Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b SGB 6. Syndikusanwalt. Auslegung des Tatbestandsmerkmals "einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt". Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt" in § 231 Abs 4b S 4 SGB 6.

2. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 231 Abs 4b SGB 6.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.09.2020; Aktenzeichen B 5 RE 3/19 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4 b SGB VI auch für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2014 in der Beschäftigung als angestellte Syndikusrechtsanwältin bei der C. F. GmbH (i.f. CF GmbH).

Mit am 24.03.2016 eingegangenem Schreiben beantragte die Klägerin bei der Beklagten die rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.01.2014 (Beginn der Tätigkeit bei der CF GmbH).

Sie trägt vor, seit Juni 2006 ununterbrochen als Rechtsanwältin zugelassen und Pflichtmitglied einer Rechtsanwaltskammer gewesen zu sein. Vom 01.01.2014 bis 30.09.2014 sei sie als Syndikusrechtsanwältin in der Rechtsabteilung der CF GmbH in A-Stadt beschäftigt gewesen. Für diese Tätigkeit sei eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V beantragt und abgelehnt worden. Gegen den Ablehnungsbescheid und Widerspruchsbescheid habe sie Klage erhoben, die derzeit ruhe.

Vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2014 sei sie arbeitslos gewesen. Seit dem 01.01.2015 sei sie dann als Syndikusrechtsanwältin für die U. AG, A-Stadt tätig geworden.

Die Bayerische Versorgungskammer - Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung (BayRAStBV) - bestätigte am 01.09.2016 auf dem Formblatt der Beklagten, dass die Klägerin in den Zeiten der zu befreienden Beschäftigungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Rechtsanwaltskammer (RAK) A-Stadt sei und bei ihnen eine Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes seit 2006 bis laufend bestehe. Die Zeilen "Bestätigung der Beitragszahlung für Beschäftigungszeiten bis zum 31.3.2014" mit dem Text "Es wird bestätigt, dass für die zu befreienden Beschäftigungen einkommensbezogene Pflichtbeiträge analog § 157 SGB VI gezahlt wurden", finden sich dick durchgestrichen.

Nachdem die RAK A-Stadt die Klägerin ab dem 13.08.2016 in der Tätigkeit bei der U. als Syndikusrechtsanwältin (neben der zuvor erteilten Zulassung als Rechtsanwältin) zugelassen hatte, befreite die Beklagte die Klägerin nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf ihren Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ebenfalls ab dem 13.08.2016.

Mit Bescheiden vom 04.11.2016 sowie 23.11.2016 wurde die Klägerin überdies nach § 231 Absatz 4b SGB VI rückwirkend vom 01.04.2014 bis 30.09.2014 sowie vom 01.01.2015 bis zum 12.08.2016 in den jeweiligen Tätigkeiten bei der CF GmbH und der U. AG von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28.11.2016 wurde der Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Absatz 4b SGB VI für den Zeitraum 01.01.2014 bis zum 31.03.2014 in der Beschäftigung bei der CF GmbH abgelehnt. Zu Begründung wurde vorgetragen, dass in dieser Zeit keine einkommensbezogenen Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden.

Die CF GmbH hatte von Januar bis September 2014 den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (einschließlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung) abgeführt und die Arbeitnehmerbeiträge vom Lohn einbehalten. Der Versicherungsverlauf der Beklagten vom 12.05.2017 weist ab Januar 2014 Pflichtbeitragszeiten aufgrund Beschäftigung vom 01.01.14 - 31.03.14 und Pflichtbeitragszeiten nach SGB III vom 02.12.14 - 31.12.2014 aus. Die Zeit bis Dezember 2013 ist nur mit wenigen Pflichtbeitragsmonaten und im Übrigen mit versicherungsfreien Zeiten geringfügiger Beschäftigung belegt.

Die für die Zeit danach vereinnahmten Beiträge sind nach § 286f SGB VI an die BayRAStBV erstattet worden (Bescheid vom 03.05.2017).

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.11.2018 erhob die Klägerin Widerspruch und wies darauf hin, dass in diesem Zeitraum einkommensbezogene Pflichtbeiträge an die BayRAStBV bezahlt worden seien.

Sie legt vor den Beitragsbescheid der BayRAStBV vom 04.03.2014, in dem für den Zeitraum 01.01.2014 - 31.03.2014 der "vorläufige Pflichtbeitrag" mit "0,00 Euro" festgesetzt ist.

Mit weiterem Bescheid des Versorgungswerkes vom 05.08.2014 erfolgte eine Beitragsfestsetzung rückwirkend ab dem 01.01.2014 bis laufend auf monatlich 224,90 €. Zur Begründung führt der Bescheid aus, dass die DRV den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Beschäftigung bei der CF GmbH ...

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