Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit. Verweis an die Gerichtsleitung als Anlehnungsgrund. Richterliche Weitergabe von Informationen über den Kläger an die Gerichtsleitung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Vorgängen, für die die Gerichtsleitung zuständig ist, kann von den mit der Hauptsache befassten Richtern darauf verwiesen werden, dass sich der Kläger an die Gerichtsleitung wendet, ohne dass in dem Verweis auf die Gerichtsleitung ein Befangenheitsantrag liegen muss.

 

Normenkette

SGG § 60; ZPO § 42

 

Tenor

Die Ablehnungsgesuche gegen die Richterinnen des 16. Senats vom 27.04.2017 werden als unbegründet zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger führt im 16. Senat insgesamt sechs Rechtsstreitigkeiten (Az.: L 16 AS 861/16, L 16 AS 20/17, L 16 AS 23/17, L 16 AS 292/17 B PKH, L 16 AS 293/17 B PKH und L 16 AS 294/17 B PKH).

Mit Schreiben vom 27.04.2017 stellte der Kläger Ablehnungsantrag gegen "die Vorsitzende und weitere Richterinnen des 16. Senats" bei "allen aktuell vorliegenden Verfahren".

Den Ablehnungsantrag begründete der Kläger wie folgt:

"Ich bat im Informationsgesuch vom 31.07.2017 und Erinnerungsschreiben vom 18.04.2017 um die Auskunft, ob der Senat bei der Kriminalisierungsaktion des Gerichts gegen den Rechtssuchenden im Februar 2017 beteiligt war. Die Gerichtspräsidentin sprach in ihrer Stellungnahme nämlich im Plural von "Verfahren" aus dem Jahre 2016, was bedeutet, dass mehrere Senate bei der Aktion mitgewirkt haben könnten. Leider reagierte der Senat nicht auf die Bitte des Beteiligten und war nicht bereit, bis 25.04.2017 für Klarheit zu sorgen. Laut BVerfG 1 PBvU 1/02 vom 30.04.2003, Rn. 38 hat der Beteiligte ein Recht auf Information, um sein Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch zu gestalten. Der Beteiligte beabsichtigte, den Sachverhalt kurz, informell und ohne unnötige aufwendige formelle Schritte eines Ablehnungsgesuches zu klären. Da die Klärung per Informationsgesuch nicht möglich war, ist es nun nötig, den Sachverhalt im Rahmen eines formalen Ablehnungsantrags zu klären. Dadurch sollte ausgeschlossen werden, dass die Richterinnen des Senats direkt oder indirekt bei der Denunziationsaktion zwecks Kriminalisierung des Rechtssuchenden mitgewirkt haben. Die Neutralität der Richterinnen dürfte nicht vermutet, sondern ohne Zweifel sichergestellt werden.

Ich verzichte ausdrücklich nicht auf mein Recht zur dienstlichen Erklärung von abgelehnten Richterinnen. Ich beantrage, dass der zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufene Richter namhaft gemacht wird"

Zum Ablehnungsgesuch nahmen die betroffenen Richterinnen des 16. Senats am 29.05.2017 wie folgt Stellung:

"Der Kläger führt im 16. Senat insgesamt sechs Rechtsstreitigkeiten (Az.: L 16 AS 861/16, L 16 AS 20/17, L 16 AS 23/17, L 16 AS 292/17 B PKH, L 16 AS 293/17 B PKH und L 16 AS 294/17 B PKH).

Das älteste derzeit anhängige Verfahren des Klägers ist am 08.12.2016 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen.

Am 31.03.2017 stellte der Kläger ein "Informationsgesuch" an die Vorsitzende Richterin. Im Februar 2017 sei eine Meldung des Bayerischen Landessozialgerichts an die Kriminalpolizei eingegangen. Das Gericht habe die Behauptung aufgestellt, es lägen Beleidigung und festgefahrene Rechtspositionen vor und er habe ferner behauptet, die BRD wäre ein besatzungsrechtliches Staatsfragment, Richter wären Scheinbeamte und er hätte seine Mitgliedschaft in der BRD gekündigt. Er habe daraufhin die Gerichtspräsidentin kontaktiert. Laut dieser stünde der Fall mit Verfahren aus dem Jahr 2016 in Zusammenhang. Er habe keine Anhaltspunkte an der Neutralität des Senats zu zweifeln, stelle aber die Frage, ob die Meldung entgegen seiner Erwartung vom 16. Senat im Zusammenhang mit der Feststellungsklage vom 08.12.2016 getätigt worden sei. Der Kläger erinnerte am 18.04.2017 an die Beantwortung seines Schreibens, sollte er keine Information erhalten, müsse er gegen alle Richterinnen des Senats einen Ablehnungsantrag stellen, um mögliche Befangenheit auszuschließen.

Mit Schreiben vom 25.04.2017 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass es sich bei dem angesprochenen Vorgang um eine Gesichtsverwaltungsangelegenheiten handle und die Anfrage von der Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts beantwortet werden müsse.

Am 27.04.2017 lehnte der Kläger die Vorsitzende und die weiteren Richterinnen des 16. Senats bei allen aktuell vorliegenden Verfahren ab. Er habe mit Informationsgesuch vom 31.03.2017 und Erinnerungsschreiben vom 18.04.2017 um Auskunft gebeten. Der Senat habe hierauf nicht reagiert und war nicht bereit für Klarheit zu sorgen. Er habe ein Recht auf Information. Da die Klärung per Informationsgesuch nicht möglich gewesen sei, sei es nun nötig den Sachverhalt im Rahmen eines formalen Ablehnungsantrags zu klären. Dadurch solle ausgeschlossen werden, dass die Richterinnen des Senats direkt oder indirekt bei der Denunziationsaktion zwecks Kriminalisierung des Rechtsuchenden mitgewirkt hätten. Die Neutralität ...

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