilt, wenn die Gutachterin oder der Gutachter abweichend von der Einschätzung der Gesetzlichen Unfallversicherung einen solchen rechtlich wesentlichen Zusammenhang vermutet.

Bei erwerbsfähigen Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern nach dem SGB II sind die Zweifel des Jobcenters an der AU trotz fehlender Leistungszuständigkeit der GKV zu klären, wenn der Medizinische Dienst hiermit beauftragt wird.

Legende zu 2): Hinweis auf fehlende Zuständigkeit der GKV

Sollte keine AU entsprechend der AU-Richtlinie vorliegen oder lässt sich gutachtlich unmittelbar erkennen, warum die GKV ggf. nicht zuständig ist, ist dies im Rahmen der gutachtlichen Stellungnahme auszuführen.

Abzugrenzen von Fällen, in denen keine AU besteht, sind Fälle, in denen wegen Selbstverschulden – z. B. wegen Komplikationen einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation – trotz AU das Krankengeld ganz oder teilweise versagt werden kann (siehe 2.1.4 Leistungsrechtlicher Hintergrund für die Begutachtung von Arbeitsunfähigkeit mit Hinweis auf § 52 SGB V). Auf Hinweise zum Selbstverschulden ist im Rahmen der Begutachtung hinzuweisen.

Legende zu 3): Feststellungen zu den Krankheitsfolgen unter Anwendung der ICF-Systematik

Vor dem Hintergrund, dass sich AU durch mehrdimensionale Komponenten auszeichnet, besteht die Notwendigkeit, dies auch entsprechend systematisch zu erfassen. Die ICF bietet die entsprechende Systematik zur Darlegung aller relevanten bio-psycho-sozialen Aspekte.

Aus schriftlich vorliegenden oder persönlich erhobenen Daten zur Struktur-, Funktions-, Aktivitätsdiagnostik sind Feststellungen

  • zur Körperstruktur und Körperfunktion und
  • zu Aktivitäten

zu treffen.

Erkenntnisse/Befunde aus der klinischen/apparativen Diagnostik sind zunächst daraufhin zu bewerten, ob sich relevante funktionelle und strukturelle Schädigungen objektivieren lassen.

Ergeben sich in diesem Zusammenhang Erkenntnisse und/oder hinreichend begründete Hinweise zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, sind auch Angaben zur haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität zu benennen (ggf. Anzeige einer Berufskrankheit).

Anschließend sind Feststellungen erforderlich, ob Aktivitäten beeinträchtigt sind. Hier sind umwelt- und personbezogene Kontextfaktoren zu berücksichtigen.

Insbesondere auf der Ebene der Aktivitäten bietet es sich an, standardisiert erhobene, quantitative Befunde (insbesondere aus e...

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