hier: Urteil des BSG vom 26. Juni 2007 – B 1 KR 33/06 R

Sachstand:

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere im Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Anspruch auf Krankengeld besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für zehn Arbeitstage, für allein erziehende Versicherte längstens für 20 Arbeitstage (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 2 Satz 1 SGB V).

Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben in ihrem gemeinsamen Rundschreiben vom 12. Dezember 1991 unter Punkt 4.4 Aussagen zu allein erziehen d Versicherten getroffen. Es wird u. a. ausgeführt, dass im Falle des nicht nur vorübergehenden Getrenntlebens der Eltern, die ein gemeinsames Sorgerecht aufrecht erhalten, jeder Elternteil einen Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld für maximal zehn Arbeitstage hat.

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 26. Juni 2007 – B 1 KR 33/06 R – einer Mutter den Anspruch auf Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes von 20 Arbeitstagen zugesprochen. In dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall lebten die Eltern des Kindes getrennt, hatten jedoch weiterhin das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Das Kind lebte mit der Mutter in einem Haushalt und verbrachte lediglich alle zwei Wochen das Wochenende bei dem Vater. Das BSG sah die Mutter als "faktisch allein erziehend" an. Für den erweiterten Anspruch von 20 Arbeitstagen könne nicht auf die alleinige Innehabung des Sorgerechts abgestellt werden, sondern auf das tats& auml;chliche Alleinstehen bei der Erziehung.

Es war darüber zu beraten, inwieweit die Aussagen des gemeinsamen Rundschreibens zu überarbeiten sind.

Besprechungsergebnis:

Die Besprechungsteilnehmer kommen überein, den Abschnitt 4.4 des gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 12. Dezember 1991 wie folgt zu fassen[1]:

Zitat

Erhalten die Eltern im Falle des nicht nur vorübergehenden Getrenntlebens das nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zu bestimmende gemeinsame Personensorgerecht aufrecht, hat jeder Elternteil grundsätzlich einen Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld für maximal 10 Arbeitstage bzw. für mehrere Kinder auf insgesamt 25 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres. Bei allein erziehenden Versicherten wird die Höchstanspruchsdauer je Kind im Kalenderjahr auf 20 Arbeitstage bzw. für mehrere Kinder auf insgesamt 50 Arbeitstage festgelegt.

Es ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob der a ntragstellende Elternteil als allein erziehend angesehen werden kann. Als allein erziehend im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB V gelten auch Versicherte, die als erziehender Elternteil faktisch alleinstehend sind. Für den erweiterten Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld von 20 Arbeitstagen ist dann nicht auf die alleinige Innehabung des Sorgerechts, sondern auf das tatsächliche Alleinstehen bei der Erziehung abzustellen (z. B. wenn das Kind grundsätzlich im gemeinsamen Haushalt mit einem Elternteil lebt und sich nur alle zwei Wochen am Wochenende beim anderen Elternteil aufhält; vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Juni 2007 – B 1 KR 33/06 R –). In diesen Fällen ist bei dem Begriff alleinerziehend nur noch abzustellen auf Elternteile, die

  • faktisch alleinstehend sind,
  • mit dem Kind in einem Haushalt zusammenleben und
  • mindestens gemeinsam mit einem anderen das Sorgerecht für das Kind haben (Ausnahme: Stief-, Enkel- sowie Pflegekinder).

Allein erziehend kann somit auch ein Elternteil sein, dem kein alleiniges Personensorgerecht zusteht. Sofern der betroffene Elternteil als faktisch bei der Erziehung alleinstehend zu betrachten ist, ist ihm der Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld für 20 Arbeitstage einzuräumen.

Bei der Entscheidung über die Dauer des Anspruchs auf Kinderpflege-Krankengeld sollte den Wünschen der getrennt lebenden und gemeinsam sorgeberechtigten Eltern Rechnung getragen werden, zumal es in der Entscheidungskompetenz der Eltern liegt, die tatsächliche Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung jeder Zeit zu ändern. Ihnen kommt insofern – wie im Falle des Zusammenlebens – ein Wahlrecht mit der Besonderheit zu, dass sich der individuell zustehende Anspruch verdoppeln kann. Für den anderen Elternteil ist der Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld in solchen Fällen ausgeschlossen. Eine entsprechende Er klärung der Eltern sollte als ausreichend angesehen werden.

Lebt der allein personensorgeberechtigte Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft und steht das erkrankte Kind auch in einem Kindschaftsverhältnis zu dem Lebenspartner, sind die Ansprüche nach § 45 SGB V so zu beurteilen, als stünde beiden Elternteilen das Personensorgerecht gemeinsam zu. Steht das erkrankte Kind in keinem Kindschaft...

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