Kriterien-Gewichtung im Auswahlverfahren zur Notariatsausbildung

Finden sich nicht ausreichend viele Notariats-Bewerber, die fachlich geeignet sind, kann das Land sein Auswahlverfahren vorzeitig beenden. Die noch unbesetzten Stellen müssen nicht mit Kandidaten besetzt werden, deren Examensnote aus Sicht der Landesjustizverwaltung dafür nicht gut genug sind, auch wenn keine bestimmte Note vorgegeben war.

Gerichtsverfahren wie diese ließen sich von vornherein vermeiden, wenn die Ausschreibung präziser formuliert würde.

Klarer definierte Ausschreibung zur Notariats-Ausbildung wäre wünschenswert

In diesem Fall, in dem das Land Baden-Württemberg eine Kandidatin mit 8,5 Punkten im Zweiten Staatsexamen zugelassen, aber den Bewerber mit der Note 6,02 abgelehnt hat, könnte es z.B. heißen: „… mit einer Abschlussnote im Zweiten Staatsexamen, die mindestens mit „befriedigend“ bewertet ist.“

Ausschreibungsverfahren für elf freie Notariatsstellen

Das OLG Stuttgart und danach der BGH hatten in einem Fall zu entscheiden, in dem das Land Baden-Württemberg 2017 elf Stellen für den notariellen Anwärterdienst ausgeschrieben hatte. Eine Voraussetzung in der Stellenausschreibung war „überdurchschnittliche Rechtskenntnisse, ohne diese näher zu definieren.

Auswahlverfahren trotz zwei unbesetzter Stellen beendet

Aus dem Bewerberfeld wurden insgesamt neun Kandidaten ausgewählt. Acht Bewerber erhielten Notariate ab dem 1. Januar 2018, eine neunte Bewerberin wurde mit Wirkung zum 1. April 2018 eingestellt. Danach wurde das Auswahlverfahren vorzeitig und ohne Besetzung der letzten zwei Stellen beendet, weil das Land den Rest der Anwärter für ungeeignet hielt.

„Ausreichend“ im 2. Staatsexamen trotz Notariatserfahrung nicht ausreichend für angehenden Notar

Für nicht gut genug befand die Auswahlkommission u.a. einen Juristen, der sein Zweites Juristisches Staatsexamen sechs Jahre zuvor mit 6,02 Punkten und damit „ausreichend“ bestanden hatte. Die letzten drei Jahre vor der Bewerbung hat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Notariat in Offenburg gearbeitet.

Nicht jeder Jurist kann auch Notar werden

Richter und Notare haben im breiten Feld der juristischen Berufe eine herausgehobene Position. Sie bekleiden ein öffentliches Amt, schlichten, vermitteln, entscheiden, beurkunden u.s.w., müssen den Überblick behalten sowie besonders neutral und integer sein. Daher möchte man an diesen Stellen seit jeher nur die juristische Elite sehen, die besonders fachlich und persönlich für diesen Beruf geeignet sind.

Examensnote wichtiger als praktische Erfahrungen im Notariat

Entsprechend diesem Leitbild hat der BGH der Entscheidung des OLG Stuttgart vollumfänglich zugestimmt und in seiner Berufungszurückweisungsentscheidung bestätigt,

  • dass ein eingeleitetes Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beendet werden und einfach niemand ernannt werden kann,
  • dass zu schwache Examensnoten einen sachlichen Grund darstellen,
  • dass die Examensnote die fachliche Leistungsfähigkeit eines Kandidaten widerspiegelt
  • und deshalb einen besonders hohen Stellenwert bei der Beurteilung des Bewerbers hat,

Erfahrungen im notariellen Tätigkeitsbereich seien zweitrangig und lediglich als Zusatzqualifikation „begrüßenswert“.

Vorstellungsgespräch und Anwärterbestellung haben keine Bindungswirkung

Der verzweifelte Bewerber, der unbedingt Notar werden wollte, argumentierte noch vergeblich damit, dass man ihm seine grundsätzliche Eignung bereits durch die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch suggeriert habe und dass er zum Notarvertreter bestellt worden war. Beides verneinte der BGH mangels schutzwürdigen Vertrauens bzw. unterschiedlicher Maßstäbe an Vertreter- und Anwärterbestellung.

(BGH, Beschluss v. 8.4.2019, NotZ(Brfg) 9/18).

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Hintergrund:

Nach § 7 Abs. 2 BNotO ist die Auswahl verschiedener Bewerber um die Aufnahme in den Anwärterdienst nach der persönlichen und fachlichen Eignung unter besonderer Berücksichtigung der Leistungen in der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung vorzunehmen. Den Prüfungsergebnissen kommt dabei herausragende Bedeutung zu; die Gewichtung und Bewertung der einzelnen Auswahlkriterien liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Landesjustizverwaltung.

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