Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrtkosten. Ambulante Behandlung. Hohe Behandlungsfrequenz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Befindet sich ein Patient einmal pro Monat in Behandlung, liegt keine “hohe Behandlungsfrequenz” i.S.v. § 8 der Krankentransport-Richtlinien vor.

2. Ein Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung lässt sich nicht damit begründen, die Entfernung zwischen Wohnort und Behandlungsstätte sei besonders groß.

 

Normenkette

SGB V § 60 Abs. 1 S. 3, § 91 Abs. 9, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12, § 115a Abs. 2 S. 4; Krankentransport-RL § 8

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. Mai 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Fahrtkosten vom klägerischen Wohnort in A-Stadt zum Transplantationszentrum M. vom 06.09.2005 streitig.

Der 1948 geborene Kläger, der weiterhin bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert ist, wurde 1986 und 1992 nierentransplantiert. Bei ihm liegt zusätzlich unter anderem eine chronisch aktive Hepatitis C vor. Beim Kläger lag gemäß dem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. vom 23.09.2003 ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 80 ohne Zuerkennung von Merkzeichen vor.

Mit Bescheiden vom 13.04.2004 und 11.08.2005 erstattete die Beklagte dem Kläger die angefallenen Fahrtkosten für die Krankenfahrten zum Transplantationszeitrum. Im letztgenannten Bescheid belehrte die Beklagte den Kläger über die Krankentransport-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, wonach eine weitere Kostenerstattung nicht möglich sei.

Am 17.08.2005 beantragte der Kläger (erneut) eine Fahrtkostenerstattung für einen ambulanten Termin am 06.09.2005 im Transplantationszentrum in M..

Mit streitigem Bescheid vom 22.08.2005 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ihren Bescheid vom 11.08.2005 eine Kostenerstattung ab.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, die Kontrollen im Transplantationszentrum seien für ihn besonders wichtig, da bei ihm eine chronisch aktive Hepatitis C vorliege. Diese könne bei transplantierten Patienten weder mit Interferon bzw. einem Virusstaticum behandelt werden. Ein Verzicht auf die Beförderung zu diesen Behandlungen würde bei ihm zu Schaden an Leib und Leben führen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Beteiligung an den Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung sei nicht möglich, da die Kosten für Fahrten und Krankentransporte hierfür ab 01.01.2004 grundsätzlich keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) mehr seien und auch kein besonderer Ausnahmefall vorliege. Auch läge kein besonderer Ausnahmefall nach § 8 der Krankentransport-Richtlinien vor. Die mit dem PKW durchgeführten Fahrten nach M. ins dortige Klinikum würden nicht der Vermeidung einer an sich gebotenen stationären oder teilstationären Krankenhausbehandlung dienen und würden auch nicht im Zusammenhang mit einer ambulanten Operation stehen.

Zur Begründung der dagegen am 06.10.2005 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, festzustellen sei, dass § 8 der Krankentransport-Richtlinien der Beklagten ein eingeschränktes Ermessen einräume, Fahrten aufgrund zusätzlicher Ausnahmefälle zu gestatten. Ein derartiger Ausnahmefall läge hier vor, da er zusätzlich an einer Hepatitis-C-Erkrankung leide. Eine Nachsorge durch örtliche Krankenhäuser oder etwa niedergelassene Fachärzte sei nicht möglich. Soweit die Beklagte auch darauf abstelle, dass das Kriterium einer hohen Behandlungsfrequenz nicht erfüllt sei, werde darauf hingewiesen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss bewusst keine Bezifferung der hohen Behandlungsfrequenz vorgenommen habe, weil eine konkrete Zahl nicht sachgerecht gewesen wäre. Des Weiteren hat der Kläger auf eine Übersicht über stattgefundene Untersuchungstermine (für 2005 14-mal und für 2007 10-mal) hingewiesen.

Mit Urteil vom 10.05.2007 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Erstattung der Fahrtkosten verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts lag eine hohe Behandlungsfrequenz vor. Für die Bewertung "hoch" könne nach Ansicht der Kammer kein objektiver Maßstab gelten, sondern müsse jeweils auf die individuelle Situation des Versicherten unter Berücksichtigung aller gegebenen Umstände eine Entscheidung getroffen werden. Beim Kläger sei festzuhalten, dass die Behandlungen alle vier bis sechs Wochen erfolgen hätten müssen und weiterhin müssten. Im Übrigen stehe dem Kläger kein relativ dichtes Netz an verschiedenen "Anbietern" zur Verfügung.

Gegen das Urteil des SG vom 10.05.2007 richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Voraussetzungen eines besonderen Ausnahmefalles nach § 8 der Krankentransport-Richtlinien nicht vorlägen. Auch handle es sich um keine hohe ...

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