EuGH

Unverzügliche Meldung von nicht autorisierten Kontobewegungen


Unverzügliche Meldung von nicht autorisierter Kontobewegung

Der Inhaber einer Zahlungskarte verliert seinen Anspruch auf Erstattung, wenn er einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang infolge fehlender Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis nicht unverzüglich dem Zahlungsdienstleister meldet.

Dies hat der EuGH in Beantwortung mehrere Vorlagefragen des französischen Kassationsgerichtshofs (Cour de cassation) entschieden.

Grundsätzlicher Anspruch auf Korrektur nicht autorisierter Zahlungsvorgänge

Hat ein Zahlungsdienstnutzer einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang festgestellt, kann er nach Art. 71 der EU-Zahlungsdienstrichtlinie (EU-Verordnung 2015/2366) eine Korrektur durch den Zahlungsdienstleister erwirken, wenn er unverzüglich nach Feststellung des Zahlungsvorgangs, “spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung“ den Zahlungsdienstleister hiervon unterrichtet. Die Auslegung dieser Vorschrift stand im Mittelpunkt einer aktuellen Entscheidung des EuGH.

Serie nicht autorisierter Kontoabbuchungen

In dem vor einem französischen Gericht geführten Ausgangsrechtsstreit hatte der Kläger die Korrektur einer ganzen Reihe nicht autorisierter Zahlungsvorgänge infolge einer unbefugten Nutzung seiner Bankkarte geltend gemacht. Der Kläger unterhält bei der französischen „Veracash SAS“ ein Konto mit Goldeinlagen. Im März 2017 hatte der Zahlungsdienstleister dem Kläger eine neue Bankkarte übersandt, die dieser nach seinen Angaben aber nicht erhalten hat. Unmittelbar im Anschluss an die Versendung erfolgten in den Monaten März, April und Mai täglich Abhebungen vom Konto des Klägers.

Kontobewegungen erst nach 2 Monaten bemerkt

Erst 2 Monate nach der ersten nicht autorisierten Abbuchung will der Kläger die Kontobewegungen bemerkt haben. Er informierte den Zahlungsdienstleister und forderte die Rückgängigmachung der von ihm nicht autorisierten Kontobewegungen. Als dieser ablehnte, zog der Zahlungsdienstnutzer vor Gericht.

Kassationsgericht rief EuGH an

Die Klage auf Erstattung hatte bei den französischen Instanzgerichten keinen Erfolg. Auf die Beschwerde des Klägers beim Kassationsgerichtshof in Frankreich legte dieser dem EuGH verschiedene Auslegungsfragen zur EU-Zahlungsdienstrichtlinie zur Entscheidung vor. Das Gericht wollte wissen, ob der Erstattungsanspruch des Kunden auch dann entfallen kann, wenn die Anzeige gegenüber dem Zahlungsdienstleister innerhalb der in der EU-Zahlungsdienstrichtlinie für eine solche Meldung vorgesehene Höchstfrist von 13 Monaten erfolgt oder ob der Bankkunde auch innerhalb dieser 13-Monatsfrist die Meldung gegenüber der Bank unverzüglich vornehmen muss. Außerdem bat das Kassationsgericht um Beantwortung der Frage, ob der Anspruch gegen die Bank nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz entfällt und ob der Verlust des Erstattungsanspruchs bei sämtlichen nicht autorisierten Kontovorgängen eintritt oder nur bei denjenigen Abbuchungen, die durch eine rechtzeitige Meldung hätten vermieden werden können.

Pflicht zur unverzüglichen Meldung nicht autorisierter Kontobewegungen

In Beantwortung dieser Fragen hat der EuGH zur Auslegung der EU-Zahlungsdienstrichtlinie folgende Grundsätze formuliert:

· Der Zahlungsdienstnutzer verliert den Anspruch auf eine Korrektur nicht autorisierter Abbuchungen, wenn er nach Feststellung eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs den Zahlungsdienstleister hiervon nicht unverzüglich unterrichtet.

· Die in der Zahlungsdienstrichtlinie genannte Frist von 13 Monaten ist eine Höchstfrist, die den Kontoinhaber nicht von der Pflicht suspendiert, nach Entdeckung eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs die Bank unverzüglich zu informieren.

· Kommt der Zahlungsdienstnutzer seiner Informationspflicht nicht nach, verliert er seinen Anspruch auf Korrektur komplett.

· Die Beweislast für die ordnungsgemäße Prüfung der Authentifizierung eines Zahlungsvorgangs liegt beim Zahlungsdienstleister. Dieser muss ordnungsgemäße Aufzeichnungen zur Verbuchung des Zahlungsvorgangs nachweisen.

· Ereigneten sich mehrere nicht autorisierte Zahlungsvorgänge hintereinander, verliert der Zahlungsdienstnutzer seinen Anspruch auf Korrektur nur hinsichtlich der nicht autorisierten Zahlungsvorgänge, deren Anzeige er gegenüber der Bank vorsätzlich oder grob fahrlässig verzögert hat.

· Die Haftung des Kunden für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge ist nach der EU-Zahlungsdienstrichtlinie eine Ausnahme von der grundsätzlichen Haftung des Zahlungsdienstleisters und daher eng auszulegen.

Entscheidung des Kassationsgerichts nach den Vorgaben des EuGH

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat nun das französische Gericht u.a. zu prüfen, inwieweit dem Kläger hinsichtlich der verzögerten Meldungen der von ihm nicht autorisierten Kontobewegungen gegenüber dem Zahlungsdienstleister Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.


(EuGH, Urteil v. 1.8.2025, C-665/23)


Schlagworte zum Thema:  Recht , EuGH
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