Löschung einer liquidierten (aufgelösten) GmbH aus dem Handelsregister
Hintergrund
Die betroffene GmbH wurde im Jahr 2018 aufgelöst. Nach Ablauf des sogenannten Sperrjahres meldete der Liquidator am 22. August 2019 die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma zum Handelsregister an.
Das Registergericht fragte im Rahmen des Eintragungsverfahrens beim zuständigen Finanzamt an, ob hinsichtlich der Gesellschaft noch steuerliche oder sonstige vermögensrechtliche Angelegenheiten abzuwickeln seien und wie lange dies voraussichtlich dauern werde. Daraufhin teilte das Finanzamt mit, dass die GmbH bis zum 31. Dezember 2022 (sic!) nicht gelöscht werden dürfe, weil ausschüttungsfähiges Vermögen nicht ausgeschlossen werden könne. Zudem seien noch steuerliche Veranlagungsarbeiten durchzuführen und Verwaltungsakte zuzustellen. Der Liquidator reichte eine Bestätigung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein, wonach die Abschlussbilanz der GmbH ein Eigenkapital von null Euro aufwies. Die liquiden Mittel der GmbH zum Abschlussstichtag reichten lediglich aus, um bestehende Restverbindlichkeiten sofort zu begleichen.
Das Registergericht hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen und sich auf die noch durchzuführenden Veranlagungsarbeiten des Finanzamts berufen.
Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 25.08.2020, Az. I-3 Wx 117/20
Gegen diese Entscheidung hat die GmbH Beschwerde eingelegt. Das OLG Düsseldorf hat die Finanzverwaltung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens aufgefordert, die noch vorzunehmenden Veranlagungsarbeiten näher zu konkretisieren. Als das Finanzamt hierauf keine Antwort erteilte, gab das OLG Düsseldorf der Beschwerde der GmbH mit ausführlicher Begründung statt.
Zwar sei eine Liquidation im Grundsatz nicht beendet, wenn ein Besteuerungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Dies gelte jedoch nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats des OLG Düsseldorf nicht, wenn die Gesellschaft den Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt habe, über kein Vermögen mehr verfüge und allenfalls Steuernachforderungen in Rede stünden.
Auch noch etwaig ausstehende Veranlagungsarbeiten der Finanzverwaltung und Zustellungserfordernisse können der Löschung der GmbH hier nicht entgegenstehen. Denn die Finanzverwaltung wurde im registerrechtlichen Verfahren nicht als Gläubigerin beteiligt, sondern lediglich angehört, um eine unrichtige Registereintragung zu vermeiden. Die Stellungnahme des Finanzamts im Rahmen dieser Anhörung hindere nur dann eine Löschung der GmbH, wenn sie für das Gericht tragfähig erscheint. Das war im Streitfall nicht gegeben.
Die Finanzverwaltung habe sich pauschal mehr als drei Jahre Zeit für die Veranlagungsarbeiten eingeräumt, obwohl der Steuerbescheid etwa im Frühjahr 2020 zu erwarten gewesen sei. Auch lag tatsächlich kein ausschüttungsfähiges Vermögen mehr vor. Der Hinweis auf Veranlagungsarbeiten war zu pauschal und wurde von der Finanzverwaltung trotz ausdrücklicher Nachfrage des Gerichts nicht weiter begründet. Der Verweis der Finanzverwaltung auf bestehende steuerliche Einlagenkonten schließlich lag bereits inhaltlich neben der Sache, da solche „Konten“ reine Rechengrößen sind und keine Bedeutung für die Beantwortung der Frage haben, ob noch verteilungsfähiges Vermögen vorliegt.
Dieser Wertung stehe auch die Rechtsprechung des Kammergerichts nicht entgegen. Mit Beschluss vom 22. Juli 2019 (Az. 22 W 29/18) hat das Kammergericht zwar entschieden, dass das Finanzamt als potenzieller Gläubiger die Gelegenheit bekommen müsse, seine Ansprüche vor Beendigung der Liquidation geltend zu machen. Außerdem müssten auch die Liquidatoren grundsätzlich in dieser Phase noch ihren gesetzlichen Pflichten im Hinblick auf die Stellung eines Insolvenzantrags (§ 15a InsO) nachkommen. Im Sachverhalt des Kammergerichts war jedoch das Sperrjahr noch nicht abgelaufen, sodass an den Beweis der Vermögenslosigkeit der GmbH in diesem Fall zu Recht sehr strenge Anforderungen zu stellen waren. Die bloße Versicherung der Vermögenslosigkeit reiche hierfür nicht aus. Da im Fall des OLG Düsseldorf das Sperrjahr jedoch bei Anmeldung bereits abgelaufen war, hatte die Finanzverwaltung ausreichend Gelegenheit, sich bei der GmbH zu melden.
Anmerkung
Mit Eintritt in das Liquidationsstadium ändert sich der Unternehmensgegenstand einer GmbH von einer am Markt tätigen Gesellschaft hin zu deren Abwicklung. Nach § 65 Abs. 2 GmbHG müssen die Liquidatoren die Liquidation der GmbH im Bundesanzeiger bekanntgeben und die Gläubiger auffordern, sich bei der GmbH zu melden. Im Rahmen der Liquidationstätigkeiten sind sodann sämtliche bekannten Gläubiger zu befriedigen; unbekannte Gläubiger haben die Gelegenheit, ihre Forderungen entsprechend der Aufforderung im Bundesanzeiger bei der GmbH anzumelden.
Die Liquidatoren dürfen das restliche Vermögen der GmbH erst dann an die Gesellschafter verteilen, wenn sie sämtliche Schulden der Gesellschaft getilgt haben und ein Jahr seit Aufforderung an die Gläubiger im Bundesanzeiger vergangen ist (§ 73 Abs. 1 GmbHG). Diese „Wartefrist“ wird Sperrjahr genannt.
Sind die Liquidationsarbeiten abgeschlossen, das Sperrjahr abgelaufen und das restliche Vermögen der GmbH an die Gesellschafter verteilt, ist die GmbH vermögenslos und die Liquidatoren können deren Löschung zum Handelsregister anmelden. Im Rahmen dieser Anmeldung hat das Handelsregister von Amts wegen zu prüfen, ob die Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist. Im Rahmen dieser Prüfung darf es jedoch nur bei Zweifeln an der Richtigkeit oder an der Vollständigkeit der einzutragenden Tatsache weitere Unterlagen oder Nachweise anfordern. Das Registergericht hat hier also grundsätzlich von der Richtigkeit der Angaben der Liquidatoren auszugehen und kann auch von diesen abgegebene „Versicherungen“ genügen lassen. In diesem Rahmen kann das Registergericht auch das zuständige Finanzamt gemäß § 379 Abs. 2 FamFG (eine gesetzliche Ausnahme vom Steuergeheimnis!) danach befragen, ob noch steuerliche Abwicklungsarbeiten zu erledigen seien, da die Finanzverwaltung ebenfalls als potenzielle Gläubigerin der Gesellschaft in Betracht kommt.
Das OLG Düsseldorf stellt zu Recht klar, dass sich das Finanzamt für den Erlass potenzieller Steuerbescheide nicht beliebig Zeit einräumen kann. Da das Registergericht zunächst nur eine eingeschränkte Prüfung durchführen darf, muss das Finanzamt konkrete Tatsachen mitteilen, aus denen das Ende der steuerlichen Veranlagungsarbeiten und das zu erwartende Ergebnis (z.B. Steuernachforderungen) hervorgehen. Wenn das Finanzamt solche konkreten Tatsachen jedoch nicht vorbringen kann, darf das Registergericht eine Löschung grundsätzlich nicht ablehnen. Denn die bloß pauschale, nicht weiter begründete Mitteilung, es seien noch Veranlagungsarbeiten zu erledigen, reicht nicht aus, um Zweifel an der Vermögenslosigkeit der GmbH zu schaffen. Ohne begründete Zweifel darf das Registergericht jedoch nicht in eine Tiefenprüfung einsteigen und hat die Löschung der GmbH damit wie beantragt einzutragen.
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