Fristlose Kündigung eines pflichtwidrigen GmbH-Geschäftsführers

In einer bundesweit bekannt gewordenen Korruptionsaffäre hatte eine Tochtergesellschaft der Stadtsparkasse Düsseldorf ihrem Geschäftsführer gekündigt, weil dieser das Unternehmen durch Abschluss eines Scheinvertrages mit einem Kommunalpolitiker geschädigt habe.

Der Kläger wendete sich mit einer Festungsklage gegen die fristlose außerordentliche Kündigung seines Dienstvertrages als Geschäftsführer der Beklagten. Zunächst war der Kläger als Angestellter für die Stadtsparkasse Düsseldorf tätig. Als persönlicher Referent war er dem Vorstandsvorsitzenden direkt unterstellt. Anfang des Jahres 2000 wurde er zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der S-KBG bestellt und im Mai 2002 auch zum Geschäftsführer der Beklagten.

Lukrativste Beratertätigkeit

Im Jahr 2000 wirkte der Kläger an dem Abschluss eines Beratungsvertrages mit dem Kölner Kommunalpolitiker Müller mit, der für seine Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit der beabsichtigten Auflage eines Venture-Capital-Fonds ein Honorar von jährlich 200.000 DM erhalten sollte. Dieses Honorar wurde in der Folgezeit gezahlt und vereinbarungsgemäß von der Stadtsparkasse erstattet. Der beabsichtigte Fonds wurde nie aufgelegt. Im Jahre 2004 wurde auf Veranlassung der Stadtsparkasse der Beratervertrag mit teilweiser Rückwirkung aufgehoben. Nachdem in der Presse über die fehlende Beratungstätigkeit des Kommunalpolitikers berichtet wurde und das Vertragsverhältnis öffentlich als „Scheinvertrag“ qualifiziert wurde, kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis mit dem Kläger. Hiergegen wendete sich der Kläger mit der Feststellungsklage.

LG weist die Klage ab

Das mit der Sache befasste LG wies die Feststellungsklage ab. Die Kündigung sei gerechtfertigt, da der Kläger seine Kompetenzen als Geschäftsführer der Beklagten in rechtswidriger Weise überschritten habe. Den Beratervertrag mit dem Kommunalpolitiker Müller habe er ohne Einholung einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht abschließen dürfen, weil es sich um einen ganz außergewöhnlichen und gewichtigen Beratervertrag gehandelt habe. Als festgestanden habe, dass das Venture-Capital-Projekt nicht verwirklicht würde, sei er darüber hinaus verpflichtet gewesen, den Vertrag sofort wieder aufzuheben. Dies habe er unterlassen und auch dadurch gegen seine Pflichten verstoßen

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Seminar: Rechte und Pflichten des GmbH-Geschäftsführers

Das Seminar der Haufe Akademie zu den Aufgaben des GmbH-Geschäftsführers vermittelt die Kenntnisse, um in dieser Position rechtssicher zu handeln und Haftungsrisiken zu minimieren.

Inhalte des Seminars sind u. a. Rechtsgrundlagen 

  • zu Stellung und Bestellung des Geschäftsführers.
  • Arbeitsrecht und die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften auf GmbH-Geschäftsführer (z. B. BUrlG, EntgFZG),
  • die Haftung des Geschäftsführers: Risikomanagement, Haftungsbegrenzung, D&O-Versicherungen.
  • Der Umgang mit Unternehmenskrisen bis hin zum Insolvenzfall (§ 64 GmbHG),
  • die Beendigung der Geschäftsführerstellung und des Vertrags.
  • Wettbewerbsverbote

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OLG gibt der Klage statt

Nach Auffassung des OLG hatte das LG übersehen, dass die ausgesprochene Kündigung verfristet war. Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB könne die fristlose Kündigung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe. Entscheidend für die Kenntnis sei nach ständiger Rechtsprechung die Kenntnis des zur Kündigung berechtigten Organs (BGH, Urteil v. 15.06.1998, II ZR 318/96). Diese Kenntnis habe spätestens zu dem Zeitpunkt vorgelegen, als festgestanden habe, dass das Venture-Capital-Projekt nicht aufgelegt werde. Später hätten die Gesellschafter der Beklagten der Aufhebung des Beratervertrages mit Müller auch zugestimmt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt begann nach Auffassung des OLG die Zweiwochenfrist zu laufen. Die erst Jahre später erfolgte Kündigung sei demgemäß verfristet.

BGH hebt auf und verweist zurück

Die BGH-Richter machten deutlich, dass die Feststellungen des OLG zur Verfristung der Kündigungserklärung völlig unzureichend seien. Für den Beginn der Frist der Kündigung kommt es nach Auffassung der BGH-Richter nämlich auf die positive Kenntnis der neuen Geschäftsführer der Tochtergesellschaft an. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Geschäftsführer über einen längeren Zeitraum grob fahrlässig keine Kenntnis von den damaligen Vorgängen erhalten hätten, habe die Frist nicht zu laufen begonnen. Eine Pflicht der Geschäftsführer, eigene Ermittlungen über den Charakter des seinerzeitigen Beratervertrages anzustellen, insbesondere nachzuforschen, ob er nur zum Schein abgeschlossen worden sei, habe nicht bestanden. Die Frist zur Kündigung habe daher erst zu dem Zeitpunkt begonnen, in dem die neuen Geschäftsführer positiv Kenntnis von den diesen Vorgängen erhalten hätten. Die hierzu erforderlichen Feststellungen habe das OLG bisher nicht getroffen. Dies sei nachzuholen. Aus diesem Grunde hat der BGH die Entscheidung des OLG aufgehoben und den Rechtstreit zur weiteren Sachaufklärung an das OLG zurückverwiesen.

(BGH, Urteil v. 09.04.2013, II ZR 273/11). 

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