Vogelhaltung im Haftraum bei Untersuchungshaft

Für Untersuchungshäftlinge gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Die Inhaftierung hat keinen Strafcharakter. Deshalb dürfen sie ihren Haftraum grundsätzlich nach ihren Bedürfnissen gestalten. Die Vogelhaltung kann dennoch untersagt werden.

Der Beschwerdeführer wurde Anfang Juli 2012 wegen diverser Betrugsdelikte in Untersuchungshaft genommen worden. Mit einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Landgerichts von Ende Oktober 2012 wurde der Betroffene wegen Betruges in 40 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Untersuchungshäftling wünschte sich dringend die Haltung eines Wellensittichs. Die Anstaltsleitung lehnte ab. Diese Ablehnung wurde im November 2012 durch eine Entscheidung des Landgerichts bestätigt. Gegen diesen Beschluss legte der Betroffene Beschwerde ein. 

Ordnung der Anstalt geht vor

Gemäß § 13 Abs. 2 UVollzG dürfen Untersuchungsgefangene ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Gemäß Abs. 4 dieser Vorschrift darf dieses Recht aus Gründen der Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden. Der Anstaltsordnung kommt dabei eine erhebliche Bedeutung zu. Wird diese durch eine bestimmte Ausstattung der Zelle gestört und werden möglicherweise sogar Sicherheit und Ordnung insgesamt gefährdet, so kann die Anstaltsleitung Ausstattungswünsche des Untersuchungshäftlings zurückweisen

Unverhältnismäßiger Aufwand

Vorliegend sah die Anstaltsleitung einen erheblichen organisatorischen Aufwand in der Haltung eines Wellensittichs. Das in der Beschwerdeinstanz mit der Sache befasste OLG wies darauf hin, dass nach einer Rundverfügung des Justizministeriums das Halten von Vögeln zwar grundsätzlich gestattet sei, jedoch erst nach Ablauf einer Mindesthaftdauer von zwei Jahren. Diese Regelung beruht darauf, dass Wellensittiche grundsätzlich aus einem veterinärärztlich kontrollierten psittakose- und ornithosefreien Bestand erworben werden müssen und die Vogelhaltung aus hygienischen Gründen in regelmäßigen Abständen veterinärärztlich überprüft werden muss. Hieraus folgt ein nicht unerheblicher organisatorischer Aufwand, der nach Auffassung des OLG insbesondere dann unverhältnismäßig ist, wenn – wie hier – bei einem Untersuchungshäftlings noch überhaupt nicht feststehe, wie lange er noch in der Haft verweile. Aus diesem Grunde sei die ablehnende Entscheidung der Anstaltsleitung nicht zu beanstanden.

Therapeutische Erfordernisse nicht ersichtlich

Das OLG wies ausdrücklich darauf hin, dass trotz dieser Umstände das Halten eines Vogels ausnahmsweise gestattet werden könne, wenn dies aus therapeutischen Gesichtspunkten zweckmäßig oder gar erforderlich sei. Entsprechende Hinweise seien vorliegend aber nicht erkennbar, so dass es auch unter diesem Gesichtspunkt bei der ablehnenden Entscheidung bleibe.

(OLG Köln, Beschluss v. 20.12.2012, 2 Ws 886/12)

 

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