Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Arbeitslosengeld II. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. erfasster Regelungszeitraum. ausnahmsweise rückwirkende Leistungsgewährung bei sog Nachholbedarf

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der von der einstweiligen Anordnung erfasste Regelungszeitraum reicht grundsätzlich vom Zeitpunkt des Eingangs des Eilantrags bei Gericht längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.

2. Bezieht sich der Eilantrag auf Zeiträume vor dem Eingang des Eilantrags beim SG, können Leistungen im Eilverfahren nur bei sog Nachholbedarf gewährt werden, also wenn bei nicht rückwirkender Leistungsgewährung erhebliche Rechtsverletzungen für die Zukunft drohen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 18. August 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Im vorliegenden Eilverfahren geht es um die Frage, ob die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, dem Antragsteller Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren.

Der Antragsteller bezog bis 25.04.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Antragsgegnerin. Vom 26.04.2009 bis 19.07.2009 leistete diese zunächst keine Zahlungen mehr.

Mit Schreiben vom 27.07.2009 (Eingang 06.08.2009) stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Seine Leistungen auf ALG II seien in den letzten drei Monaten nicht gezahlt worden.

Mit Bescheid vom 04.08.2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen in Höhe 81,90 Euro für die Zeit vom 24.06.2009 bis 30.06.2009 und für die Zeit vom 01.07.2009 bis 19.07.2009 in Höhe von 227,37 Euro. Der Gesamtbetrag von 309,27 Euro wurde dem Antragsteller am 05.08.2009 überwiesen. Für die Zeit ab 20.07.2009 bezieht der Antragsteller Leistungen der seitdem wegen Umzugs in das Stadtgebiet A-Stadt örtlich zuständigen ARGE A-Stadt GmbH. Die gerichtliche Anfrage vom 13.08.2009 mit der Bitte, bis 18.08.2009 mitzuteilen, ob sich der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erledigt habe, blieb unbeantwortet.

Mit Beschluss vom 18.08.2009 hat das SG den Eilantrag abgelehnt und ausgeführt, der Eilantrag habe keinen Erfolg, weil der Antragsteller lediglich Leistungen für die Vergangenheit (Mai, Juni, Juli), d.h. für die Zeit vor Eingang des Eilantrags am 06.08.2009 begehre, zum anderen deshalb, weil die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 05.08.2009 Leistungen bewilligt habe. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel an der für einen positiven Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen Eilbedürftigkeit.

Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es seien einfach 1,5 Monate im jüngsten Bescheid nicht aufgeführt. Er habe laufende Rechnungen und Kosten aus dieser Zeit. Alleine die offenen Kosten für die Krankenkasse würden 326,16 Euro betragen.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 18. August 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die noch ausstehenden Leistungen für die Monate Mai, Juni und Juli 2009 zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat weder einen aus Artikel 19 Abs.4 Grundgesetz noch aus § 86b Abs.2 Satz 2 SGG abgeleiteten Anspruch auf vorläufige Gewährung der Leistungen für die Monate Mai, Juni und Juli 2009.

Der von der einstweiligen Anordnung erfasste Regelungszeitraum reicht grundsätzlich vom Zeitpunkt des Eingangs des Eilantrags bei Gericht längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache. Die tatbestandliche Herleitung des Beginns der vorläufigen Leistung folgt für die Regelungsanordnung des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG aus dem Tatbestandsmerkmal der "Abwendung" eines wesentlichen Nachteils. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Eingangs des Eilantrags bei Gericht (vgl. Senatsbeschluss vom 19.02.2008, L 8 B 499/07 B ER; LSG Berlin-Brandenburg vom 10.01.2007, L 28 B 53/07 AS ER; LSG Nordrhein-Westfalen vom 08.09.2006, L 20 B 105/06 SO ER juris Rn 13; LSG Berlin-Brandenburg v 05.04.2006, L 23 B 19/06 SO ER; LSG Hessen vom 24.04.2006, L 9 AS 39/06 ER; vom 20.06.2005, L 7 AL 100/05 ER; LSG Hessen Breithaupt 2006, 56, 63; LSG Sachsen vom 19.9.2005, L 3 B 155/05 AS-ER; LSG LSG Baden-Württemberg vom 17.8.2005, L 7 SO 2117/05 ER-B; LSG Bayern vom 14.6.2005, L 11 B 206/05 SO ER, Breithaupt 2005, 774, 775; LSG Niedersachsen-Bremen vom 28.4.2005, L 8 AS 57/05 ER, FEVS 2005, 503, 508; LSG Hamburg vom 02.03.2005, L 3 B 43/05 ER SO). Im Hinblick auf in diesem Sinn in der ...

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