Keine Negativzinsen für Spar- und Tagesgeldeinlagen

Banken und Sparkassen dürften für Einlagen auf Spar- und Tagesgeldkonten keine Negativzinsen erheben. Eine AGB-Klausel zu Negativzinsen auf Girokonten kann zulässig sein, wenn sie hinreichend transparent ist.

In 4 Urteilen hat der 11. Zivilsenat des BGH, der für das Banken- und Börsenrecht zuständig ist, die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse gegenüber Verbrauchern in den AGB verwendeten Klauseln zur Erhebung von Entgelten für die Verwahrung von Einlagen (Negativzinsen) auf Tagesgeld-, Spar- und Girokonten für unwirksam erklärt. Auch wenn Negativzinsen bei Banken aktuell kein Thema mehr sind, kann den Urteilen des BGH doch eine erhebliche Bedeutung für eine mögliche zukünftige Niedrigzinsphase zukommen.

Niedrigzinsphase führte zu Negativzinsen für Geldanlagen

In den entschiedenen 4 Verfahren hat sich der BGH mit den Folgen der jahrelangen Niedrigzinspolitik der EZB auseinandergesetzt. Diese hatte ab Mitte 2014 europäischen Banken, die Geldeinlagen dort sicher anlegen wollten, für die Verwahrung Entgelte von bis zu 0,5 % der angelegten Summe berechnet. Diese Entgelte gaben einige Banken und Sparkassen an ihre Kunden weiter, indem sie für Geldeinlagen oberhalb einer bestimmten Freigrenze ebenfalls Verwahrentgelte, also Negativzinsen, berechneten. Das Recht hierzu hatten die Geldhäuser durch entsprechende Klauseln in ihren AGB verankert.

Negativzinsen auf Tagesgeld- und Sparkonten grundsätzlich unzulässig

Der BGH hat dieser Praxis nun weitgehend ein Ende gesetzt. Allerdings machte der Senat einen Unterschied zwischen Verwahrentgelten für Einlagen auf Tagesgeldkonten und Spareinlagen einerseits sowie Guthaben auf Girokonten andererseits. Danach ist die Erhebung von Negativzinsen auf Tagesgeld- und Sparkonten grundsätzlich unzulässig, während Negativzinsen bei Girokonten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein können.

Entgeltklauseln unterliegen teilweise der Inhaltskontrolle der AGB

Die Klauseln über Verwahrentgelte für Einlagen auf Tagesgeldkonten und Spareinlagen unterliegen nach der Entscheidung des BGH der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Begründung: Sie verändern die von der Bank geschuldete Hauptleistung und benachteiligen dadurch die Verbraucher im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in unangemessener Weise.

Negativverzinsung von Tagesgeldkonten konterkariert den Vertragszweck

Bei Einlagen auf Tagesgeldkonten steht nach Auffassung des BGH der Spar- und Renditezweck bei gleichzeitiger täglicher Verfügbarkeit im Vordergrund. Bei Erhebung eines Verwahrentgeltes in Form einer Negativverzinsung oberhalb eines bestimmten Freibetrages reduziere sich das angelegte Kapital kontinuierlich, d.h. der ursprüngliche Vertragscharakter der Erzielung einer Rendite und damit einer Vermehrung des Kapitals werde zulasten des Verbrauchers ungünstig verändert.

Spareinlagen sind auf Kapitalaufbau gerichtet

Ähnlich verhält es sich nach den Entscheidungen des BGH bei Spareinlagen. Deren Ziel sei es, das Vermögen natürlicher Personen mittel- bis langfristig aufzubauen und durch eine Positivverzinsung vor der Inflation zu schützen. Die Erhebung von Negativzinsen, die zu einer Verringerung des Kapitals führen, sei mit dem Zweck des Sparvertrages, das Kapital zu erhalten, nicht zu vereinbaren. Sowohl beim Tagesgeld als auch beim

Sparvertrag bewertete der BGH die Erhebung von Negativzinsen daher als eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

Keine Inhaltskontrolle der Bepreisung der Verwahrpflicht bei Giroverträgen

Anders fällt die Beurteilung des BGH bei Giroverträgen aus. Hier werde durch die Erhebung eines Verwahrentgeltes die Hauptpflicht der Bank aus dem Girovertrag, nämlich die Verwahrung von Geldbeträgen, mit einem Preis versehen. Eine solche Bepreisung der Hauptpflicht unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle und sei daher nicht grundsätzlich unzulässig.

Konkrete Klauseln verstoßen gegen Transparenzgebot

Allerdings gilt nach der Entscheidung des BGH auch für eine solche Klausel in den AGB das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gegenüber Verbrauchern. Die in den entschiedenen Fällen konkret verwendeten AGB-Klauseln bewertete der BGH als nicht hinreichend bestimmt. Der Guthabenstand auf einem Girokonto könne sich durch Gutschriften und Belastungen innerhalb eines Tages mehrfach ändern. Die konkret verwendeten Klauseln enthielten u.a. keine ausreichenden Informationen darüber, welcher konkrete Guthabenstand auf den Girokonten für die Berechnung eines Verwahrgeldes maßgeblich sein soll. Damit seien sie intransparent und daher unzulässig.

Kein Folgenbeseitigungsanspruch der Verbraucherverbände

Den vom BGH entschiedenen Klagen der Verbraucherschutzverbände blieb allerdings insoweit der Erfolg versagt, als die Kläger in 2 der Verfahren auf Folgenbeseitigung, d.h. auf Rückzahlung der zu Unrecht vereinnahmten Entgelte unmittelbar an die betroffenen Verbraucher klagten. Ein solcher Klageantrag sei schon deshalb unzulässig, weil die Kunden, an die die Rückzahlung erfolgen solle, nicht individualisiert seien (BGH, Urteil v. 11.9.2024, I ZR 168/23). In diesem Punkt seien die Klagen daher abzuweisen.

(BGH, Urteile v. 4.2.2025, XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 u. XI ZR 183/23)

Hintergrund:

Da die Entscheidungen des BGH den klagenden Verbänden keinen Anspruch auf unmittelbare Folgenbeseitigung zuerkennen, müssen Verbraucher zu Unrecht gezahlte Verwahrentgelte selbst bei ihrer Bank zurückfordern. Dabei ist eine mögliche Verjährung zu berücksichtigen. Ansprüche, die 2022 in der Hochphase der Niedrigzinspolitik entstanden sind, sind bis Ende 2025 nicht verjährt. Weiter zurückliegende Ansprüche können verjährt sein.


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