Verfassungsbeschwerde per Email ist unzulässig

Weder per E-Mail noch per De-Mail kann eine Verfassungsbeschwerde wirksam eingelegt werden. Das BVerfG hat eine per De-Mail eingelegte Verfassungsbeschwerde unter anderem mit Hinweis auf das Schriftformerfordernis als unzulässig zurückgewiesen.

Ein Rechtsanwalt hatte eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG elektronisch per De-Mail eingereicht. Das höchste deutsche Gericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an,

  • da sie bereits nicht dem an die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde zu stellenden Schriftformerfordernis gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG genüge.
  • Diese Vorschrift erfordert nach der Auslegung des höchsten deutschen Gerichts ein beim BVerfG körperlich eingehendes Schriftstück.

De-Mail-Adresse des BVerfG dient ausschließlich Verwaltungszwecken

Der Rechtsanwalt ging davon aus, dass eine Verfassungsbeschwerde per De-Mail zulässig sein müsse, da das höchste deutsche Gericht über eine De-Mail-Adresse verfügt. Die Verfassungsrichter wiesen den Rechtsanwalt darauf hin, dass diese Adresse ausschließlich der Abwicklung von Verwaltungsangelegenheiten diene, nicht aber als Kommunikationsmittel für gerichtlich relevante Schriftsätze.

Zulässigkeit folgt nicht aus der EU-Dienstleistungsrichtlinie

Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde per De-Mail folgt nach Auffassung der Verfassungsrichter insbesondere nicht aus der EU-Richtlinie 2006/123/EG (EU-Dienstleistungsrichtlinie). Diese Richtlinie fordert den Einsatz der elektronischen Kommunikation innerhalb der EU als verbindliches Medium auch für öffentliche Stellen.

Vor den meisten Gerichten sind Klagen per De-Mail zulässig

In Umsetzung dieser Richtlinie hat der Gesetzgeber in §§ 130a ZPO, 55a VWGO, 46c ArbGG, 65a SGG, 52a FGO die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation mit den Gerichten und damit auch die Einreichung zivilrechtlicher, arbeitsrechtlicher, verwaltungsrechtlicher und finanzrechtlicher Klageschriften per De-Mail eröffnet.

De-Mail soll mehr Datensicherheit als E-Mail bieten

Die De-Mail ist technisch der E-Mail ähnlich, soll als technisch eigenständiges Kommunikationsmittel jedoch einen deutlich sicheren Weg zur Datenübermittlung als die gewöhnliche E-Mail eröffnen. Die Kommunikation per De-Mail ist in Deutschland durch das De-MailG gesondert geregelt, das speziell zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie eingeführt wurde und an die Anbieter des De-Mail-Verfahrens besondere Anforderungen stellt:

  • So müssen die Provider sich gemäß § 17 De-MailG beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) akkreditieren
  • und spezifische Sicherheitsanforderungen im Rahmen einer Zertifizierung erfüllen.
  • Ferner müssen die Anbieter die Erfüllung datenschutzrechtlicher Anforderungen nachweisen und hierzu ein Zertifikat des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und digitale Informationsfreiheit vorlegen.

Sicherheitsstandard der De-Mail ist umstritten

Von Datenschützern wird die angebliche Sicherheit De-Mail stark in Zweifel gezogen. Durch die fehlende „Ende zu Ende Verschlüsselung“ seien Hackerangriffe ohne weiteres möglich. Als Kommunikationsmittel zwischen Behörden in datenschutzrechtlich relevanten Bereichen, beispielsweise bei Polizei und Geheimdiensten, aber auch bei den Gerichten, sei keine ausreichende Datensicherheit gewährleistet.

De-Mail-Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen

Wohl auch vor diesem Hintergrund hat das höchste deutsche Gericht das Schriftformerfordernis für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde eng ausgelegt.

Der Gesetzgeber habe schließlich auch bewusst davon abgesehen, ins BVerfGG eine dem § 130 a ZPO entsprechende Vorschrift aufzunehmen (BVerfG, Beschluss v. 27.11.2015, 2 BvQ 43/15).

Weder eine E-Mail noch eine De-Mail, die anders als ein Telefax nicht zum sofortigen Ausdruck bestimmt seien, reichten für einen körperlichen Eingang beim Gericht aus und entsprächen damit nicht dem Schriftformerfordernis des § 23 Absatz 1 Satz 1 BVerfGG. Damit sei die per De-Mail eingereichte Verfassungsbeschwerde unzulässig und könne nicht zur Entscheidung angenommen werden.

(BVerfG, Beschluss v. 19.11.2018, 1 BvR 2391/18)