Wirksamkeit eines Widerrufs eines Immobiliendarlehen

Immer noch und immer wieder stolpern Banken und Sparkassen darüber, Widerrufsbelehrungen nicht rechtsfehlerfrei zu formulieren oder zu gestalten. In Anbetracht der gefallenen Zinsen immer wieder ein teurer Patzer. Hier hatte der BGH in einem Fall zu entscheiden, in dem die Widerrufsinformation falsche Pflichtangaben bezüglich der zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht hatte.  Dabei brachte er auch den möglichen Rechtsmissbrauch eines Widerrufs ins Spiel.

Der Streit zwischen Banken und Sparkassen auf der einen Seite und Verbrauchern auf der anderen Seite um die Zulässigkeit des Kreditwiderrufs tobt seit Jahren.

  • Der ursprüngliche Anlass für die Entdeckungen der Möglichkeiten des Widerrufsrechts war vor einigen Jahren der häufige Verkauf von Schrottimmobilien als Kapitalanlagen, die oft völlig wertlos waren.

  • Inzwischen haben die Verbraucher den Widerruf bei „normalen“ Immobilienfinanzierungen als Mittel entdeckt, die Finanzierungskosten mithilfe eines Kreditwiderrufs und einer Neufinanzierung zu den jetzt wesentlich günstigeren Kreditmarktbedingungen deutlich zu senken.

Die zunehmende Perfektionierung dieses Vorgehens hat ergeben, dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, Widerrufsbelehrungen zu versemmeln.

Sparkasse erteilt Widerrufsinfo mit falschen Pflichtangaben

Hier hatten die Kläger hatten als Verbraucher im August 2010 mit der beklagten Sparkasse einen Immobiliardarlehensvertrag über 273.000 Euro mit einer Laufzeit bis zum 30.11.2026 abgeschlossen. Die Sparkasse erteilte im Darlehensvertrag eine Widerrufsinformation, die folgenden Satz enthielt:

  • "Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat".

Als Sicherheit bestellten die Kläger eine Grundschuld. Die Beklagte stellte den Klägern die Darlehensvaluta zur Verfügung.

Darlehenswiderruf nach 3 Jahren

Mit Schreiben vom 29.8.2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.

Ihre Klage auf Feststellung, dass sie der Beklagten "aus dem widerrufenen Darlehensvertrag" lediglich 265.737,99 Euro abzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32.778,30 Euro seit dem 30.9.2013 schulde, hat das Landgericht abgewiesen. Ebenso die Klage auf Leistung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.

BGH akzeptierte äußere Vertragsgestaltung

Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend:

  • Das Berufungsgericht hat gestützt auf ein vergleichbares früheres Urteil des BGH geurteilt, dass die äußere Gestaltung der Widerrufsinformation den gesetzlichen Anforderungen genügt habe.
  • Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, die Widerrufsinformation sei inhaltlich klar und verständlich gewesen.
  • Die von der Beklagten zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz (s.o.) angefügten Beispiele entsprachen zwar nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie mit Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde "Pflichtangaben" benannten, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger nicht einschlägig waren.
  • Aber in der Angabe dieser zusätzlichen Pflichtangaben lag das von den Klägern angenommene vertragliche Angebot der Beklagten, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung der beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen.

Keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde

Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die Beklagte im Darlehensvertrag

  • keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht
  • und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat.

Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr auch der Frage nachgehen müssen, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger (seine Wirksamkeit unterstellt) hat.

(BGH, Urteil vom 22.11.2016, XI ZR 434/15).

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Hintergrund: In der Vergangenheit hat der BGH mehrere Widerrufsbelehrungen aus inhaltlichen Gründen für ungültig erklärt. Für zahlreiche Darlehensverträge aus den Jahren 2002 bis 2010 hat dies zur Folge, dass den Darlehensnehmern ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht zustand. Das „ewige Widerrufsrecht“ für diese Altverträge endete allerdings am 21.6.2016.