Mietrecht: 10 Dinge, die Sie zum Thema Kündigung wissen sollten

"My home is my castle!": So sehen es nicht nur Burgbesitzer, auch der Mieter hegt solche Gefühle. Wann muss er sich trotzdem eine Kündigung gefallen lassen und die angemietet Wohnung auf Wunsch des Vermieters räumen? Hier einige wichtige Infos zur mietrechtlichen Kündigung.

Mieter sind in vieler Hinsicht stark geschützt in ihrem Heim. Grund: Das Mietrecht enthält, ähnlich wie das Arbeitsrecht, teilweise mehr als den berühmten "Tropfen sozialen Öls", den Otto v. Gierke für das BGB forderte.

Trotzdem muss der Vermieter nicht dulden, dass er über das Vermieten verarmt. Wenn es sich wirklich nicht rechnet oder der Mieter allzu säumig mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen ist, dann darf gekündigt werden.


  • Bei Geld hört nicht nur die Freundschaft, sondern oft auch das Mietverhältnis auf ...

Vermieter kann unpünktlichen Mietzahlern kündigen

Zahlt der Mieter die Miete wiederholt und trotz Abmahnung zu spät, kann dies den Vermieter berechtigen, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen (BGH, Urteil v. 14.9.2011, VIII ZR 301/10)


Dauerhaft unpünktliche Mietzahlung ist jedenfalls ein Kündigungsgrund

Zahlt der Mieter die Miete dauerhaft und wiederholt zu spät, obwohl ihn der Vermieter zur pünktlichen Zahlung aufgefordert hat, kann der Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen (BGH, Urteil v. 1.6.2011, VIII ZR 91/10) Mehr...



...es darf nur nicht zu lange gezaudert werden


Fristlose Kündigung wegen nicht gezahlter Kaution, Vermieter muss zügig handeln

Die Nichtzahlung der Kaution kann die fristlose Kündigung eines gewerblichen Mietverhältnisses rechtfertigen. Der Vermieter darf mit der Kündigung aber nicht zu lange zuwarten (OLG Koblenz, Beschluss v. 5.5.2011, 2 U 793/10) Mehr...


Seit der Mietrechtsreform ist auch die Nichtzahlung der Kaution für Wohnraum Grund für eine fristlose Kündigung

  • Wenn das Vermieten unrentabel wird ...

Vermieter darf unrentable Immobilie kündigen

Ein Mietvertrag kann gekündigt werden, wenn eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks anders nicht möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die Immobilie im vermieteten und unrentablen Zustand erworben hat (BGH, Urteil v. 8.6.2011, VIII ZR 226/09)


Vermieter kann für Neubau kündigen

Der Vermieter kann ein berechtigtes Interesse an einer Kündigung eines Wohnraummietvertrags haben, wenn er anstelle einer völlig veralteten Siedlung moderne Mietwohnungen errichten will (BGH, Urteil v. 9.2.2011, VIII ZR 155/10)


  • Eigener Herd ist Goldes wert: Eigenbedarf

Vermieter und Verwandte haben Vorfahrt in der Mietsache: Der Vermieter kann kündigen, wenn er oder ein Angehörige die Mietsache benötigen. Der Begriff des Angehörigen wurde in der jüngsten Entwicklung deutlich ausgedehnt.


Onkel und Tanten

Keine überspannten Anforderungen an den Verwandtschaftsgrad

Mittlerweile ist eine Kündigung auch zugunsten von Nichten und Neffen möglich (BGH, Urteil v 27.01.2010, VIII ZR 159/09), ohne dass es auf eine tatsächliche Nähe der persönlichen Beziehung ankäme. Die Kündigung zu Gunsten von Cousins und Cousinen bzw. Schwägern und Schwägerinnen erfordert laut BGH jedoch die Darlegung einer persönlich engen Bindung bzw. die Erläuterung der „moralischen Verpflichtung des Vermieters“, diesen Personen die Wohnung zu überlassen (BGH, Urteil v 10.11.2009, VIII ZR 247/08)


Keine überspannten Anforderungen an Eigenbedarfskündigung

Für die Begründung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs reicht es aus, dass der Vermieter die Person bezeichnet, für die er die Wohnung benötigt, und deren Interesse an der Erlangung der Wohnung darlegt (BGH, Urteil v. 6.7.2011, VIII ZR 317/10)


Wenn der Vermieter mit Eigenbedarf ein(e) Gesellschaft(er) ist

BGH zur mietrechtlichen Kündigung: Eigenbedarf für Neu-Gesellschafter möglich

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ein Mietverhältnis auch wegen Eigenbedarfs von Gesellschaftern kündigen, die erst nach Abschluss des Mietvertrags in die Gesellschaft eingetreten sind. Die bisherige anderslautende Rechtsprechung gibt der BGH ausdrücklich auf (BGH, Urteil v. 23.11.2011, VIII ZR 74/11)


BGH: Kein Eigenbedarf für OHG und KG

Eine Personenhandelsgesellschaft kann, anders als eine GbR-Gesellschaft, ein Mietverhältnis über Wohnraum nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen (BGH, Urteil v. 15.12.2010, VIII ZR 210/10)




  • Grenz- und Sonderfälle

Manche Kündigungsgründe sind "sonnenklar und stadtbekannt", aber es gibt immer auch besondere und ungewöhnliche Kontstellationen:


Unehrlicher Mieter: Täuschung über Schadensursache kann Kündigung des Mietvertrags rechtfertigen

Macht der Mieter gegenüber dem Vermieter über die Ursache eines Schadens an der Mietsache falsche Angaben, kann dies den Vermieter dazu berechtigen, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen,  weil das Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien durch die Falschangabe zerrüttet ist (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 21.3.2011, 24 U 102/10)


Haarspalterei: Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung kann rechtsmissbräuchlich sein

Wenn ein Mieter die Erlaubnis zur Untervermietung rechtzeitig erbeten hat und der Vermieter zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet ist, kann der Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen (BGH, Urteil v. 2.2.2011, VIII ZR 74/10)


Hintergrund: Grundsätzlich ist der Mieter nicht berechtigt, ohne Erlaubnis des Vermieters den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiterzuvermieten.

Wenn der Vermieter zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet war und er durch seine Weigerung selbst gegen den Mietvertrag verstoßen hat, ist die Kündigung rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam.


Bestandsschutz für Mietvertrag steinalter Mieterin

Eigenbedarf: Keine Kündigung von 99-jähriger Mieterin nach 40 Jahren

Lebt ein hochbetagter Mieter bereits seit mehreren Jahrzehnten in derselben Wohnung, kann einer Eigenbedarfskündigung ein besonderer Härtegrund entgegenstehen. Einen alten Baum soll man schließlich nicht umpflanzen... (LG Bonn, Beschluss v. 8.10.2010, 6 S 130/10).

  • Anwaltskosten

Wann kann bei einer Kündigung die eine Seite von der anderen (keine ) Anwaltskosten verlangen?


BGH: Kein Ersatz von Anwaltskosten trotz formell unwirksamer Kündigung

Erklärt der Vermieter einer Wohnung die Kündigung ohne die erforderliche Begründung, kann der Mieter aus dem Fehlen der Begründung keinen Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten herleiten, die ihm für die Zurückweisung der Kündigung entstanden sind. Den Vermieter trifft gegenüber dem Mieter keine vertragliche Nebenpflicht, bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung deren formelle Voraussetzungen zu beachten (BGH, Urteil v. 15.12.2010, VIII ZR 9/10)


Kein Ersatz der Anwaltskosten bei vorformulierter Kündigung des Mietverhältnisses

Ein großer gewerblicher Vermieter (hier: Die Deutsche Annington, Europas größter Vermieter mit etwa 220.000 vermieteten oder verwalteten Wohnungen), der für eine Kündigung mit Räumungsaufforderung ein weitgehend vorformuliertes Muster benutzt, hat keinen Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten sitzen. Er hat entsprechende Kenntnisse und das notwendige Know-how, um selbst die Kündigung auszusprechen und die Räumung zu verlangen (LG Gießen Beschluss v. 13.10.2009, 1 S 71/09)


Fazit: 10 Gebote zur mietrechtlichen Kündigung

  1. Hartnäckig unpünktliche Mietzahlung berechtigt zur fristlosen Kündigung.
  2. Verweigerung der Kautionszahlung auch.
  3. Allerdings darf der Vermieter nicht zu lange damit warten.
  4. Wenn angemessene wirtschaftliche Verwertung nicht möglich ist, darf der Vermieter dem Mieter kündigen, z.B. um einen Neubau auf dem vermieteten Grundstück zu errichte.
  5. Wenn der Vermieter die Mietsache für sich oder Angehörige braucht, darf er dem Mieter wegen Eigenbedarf kündigen, die Verwandschaft muss nicht übertrieben eng, sollte aber zumindest innig sein. Gut auch, wenn der zu Kündigende nicht hochbetagt ist.
  6. Wenn der Vermieter eine GbR-Gesellschaft ist, geht es, wenn ein Gesellschaft oder die Gesellschaft Bedarf hat, auch, bei einer Personenhandelsgesellschaft wie KG, OHG oder GmbH & Co. KG dagegen nicht.
  7. Auch der schlimmste gekündigte Mieter hat im Normalfall eine Räumungsfrist, die sollten Vermieter beachten.
  8. Auch wenn formal eine Kündigung (nicht) möglich ist, kann Treu und Glaube oder Rechtsmissbraiuch die Angelegenheit umkehren
  9. Die gilt umso mehr, wenn sie im Mietrechtsprozess kein unnötiges Kostenrisiko eingehen wollen.
  10. Allein der Umstand, dass die Begründung einer Kündigung unwirksam ist, führt noch nicht dazu, dass der Mieter vom Vermieter die Erstattung seiner Anwaltskosten verlangen kann.


Schlagworte zum Thema:  Mietrecht, Kündigung