BGH: Ärzte haften nicht für Corona-Impfschäden

Der BGH hat die private Haftung von Ärzten für Impfschäden infolge einer bis zum 7.4.2023 durchgeführten Corona-Schutzimpfung ausgeschlossen. Eine mögliche Haftung trifft allein den Staat.

In einer grundlegenden Entscheidung hat der BGH die Haftung einer Ärztin für Allgemeinmedizin für Impfschäden infolge einer vor dem 7.4.2023 durchgeführten Corona-Schutzimpfung grundsätzlich verneint. Laut BGH haben Ärzte während der sogenannten Corona-Pandemie Schutzimpfungen in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes im Auftrag des Staates durchgeführt. Für mögliche Impfschäden aus dieser Zeit hafte allein der Staat aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung.

Ärztin wegen fehlerhafter Corona-Impfung verklagt

Im konkreten Fall hatte der Kläger eine Ärztin für Allgemeinmedizin wegen einer nach seiner Auffassung fehlerhaft durchgeführten Schutzimpfung gegen das Coronavirus auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen. Der Kläger hatte sich im Mai und Juli 2021 gegen das SARS-CoV-2-Virus impfen lassen. Im Dezember erhielt er in der Arztpraxis der Beklagten eine sogenannte Booster-Impfung.

Kläger fordert 800.000 EUR Schmerzensgeld

Der Kläger machte geltend, im Rahmen der Booster-Impfung von seiner Ärztin nicht hinreichend über mögliche Risiken aufgeklärt worden zu sein. Außerdem seien bei dem Impf-Vorgang Fehler gemacht worden. Infolgedessen habe er eine Herzerkrankung erlitten. Seine kognitiven Fähigkeiten seien eingeschränkt. Hierdurch sei er auch psychisch erkrankt und könne inzwischen seiner Arbeit nicht mehr nachgehen. Er forderte von der Ärztin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 800.000 EUR. Darüber hinaus beantragte er die gerichtliche Feststellung, dass die beklagte Ärztin auch für weitere mögliche materielle und immaterielle Schäden haftet.

Ärztin haftet nicht für fehlerhafte Corona-Impfung

Der BGH bestätigte in seinem Urteil die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen. Aus Sicht des BGH kam es auf den Sachvortrag des Klägers zur Entstehung der eingetretenen Gesundheitsschäden und zur Kausalität einer möglicherweise fehlerhaften ärztlichen Behandlung nicht an. Die Klage scheiterte nach dem Urteil des BGH schon daran, dass die beklagte Ärztin für die vorgebrachten Gesundheitsschäden nicht als Haftungssubjekt in Betracht kommt.

Maßgeblich ist Geltung der CoronaImpfV

Der Senat stellte maßgeblich auf die bis zum 7.4.2023 geltende „Verordnung zum Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus“ (CoronaImpfV) ab. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten Ärzte als Leistungserbringer die Corona-Impfung in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes durchgeführt. Die einzelnen Leistungserbringer hätten die Schutzimpfungen damit als hoheitliche Aufgabe im Auftrage des Staates erbracht.

Kriterien für hoheitliche Tätigkeit von Privaten

Der BGH stellte klar, dass die Tätigkeit einer Privatperson dann als hoheitlich zu beurteilen ist, wenn ein enger innerer Zusammenhang zwischen der Betätigung und der hoheitlichen Aufgabe besteht. Dieser Zusammenhang sei jedenfalls dann gegeben, wenn die öffentliche Hand in so starkem Maße Einfluss auf die Durchführung der konkreten Tätigkeit nimmt, dass der Private als bloßes „Werkzeug“ oder als „Erfüllungsgehilfe“ des Hoheitsträgers erscheine.

Enger Bezug zur Eingriffsverwaltung

Im Rahmen der Corona-Schutzimpfungen sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Durchführung der Impfungen einen engen Bezug zur Eingriffsverwaltung gehabt habe. Zwar habe keine Impfpflicht bestanden, jedoch habe die Ablehnung einer Schutzimpfung nachteilige Folgen haben können, etwa in Form von Zugangs- und Kontaktbeschränkungen oder der Verhängung von Betretungs- oder Tätigkeitsverboten in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen.

Keine Haftung der privaten Leistungserbringer

Deshalb kommt in diesen Fällen nach dem Diktum des BGH allein eine Amtshaftung des Staates gemäß Art. 34 Satz 1 GG in Betracht. Die Haftung der privaten Leistungserbringer sei ausgeschlossen.

Entscheidung betrifft ausschließlich Corona-Schutzimpfungen bis zum 7.4.2023

Der BGH hat im konkreten Fall über den Zusammenhang oder die Kausalität der Corona-Schutzimpfung mit den beim Kläger eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht entschieden, sondern lediglich darüber, wer für Schäden aus Impfungen, die bis zum 7.4.2023 durchgeführt wurden, haftet. Auch für die Haftung für mögliche Schäden aus später durchgeführten Impfungen hat die Entscheidung wenig oder keine Aussagekraft.


(BGH, Urteil v. 9.10.2025, III ZR 180/24)


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