Vorschäden am Fahrzeug gegenüber Unfallversicherung verschwiegen

Nachweisbar falsche Angaben gegenüber der Versicherung sind der Königsweg zum Verlust des Versicherungsschutzes. Wer Fragen in Schadensanzeigen vorsätzlich falsch beantwortet, muss damit rechnen, dass die Versicherung den Schaden nicht ersetzt.

Der Versicherungsnehmer und spätere Kläger forderte von seiner Teilkaskoversicherung den Ersatz eines Schadens in Höhe von rund 5.500 Euro.

Versicherte meldete der Teilkasko-Versicherung Einbruch und Diebstahl

Der Schaden war entstanden, weil aus seinem für zwei Tage öffentlich geparktem Mercedes ein Fenster eingeschlagen und Autobatterie, Radio, Abdeckung für den Luftfilter, Turbolader, Einspritzanlage sowie Pumpe gestohlen worden waren.

Versicherung sieht arglistige Obliegenheitsverletzung

Doch die Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens ab. Sie sei wegen arglistiger Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei geworden. Grund: Der Kläger habe einen reparierten Vorschaden sowie einen unreparierten Altschaden in der Schadensanzeige bewusst verschwiegen.

Reparaturkosten höher als Kaufpreis

Besonders brisant waren die verschwiegenen Vorschäden auch deshalb, weil die Reparaturkosten wahrscheinlich über dem vom Kläger gezahlten Preis für das Auto gelegen hätten.

Ein Jahr vor dem Diebstahl hatte der Kläger den Mercedes nämlich für 5.400 Euro erworben.

Konkret hatte der Mann folgende Fragen in der Schadensanzeige falsch beantwortet:

  • Laufleistung: 171.000 km – tatsächlich waren es 179.750 km
  • Beruf: Renter – obwohl der Mann freiberuflich als Berater tätig war
  • Unreparierte Vorschäden – die Frage hatte der Mann verneint; tatsächlich war der Stoßfänger vorne und hinten beschädigt gewesen und der Kotflügel vorne rechts eingedellt; zudem war die Verkleidung am Seitenschweller vorne links lose

Reparaturkosten über Kaufpreis gefordert

Seine falschen Angaben versuchte der Mann damit zu rechtfertigen, dass das Fahrzeug ja noch gut gewesen sei und noch nicht viele Kilometer „runter gehabt habe“. Das seien für ihn die entscheidenden Punkte gewesen. Der optische Zustand des Fahrzeugs habe für ihn keine Rolle gespielt.

Für das Gericht keine schlüssige Argumentation:

  • Selbst einem Laien dränge sich ohne Weiteres auf, dass Fahrbereitschaft und Laufleistung nicht die einzigen wertbestimmenden Faktoren eines Autos seien
  • Zudem müsse es dem Mann auch klar gewesen sein, dass Reparaturkosten, die über dem Anschaffungspreis des Autos liegen, einer Regulierung des Schadens auf Basis der Reparaturkosten entgegenstehen könnten

In seinem Urteil kam das Gericht zu folgender Einschätzung: Der Kläger hat seine sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebenden Obliegenheiten im Zusammenhang mit der Schadensanzeige arglistig verletzt. Und bei einer vorsätzlichen Verletzung der Pflichten aus dem Versicherungsvertrag sehen die Versicherungsbedingungen (E. 2.1 AKB) einen Wegfall des Versicherungsschutzes vor. Die Versicherung ist deshalb nach § 28 Abs. 2 und 3 S. 2 VVG und E.2.1 und E.2.2 AKB leistungsfrei.
Fazit: Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Versicherung aus dem Teilkaskovertrag wegen der Entwendung von Fahrzeugteilen.

(LG Hamburg, Urteil v. 23.05.2017, 302 O 395/16).

Hintergrund:

Wann handelt ein Versicherungsnehmer arglistig?

Arglist erfordert neben der gegebenen vorsätzlichen Falschangabe zusätzlich, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers jedenfalls bedingt vorsätzlich darauf gerichtet ist, dem Versicherer einen Nachteil zuzufügen. Dieser Nachteil muss nicht auf einen Vermögensnachteil gerichtet sein. Er kann auch bereits darin begründet sein, dass der Versicherer von weiteren berechtigten Ermittlungen abgehalten wird.

  • Gesetzliche Obliegenheiten

Es wird zwischen gesetzlichen und vertraglichen Obliegenheiten unterschieden. Die gesetzlichen Obliegenheiten sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt. Sie gelten für alle Versicherungssparten.

Die wichtigsten gesetzlichen Obliegenheiten sind die vorvertragliche Anzeigepflicht (§§ 16 bis 22 VVG), Unterlassungs- und Anzeigepflichten im Zusammenhang mit einer Gefahrenerhöhung (§§ 23-30 VVG), die Obliegenheit zur Anzeige eines Versicherungsfalls (§ 33 VVG) und die Auskunfts- und Belegpflicht (§ 34 VVG).

  • Vertragliche Obliegenheiten

In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) werden die vertraglichen Obliegenheiten vereinbart. § 28 Versicherungsvertragsgesetz regelt die Rechtsfolgen, die eintreten können, falls eine vertragliche Obliegenheit verletzt wird. Obliegenheiten müssen transparent formuliert sein (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer deutlich erkennen kann, was von ihm verlangt wird und unter welchen Umständen er seinen Versicherungsschutz verlieren kann. Zudem dürfen Obliegenheiten den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligen ( § 307 Abs. 2 BGB).

Schlagworte zum Thema:  Verkehrsrecht, Versicherungsschutz, Obliegenheit