Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Klage. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. Erledigung der Hauptsache. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Übernahme von Mietschulden. Sicherung der Unterkunft. Räumung der Wohnung. Fortsetzungsfeststellungsklage. Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides. Rechtfertigung der Übernahme. angemessene Unterkunftskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn die schuldenbelastete Unterkunft nicht mehr bewohnt wird, ist ein Anspruch auf Übernahme der Mietschulden nach § 22 SGB 2 ausgeschlossen. Ein bereits ergangener Ablehnungsbescheid hat sich durch den Auszug auf sonstige Weise nach § 39 Abs 2 SGB 10 erledigt. Die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes ist rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden. Zum Hauptverfügungssatz eines Bescheids zur Übernahme von Mietschulden gehört nicht nur die Übernahme eines bestimmten Geldbetrags, sondern auch die damit bezweckte Sicherung der Unterkunft. Dieser Erledigung durch die tatsächliche Entwicklung kann der Kläger nur durch Inanspruchnahme von einstweiligem Rechtsschutz oder Darlehen Dritter entgegenwirken.

 

Orientierungssatz

Ein Anspruch auf Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs 5 SGB 2 aF besteht nur, wenn der Erhalt der Unterkunft gerechtfertigt ist. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die laufenden Kosten der zu sichernden Wohnung abstrakt angemessen sind (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R = BSGE106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2. Februar 2012 wird als unzulässig verworfen, soweit sie den ursprünglichen Klageantrag vor dem Sozialgericht betrifft. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten zum einen die Übernahme von Mietschulden für eine in der Folgezeit aufgegebene Mietwohnung, zum anderen die Feststellung des Gerichts, dass die Ablehnung der Übernahme der Mietschulden rechtswidrig gewesen sei.

Die 1963 geborene Klägerin beantragte am 04.01.2008 beim Beklagten erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Davor war sie versicherungspflichtig beschäftigt. Sie bewohnte ab Mitte 2004 alleine eine ca. 43 qm große Mietwohnung mit Zentralheizung in E. Dafür zahlte sie eine monatliche Kaltmiete von 450,- Euro und 75,- Euro für Betriebskosten, darin enthalten Heizkosten von 29,63 Euro proportional zur Jahresabrechnung für 2006.

Vom 01.02.2008 bis 30.05.2008 verbüßte die Klägerin eine Ersatzfreiheitsstrafe. Sie war währenddessen nicht erwerbstätig. In einem Schreiben vom 18.02.2008 mahnte sie die Leistungsgewährung an, erwähnte aber die Haftstrafe nicht. Parallel beantragte die Klägerin die Übernahme der laufenden Miete beim beigeladenen Sozialhilfeträger. Diesen Antrag lehnte der Beigeladene mit Bescheid vom 06.05.2008 und Widerspruchsbescheid vom 16.09.2011 ab. Die Wohnung sei zu teuer und es drohe kein unmittelbarer Verlust der Wohnung. Eine Klage wurde dagegen nicht erhoben.

Mit Versagungsbescheid vom 09.06.2008 wurden die Leistungen ab 04.01.2008 wegen mangelnder Mitwirkung versagt. Dem Widerspruch wurde stattgegeben und Leistungen vom 04.01.2008 bis 31.01.2008 gewährt. Der Beklagte lehnte mit Bescheid ebenfalls vom 09.06.2008 die Gewährung laufender Leistungen ab 01.02.2008 wegen der Inhaftierung ab. Widerspruch oder Klage wurde dagegen nicht erhoben.

Bereits am 30.05.2008, dem Tag der Haftentlassung, stellte die Klägerin einen erneuten Antrag auf Leistungen. Leistungen wurden ab 30.05.2008 mit Bescheid vom 04.06.2008 bewilligt. Mit Schreiben gleichen Datums wurde darauf hingewiesen, dass die Kosten der Unterkunft die Angemessenheitsgrenze von 375,- Euro Kaltmiete überschreiten würden. Nachfolgend wurde der Klägerin Arbeitslosengeld nach SGB III bewilligt, neben dem sie aufstockend Arbeitslosengeld II bezog. Ab 01.09.2008 wurden die anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung auf 443,61 Euro monatlich abgesenkt.

Am 03.06.2008 beantragte die Klägerin die Übernahme der Mietschulden für die Zeit der Haft. Die Sozialhilfe habe die Übernahme abgelehnt. Es laufe eine Räumungsklage. Aus den Unterlagen zur Räumungsklage ergibt sich, dass die Mietrückstände seit Januar 2007 entstanden waren und bis zur Erhebung der Räumungsklage am 13.03.2008 auf 2.819,46 Euro aufgelaufen waren.

Mit Bescheid vom 10.06.2008 lehnte der Beklagte die Übernahme der Mietschulden ab. Die Miete sei unangemessen hoch. Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2009 zurückgewiesen. Dieser enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Am 25.06.2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme von Nachforderungen aus den Jahren bis Ende 2007. Die Klägerin legte dem Beklagten die zugehörigen Schreiben des Vermieters über die Betriebskostenabrechnung für 2005 und 2006 (Schreiben vom 25.10.20...

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