Urteil mit Namen eines verurteilten Mitbewerbers veröffentlicht

Der BGH erlaubte die Namensnennung eines Mitbewerbers, der wegen unseriöser Geschäftspraktiken verurteilt wurde. Das Unternehmen, das das Urteil erstritten hatte, veröffentlichte es auf seiner Webseite. Das grüne Licht des BGH ist jedoch kein allgemeingültiges. Jeder Einzelfall muss seinen eigenen Abwägungsprozess durchlaufen.

Ein Unternehmen, das Anzeigen vermittelt, wurde wegen unlauterer Werbung verurteilt.

Vorgespiegelter Polizeibezug zur Kundengewinnung

Ihm wurde unter Ordnungsgeldandrohung u.a. untersagt, Kaltakquise per Telefon zu betreiben und unter dem Namen „POLIZEI-aktuell“ statt des eigenen Firmennamens aufzutreten.

Warnung und Aufruf zur Meldung von Verstößen

Der konkurrierende Verlag, der das Urteil erstritten hatte, veröffentlichte es auf seiner Webseite unter dem Menüpunkt „Vorsicht Falle“, ohne die Parteinamen unkenntlich zu machen. Zudem wurde die Leserschaft gebeten Übertretungen zu melden, damit die Ordnungsgeldkarte gezogen werden konnte.

Urteilsveröffentlichung seinerseits ein Wettbewerbsverstoß?

Geklagt wurde danach in umgekehrter Konstellation, weil sich nun wiederum das verurteilte Unternehmen von dem Konkurrenzverlag bloßgestellt, verunglimpft und damit wettbewerbsrechtlich beeinträchtigt wähnte (§ 4 Nr. 1 UWG). Der Rechtsstreit durchlief die Düsseldorfer Instanzen mit unterschiedlichen Ergebnissen. Zuletzt entschied der BGH.

Nach Gesamtabwägung befindet der BGH: Urteilsveröffentlichung kein Wettbewerbsverstoß

Die BGH-Richter verneinten den Wettbewerbsverstoß, wobei sich jedoch eine Pauschalisierung verbietet. Wie so oft muss auch in Fällen wie diesen eine Einzelfallentscheidung unter Gesamtwürdigung der Umstände getroffen werden. Vor allem die tangierten Grundrechte müssen sorgfältig abgewogen werden.

Unternehmensfreiheit und schlechter Ruf versus Meinungsfreiheit

Rückendeckung aus dem Grundgesetz haben beide Seiten. Das verurteilte Unternehmen kann eine Beeinträchtigung seiner Unternehmenstätigkeit und seines Unternehmenspersönlichkeitsrechts ins Feld führen (Art. 12, 2, 19 Abs. 3 GG). Dem steht das Grundrecht auf Meinungsfreiheit des obsiegenden Verlags gegenüber (Art. 5 Abs. 1 GG).

Außerdem fiel das Recht der Allgemeinheit auf Aufklärung ins Gewicht

Bei der Abwägung sind neben den Interessen der beiden streitenden Parteien auch die der Leser zu berücksichtigen. Die Verkehrskreise, auf die die Veröffentlichung zielt, können ein schutzwürdiges Interesse an der Information über die untersagten unlauteren Geschäftsmethoden haben.

Gesteigertes Informationsinteresse, da untersagte Kundenmanipulation schwer wog

Dieses Aufklärungsinteresse war das Zünglein an der Waage. Die abgeurteilten Geschäftspraktiken waren so schwerwiegend, dass es wichtig erscheint potenzielle Anzeigenkunden vor weiterer Täuschung und ungewollten geschäftlichen Entscheidungen zu schützen. Ohne den Schritt an die Öffentlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die abgeurteilten Methoden fortgesetzt werden und ungesühnt bleiben.

Wenn das Unternehmen noch im gleichen Segment tätig ist, besteht weiter Interesse am Urteil

Das Zankapfel-Urteil stammt aus 2013, lag somit schon einige Jahre zurück. Da der Geschäftsgegenstand des verurteilten Unternehmens aber weiterhin die Vermittlung von Anzeigenkunden umfasste, besteht aktuell noch eine Wiederholungsgefahr. Der eingetretene Zeitablauf schmälerte das Informationsinteresse daher nach Ansicht des BGH nicht.

Essenz der BGH-Entscheidung:

Die Namensnennung in der Urteilsveröffentlichung stellt eine Anprangerung und Beeinträchtigung dar. Das aber ist in diesem Fall der Preis, den das Unternehmen zahlen muss für ihr höchst unseriöses Geschäftsgebaren. V.a. das Aufklärungsinteresse derjenigen, die gezielt getäuscht werden sollten, wiegt zu hoch, um ihm das zu ersparen. 

(BGH, Urteil v. 6.5.2021, I ZR 167/20).

Schlagworte zum Thema:  Urteil, Wettbewerbsrecht, Unlautere Werbung