Fahreignung trotz Cannabis-Konsum? Die Menge macht's

Wer unter Einfluss von Cannabis Auto fährt, riskiert seinen Führerschein. Ob die Fahrerlaubnis aber tatsächlich entzogen wird, hängt wesentlich von der Menge des Drogenkonsums ab.

Bei einer nächtlichen Verkehrskontrolle stellt die Polizei bei einem Autofahrer verdächtige Symptome fest, die einen Drogenkonsum vermuten lassen: Lidflattern, gerötete Augen, stark erweiterte Pupillen, träge Lichtreaktionen.

Blutprobe ergibt 0,69 ng/ml THC

Eine eine Stunde nach der Kontrolle erhobene Blutprobe ergibt, dass der Mann Cannabis konsumiert hatte. Der entsprechende THC (=Tetrahydrocannabinol)-Gehalt im Blut lag bei 0,69 ng/ml. Weitere drogentypische Einflüsse stellt der untersuchende Arzt nicht fest. Im Verfahren vor dem VG Freiburg wendet sich der Autofahrer gegen den Entzug seines Führerscheins durch die Fahrerlaubnisbehörde.

Grundsätzlich gilt: Die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.

Gelegentlicher Cannabis-Konsum schließt Autofahren nicht grundsätzlich aus

Beim Cannabis-Konsum kann allerdings nicht generell davon ausgegangen werden, dass der Konsument ungeeignet ist, ein Fahrzeug zu führen. Wer als Kraftfahrer nur gelegentlich Cannabis konsumiert, darf nur dann keine Fahrzeuge führen, wenn

  • keine Trennung zwischen Konsum von Cannabis und dem Führen von Fahrzeugen erfolgt oder
  • wenn ein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt
  • eine Störung der Persönlichkeit oder
  • ein Kontrollverlust festgestellt wird.

Im vorliegenden Fall wies das VG Freiburg darauf hin, dass nach der überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ein fehlendes Trennungsvermögen zwischen Drogenkonsum und dem Führen eines Fahrzeugs nur dann anzunehmen sei, wenn der gemessene THC-Gehalt im Blut den Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml erreiche oder überschreite.

Unter 1,0 ng/ml geben Anlass zum Zweifel

Bei einem Wert unter 1,0 stehe dagegen zumindest nicht mit der für eine Fahrerlaubnisentziehung erforderlichen Gewissheit fest, dass der Betreffende zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet und deshalb der Führerschein zu entziehen sei.

Das Gericht schloss sich auch nicht der Argumentation der Antragsgegnerin an, dass der THC-Wert bei Fahrtantritt über der 1,0 ng/ml-Marke gelegen habe und der Wert von 0,69 nur dadurch zustande gekommen sei, weil es eine Stunde dauerte bis die Blutprobe entnommen wurde und so ein Teil schon wieder abgebaut war.

Begründung des Gerichts: Es sei allgemein anerkannt, dass der Abbau von THC – im Gegensatz zum Abbau von Alkohol – von vielfältigen individuellen physiologischen, psychologischen und anderen Faktoren abhänge und deshalb einer großen Schwankungsbreite unterliege.

Rückrechnung nicht zulässig

Eine rechtlich belastbare Rückrechnung gemessener THC-Konzentrationen auf Zeiten vor der Blutentnahme sei daher nicht möglich.

Letztlich sah das Gericht nicht genug Anhaltspunkte, um dem Autofahrer den Führerschein zu entziehen.

(VG Freiburg, Beschluss v. 27.04.2016, 4 K 1056/16).

Vgl. zu dem Thema auch:

Führerscheinentzug wegen Cannabis

Entzug der Fahrerlaubnis wegen Drogen

Schlagworte zum Thema:  Fahrerlaubnis, Verkehrsrecht