Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Unterbrechung. Geringfügigkeit. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Handlungstendenz. Gefälligkeit. Pflege der Geschäftsbeziehungen. Überfall

 

Orientierungssatz

1. Zur Abgrenzung von betrieblichen zu privaten Gefälligkeitshandlungen, die ein Unternehmer oder ein Beschäftigter gegenüber einem Kunden erbringt.

2. Setzt ein versicherter Beschäftigter auf dem Heimweg von einer Messe in Polen den versicherten Fußweg nach dem Verlassen seines PKW und der Verrichtung der Notdurft nicht fort und geht 10 bis 15 Meter in eine andere Richtung, um an anderer Stelle den privaten Einkauf von Pilzen zu tätigen, handelt es sich nicht um eine geringfügige Unterbrechung des versicherten Weges.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.02.2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines auf den Kläger verübten tätlichen Angriffs als Arbeitsunfall.

Der 1952 geborene Kläger ist als Mitarbeiter im Außendienst bei der S. Maschinenbau GmbH beschäftigt. Er befand sich am 29.06.2004 mit seinem Privat-Pkw auf der Rückfahrt von einer Messe in T./Polen, an der er im Auftrag seines Arbeitgebers teilgenommen hatte. Nach Durchfahren der Ortschaft C./Polen legte der Klägerin einen Zwischenhalt ein und stellte den Pkw in einer an der Fahrbahn gelegenen Parkbucht ab. Beim Einkauf von Pfifferlingen an einem in der Nähe gelegenen Marktstand wurde der Kläger von Unbekannten überfallen und beraubt, hierbei erlitt er insbesondere Verletzungen im Kopfbereich (Fraktur des Unterkiefers und des Jochbeins).

Bei der polizeilichen Vernehmung am 08.07.2004 gab der Kläger an, dass er beim Durchfahren einer Stadt am Ende der Stadt mehrere Marktstände gesehen habe, an denen u.a. Pfifferlinge verkauft worden seien. Er habe nach dem dritten Stand angehalten und sei ein Stück zurückgefahren. Dort habe er seinen Pkw in einer Parkbucht geparkt. Er sei zu dem Marktstand gegangen und habe dort von der Verkäuferin fünf Schälchen Pfifferlinge in einen Henkelkorb füllen lassen. Während dieser Handlung sei er überfallen worden.

Der Kläger wandte sich an die Beklagte, nachdem diese den behandelnden Ärzten mitgeteilt hatte, dass mangels Vorliegens eines Arbeitsunfalls die Behandlung nicht zu ihren Lasten durchzuführen sei. Er führte aus, dass er sich zum Unfallzeitpunkt auf dem direkten Weg zu seinem Wohnort befunden habe. Der Umstand, dass er angehalten habe, um auszutreten und um bei dieser Gelegenheit am Parkplatz Pfifferlinge einzukaufen, stelle nur eine kurze Unterbrechung dar, die den Versicherungsschutz nicht entfallen lasse (Schreiben vom 02.10.2004).

Mit Bescheid vom 01.12.2004 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Ereignisses ab. Ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Überfall habe nicht bestanden, da der Kläger den Weg aufgrund einer privaten Besorgung mehr als nur geringfügig unterbrochen habe.

Zur Begründung des Widerspruchs führte der Kläger aus, dass es sich um eine nur geringfügige Unterbrechung ohne zeitliche Verzögerung gehandelt habe. Der Einkauf hätte höchstens ein bis zwei Minuten gedauert. Außerdem seien bei der Länge der Reisestrecke kurze Erholungspausen notwendig gewesen.

Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16.02.2005). Der Kläger sei spätestens in dem Moment, als er den Weg mit dem Wunsch, die Pfifferlinge einzukaufen, unterbrochen habe, einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung nachgegangen. Selbst wenn er angehalten hätte, um auszutreten und bei dieser Gelegenheit Pfifferlinge einzukaufen, hätte zum Zeitpunkt des Überfalls kein Versicherungsschutz bestanden, da das Zurücklegen des Fußweges zwischen dem geparkten Pkw und dem Marktstand allein der eigenwirtschaftlichen Verrichtung des Einkaufens gedient hätte. Eine nur geringfügige Unterbrechung des versicherten Weges habe angesichts der Gesamtsituation nicht vorgelegen. Versicherungsschutz habe im Übrigen nicht bestanden, weil der Überfall weder aus der unmittelbaren Betriebszugehörigkeit des Klägers hervorgegangen sei, noch besondere Umstände der versicherten Tätigkeit bzw. des Weges den Überfall entscheidend begünstigt hätten.

Der Kläger hat Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Auf der längeren Heimreise sei er gezwungen gewesen, eine Pause einzulegen, um auszutreten. Die Besorgung der Pilze sei nicht als eigenwirtschaftliche Verrichtung anzusehen, da er diese gekauft habe, um sie einem Geschäftspartner mitzubringen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.02.2006 führte der Kläger noch aus, dass er am Ende der Parkbucht ein Stück zurückgefahren sei, um in die Bucht zu gelangen. Das "Zurückfahren" sei als Einparken in der Parkbucht zu verstehen. Zum einen sei er wegen der Pfifferlinge zurückgefahren, zum anderen um seine Notdurft zu verrichten. Von der Parkbucht aus sei der Stand etwa 1...

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