Anwalt erhält Reisekosten trotz einer Kanzlei seiner PartG am Gerichtsort
In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Bonner Rechtsanwalt einen Mandanten aus Essen in einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vertreten. Der Mandant war dort als Beigeladener beteiligt.
Stornierungskosten für Flug und Hotel geltend gemacht
Als die Klage zurückgenommen wurde, stellte der Mandant für seinen Anwalt einen Kostenfestsetzungsantrag. Darin machte er Stornierungskosten eines Flugs von Köln nach Leipzig und zurück sowie einer Hotelunterkunft geltend, nachdem eine Anreise nach Leipzig wegen der Klagerücknahme nicht mehr erforderlich war. Doch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle berücksichtigte die Stornierungskosten für Flug und Hotel nicht. Hiergegen wandte sich der Mandant des Anwalts mit einer Erinnerung, die überwiegend Erfolg hatte.
Reisekosten müssen notwendig sein
Nach § 162 Absatz 1 VwGO erfassen die erstattungsfähigen Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Das Bundesverwaltungsgericht zählt dabei die weiteren Regeln auf, unter denen die Reisekosten erstattungsfähig sind:
- Es kommt auf die Sicht einer verständigen Partei an
- Jeder Beteiligte ist verpflichtet, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten
- Es muss sich um Auslagen handeln, die nicht mit den Gebühren abgegolten sind
Da diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt waren, erkannten die Richter die dem Anwalt des Beigeladenen entstandenen Stornierungskosten für die nicht angetretene Flugreise i.H.v. 116,31 EUR und für die Hotelbuchung in Höhe von weiteren 83,70 EUR als erstattungsfähig an.
Zweigstelle muss von Niederlassung unterschieden werden
Zu den erstattungsfähigen Auslagen zählen nach Nr. 7003 ff. VV-RVG die Fahrtkosten sowie die sonstigen Auslagen einer Geschäftsreise. Und aus Vorb. 7 II VV-RVG ergibt sich, dass eine Geschäftsreise vorliegt, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet.
- Im konkreten Fall bestand die Besonderheit, dass die Kanzlei auch am Gerichtsort Leipzig eine Kanzlei unterhält.
- Doch diesem Umstand maß das Bundesverwaltungsgericht keine Bedeutung zu.
- Zwar umfasse der Begriff der Kanzlei neben der Hauptstelle auch etwaige an anderen Orten betriebene Zweigstellen.
Bei der Niederlassung einer als Partnerschaft organisierten Anwaltsgesellschaft handele es sich aber nicht um eine Zweigstelle, sondern um eine selbstständige Rechtsanwaltskanzlei.
Reisekosten waren angemessen
Auch aus dem Gesichtspunkt der Angemessenheit habe der Bonner Anwalt alles richtig gemacht, befand das Gericht. Insbesondere müsse er sich nicht darauf verweisen lassen, dass ein Leipziger Kollege den Fall hätte übernehmen können. „Denn dem persönlichen Kontakt und dem Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und dem konkret ausgewählten ortsnahen Rechtsanwalt muss regelmäßig Rechnung getragen werden“, betonte das Gericht. Außerdem arbeite im Leipziger Büro der Kanzlei weder ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht noch ein Rechtsanwalt, der sich in straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren auskennt.
Abzüge nur bei den Hotelkosten
Die Stornierungskosten der Flugreise akzeptierte das Bundesverwaltungsgericht auch der Höhe nach. Diese stünden in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise 1. Klasse. Und weil der Anwalt hier an einem „dritten Ort“, nämlich Bonn, ansässig ist, dürften die Reisekosten nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Essener Unternehmenssitz des Mandanten ansässigen Rechtsanwalts erstattet werden. Auch damit hatte das Gericht keine Probleme weil sich die Aufwendungen für die gebuchte und später stornierte Flugreise von Köln nach Leipzig und zurück im Rahmen der Kosten einer Bahn-Rückfahrkarte 1. Klasse Essen – Leipzig halten. Nur bei den Stornierungskosten des Hotelzimmers zum Preis von 160,65 EUR machte das Bundesverwaltungsgericht Abzüge. Hier hielt das Gericht Übernachtungskosten von bis zu 100 EUR für angemessen. Abzüglich des Stornierungsabschlags in Höhe von 10 Prozent und der weiter in Abzug gebrachten Umsatzsteuer waren das am Ende 83,70 EUR.
(BVerwG, Beschluss v. 4.7.2017, 9 KSt 4/17).
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