Beiordnung eines nicht im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts

Die Beiordnung eines nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erfolgt ohne Einschränkung im Sinne von § 121 Absatz 3 ZPO, wenn die Kanzlei des beigeordneten Anwalts nicht weiter vom Prozessgericht entfernt ist als der am weitesten entfernte im Gerichtsbezirk gelegene Ort.

Dort könnte schließlich auch ein Rechtsanwalt residieren. Dies gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg auch dann, wenn sämtliche derzeit im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwälte näher am Gerichtsort residieren.

Amtsgericht Kulmbach ordnete externe Rechtsanwältin bei

In dem Fall hatte das Amtsgericht Kulmbach der Antragstellerin für das Scheidungsverbundverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung einer Rechtsanwältin bewilligt.

  • Die Bewilligung erfolgte zu den Bedingungen eines in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts.
  • Gegen diese Einschränkung wandte sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Diese hatte Erfolg.

Tatsächliche Entfernung zwischen Gericht und Kanzleisitz entscheidend

Entgegen der Rechtsansicht des AG lagen die die Voraussetzungen des § 113 Absatz 1 Satz 2 FAMFG, § 121 Absatz 3 ZPO nicht vor. Höhere Reisekosten iSd § 121 Absatz 3 ZPO können nur dann entstehen, wenn die Entfernung der Kanzlei des beigeordneten Rechtsanwalts weiter vom Prozessgericht entfernt ist, als der am weitesten im Gerichtsbezirk entfernte Ort.

  • Bezogen auf die örtlichen Gegebenheiten konstatierte das Gericht: „Die Marktgemeinde W., die im Gerichtsbezirk Kulmbach liegt, ist rund 25 km von Kulmbach entfernt und damit weiter als der Kanzleisitz der beigeordneten Rechtsanwältin in B.
  • Dass in W. derzeit kein Rechtsanwalt seinen Kanzleisitz hat, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts.“

Das OLG Bamberg widersprach der Auffassung, dass lediglich die Entfernungen zwischen dem Gericht und den im Gerichtsbezirk ansässigen Anwälten maßgeblich sei.

Was wird verglichen?

„Entscheidend ist vielmehr, dass bei dem Vergleich der möglichen Fahrtkosten darauf abzustellen ist, ob die tatsächliche Entfernung zwischen Gericht und dem Kanzleisitz des beigeordneten Rechtsanwalts geringer ist, als die Entfernung zwischen dem Gericht und den vom Prozessgericht am weitesten entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirks.“

Da jeder Ort innerhalb eines Gerichtsbezirks Sitz einer Anwaltskanzlei sein könne und keine Residenzpflicht an nur bestimmten Orten bestehe, sei hierauf abzustellen und nicht auf den vom Zufall abhängigen, sich ständig veränderbaren Umstand der tatsächlichen Existenz einer Kanzlei.

(OLG Bamberg, Beschluss v. 22.7.2014, 2 WF 173/14).



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