Promille können bei Unfällen den Versicherungsschutz kosten

Alkohol am Steuer kann im schlimmsten Fall bedeuten: kein Geld trotz Vollkaskoversicherung. Doch welche Promillewerte haben welche Konsequenzen? Bei einem Blutwert von 1,09 Promille gestaltet sich dies besonders spannend, den erliegt sehr dicht an der Grenze zwischen relativer und absoluter Fahruntüchtigkeit.

Nach der Rechtsprechung ist  für die Folgen eines Unfalls unter Alkoholeinfluss entscheidend, ob eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit vorlag. Die gibt es in zwei Varianten: die absolute und die relative Fahruntüchtigkeit:

  • Wer mindestens 1,1 Promille Alkohol im Blut hat, bei dem geht die Rechtsprechung davon aus, dass ohne weitere Beweisanzeichen vermutet werden kann, dass die Folgen des Alkohols für die Unfallverursachung von überragender Bedeutung waren.
  • Bei weniger als 1,1 Promille kann eine relative Fahruntüchtigkeit vorliegen. Hier kommt es jetzt darauf an, ob der Alkoholgenuss von überragender Bedeutung für den Eintritt des Unfalls war.

 Gerade die relative Fahruntüchtigkeit ist häufig Gegenstand von Auseinandersetzungen. Der Versicherungsträger muss beweisen, dass die Alkoholisierung (mit-)ursächlich für die Verkehrsuntüchtigkeit war.

Faustformel: Je höher die Promille, desto niedriger die Prozente

Das gilt insbesondere bei Unfällen, die unter Alkoholeinfluss geschehen. Die Faustregel lautet: Je höher die eigenen Promille, desto niedriger die Prozente von der Versicherung, wobei durchaus auch Null Prozent möglich sind.

Im vom OLG Karlsruhe zu entscheidenden Fall ging es um eine Frau, die eine Baustelle übersehen und ihren Opel Tigra "geschrottet" hatte. Vor der Fahrt hatte sie bei einer Freundin mehrere Gläser Rotwein getrunken.

Unfallfahrerin bestreitet Alkohol als Unfallursache

Die Polizei stellte eine Blutalkoholkonzentration von 1,09 Promille fest, also ganz knapp unterhalb der Grenze der absoluten Fahruntauglichkeit von 1,1 Promille. Die Frau wollte von ihrem Versicherer dennoch den gesamten Schaden in Höhe von 7.120 Euro nebst Zinsen ersetzt bekommen.

Zwar gab die Opel-Fahrerin zu, dass sie aufgrund eines Fahrfehlers selbst für den Unfall verantwortlich gewesen sei. Allerdings sei der Unfall nicht durch ihren Alkoholgenuss verursacht worden, sondern weil sie versucht habe, die im Fahrerbereich leicht beschlagene Frontscheibe frei zu wischen.

LG hatte Versicherungsschutz komplett abgewiesen

Das Landgericht hatte die Klage noch komplett abgewiesen. Begründung: Die Frau habe den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt. Die Wisch-Argumentation der Frau sei unglaubwürdig. Die Versicherung dürfe deshalb die Leistung gemäß § 81 Abs. 2 VVG auf Null kürzen.

Grobe Fahrlässigkeit ist unstreitig

Das OLG Karlsruhe kam zu einem anderen Ergebnis. Zwar sieht das Gericht ebenfalls ein grob fahrlässiges Handeln der Frau. Bei einer Blutalkoholkonzentration unter 1,1 Promille komme es aber auf die Umstände des Einzelfalls an, ob eine alkoholbedingte Fahruntauglichkeit festgestellt werden kann. Dabei sind insbesondere Fahrfehler und mögliche Ausfallerscheinungen zu berücksichtigen.

Versicherung muss 25 % des Schadens übernehmen

Beim Unfall der Frau sah hielt das Gericht eine Kürzung der Versicherungsleistung auf 25 Prozent des Schadens für angemessen. Der Unfall-Fahrerin kam hier zu Gute, dass die Polizei vor Ort keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen bemerkt hatte.

Bei Blutalkoholkonzentrationen, die nur minimal höher liegen und 1,1 Promille erreichen, entscheiden Gerichte häufig auf eine Kürzung der Leistung auf Null.

(OLG Karlsruhe, Urteil v. 15.04.2014, 9 U 135/13).


Vgl. zum Thema Alkohol am Steuer auch:

Keine Entziehung der Fahrerlaubnis bei extrem kurzer Trunkenheitsfahrt

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Weitere Informationen zum Thema Alkohol im Straßenverkehr bietet die digitale Fachbibliothek "Deutsches Anwalt Office Premium"

Schlagworte zum Thema:  Verkehrsunfall, Suchtprävention