Daseinsvorsorge: Kein Grundrecht auf öffentliche Toiletten

Der grundgesetzlich garantierte Schutz der Menschenwürde gebietet es den Kommunen nicht, ihren Bürgern kostenfreie öffentliche Toiletten zur Verfügung zu stellen. Das Gericht steht auf der Seite der Stadt Essen und verweist auf mannigfache Kaufhäuser, Cafés und Gaststätten, in denen man - zur Not gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts – seine Notdurft verrichten könne.

Ein Essener Bürger, der unter häufigem krankhaftem Harndrang leidet, fühlte sich in seiner Menschenwürde verletzt, weil es im Stadtgebiet Essen nach seiner Auffassung an kostenfrei benutzbaren öffentlichen Toiletten fehlt. Da er finanziell nicht in der Lage ist, ständig kostenpflichtige Toilette zu benutzen, sah er sich in solchen Fällen nicht selten gezwungen, seinem Harndrang auch ohne Nutzung einer hierfür vorgesehenen Toilette nachzugeben.

Unlösbare Drucksituationen infolge starken Harndrangs

In solchen Situationen fühlte der Essener sich elend und würdelos. Seine Situation verschärfte sich noch dadurch, dass die Stadt Essen am 15.2.2017 eine Verordnung erließ, wonach das Verrichten der Notdurft auf Verkehrsflächen und Anlagen der Stadt untersagt wurde. Dies brachte den verzweifelten Bürger auf die Idee, einen Anspruch auf Zurverfügungstellung kostenfreier öffentlicher Toiletten aus dem Grundsatz der Menschenwürde abzuleiten.

Klage auf Bereitstellung öffentlicher Toiletten

Er reichte beim zuständigen VG eine Klage verbunden mit einem Prozesskostenhilfeantrag ein. Er forderte vom Gericht

  • die Verurteilung der Stadt zur Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von kostenfreien Toiletten im öffentlichen Raum,
  • sowie im Eilverfahren die vorläufige Aufstellung von Dixi-Toiletten.

Gerichte zeigten kein Verständnis für übermäßigen Harndrang

Weder beim VG noch beim OVG Münster hatte der Mann Erfolg. Die Gerichte konnten eine Pflicht der Kommunen zum Aufstellen öffentlicher Toiletten nicht erkennen. Weder aus der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen noch aus dem Grundrecht auf Menschenwürde ließe sich eine solches Recht ableiten.

Stadt Essen bietet jede Menge Möglichkeiten 

Die Menschenwürde sah das OVG durch fehlende Toiletten als nicht beeinträchtigt an. Dem Antragsteller böten sich andere Möglichkeiten, seinen gesundheitlichen Einschränkungen infolge krankhaften Harndrangs zu begegnen und sich dennoch in der Öffentlichkeit aufhalten zu können. So befänden sich in der Stadt Essen mannigfache Kaufhäuser, Cafés und Gaststätten, in denen man - gegebenenfalls gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts – seine Notdurft verrichten könne.

Kein Anspruch auf kostenlose Leistungen

Eine Verpflichtung der Kommunen, ihren Bürgern kostenlos öffentliche Toiletten Verfügung zu stellen, besteht nach Auffassung des Senats ohnehin nach keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Weder nach der Gemeindeordnung noch nach dem Grundgesetz sei der Staat verpflichtet, individuell zurechenbaren Leistungen der Daseinsvorsorge kostenlos zu erbringen. Die Prozesskostenhilfeanträge wies das OVG daher sowohl hinsichtlich des Eilantrages als auch hinsichtlich des beabsichtigten Hauptverfahrens ab.


(OVG Münster, Beschluss v. 14.12.2017, 15 E 830/17 u. 831/17)

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