Verwendung der gesetzlichen Widerrufsbelehrung schützt den Unternehmer

Ein Leasingnehmer hatte im Zusammenhang mit dem Kauf eines Autos einen Finanzierungsleasingvertrag abgeschlossen. Die Leasinggeberin ließ sich im November 2006 folgende Widerrufsbelehrung vom Leasingnehmer unterschreiben:
"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an: A. L.
Unstreitig erfolgte kein Widerruf - offene Leasingraten führen zur fristlosen Kündigung
Der Leasingnehmer geriet mit seinen Leasingraten in Rückstand. Im September 2009 kündigte die Leasinggeberin den Leasingvertrag fristlos und verwertete das Fahrzeug dann Anfang 2010. Der Leasingnehmer hat zu keinem Zeitpunkt vor der Kündigung Anstalten gemacht, den Vertrag zu widerrufen. Er behauptet auch nicht, dass er im Laufe des Jahres 2006 (oder sonst zu einem Zeitpunkt vor der Kündigung im September 2009) eine solche Absicht gehabt habe.
Zahlungsklage über Rückstände, Schadensersatz und Sicherstellungskosten folgte
Das erstinstanzliche Landgericht hat der Zahlungsklage der Leasingfirma über 19.341,37 EUR als Schadensersatz gemäß Ziff. XV. der Leasingbedingungen stattgegeben, weil sie den wirksamen und nicht widerrufenen Leasingvertrag gekündigt hat und der Leasingnehmer für die Kündigung verantwortlich war.
Leasingnehmer beruft sich auf die Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung
Laut BGH ist zwar die Belehrung über den Fristbeginn „Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ unzureichend. Ist die Belehrung über den Fristbeginn unzureichend, wird die Widerrufsfrist überhaupt nicht in Gang gesetzt; das Widerrufsrecht erlischt auch nicht, weil es an einer wirksamen Belehrung fehlt.
Erfolglos - da die Widerrufsbelehrung dem gesetzlichen Muster entspricht
Obiges gilt aber laut OLG Karlsruhe nicht, wenn der Unternehmer die Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV (galt bis 31.3.2008) wörtlich und vollständig übernimmt, wie dies in dem Rechtsstreit der Fall war. Diese war auch übersichtlich gestaltet. Der Senat hat keinen Zweifel, dass sich die falsche Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht ausgewirkt hat.
Verwender von Mustern des Verordnungsgebers genießt Vertrauen in die „amtliche“ Formulierung der Belehrung
Die Neuregelung durch Art. 246 § 1 ff. EGBGB und die hierzu – nunmehr im Gesetzesrang stehenden - erstellten Musterbelehrungen enthalten eine gesetzgeberische Wertung, dass der Unternehmer ein schutzwürdiges Vertrauen hat, wenn er den "amtlichen" Text der Widerrufsbelehrung verwendet.
So regelt § 360 Abs. 3 BGB (mit Wirkung seit11.6.2010). dass über die zutreffenden Anforderungen an die Belehrung in erster Linie die Musterbelehrungen entscheiden sollen. Diese Wertung lässt sich laut OLG auch auf den Streitfall übertragen.
(OLG Karlsruhe, Urteil v. 8.12.2011, 9 U 52/11).
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