Reiserecht: Entschädigung bei Flugstornierung

Gerät nach Buchung einer Pauschalreise das vom Reiseveranstalter beauftragte Flugunternehmen in Konkurs, so ist der Reisegast nicht verpflichtet, statt der gebuchten Business-Class einen Economy-Flug zu akzeptieren. Der Reiseveranstalter schuldet bei Vertragskündigung Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

In dem vom LG Köln entschiedenen Fall hatte der Kläger für sich und seine Lebensgefährtin bei der Beklagten eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik zu einem Gesamtpreis von 9.260 Euro gebucht. Der Aufpreis für die höherwertige Flugbeförderung in der Business-Class wurde gesondert mit 2.540 Euro aufgeführt.

Economy statt Business-Class

Nach der Buchung geriet die vom Reiseveranstalter beauftragte Fluggesellschaft in Konkurs. Fünf Tage vor der geplanten Flugbeförderung teilte der Veranstalter dem Kläger mit, dass der gebuchte Flug annulliert wurde. Die Beklagte bot eine Ersatzbeförderung in der Economy-Class mit einem Zwischenstopp in Amsterdam und einer dortigen kostenpflichtigen Zwischenübernachtung an.

Kläger kündigt Reisevertrag

Der Kläger lehnte dieses Angebot ab und kündigte den Reisevertrag drei Tage vor dem geplanten Abflug. Er forderte wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld in Höhe von 80 % des Reisepreises.

LG bejaht Voraussetzungen für Entschädigungsanspruch

Das zuständige LG gab der Klage zum überwiegenden Teil statt. Nach Wertung des LG steht dem Kläger ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651 f Abs. 2 BGB a.F. (seit 1.7.2017 findet sich die Regelung in § 651n Abs. 2 BGB) wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu. Die Vorschrift sei eine Erweiterung des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 651 f Abs. 1 BGB a.F. und setzte daher wie dieser einen Mangel der Reise voraus, den der Reiseveranstalter zu vertreten hat. Ein Mangel im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB a.F. (§ 651i BGB n.F.) liege dann vor, wenn die Reise mit Fehlern behaftet ist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften hat. Gebucht habe der Kläger einen Flug in der Business-Class. Diese Leistung habe der Reiseveranstalter nicht mehr erbringen können. Damit liege eine erhebliche Abweichung der Ist- von der vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit vor. Das Verschulden des Reiseveranstalters an diesem Mangel werde gemäß § 651 f Abs. 1 BGB a.F. vermutet.

Verschuldensvermutung nicht widerlegt

Die Einwendung der Beklagten, die Insolvenz der Fluggesellschaft sei zum Zeitpunkt der Buchung für sie nicht vorhersehbar gewesen, ließ das LG nicht als Exkulpation gelten. Zum Risikobereich des Reiseveranstalters gehöre es, sich solventer Erfüllungs- und Leistungsgehilfen zu bedienen. Insoweit treffe den Reiseveranstalter eine Überprüfungs- und Kontrollpflicht. Der Reiseveranstalter habe nicht dargelegt, die finanzielle Situation der Fluggesellschaft vor der Reisebuchung in irgendeiner Weise kontrolliert und überprüft zu haben. Damit habe er die Vermutung seines Verschuldens nicht widerlegt.

Reise in der vertraglich geschuldeten Form vereitelt

Da die Durchführung des geschuldeten Fluges in der Business-Class nicht mehr möglich war, sei die Reise in der geschuldeten Form auch endgültig vereitelt worden, so dass die Voraussetzungen für den Schadensersatzanspruch nach § 651 f Abs. 2 BGB a.F. erfüllt seien.

Ersatzangebot nicht gleichwertig

Damit könne der Veranstalter dem Kläger allenfalls noch den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten. Hierfür trage der Veranstalter die Darlegungs- und Beweislast. Der Hinweis auf das von ihm unterbreitete Ersatzangebot reichte nach Auffassung des LG dafür nicht aus. Die Annahme eines Ersatzangebotes sei für den Reisegast nur dann zumutbar, wenn das Ersatzangebot der ursprünglich geschuldeten Leistung gleichwertig sei. Von einer Gleichwertigkeit könne bei dem angebotenen Flug in der Economy-Class aber nicht ausgegangen werden.

Entschädigung von 50 % des Reisepreises angemessen

Bei der Bemessung der Entschädigungsleistungen gab das LG dem Kläger allerdings nicht in vollem Umfang Recht. Bei der Verbringung eines ausgefallenen Urlaubs zu Hause sei der im Rahmen von § 651 f BGB a.F. zu berücksichtigende Erholungswert mit der Hälfte des Reisepreises anzusetzen. Der vom Kläger gewählte Ansatz von 80 % des Reisepreises sei nicht angemessen und demgemäß zu kürzen. Das LG verurteilte den Kläger daher zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 4.630 Euro sowie zur Zahlung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.


(LG Köln, Urteil v. 19.6. 2018, 30 O 107/18)


Hinweis:

Mit der umfangreichen Reform des Reiserechtes wurde die Pauschalreiserichtlinie EU 2015/2302 zum 1.7.2018 umgesetzt. Damit haben sich die Voraussetzungen für die vom LG Köln ausgeurteilten Entschädigungsleistungen aber nicht verändert, so dass diese Entscheidung auch für den heutigen § 651n BGB gültig ist.

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