Darf Mieter wegen defekter Toilette Handwerker beauftragen?

Mieter verklagte Vermieter auf Zahlung der Reparaturkosten
Nachdem in der Wohnung eines Mieters die Toilettenspülung ausgefallen war, schickte dieser eine Mängelrüge an den Vermieter. Weil es sich dabei um eine frühere Anschrift handelte, erreichte die Mängelrüge den Vermieter nicht. Nachdem der Mieter nichts von ihm gehört hatte, beauftragte er Handwerker mit der Reparatur und verlangte von seinem Vermieter, dass er ihm die Kosten von 394,19 EUR ersetzt.
Vermieter weigerte sich wegen fehlendem Verzug
Doch der Vermieter weigerte sich, für die Kosten der eigenmächtigen Reparatur der Toilettenspülung aufzukommen. Er verwies darauf, dass er nicht über den Mangel informiert worden sei. Infolgedessen habe er sich nicht in Verzug befunden. Nach seiner Auffassung hätte der Mieter bei ihm telefonisch oder per Whatsapp nachfragen müssen, ehe er einen Handwerker mit der Reparatur der Toilette beauftragt.
AG Bernau gab Klage des Mieters statt
Das Amtsgericht Bernau entschied, dass der Vermieter für die Kosten in Höhe von insgesamt 394,19 EUR aufkommen muss (Urteil v. 4.4.2025 – 10 C 513/24).
Defekte Toilette ist ein eilbedürftiger Notfall
Das begründete das Gericht damit, dass im Hinblick auf die Reparatur der Toilette die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen einer Notreparatur des § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB vorgelegen haben. Das ergab sich laut AG Bernau darauf, dass der Mieter dringend darauf angewiesen gewesen ist, dass seine Toilette funktioniert, was zumindest in Mitteleuropa einen Mangel im Sinne von § 536a BGB darstellt.
Kein Verzug des Vermieters erforderlich
Er brauchte daher mit der Beauftragung der Handwerker nicht zu warten, bis sich der Vermieter im Verzug befand. Infolgedessen war irrelevant, dass der Mieter seinen Vermieter nicht ordnungsgemäß über den Mangel informiert hatte.
Eigenmächtige Reparatur durch Mieter nur unter engen Voraussetzungen
Wenn Mieter bei Auftreten eines Mangels im Wege der Ersatzvornahme vorgehen und eigenmächtig einen Handwerksbetrieb beauftragen, braucht der Vermieter normalerweise nicht für die Kosten der Reparatur aufzukommen. Anders ist das, wenn der Vermieter gem. § 536a Abs. 2 Nr.1 BGB mit der Beseitigung im Verzug ist oder nach § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.
Wann ein eilbedürftiger Notfall vorliegt
Dass eine Ersatzvornahme des Mieters außerhalb des Verzuges nach § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.1.2008 - VIII ZR 222/06 klargestellt. Hiernach muss es sich um eine Notfallmaßnahme des Mieters handeln, die keinen Aufschub duldet.
Beispiele aus der Rechtsprechung
Wann es sich bei der Reparatur um eine Notfallmaßnahme handelt, ergibt sich aus der einschlägigen Rechtsprechung.
AG Saarburg: Verstopfte Toilette als Notfall
Von einer Notfallmaßnahme ist das Amtsgericht Saarburg in einem ähnlichen Fall ausgegangen. Ein Mieter hatte nach der Rückkehr aus dem Urlaub bemerkt, dass der Abfluss der Toilette verstopft war. Am gleichen Tage beauftragte er eine Fachfirma mit der Beseitigung der Verstopfung durch eine Rohrreinigung. Sodann verlangte von seinem Vermieter, dass er ihm den in Rechnung gestellten Betrag von 434,35 EUR ersetzt. Das AG Saarburg verurteilte daher den Vermieter dazu, dass er dem Mieter diesen Betrag erstattet (Urteil v. 19.11.2008 – 5 C 454/08).
AG Würzburg: Entfernung von Wespennest als Notfall
Ebenso sah dies das AG Würzburg in einem Sachverhalt, in dem ein Mieter durch die Feuerwehr ein Wespennest beseitigen ließ, das sich auf der Außenseite des Mietshauses befand. Das AG Würzburg entschied, dass der Vermieter für die Kosten der Beseitigung des Wespennestes in Höhe von 160,82 EUR aufkommen muss (Urteil v. 19.2.2014 – 13 C 2751/13). Das Gericht begründete das damit, dass die Mieter durch das Wespennest konkret gefährdet gewesen sind. Dies ergab sich daraus, dass sich laut Aussage eines Zeugen im Rollladenkasten ein Nest mit etwa 1.000 Wespen befunden hatte. Auf dem Balkon hielten sich ungefähr 200 Wespen auf.
LG Frankfurt: Klemmende Wohnungstüre als Notfall
Nachdem ein Mieter die Wohnungstüre nicht mehr öffnen konnte, weil sie verzogen war, informierte er den Vermieter uned wandte sich am gleichen Tag vergeblich an den Hausmeister. Sodann beauftragte er einen Schlüsseldienst mit dem Öffnen. Als der Mieter von dem Mitarbeiter des Schlüsseldienstes erfahren hatte, dass das gleiche Problem nach dem Verschließen der Tür erneut auftreten würde, nahm er ein paar persönliche Sachen mit und übernachtete bei seiner Mutter. Nachdem er am nächsten Morgen erneut vergeblich versucht hatte, seine Wohnungstüre zu öffnen, beauftragte er eine Firma mit dem Austausch dieser Tür.
Das Landgericht Frankfurt am Main entschied, dass der Mieter vom Vermieter Ersatz der Kosten für das Öffnen der Eingangstür seiner Wohnung in Höhe von 134,52 DM und Ersatz der Kosten für den Einbau einer neuen Tür ein Höhe von 465,12 DM verlangen kann (Urteil vom 11.06.1987 - 33 C 1229/87). Dies begründeten die Richter damit, dass der Mieter insbesondere aufgrund der Gefahr von Diebstählen ein erhebliches Interesse daran hatte, dass der Mangel in Form einen nicht funktionsfähigen Wohnungstüre sofort beseitigt wird.
AG Münster: Heizungsausfall bei klirrender Kälte als Notfall
Ebenfalls von einer Notsituation ist das Amtsgericht Münster in einem Fall ausgegangen, in dem die Heizung bei winterlichen Temperaturen von nachts unter 0 Grad an einem Samstag ausgefallen war. Es entschied, dass der Vermieter für die Kosten in Höhe von 513,64 EUR aufkommen muss, für Arbeiten, die eine Fachfirma zur provisorischen Instandsetzung einer Heizung durchgeführt hatte (Urteil vom 30.9.2009 - 4 C 2725/09).
Praxishinweis:
Diese Fälle zeigen, dass Vermieter bei Problemen gut erreichbar sein müssen. Darüber hinaus sollten sie ihre Mieter schriftlich darüber informieren, an welche Unternehmen sie sich in Notfällen z.B. abends oder am Wochenende wenden sollen. Wichtig ist, dass diese Firmen über einen Notdienst verfügen. So können Vermieter erreichen, dass die Reparaturen ordnungsgemäß ausgeführt werden und die Mieter nicht an teure und unseriöse Firmen geraten.
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